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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 02.12.2012, 19:11 
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Kapitel 71: Decisions

Sie sah, wie sich etwas in Ansgars Augen veränderte, sie einen traurigen Ausdruck annahmen als sie nach dem Schlüssel griff. Dann zögerte sie - und ließ die Hand wieder sinken. Im Glanz des bereits leuchtenden Mondes sah sie die Erleichterung in seinen Augen und wusste sie hatte die richtige Entscheidung getroffen. Ansgars Hand, die immer noch den Schlüssel hielt, wanderte langsam abwärts. Immer noch sah er sie an aber rührte sich nicht. Sekundenlang sagte keiner ein Wort. Amber war es, die die Mauer zwischen ihnen durchbrach. Sie ging einen Schritt auf Ansgar zu, so dass sie direkt vor ihm stand. Egal, was zwischen ihnen vorgefallen war, und egal, was er getan hatte, sie liebte ihn, und sie konnte nicht aufhören ihn zu lieben. Etwas in ihr sagte, dass sie ihm vertrauen konnte, dass er ihr nie wieder etwas antun würde. „Mir ist kalt“, sagte sie zu ihm. Er zögerte, doch dann streckte er die Arme nach ihr aus und zog sie an sich. In dem Moment als Amber an Ansgars Schulter gelehnt stand und den Geruch von Aftershave und Zigarren wahrnahm, schloss sie die Augen. Seine Umarmung wurde fester, und Amber schossen wieder die Tränen in die Augen. Sie hatte das Gefühl, als wollte sie ihn nie mehr loslassen.

„Was du gesagt hast, war wunderschön“, sagte sie leise an ihn geschmiegt als sie zusammen im Bett lagen. „Ich hab jedes Wort so gemeint“, flüsterte er. „Ich weiss, ich habe es in deinen Augen gesehen.“ Wieder sah er sie intensiv an. Amber wusste, dass sie nicht hätte gehen können, auch wenn sie für einen Moment Angst gehabt hatte, dass Ansgar wieder die Hand gegen sie erheben könnte wann immer sie nicht nach seiner Pfeife tanzte. Jetzt war sie sich sicher, dass sie ihm vertrauen konnte. Sie musste ihm vertrauen, denn sie wollte ihn nicht verlieren, denn ihre Liebe war stärker als jedes andere Gefühl in ihr.

„Ich werde alles tun, damit es zwischen uns wieder so wird wie vorher, alles. Und wenn du keine Hochzeit mehr möchtest, so ist mir das egal“, sagte er. „Doch, ich will dich heiraten. Unbedingt sogar." Ansgar lächelte. „Das würde mich sehr glücklich machen“, sagte er leise.

Die Wochen zogen ins Land, der Sommer war gekommen. Zwischen Ansgar und Amber war wieder alles in Ordnung. Oberflächlich, denn Amber fiel es von Tag zu Tag schwerer, Ansgar anzulügen. Dieser plante schon ahnungslos die große Hochzeit, die er ihr versprochen hatte. Amber drehte sich der Magen um wann immer er von der Feier sprach. Sie wusste, dass er nicht wissen konnte was in ihr vorging und das machte es ja so schwierig. Ansgar fiel es vor lauter Begeisterung nicht auf, dass sie – sobald er das Thema anschnitt – immer ruhiger wurde. In manchen Momenten fragte Amber, ob er überhaupt etwas aus der ganzen Chose gelernt hatte, denn dass er ihr gesagt hatte dass es ihm nicht so wichtig war, dass sie beide heirateten, war noch nicht allzu lange her. Wieder und wieder machte sie einen Anlauf, Ansgar über ihr Gefühlsleben aufzuklären, doch wenn sie sah, wie er strahlte, wenn immer er dieses Thema anschnitt, konnte sie es nicht übers Herz bringen. Sie wusste, dass er im Grunde nicht aus seiner Haut konnte. Es war keine Böswilligkeit, dass er sie unbedingt heiraten wollte, das war seine Art seine Liebe zu beweisen. Amber wusste, dass eine Heirat für Ansgar etwas mit "Sicherheit" zu tun hatte, die Sicherheit, sie, Amber, bei sich zu wissen, und das war auf eine Art für sie auch anziehend und machte ihn noch verführerischer. Ansgar hatte wichtige Menschen seines Lebens - wenn auch teilweise durch eigene Schuld - verloren, und mit einer Hochzeit glaubte er, Amber noch mehr an sich zu binden. Auf der anderen Seite hatte Amber eine völlig desaströse Ehe hinter sich, und auch wenn sie Ansgar über alles liebte, so hatte sie dennoch Bedenken. Doch letztendlich war dies alles nicht der Grund warum sie zögerte.

Eines Abends als Ansgar vom Büro nach Hause kam strahlte er wie ein Honigkuchenpferd. „Was ist los, warum grinst du so? Hast du einen besonders guten Geschäftsabschluss hinter dich gebracht?“, neckte sie ihn. Er sah sie leicht strafend an. „Als wenn ich wegen so etwas aus dem Häuschen wäre, das ist doch Tagesgeschäft“, gab er an. „Nein“, er machte eine bedeutungsschwangere Pause. „Ich habe den perfekten Termin für unsere Hochzeit. Ich dachte mir, wir nehmen den Tag an dem wir uns kennengelernt haben, es ist fast ein Jahr her. Was hälst du davon? Ich habe auch schon mit dem Standesamt gesprochen, das würde gehen.“ Amber schoss vom Sessel auf in dem sie eben noch lesend gelümmelt hatte. „Hör mit dieser Feier auf, Ansgar, es wird keine Hochzeit geben. Jedenfalls nicht die unsere!“ Danach biss sie sich auf die Zunge. Das hatte sie nicht sagen wollen. Zumindest nicht so und nicht in dem Ton. Ansgar sah sie verletzt an. „Was? Wie? Ich dachte, wir wären uns einig? Du hast mir doch gesagt.. aber okay, wenn du nicht heiraten willst, dann… ich.. ich habe nur gedacht….du möchtest das auch? Das war der letzte Stand, wenn ich mich entsinne, aber bei dir weiss man ja nie so genau, je nach Tagesform….“ Amber hörte den eingeschnappten Unterton und die dezente Ironie aus seiner Stimme sofort heraus, und sie wusste, dass er auf ihre Unentschlossenheit anspielte. „Entschuldige, ich hätte es dir anders sagen sollen. Nur, weisst du, seit Wochen geht das so, dass du über fast nichts anderes sprichst und ich habe da eben so meine Probleme mit.“ „Warum lässt du mich hier alles planen, ohne Widerworte, ahnungslos in der Annahme, dass du es auch möchtest, und dann stehe ich mal wieder wie der Volltrottel da, genau wie damals mit Lydia“, beschwerte er sich. Amber wusste, sie hätte ihr vorlautes Mundwerk lieber halten sollen. Es tat ihr augenblicklich leid. Sie versuchte es auf eine andere Art. Sie zog Ansgar zu sich in die Arme, was er nur etwas widerstrebend zuließ. „Ansgar, ich liebe dich so sehr, ob mit oder ohne Papier, meine Gefühle für dich ändern sich dadurch nicht. Lassen uns das so belassen wie es ist. Das ist alles nichts für mich das ganze Gedöns.“ „Hey, das ist doch in Ordnung, wenn du möchtest, dann heiraten wir in ganz kleinem Rahmen.“ Amber machte sich von Ansgar los. „Müssen wir überhaupt heiraten? Du und ich, wir sind doch immer Einzelkämpfer gewesen, auch wenn wir uns lieben, irgendwie sind wir doch viel zu verschroben für sowas.“ Ansgar sah Amber irritiert an. „Verschroben? Wir waren doch beide schon mal verheiratet?“ „Ja, und es hat nicht funktioniert.“ „Ja, es hat nicht funktioniert, weil es nicht die Richtigen waren“, erwiderte Ansgar. "Andere Frauen würden sich alle zehn Finger danach lecken, mit mir verheiratet zus ein." "Dann solltest du besser die nehmen", pampte Amber und machte sich von Ansgar los. „Akzeptier bitte, dass ich dich nicht heiraten möchte“, sagte sie schroff und nahm ihre Lederjacke vom Haken. „Ich muss mal raus hier.“ Ansgar wollte ihr nach, aber er spürte, dass etwas gab, was sie ihm nicht sagen wollte. Er wollte ihr die Zeit geben, die sie brauchte, bis sie von selbst zu ihm kam.

Amber lief zum Pferdestall und beschloss auszureiten. Sie musste einfach den Kopf frei bekommen. Sie trenste Shadow auf und sattelte ihn. Dann schwang sie sich auf seinen Rücken. Ein kleines Stück liess sich den Hengst im Schritt laufen, bis sie auf den Feldweg bogen. Von da ab ließ sie den Araber rennen, es bedurfte nur einer kleinen Galopphilfe mit den Schenkeln, und das Pferd raste los. Er wusste, die Reiterin die auf ihm sass kannte seine Vorliebe für ein schnellen Galopp, und als ehemaliges Rennpferd steckte ihm das Tempo im Blut. Der Wind, der ziemlich böig an diesem Abend war, peitschte Amber die Haare ins Gesicht, nahm ihr die Sicht, doch sie vertraute ihrem Pferd, so dass sie es immer und immer wieder anspornte, noch schneller zu galoppieren. Jedesmal, wenn sie mit ihrem geliebten Pferd ausritt, waren die Probleme so klein so weit weg, dass sie sie fast vergessen konnte.

Als sie jedoch nach einer Stunde wieder zurückkehrte, war mit einem Schlag wieder alles da. Ansgar, die anstehende Hochzeit, und da wusste Amber was zu tun war. Sie hatte sich bereits einmal von Shadow verabschiedet, und war sich im Klaren darüber, dass sie es nicht noch einmal ertragen würde. So verließ sie den Stall, ohne sich noch einmal zu dem Pferd umzudrehen. Ihr Herz war so schwer, und es zeriss sie innerlich beinah, aber sie musste so handeln. Anders würde sie es nicht schaffen. Sie wusste, dass Ansgar jetzt gerade beim Essen im Salon war und schlich sich nach oben. Sie packte das Allernötigste und verliess dann klammheimlich Ansgars Suite und Königsbrunn. Ansgar hatte sie nur einen Zettel hingelegt. „Ich liebe dich. Vergiss das nie“, hatte sie daraufgeschrieben und einen Kussmund mit Lippenstift zu Papier gebracht. Dann liess sie den Motor ihres 7er BMWs an und raste in die Dunkelheit hinaus.

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Verfasst: 02.12.2012, 19:11 


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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 02.12.2012, 21:30 
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Kapitel 72: Uncertainty

„Sag mir wenn du etwas weisst“, beschwörte Ansgar Victoria. Doch seine Assistentin schüttelte den Kopf. "Ich weiss nichts, Ansgar." „Es muss doch einen Grund geben warum sie weg ist.“ Victoria spürte, wie verzweifelt Ansgar war. Sie hätte ihm so gerne die Wahrheit gesagt, aber sie hatte es versprochen. Amber und Victoria hatten in der Zeit, in der Ansgar in der Reha war, ein recht gutes Verhältnis zueinander aufgebaut, und so standen die Frauen in recht engem Kontakt. Davon wusste Ansgar auch, aber er hatte es eher begrüsst als dass es ihn misstrauisch gemacht hätte. „Ansgar, ich weiss wirklich nicht wo Amber ist“, sagte Victoria wieder. Ansgar sah sie zweifelnd an, glaubte ihr aber. „Wenn du etwas wüsstest..“, begann Ansgar. „.. So würde ich es dir sagen“, vollendete Victoria seinen Satz.

Den ganzen Tag über war Ansgar total durch den Wind. Er machte sich große Sorgen um Amber. Er rief sie viele Male an, aber ihr Handy war ausgeschaltet. Als Amber auch am Abend nichts von sich hören liess, war Ansgar davon überzeugt, dass etwas passiert sein musste. Er rief Lillian an, doch sie sagte ihm dasselbe wie Victoria. „Ich werde die Polizei informieren“, sagte Ansgar. „Ansgar, sie hat dir doch einen Zettel hingelegt. Sie ist bewusst verschwunden, kapier´das doch“, sagte Lillian. „Ja, aber warum? Wir waren doch glücklich.“ Lililan tat es weh, dass Ansgar so verzweifelt war. „Ja, aber wenn sie dir doch gesagt hat, dass sie dich nicht heiraten will, dann war sie vielleicht doch nicht so glücklich“, sagte sie. „Moment mal, woher weisst du das? Du hast also mit ihr gesprochen. Lilian, sag mir die Wahrheit“, schrie Ansgar in den Hörer. Lillian zögerte. „Ansgar, sie hat sich von dir getrennt. Mehr musst du nicht wissen.“ Damit hatte sie aufgelegt. Ansgar stand noch eine ganze Weile total geschockt mit dem Telefon in der Hand da. Diese Situation war nicht komplett neu für ihn, und doch war er sich sicher, dass es nichts damit zu tun hatte, dass ihn Amber nicht lieben würde. Ansgar wusste nicht, was er tun sollte, um Amber zu finden. Er überlegte, ob er nach Frankfurt fahren sollte, doch er wusste, dass sie ihr Penthouse längst verkauft hatte. Er war selbst dabei gewesen. Wo hätte er sie suchen sollen?

Ansgar zog sich aus und legte sich ins Bett. Er war total fertig. Er liebte diese Frau so wahnsinnig, und er wollte nicht ohne sie leben. Er spürte, wie ihm die Tränen kamen. Er blickte auf die andere Seite des Bettes, erinnerte sich daran, wie er vor knapp einem Jahr auf auf diese unbenutzte Betthälfte gestarrt hatte, und wie sehr er sich gewünscht hatte, dass dort eine Frau liegen würde. Dann hatte er sie gefunden und doch wieder verloren, und diesmal hatte er nichts, falsch gemacht, wenn man mal von seinem Mal mit Lydia absah. Der Schmerz sass so tief, und ihn ihn mischte sich Wut, Wut darüber, dass Amber ihn sitzengelassen hatte, wieder einmal. Dann beschloss Ansgar, sich die Kante zu geben. Sein Herz war ihm schnurzpiepegal, er wollte sich nur abschießen. Er trank einen Bourbon, einen zweiten, einen dritten und einen vierten. Danach schlief er ein.

Die nächsten Tage lief er wie ein Gespenst umher, bis Victoria es nicht mehr mit ansehen konnte. Sie beschloss, Ansgar einzuweihen. Sie konnte es nicht verantworten, dass er sich Vorwürfe machte, trotzdem er keinen Fehler gemacht hatte. Sie sah, wie krank Ansgar aussah. Er hatte tierisch abgenommen, die Haare hingen ihm strähnig in die Stirn. In der Mittagspause nahm sie Ansgar beiseite. „Können wir reden, nach Feierabend?“, fragte sie ihn. „Weiss du etwas?“, stiess er hervor. Victoria zögerte, dann nickte sie. „Ja. Aber nicht hier, nicht jetzt. Bitte warte bis nachher.“ „Machst du Witze? Du sagst mir jetzt sofort was los ist. JETZT!“ Unsanft packte er sie am Arm. „Herrgott, du tust mir weh“, protestierte Victoria. „Entschuldige, entschuldige bitte“, sagte er. „Es ist nur so, ich bin total fertig“, gab er zu. Victoria zeriss es das Herz, Ansgar so zu sehen. „Ich weiss, warum Amber dich verlassen hat, Ansgar. Aber ich habe ihr das Versprechen abnehmen müssen, nichts zu sagen.“ „Moment mal, du hast GEWUSST WO SIE IST, aber nichts gesagt? Ich höre wohl nicht richtig!“, schrie er seine Assistentin an.

Diese kramte einen Umschlag aus der Handtasche und gab ihn Ansgar. „Was ist das?“ „Ein Brief von Amber. Den hat sie mir für dich gegeben. Ansgar war fassunglos. Was wurde hier gespielt. „Du hättest sie aufhalten können, und du hast es nicht getan.“ „Lies den Brief, bitte. Dann weisst du was los ist“,sagte Victoria und dann ging sie aus Ansgars Büro. Sie wusste nicht, ob sie ihn allein lassen konnte, und so lief sie nochmal zurück. „Ansgar? Wenn du mich – brauchst… ich bin hier..“ Doch Ansgar antwortete nicht, er hatte zu lesen begonnen.

„Lieber Ansgar,

wenn du diesen Brief liest, so bin ich nicht mehr in Deutschland. Ich habe aber niemandem gesagt, wo ich bin, also versuche gar nicht erst, Victoria oder Lillian zu löchern. Es weiss NIEMAND wo ich bin, und das soll auch so bleiben.

Ich weiss nicht, wo ich anfangen soll. Zuerst einmal möchte ich dir sagen, dass ich dich über alles liebe. Zweifel bitte niemals an meiner Liebe zu dir. Der Grund warum ich gegangen bin ist der, dass ich sterben werde.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 03.12.2012, 21:35 
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Kapitel 73: Soulmates

Victorias Gedanken rasten. Sie sah wie Ansgar völlig schockiert Ambers Brief las und durchlebte die Situation mit Amber noch einmal vor ihrem geistigen Auge.

„Amber, was ist los mit dir?“ fragte Victoria die zierliche Blonde als diese sie nach Büroschluss aufsuchte. „Kann ich mit dir reden?“ fragte Amber. „Ja, natürlich“, gab Victoria zurück. „Ich – Ansgar und ich haben uns getrennt“, sagte Amber gradeheraus. Victoria sah sie erschrocken an. „Was ist passiert?“, wollte sie dann wissen. „Ich habe mit einem anderen Mann geschlafen“, sagte sie dann. „Dann ist Ansgar ausgerastet, wollte mich schlagen. Aber angefangen hat alles, weil ich seinen Heiratsantrag nicht angenomme habe..“ „Warte mal eben, ich komme grad nicht mit, Heiratsantrag.. erzähle bitte der Reihe nach“, forderte Victoria Amber auf, und dann berichtete diese alles. Als sie geendet hatte, sah Victoria die zierliche Blonde nachdenklich an. „Ich weiss was Ansgar getan hat, war unverzeihlich, aber eines weiß ich, er liebt dich über alles. Und ich hoffe, dass es für euch eine Möglichkeit gibt, wie ihr das wieder hinbekommt!“ Das sagte Victoria ehrlich, denn auch wenn sie nie ganz über Ansgar hinweggekommen war, so mochte sie Amber doch sehr gern. „Ja, das hoffe ich auch. Aber das wird wohl nichts mehr.." fing Amber an, aber brach dann ab. „Warum? Wieso solltet ihr das nicht wieder hinbekommen?“, fragte Ansgars Asisstentin. „Ich muss jetzt gehen“, sagte Amber auf einem Mal in einem harten, fast unfreundlichen Tonfall und stand ziemlich abrupt auf. Dabei fiel ihre Handtasche zu Boden und entleerte sich. Victoria und Amber beugten sich zeitgleich um den Inhalt nebst Tasche aufzuheben. Victoria wollte Amber helfen, und hob eine Medikamentenschachtel auf. Dann stutzte sie als sie sah was Amber in ihrer Handtasche hatte. Es war eine 50er Packung eines Benzodiazepines, genauer gesagt, Bromazepan. Victoria kannte sich mit solchen Präparaten relativ gut aus und wusste, was für Suchtpotential sie verbargen. Sie blickte Amber aufmerksam an als sie ihr die Schachtel reichte. Amber riss sie ihr aus der Hand. „Ich kann das allein“, fauchte sie Victoria an. „Ich wollte nur helfen“, verteidigte sich Victoria. „Das hast du ja jetzt“, sagte Amber und drehte sich auf dem Absatz um. Victoria war mit einem Satz hinter ihr. „Amber!“, sagte sie vehement. „Bitte rede mit mir, was ist los?“ Kurzerhand drängte Victoria die sich widerstrebende Amber in das nächste Besprechungszimmer und fragte sie direkt, wieso sie so viel Tranquilizer mit sich herumschleppte. „Das geht dich nichts an!“ sagte Amber patzig. „Ja, du hast Recht, es geht mich nichts an, aber ich mache mir verdammt noch mal Sorgen, um dich und um Ansgar.“ Amber sah Victoria immer noch abwehrend an. „Wieso um Ansgar? Wir sind doch eh nicht mehr zusammen. Bald hast du deinen Ansgar eh wieder allein für dich, dann wird alles wieder gut“, sagte sie süffisant. Victoria zog die Augenbrauen hoch. „Also willst du es nicht noch einmal versuchen mit ihm, willst du dich entgültig trennen?“, wollte sie wissen. „Nein, ich WILL mich nicht trennen, ich MUSS mich trennen“, gab die Blondine zurück. Victoria zog die Stirn kraus. „Warum? Was ist passiert? Amber, ich mache mir Sorgen!“ „Ich sterbe, das ist los“, gab Amber zurück. Victoria schnappte nach Luft und setzte sich. „Wie.. was….?“ „Der Krebs. Er ist wieder ausgebrochen. Diesmal gibt es keine Hoffnung. Alles klar? Ist das Verhör beendet? Ach ja, und die Tabletten habe ich weil es eh egal ist was ich nehme, ausserdem kann ich bei Bedarf meinem Leiden selbst ein Ende setzen.“

Amber war aufgestanden. Victoria konnte nicht sagen, der Kloß in ihrem Hals war so groß, dass sie kein Wort herausbrachte. Ehe Amber zur Tür des Besprechungszimmers hinauskonnte, war Victoria dann mit einem Saz bei ihr. „Warte.. bitte…“ Amber sah sie aufmüpfig an. „Was?“ sagte sie genervt. „Ich weiss nicht, was ich sagen soll, es tut mir so leid…“ sagte Victoria und Tränen stiegen in ihre Augen. Amber verdrehte die Augen. „Stirbst du oder ich?“ sagte sie härter als beabsichtigt, und dann spürte sie, wie auch ihr die Tränen kamen. Sie liess es zu, dass Victoria sie in die Arme nahm , und dann unterdrückte sie ihre Tränen nicht mehr. Sie weinte in Victorias Armen wie ein Baby. Als Amber sich wieder beruhigt hatte, setzte sie sich wieder hin. „Victoria es gab keinen anderen Mann, das habe ich erfunden. Ich wollte ihm die Wahrheit sagen, aber ich habe es nicht geschafft. Erst der Heiratstantrag .. und auch in der Reha habe ich es nicht geschafft. Ich will ihm keine Sorgen machen. Er hatte doch gerade erst die schwere OP, es geht einfach nicht.“ Victoria nickte. „Ich verstehe dich, aber Amber, irgendwann MUSST du es ihm sagen, ich hoffe, das weisst du? Vor allem wenn da nichts anderes mit einem anderen Mann war, dann leidet er jetzt ohne Grund.“ Amber nickte „Ich weiss. Das ist ja das Schlimme.“ Amber sah Victoria eindringlich an. „Victoria? Bitte tu mir den Gefallen und sag Ansgar nichts, hörst du?“ „Nein, ich werde ihm nichts sagen, wenn du mir versprichst, dass du ihm die Wahrheit sagst, wenn du so weit bist.“


Ansgar liess den Brief sinken. Er war wie gelähmt. Tränen schossen ihm in die Augen. Er spürte, wie ihm der Boden unter den Füssen weggezogen wurde. Mit zittrigen Händen zwang er sich, weiter zulesen.

„Ich war ja in regelmäßigen Abständen bei der Nachsorge und Kontrolle bei Professor Dr. Schulte. Dieser hat dann vor einigen Wochen festgestellt, dass der Krebs wieder ausgebrochen ist. Und diesmal so wirklich. Wenn Amber was macht, macht sie es halt richtig.“

Wieder lies Ansgar den Brief sinken. „Wochen“, Amber war seit Wochen mit der Gewissheit, dass sie sterbenskrank war, herumgelaufen, und er Trottel hatte nichts gemerkt.

Unter Tränen las Ansgar weiter:

„Aber bitte mach dir keine Vorwürfe, dass du es nicht gemerkt hast, denn ich bin eine verdammt gute Schauspielerin.

Und ich muss dir noch etwas sagen. Ich habe niemals mit einem anderen Mann geschlafen. Ich habe dir an dem Abend in der Reha sagen wollen, dass der Krebs zurück ist, aber dann konnte ich es nicht. Als du diesen Verdacht aussprachst mit dem anderen Mann, so erschien es mir leichter, es darauf zu schieben. Es tut mir so leid, dass ich dich in dem Glauben liess, dass ich dich betrogen habe.

Ich weiss, wie du dich jetzt fühlst, Ansgar, und ich wünschte mir, ich könnte dir diesen Kummer ersparen, aber das kann ich nicht. Du weisst, wie sehr ich Mitleid hasse, und ich kann und will nicht eine Last für jemanden werden. Auch wenn ich weiss, dass du mich begleiten würdest, so will ich das nicht.

Ich war immer ein Mensch, der innerlich vogelfrei war, und so bringe ich mein Leben auch zu Ende. Ich hätte mich ja niemals von dir verabschieden können; denn, wie macht man sowas? Von daher war es gut so, wie es gewesen ist. Ich hatte nicht mal vor, an diesem Tag zu gehen, aber als ich mit Shadow über die Felder ritt, fühlte ich mich so frei und unbeschwert, dass ich beschloss, zu gehen.

Ich kann nicht erwarten, dass du mir verzeihst oder mich verstehst, aber ich bitte dich inständig, behalte mich so in Erinnerung wie ich bin/war. Als lebenslustige, fröhliche Person, die stets gesagt hat, was sie denkt, und die dich so geliebt hat, wie es wohl nie wieder eine Frau tun wird.

Ansgar, ich hätte keine Sekunde gezögert, mich umzubringen, wenn du nicht gewesen wärst. Ich hatte die Tabletten schon in meiner Tasche, frag Victoria, die hat mich gesehen, hat die Tabletten gesehen. Nur durch dich hatte ich die Kraft überhaupt weiterzumachen. Damals, als du mich kennengelernt hast, hast du mich schon durch deine Art, mir zu zeigen, dass du für mich dawarst auf eine Weise gerettet, denn ich hatte mich schon aufgegeben. Man könnte sagen, du hast mir das Leben gerettet, Ansgar. Ich habe in dem einen Jahr mit dir soviel Schönes erfahren können, und ich bin dir so dankbar für alles. Du hast mir gezeigt, was Liebe ist, und hast mir den sinnbildlichen Spiegel vorgehalten, wann immer ich wieder drauf und dran war, mit meiner selbstironischen Art und meinem Stolz alles zu verbaseln.

Ich weiss gar nicht für was ich alles “Danke“ sagen muss. Einmal, weil du mir meinen Lebenswillen zurückgegeben hast, dann für deine Liebe, dann, weil du mir das schönste Geschenk gemacht hast, was man einer Frau machen kann. Du hast mir einen Heiratsantrag gemacht, der schöner nicht hätte sein können, eben weil er so war wie er war. Und jetzt weisst du auch, warum ich weggelaufen bin, aus dem Schneiders. Das eine Jahr mir dir war das Schönste was ich je hatte. Ich habe es dir nie ganz verraten, aber Jeffrey hat mich nicht nur geschlagen, er hat mir halb tot geprügelt, und ich habe es nur knapp überlebt. Ich hätte niemals gedacht, dass ich einem Mann noch einmal trauen könnte, aber dir habe ich vertraut. Ich weiss, wie schwer es auch dir fiel, sich einem Menschen ganz zu öffnen, aber du hast es getan, ich durfte dich genauso sehen wie du bist, und auch dafür danke ich dir. Gott, ich höre mich so kitschig an, just saying sorry for that...

Nicht zuletzt danke ich dir für die wunderbaren Stunden, die du mir mit Shadow geschenkt hast. Ich liebe dieses Pferd, und es reisst mir das Herz raus, ihn zurückzulassen, aber ich weiss, er wird es gut haben bei dir. Wenn immer du – ich weiss, dich interessiert das eigentlich nicht – auf Shadow reitest, und mit ihm gegen den Wind dahinprescht, kannst du an mich denken, wie glücklich ich war. Ich muss jetzt weinen, eigentlich schon die ganze Zeit, wo ich schreibe, aber nun wird es immer schlimmer….
Deswegen höre ich auf…

Ansgar, Ich bin wie du, und du bist wie ich, we are soulmates, that´s what i´ve always told.. and i hope you´ll understand why i chose this way... Du kennst meinen Stolz, Hilfe anzunehmen, und du würdest es genauso machen.

i love you more than anything in the world, bitte vergiss das nie. Vergiss mich nie! never forget..

Love, Amber“


Victoria sah, dass Ansgar den Brief zu Ende gelesen hatte. Sie sah, wie fertig er war, aber sie wusste nicht wie sie ihm helfen sollte.

Ansgar konnte nichts mehr sehen, die Tränen nahmen ihm die Sicht.
„Der Grund warum ich gegangen bin ist der, dass ich sterben werde.“ Der Grund… sterben werde…..“Ansgar, Ich bin wie du, und du bist wie ich, we are soulmates“ Wieder und wieder schossen ihm Amber Sätze durch den Kopf, er konnte nicht glauben was sie schrieb. Warum hatte er nichts gemerkt, seit wann hatte Amber gewusst, dass es keine Hoffung für sie gibt? Und wieso, verdammt noch mal, hatte er nichts gemerkt???

Ansgar sprang auf. Er musste Amber finden! Es musste eine Möglichkeit geben. Gerade als er zur Tür herauswollte, kam ihm Victoria ihm entgegen. Blind vor Wut hielt Ansgar seiner Assistentin Ambers Brief unter die Nase. „WANN? Wann hattest du vor mir DAS zu sagen???“ brüllte er außer sich.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 09.12.2012, 01:24 
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Kapitel 74: Can´t let go

Victoria liess sich nicht einschüchtern, denn sie wusste, dass Ansgar total fertig war und sah ihm seinen Ausbruch nach. „Ansgar, bitte setz dich doch, lass uns reden.“ „REDEN? Ich will nicht reden. Ich will versuchen, Amber zu finden, das ist das Einzige, was ich will“, schrie er wieder. „Ansgar, sie will aber nicht, dass du sie findest, verstehst du das nicht?“ versuchte es Victoria. „Genau deswegen habe ich dir nichts sasgen sollen, sie WOLLTE es nicht!“ „So könnt´ ihr mit mir nicht umgehen“, bölkte Ansgar immer noch. „Hab ich nichts dazu zu sagen? Werde ich einfach nicht gefragt, ob ich meiner Freundin zur Seite stehen will oder nicht?“ Victoria legte Ansgar eine Hand auf die Schulter, die er sogleich abschüttelte. „Ansgar, ich verstehe dich ja, aber Amber ist krank, nicht du. SIE will es so, und ich habe es nur herausgefunden, weil ich diese Riesenpackung Tranqulizer bei ihr gefunden habe. Ich musste ihr hoch und heilg versprechen, dir nichts zu sagen. Es hat mir in der Seele wehgetan, meinen Mund zu halten, darum habe ich ja jetzt auch mein Versprechen gebrochen. Bitte, versetz dich in meine Lage, Ansgar. Was hättest du an meiner Stelle gemacht?“ Jetzt erreichten Victorias Worte Ansgar, und er dachte kurz nach. „Du bist meine Vertraute, Victoria, ich dachte, ich könnte mich blind auf dich verlassen.“ Damit liess er Victoria stehen. Diese konnte Ansgar jedoch nicht in dem Zustand, in dem er war, gehen lassen. Sie schnappte ihre Tasche und ging ihrem Chef nach.

„Ansgar, warte“, rief sie und erreichte den Fahstuhl grade noch bevor sich die Tür schloss. „Was willst du, hau ab, hast du nicht genug Schaden angerichtet?“ schnauzte er sie an. „Jetzt hör auf, so mit mir zu reden“, wehrte sich Victoria. „Was hätte ich denn tun sollen? Amber verraten?“ „Herrgottnochmal, JA!! Dann hätte ich sie aufhalten können. Dann wäre sie jetzt nicht weg, für immer fort…. von mir…..“ Victoria spürte, wie Ansgars Stimme sich fast überschlug. Ihr Herz wurde schwer, als sie den Mann, den sie liebte, heimlich liebte, so fertig sah. Sie streckte vorsichtig eine Hand nach ihm aus. „Ansgar, bitte… ich hab einen Fehler gemacht, das weiss ich ja auch.. es tut mir so leid, bitte glaub mir…“ Weiter kam sie nicht, denn sie sah, dass Ansgar sich an der Fahrstuhlwand abstützte. Mit einem Satz war sie bei ihm. „Ansgar!“ Sie konnte ihn grade noch halten, denn er wäre fast umgekippt. „Großer Gott, du bist ja total durch den Wind“, sagte sie schockiert, denn sie dachte daran, dass er gerade eine große Herz-OP hinter sich gebracht hatte. Der Fahrstuhl war derweil im Erdgeschoss angekommen, und gab Angar und Victoria frei. „Ich bring´ dich nach Hause“, sagte Victoria vehement und stützte Ansgar beim Gehen. „Mir ist total schwindelig“, sagte er schwach. „Komm, setz dich hierhin“, forderte ihn Victoria ihn auf und geleitete ihn zu einer Sitzgelegenheit im Foyer. „Bringen Sie bitte ein Glas Wasser“, bat Victoria die Empfangsdame, die sogleich los lief. Ansgar blickte auf den Stuhl, auf dem die Rezeptionistin gesessen hatte, und er sah sich mit Amber auf dem Stuhl, wie sie zusammen Sex hatten, damals in der Nacht, nachdem sie sich das erste Mal wiedergesehen hatten. Der Gedanke war zuviel für ihn. Sein Herz fing an zu rasen, er griff sich an die Brust. Victoria kramte in ihrer Tasche, sie wusste, sie hatte noch Beruhigungspillen, die sie damals eingesteckt hatte, als Ansgar seine erste Panikattacke hatte. Sie riss die Blisterpackung auf und teilte die Tablette einmal durch, weil sie wusste, eine Ganze hätte Ansgar vielleicht umgehauen. Dann hielt sie ihm die halbe Tablette und das Wasser hin. „Hier, nimm das“, forderte sie ihn auf. Ansgar tat wie sie ihm befahl und jappste immer noch nach Luft. „Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte Victoria alarmiert, doch Ansgar schüttelte den Kopf. „Es ist gleich wieder besser.“ So langsam konnte er die Panikattacken von einem echten Herzanfall unterscheiden. „Bist du sicher?“, fragte Victoria, immer noch besorgt. Ansgar nickte, und Victoria merkte nach kurzer Zeit, wie die Tabletten wirkten. Ansgars Atem wurde ruhiger und seine Hände hörten auf zu zittern. „Lass uns fahren“, sagte er zu seiner Assistentin und diese nickte.

Im Auto sprachen Ansgar und Victoria kein Wort. Ansgar hing mehr schlecht als recht auf dem Sitz herum, und Victoria konzentrierte sich auf die Straße. Erst als sie die Einfahrt nach Königsbrunn erreichten und Ansgar ausstieg, sagte er: „Danke fürs Nachhausebringen, ich komm alleine klar.“ „Nichts da“, sagte sie und knallte die Autotür zu. „Ich gehe nicht. Ich lasse dich nicht in dem Zustand alleine.“ Ansgar spürte, dass Widerstand zwecklos war, und so liess er zu, dass Victoria ihn auf seine Suite begleitete.

Als er sich einen Bourbon einschenken wollte, hielt Victoria ihn zurück. „Ansgar, was ich dir gegeben habe, das waren starke Tranquilizer, bitte lasse den Alkohol außen vor.“ Ansgar hielt in der Bewegung inne, aber schenkte dann doch einen Bourbon ein, gab das Glas aber an Victoria weiter. Sie trank das Glas in einem Zug aus. „Noch einen“, sagte sie zu Ansgar, der sie verwundert ansah, ihr aber das Gewünschte reichte.

„Weisst du, was ich nicht verstehe?“, fragte er dann unvermittelt. „Dass ich es nicht gemerkt habe, warum hab´ich Idiot es nicht gemerkt?“ Victoria, leicht angetrunken, legte Ansgar die Hand auf die Schulter, und sagte: „Bitte höre auf dir Vorwürfe zu machen. Du hast keine Schuld. Wenn überhaupt jemand die Schuld hat, dann ich. Du hast Recht, ich hätte dir früher die Wahrheit sagen müssen. Es ist mein Fehler.“ Victoria kamen jetzt auch die Tränen, als sie darüber nachdachte, dass Ansgar Amber vielleicht doch hätte zurückhalten können, wenn sie eher den Mund aufgemacht hätte. Ansgar reichte ihr Ambers Brief. „Lies“, sagte er nur. „Du willst, dass ich den an dich geschriebenen Brief lese?“, fragte sie. Er nickte. „Ja.“ Bei jeder Zeile, die sie las, verkrampfte sich ihr Herz immer weiter. Sie griff sich an den Hals, und in ihre Augen stiegen Tränen. „Scheisse“, flüsterte sie als sie zu Ende gelesen hatte. Ansgar sah Victoria an, und in seinen Augen schimmerten auch die Tränen als er sagte: „Sie hat mich wirklich geliebt.“ Victoria konnte die Tränen nicht mehr aufhalten. „Sicher liebt sie dich. Wie konntest du daran zweifeln? Das ist doch genau der Grund warum sie gegangen ist, Ansgar.“ „Ich halte das nicht aus“, sagte Ansgar, und seine Stimme wurde brüchig. Er schlug sich die Hände vors Gesicht. Victoria zeriss es das Herz, Ansgar so zu sehen. Sie zog Ansgar an sich, strich mit ihrer Hand beruhigend über seinen Rücken. „Victoria, ich muss doch irgendwas machen können, ich kann sie doch nicht gehenlassen“, sagte er unter Tränen. Victoria sprach kein Wort, sondern hielt Ansgar nur fest. Irgendwann wurde er wieder ruhier und wandte sich ab von ihr. Victoria strich Ansgar die Haare aus dem Gesicht. Wieder einmal bemerkte sie, dass sie ihn immer noch liebte. Es war absolut der unpassendste Augenblick, das wusste Victoria, aber sie spürte, dass sie ihn wollte. Sie sah ihm in die Augen, sah die grenzenlose Traurigkeit in seinen Augen und konnte nicht anders.

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BeitragVerfasst: 09.12.2012, 21:23 
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Kapitel 75: Extinguish

Sie näherte sich mit ihrem Gesicht dem seinen. Er liess zu, dass ihr Mund seinen berührte. Victoria wusste, dass sie das absolut Falsche tat, aber dass Ansgar so traurig war und dass er so fertig war, setzte ihr so zu, dass sie irgendetwas tun musste. Erst machte es den Anschein, als würde Ansgar sie wegstossen wollen, doch dann erwiderte er ihren Kuss. Mit der Hand zog er Victoria an sich und drückte sie an sich. Kurze Zeit später spürte Victoria, wie Ansgar sich an ihrer Bluse zu schaffen machte und sie auszog. Dann fielen nacheinander Victorias Rock, Ansgars Hemd, und seine Hose zu Boden. Bald darauf folgte die Unterwäsche. Ansgar zog Victoria mit zum Bett. Keiner der beiden dachte über das nach was sie taten, ob es falsch war oder ob sie ihre Partner betrogen, denn das Einzige was sie in der Situation suchten war Trost.

Es war Monate her, dass Ansgar zuletzt mit Victoria geschlafen hatte. Das war nach seinem Herzinfarkt gewesen, im Steigenberger, weil er sie darum gebeten hatte, weil er sich so unsicher war, ob er wieder Sex haben konnte. Damals waren Amber und Ansgar getrennt gewesen.

Diesmal fühlte es sich seltsam an, irgendwie fremd, verkehrt und doch auch richtig, wenigstens für einen kurzen Augenblick, in dem Ansgar ihr in die Augen sah. Für diesen kurzen Augenblick hatte Victoria das Gefühl, dass etwas zwischen ihnen war, doch Ansgar schloss die Augen sofort wieder als er ihren intensiven Blick wahrnahm. Alles was er für den Moment wollte war vergessen, einfach nur vergessen. Vergessen, dass Amber ihn verlassen hatte, vergessen, dass er die Frau verloren hatte, die er liebte und vergessen, dass sie sterben würde.

Victoria war sich bewusst, dass der Sex nichts zu bedeuten hatte, dass Ansgar es nicht tat weil er für sie, Victoria, Gefühle hatte oder sie gar liebte, doch das war ihr egal in diesem Augenblick. Fast schämte sie sich dafür, dass sie seine emotionale Ausnahmesitutation ausnutzte, aber sie konnte nicht anders. Zu sehr hatte sie sich in den letzten Monaten nach ihm verzehrt. Victoria hatte gemerkt, dass sie sich kaum noch auf ihren eigenen Ehemann einlassen konnte, denn Ansgar geisterte ihr fast pausenlos im Kopf herum. Wenn Thomas Anstalten machte, mit ihr die Nacht zu verbringen, sich ihr näherte, und sie wusste, er hatte Lust auf sie, so täuschte sie immer häufiger Migräneattacken vor, um dem Sex mit ihm zu entkommen. Sie wusste, auf Dauer konnte das nicht so weitergehen, denn sie verglich danach immer Thomas mit Ansgar, und dieser Vergleich konnte nur nach hinten losgehen.

Der Sex war kurz und heftig gewesen, fast emotionslos. Es hinterließ bei Victoria einen schalen Nachgeschmack, und sie bereute es augenblicklich. Jetzt war sie noch tiefer im Sumpf ihrer Gefühle gefangen, und es war fraglich, ob sie da je wieder herauskommen würde.

„Bleibst du heute Nacht hier? Ich kann nicht allein sein", riss Ansgar sie aus ihren Gedanken. Er sah Victoria an. Der Blick in seine bittenden Augen ließ sie nicken. „Natürlich, ich lass´dich nicht alleine. Ich muss mir nur was überlegen was ich Thomas sage.“ „Schieb doch eine deiner Töchter vor, was meinst du? Kannst du nicht Dana wieder als Vorwand benutzen. Sag doch, es ist wieder was mit Hagen.“ Victoria überlegte, entschied sich dann tatsächlich für diese Variante. Sie rief Dana an und bat sie um ein Alibi. Dana, die genug mit ihren eigenen Eheproblemen zu tun hatte, fragte glücklicherweise nicht nach. Dann rief Vicky Thomas an. Dieser schluckte die Ausrede sogar bedenkenlos. Victoria hatte nicht einmal mehr ein schlechtes Gewissen. Nachdem sie aufgelegt hatte, sah sie dass Ansgar sie bedrückt ansah. „Scheisse, Victoria, was haben wir da gemacht?“, fragte er sie. Victoria sah ihn irritiert an. Für sie war es kein Fremdgehen wenn Amber beschlossen hatte, ihren Freund zu verlassen, egal, was für Gründe sie hatte. Auch wenn es hart klang, Amber gegenüber hatte sie kein wirklich schlechtes Gewissen. „Ansgar, mach dir keine Vorwürfe, Amber wollte gehen, es ist nicht deine Schuld“, sagte sie und wollte ihn am Arm berühren, doch Ansgar schüttelte sie barsch ab. „Hallo! Sie hat mich nicht verlassen weil sie einen anderen Kerl hatte, sondern weil sie STIRBT! Und ich habe nichts besseres zu tun als….“ Er sprach nicht weiter, sondern stand auf, goss sich jetzt doch einen Bourbon ein. Victoria wollte grade etwas sagen, da liess Ansgar das Glas wieder sinken. „Gib mir noch was von diesem Zeugs da, dass du vorhin dabeihattest“, verlangte er. „Beruhigungstabletten?“, fragte Victoria nach. „Ja, was immer das war, es wirkt, ich brauch ne Wagenladung.“ Er streckte die Hand aus. „Ansgar, das sind keine Bonbons, ich geb dir nichts mehr.“ „Was wird das? Spielst du dich wieder als Psychologin auf, oder wie?“ Ansgar griff nach Victorias Tasche und zog die Packung Benzodiazepine hervor. Er brach sich eine ganze Tablette raus und nahm sie ehe Victoria eingreifen konnte. Sie öffnete den Mund um was zu sagen, weil er einfach an ihre Tasche gegangen war, aber sie wusste, dass er Recht hatte. Sie war nicht dazu befugt ihm vorzuschreiben, was er zu tun hatte. Sie wusste, sie war zu dominant Ansgar gegenüber. Sie hatte ja selbst schon dann und wann mal eine Tablette genommen. So sah sie Ansgar nur an und sagte dann leise: „Tut mir leid.“ „Was tut dir leid?“, wollte er wissen. „Alles. Dass ich dir nicht eher Bescheid gesagt habe, dass ich dich angefahren habe, dass ich dich bevormunden will, dass wir eben…“ Ansgar, der langsam die Wirkung des hochdosierten Tranquilizers spürte, wigelte ab. „Mir tut es leid. Dass ich dich angeschrieen habe, und dass ich dir die Schuld geben wollte. Du bist doch die einzige Person ausser Amber, der ich vertraue, und jetzt habe ich nur noch dich..“ „Wir müssen Amber finden“, sagte Victoria unvermittelt. Ansgar hob den Kopf, sah sie an. „Und wie?", wollte er wissen. „Diese Lillian, die weiss etwas, da bin ich hunderprozentig sicher, auch wenn Amber sagt, sie hat niemandem gesagt wo sie ist.“ Ansgar schüttelte den Kopf. „Heute nicht mehr. Heute will ich nur noch ins Bett und vergessen.“ Victoria nickte. „Ja, okay.“ Sie beobachtete wie Ansgar seinen Schlafanzug anzog und für sie noch einen zweiten hervorholte. „Hier. Das wird gehen, denke ich.“, meinte er und gab ihr den Pyjama.

Es war ein komisches Gefühl, neben Ansgar im Bett zu liegen. Es war zwar schon die zweite Nacht, die sie zusammen mit ihm verbrachte, aber das letzte Mal war im Hotel gewesen. Victoria hörte an Ansgars gleichmässigen Atemzügen, dass er ziemlich schnell eingeschlafen war. Sie selbst lag noch lange wach und dachte an den vergangen Abend. Sie wusste, sie durfte sich keine Hoffnungen machen, tat es aber doch. Aber letztendlich war es nicht wichtig, was Victoria fühlte, erst einmal musste Amber gefunden werden. Irgendwann beschloss Victoria, auch eine Tablette zu nehmen, damit sie schlafen konnte.

„Du sagst mir sofort wo Amber ist, ich gehe hier nicht eher weg!“ donnerte Ansgar Lillian am nächten Morgen entgegen als diese ihm die Tür aufmachte. „Hallo! Wie redest du mit mir?“, wollte sie wissen, liess ihn aber herein, weil er ihr dennoch leidtat. „Sag mir, wo sie ist“, wiederholte Ansgar, diesemal etwas ruhiger. „Setz dich ersteinmal“, forderte Lillian Ambers Freund auf. „Ich will mich nicht setzen, alles was ich will, ist dass du mir sagst, wo Amber ist.“ „Ansgar, ich verstehe, dass du verzweifelt bist, aber ich weiss es wirklich nicht, glaub mir.“ Ansgar sprang auf Lillian zu und packte sie am Kragen. „Du hörst mir gut zu. Wenn du mir nicht sofort sagst, wo sie ist.. dannn…“ „WAS DANN?“ rief Lillian erbost. „Du kannst mir nicht drohen, versuch es gar nicht erst.“ Ansgar, wusste, so hatte es keinen Sinn. Er liess Ambers Freundin los. „Tut mir leid, aber ich bin total außer mir, kannst du das verstehen?“, wollte er wissen. Lillian nickte. „Hör zu. Ich würde dir wirklich gerne helfen, aber ich kann nicht.“ „Kannst du nicht oder willst du nicht?“ „Ich kann nicht. Weil ich nicht weiss wo sie ist.“

Ansgar sah Lillian an und nickte dann. Wortlos drückte er die Türklinke herunter und verliess das Haus. Als Lillian Ansgar gehen sah durch das Flurfenster, tat er ihr so leid in seiner Verzweiflung, dass sie nicht anders konnte. Sie öffnete die Haustür und rief nach Ansgar. Als er sich umdrehte, sah Lillian, dass Ansgars Augen glänzten so als würde er gleich anfangen zu weinen. Ihre Kehle schnürte sich zu, und dann begriff sie, dass Ansgar Amber wirklich liebte. „Komm rein“, forderte sie ihn auf. „Ich sag dir wo sie ist.“

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BeitragVerfasst: 10.12.2012, 21:55 
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Kapitel 76: Finch Hatton´s

„Sie wird mich dafür hassen, aber ich kann nicht anders.“ Ansgar sah sie ungeduldig an, und so fuhr sie fort: „Sie wollte noch einmal zwei Orte sehen bevor… also sie war vor Jahren mal in Afrika, Kenia..." Lillian konnte nicht weiterreden, denn Ansgar unterbrach sie. "Also ist sie dort? Wo genau?" "Ja, sie ist in Kenia. Sie hat mir eine Liste von Reservaten und Lodges gegeben, wo sie sein wird und wann. Danach will sie in die USA, in ihre Heimat.“ „Gib mir die Auflistung“, forderte Ansgar. Lillian nickte und ging ins Büro. Sie zögerte kurz und kopierte Ansgar die Liste. „Ansgar, was hast du vor?“ wollte Lillian wissen. „Na, was wohl, ich flieg sofort nach Kenia.“ „Du weisst schon, dass sie das nicht will“, gab Lillian zu Bedenken. Ansgar nickte. „Ja, das weiss ich. Aber ich KANN nicht anders.“ Lillian nickte. „Du liebst sie sehr, nicht wahr?“, fragte sie leise. Ansgar sah Lillian nur an und erwiderte: „Ich kann sie so nicht gehen lassen, nicht so…“ Dann ging er Richtung Haustür. An der Tür drehte er sich noch einmal um und nickte Lillian zu. „Danke“, sagte er.

„Wie, du willst nach Kenia? Jetzt? Sofort?“, fragte Victoria entsetzt. „Ja, der Privatjet wird bereits fertiggemacht. Ich weiss nicht, wie lange ich bleibe. Victoria, du kümmerst dich um alles, ich kann mich auf dich verlassen, das weiss ich“, erwiderte Ansgar. Victoria wusste, sie musste Ansgar unterstützen, und so nickte sie. „Ja. Ich kümmer´mich um alles, mach dir keine Sorgen.“ Ansgar zog seine Assistentin an sich. „Danke. Ich bin sehr froh, dass ich dich habe“, sagte er leise zu ihr. Victoria konnte nichts sagen, ihr sass ein Kloß im Hals. Dann nahm Ansgar seine Jacke und verliess das Büro. „Viel Glück“, sagte Victoria noch, aber er hörte es nicht mehr.

12 Stunden später landete der Privatjet der Lahnsteins nach zwei Zwischenlandungen zum Auftanken auf dem Flughafen "Moi" in Mombasa, Kenia. Als Ansgar das Flugzeug verliess, kam ihm sofort eine mächtig schwüle und feuchte Luft entgegen. Er spürte, wie die schwere Luft auf seine Lungen drückte, die er nicht gewohnt war, aber ignorierte es. Er hatte auf der Liste gelesen, dass Amber jetzt zur Zeit gerade im „Finch Hatton´s Camp“ in Tsavo East war. Also musste er dorthin. Er chartete sich ein Flugzeug mitsamt Piloten, denn sein Learjet war nicht geeignet um auf den staubigen Sandpisten zu landen, und schon war er wieder in der Luft. Die zweimotorige Chesna machte zwar keinen so wirklich guten Eindruck, aber Ansgar war ein erfahrener Flugpassagier, und so schenkte er den vielen Ups and Downs während des Fluges nicht viel Bedeutung. Er würde schon heil ankommen. Ansgar blickte nach unten, nahm die Eindrücke des Landes in sich auf. Wäre er zu einem anderen Zeitpunkt und unter anderen Vorzeichen hier gewesen, so hätte er sich mit Sicherheit auf Anhieb in dieses Land verliebt. Unter ihm sah er die Weite des Nationalparks, sah Büffel, Nashörner, Löwen, Antilopen und Elefanten. Er konnte verstehen, dass Amber dieses Land liebte. Es war wunderschön. In der Ferne sah er den Kilimanjaro, den höchsten Berg Afrikas, der mit einer Größe von 5895m zu Tansania gehörte. Seine Spitze war immer schneebedeckt, und der Anblick war wirklich majestätisch.

Nach einer halben Stunde Flugzeit landete die Chesna sehr ruckelig aber sicher auf der staubigen roten Landepiste von „Tsavo East.“ „We now must drive by bus“, erklärte der Pilot Ansgar und zeigte auf einen grünen überdachten Jeep. „Auch das noch, dachte Ansgar sich, der bereits sämtliche Annehmlichkeiten seines Großstadlebens vermisste. Aber er nickte nur und stieg dann ein. Der Fahrer, ein Kenianer, nickte ihm kurz zu. „Jambo, bwana, habari?“ fragte er, was soviel hiess, wie Guten Tag, Wie geht es Ihnen. „Mzuri sana“, sagte Ansgar höflich, weil er das bereits gelernt hatte, denn es war in Kenia so üblich, immer zu fragen, wie es einem ginge und ebenso höflich „sehr gut“ zu antworten. Die Fahrt über die staubige Piste war unangenehm, und Ansgar war froh, als das „Finch Hattons Camp“ vor ihm auftauchte. Es war nach dem adligen Großwildjäger Dennis Finch Hatton benannt, dessen Gesichte und Liebe zu der Dänin Karen Blixen in dem Film „Jenseits von Afrika“ erzählt wurde. Soviel wusste sogar Ansgar.

Als Ansgar in das Camp hereinfuhr, traute er seinen Augen nicht. Mitten im afrikanischen Busch soviel Luxus vorzufinden, damit hatte er nicht gerechnet. Es gab ein Haupthaus im Afrikanischen Stil, wo man die Mahlzeiten einnahm, und dann – auf Holzpfählen – einzelne Holzzelte, die im Inneren durchaus luxuriös eingerichtet waren. Nachdem man Ansgar sein Zelt gezeigt hatte, liess er sich ersteinmal auf die mit „Karibu“ – Willkommen, bestickte Tagesdecke des Bettes fallen. Er musste durchatmen. Die Reise war sehr beschwerlich gewesen. Dann wollte er Amber suchen gehen. Die Umgebung kam ihm sehr fremd und beinah unheimlich vor, so mitten im Busch Afrikas zu sein, war für den an Luxus gewöhnten Ansgar sehr ungewohnt, vor allem weil er die Einsamkeit nicht gewohnt war. Er konnte sich jedoch vorstellen, dass Amber genau das vorzog in ihrer Situation.

Nachdem er eine Weile auf dem Bett gelegen hatte, war er eingeschlafen. Er war komplett fertig von der Reise. Erst am späten Nachmittag wachte er wieder auf. Zuerst wusste er nicht wo er sich befand, doch dann fiel es ihm wieder ein. Er sprang auf und ging in das angrenzende Bad, wunderte sich über die vergoldenen Armaturen schon gar nicht mehr, nicht umsonst war dieses Camp als das Luxuriöseste in ganz Kenia bekannt, und nahm eine Dusche. Danach zog er sich saubere Sachen an, und fühlte sich sogleich besser. Dann ging er die kleine Holztreppe herunter und sah sich um. Es war nur ein kurzes Stück zum Haupthaus, in dem es ab 18 Uhr das Abendessen geben würde. Ansgar überlegte, wie er Amber finden sollte. Sollte er in jedes der Zelte gehen und fragen? Wohl kaum. Er beschloss, sich auf die Holzterasse neben dem Restaurant zu setzen. Dort wurde er sogleich angesprochen und gefragt, was er trinken möchte. Ansgar war beeindruckt. Der Service mitten im Busch war excellent. Er bestellte sich einen Bourbon und trank ihn langsam aus. Sein Blick wanderte über den angrenzenden kleinen Fluss, indem sich ein paar Nilpferde tummelten. Als er weiter hinaus sah, bot sich ihm ein unvergleichlicher Anblick. Die Sonne, die in Kenia bereits ab 18 Uhr unterging, war rotgülden am Horizont zu sehen. Da wusste Ansgar ganz genau, warum Amber hier war. Wer einmal den Sonnenuntergang Kenias gesehen hatte, wollte so schnell wie möglich wieder in dieses faszinierende Land reisen. Ansgar war wirklich tief beeindruckt von der Schönheit Afrikas.

So bemerkte er nicht, wie eine Person hinter ihn trat. „Excuse me, may I ask you for some light?"

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BeitragVerfasst: 13.12.2012, 21:43 
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Kapitel 76: This is Kenya

Ansgar erschrak zutiefst. Er wusste zu wem dieses perfekte Englisch gehörte. Er drehte sich langsam um, Sekunden wurden zu Minuten, es war als geschehe alles in Zeitlupe. Sie stand vor ihm, die Zigarette in der Hand und sah ihn an als wäre er ein Gespenst. Ansgars Herz setzte fast aus als er sie erblickte. Ihre Haare, die schon fast weiss von der intensiven Sonne waren, hatte sie locker hochgebunden, und sie trug einen grünen Cargorock mit weissem Tanktop. Ihre Haut war braungebrannt und sie trug pinkfarbenen Lippenstift. Amber sah aus als hätte sie ein Gespenst gesehen. „Ansgar“, flüsterte sie und starrte ihn sekundenlang nur an. Langsam stand Ansgar auf und streckte die Hand nach seiner Freundin aus. Doch sie zuckte zurück als hätte Ansgar sie verbrannt. Sie drehte sich um und ging dann einfach weg. Ansgar schloss die Augen. Er hatte gewusst, dass es sie überforderte, wenn er ihr nachreiste, aber dass sie so reagierte, hätte er doch nicht erwartet. Er kippte sich den zweiten Bourbin hinter die Binde - sein Herz war im grad scheissegal und den dritten und vierten. Als er selbst merkte, dass er aufhören musste, sah er auf die Uhr. Er hatte das Abendessen verpasst. Langsam stand Ansgar auf und unterschrieb den ihm unauffällig hingehaltenen Beleg des Reservatpersonals und wankte dann Richtung seines Zeltes. „You wanna go to bed already?“ fragte ihn ein dunkelhäutiger Angestellter, und Ansgar nickte. „Yes, I´m tired and exhausted.“ „Don´t you want to hear some pianomusic, that i´ll play in the bar tonight?” “No, thanks”, sagte Ansgar, diesmal mit Nachdruck. “Gott, sind die penetrant”, murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart, doch der Kenianer hörte es nicht mehr. Ansgar wollte nur noch in sein Bett, nichts anderes als schlafen. Er stieg die Stufen zu seinem Zelt hoch und zog sich ohne das Licht anzumachen, aus. Dann schlug er die Decke zurück und schrie auf.

Etwas war in seinem Bett, und es gehörte da eindeutig nicht hin. Ansgar rannte zum Lichtschalter. „Großer Gott“, entfuhr es ihm, als er sah, was da in seinem Bett lag. Es war eine Natter, die sich über sein Laken schlängelte. „Verfluchte Scheisse“, schnauzte Ansgar und rannte nach draußen. Er wusste ja nicht, ob das eine Giftschlange war. Er rannte zum Haupthaus hinüber und staunte nicht schlecht als er eintrat. Es war als würde er sich in eine andere Welt begeben. Überall standen hochwertige Möbel aus der Kolonialzeit Afrikas, und die Tische waren alle mit wertvollem Silberbesteck eingedeckt. In der Mitte des Raumes hing ein großer Kronleuchter und an den Wänden hingen Bilder in Goldrahmen. Ansgar war für kurze Zeit gefangen genommen von diesem Anblick, dann ging er auf den nächsten Kenianer zu, den er erblicken konnte. „Hey, please come with me, i´ve got a snake in bed“, sagte Ansgar, und einer der Angestellten grinste. So you´re now aware that you really are in Kenya“, lachte er, kam aber sofort mit Ansgar. Der Mann schmunzelte noch immer als er die Schlange sah, die mehr Angst vor ihm hatte, und hob sie mit einer Hand auf, hielt sie Ansgar hin, der entsetzt zurückzuckte. „This is not a poisonous snake, don´t be afraid“, sagte er und warf die Schlange in die Büsche. „Hey, man, this is Kenya“, sagte der Dunkelhäutige und schlug Ansgar auf die Schulter. Dieser konnte nicht wirklich lachen, bedankte sich jedoch.

Ansgar lag noch lange wach. Er hörte in der Nähe die Flusspferde, die im angrenzenden Teich schwammen, vernahm den Ruf der Hyänen und hörte in der Ferne das Brüllen eines Löwen. Dann schlug Ansgar die Bettdecke zurück. Er hatte schon wieder etwas gehört. Das war ja furchtbar hier. Etwas, das die Holztreppe zu seinem Zelt hochzukommen schien. Ansgar setzte sich kerzengrade im Bett auf. Er bekam kaum noch Luft. Was war das schon wieder? Er tastete nach der Nachttischlampe, fand in seiner Panik den Knopf nicht. Dann sah er die Umrisse einer Person, die vor dem Zelt war. Wurde er jetzt noch in diesem gottverlassenen Camp ausgeraubt? Das fehlte ihm noch. „Who´s there?“ fragte er, erhielt aber keine Antwort. Stattdessen schob sich der Vorhang des Zeltes auf. Ansgar bekam jetzt echt Angst.

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BeitragVerfasst: 16.12.2012, 21:29 
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Kapitel 78: For just one moment

Doch dann sah er durch den Schein des Mondes, wer da in seinem Zelt stand. Er sah die blonden Haare im Mondlicht funkeln und konnte die Umrisse ihres schlanken Körpers erkennen. Ansgar fing wieder an zu atmen, doch sein Atem ging stossweise. Sie trat näher an sein Bett. Dann stand sie direkt vor ihm. Ansgar konnte keinen Ton herausbringen. Auch Amber sprach kein Wort. Sie begann, ihr Top auszuziehen und den Rock, den sie schon heute nachmittag getragen hatte. Ihre Haare waren jetzt offen und reichten ein Stück weit über die Schulter. Für einen kurzen Moment schien das Mondlicht direkt in Ansgars Zelt, und dann sah Ansgar mehr als nur Ambers Silhoutte. Ansgar bekam kaum noch Luft, denn sie trug nichts darunter. Sie stand sekundenlang so da, rührte sich nicht. Dann beugte sich Amber über Ansgar und war mit einem Mal in seinem Bett. Ansgar schloss die Augen. Er spürte Ambers Körper über sich, spürte den Atem auf seinem Gesicht. Ihre Lippen streiften seinen Mund, küssten ihn aber nicht. Ihr Mund wanderte abwärts, seinen Hals entlang, über seine Brust, seinen Bauch und tiefer. Mit den Zähnen zog sie die schwarze Boxershorts herunter, die Ansgar trug. Er streckte die Hand nach Amber aus wollte sie zu sich hochziehen, doch sie hatte anderes im Sinn. Was sie mit ihm machte war so heiss, dass Ansgar schon nach kurzer Zeit kurz vorm Explodieren war.

Dann zog er Amber zu sich hoch, griff in ihre Haare und riss sie an sich. Das Mondlicht schien wieder herein, und Ansgar konnte in ihre Augen blicken. Und da wusste er, dass er das Richtige getan hatte indem er nach Kenia gereist war. Ihr Blick brachte ihn beinah um den Verstand. Dann schloss er erneut die Augen und spürte ihre Lippen auf den seinen. Gierig verschaffte er sich Einlass mit seiner Zunge und küsste Amber heftig. Er hatte sich so nach ihr gesehnt, so dass er sie wie wahnsinnig begehrte. Er spürte, wie Amber sich auf ihn setzte und sich dann auf ihm zu bewegen begann. „Oh Gott“, entfuhr es Ansgar, und er umfasste Ambers Hüften. Es war wieder fast stockdunkel im Zelt, und das machte Ansgar noch zusätzlich an. Er hätte die Augen auch nicht öffnen können, sonst wäre er sofort gekommen. Aber auch so hielt er nur einige Minuten durch. Amber legte ihm die Hand auf den Mund als sie spürte wie er sich in ihr zusammenzog, denn sonst hätte er das ganze Finch Hattons aufgeweckt.

Er streckte die Arme nach ihr aus, wollte sie nah bei sich spüren. Amber rutschte von Ansgar herunter und legte sich neben ihn. Er drehte sich auf die Seite und zog seine Freundin an sich, so dicht es ging. Keiner der beiden sprach ein Wort, bis Ansgar es nicht mehr aushielt. Er fragte: „Warum bist du weggelaufen, vorhin?“ „Nicht jetzt, nicht reden“, sagte sie nur und küsste ihn erneut. Doch Ansgar hatte ständig im Hinterkopf aufgrund welcher Umstände er hier in Kenia war. Er konnte sich kaum noch auf Amber einlassen, denn er wollte Antworten. Doch Amber wollte den Moment auskosten, wollte nicht reden, keine Fragen beantworten, das spürte er. Also riss er sich zusammen und küsste sie zurück. Er sog die Eindrücke tief in sich auf, damit er sie später immer abrufen konnte, wann immer er es wollte.

Nachdem sie noch einmal zusammen geschlafen hatten, lag Ansgar erschöpft hinter Amber und strich ihr über den Rücken. Dann verbarg er sein Gesicht in ihren Haaren, sog ihren Duft ein und fragte sich, wie er es aushalten sollte, das alles, wenn er sie verlieren würde. Plötzlich drehte sich Amber zu ihm herum. „Ich liebe dich, Ansgar von Lahnstein“, flüsterte sie. Ansgar lief ein Schauer über den Rücken, so wie sie das sagte. Er spürte, wie Tränen in seine Augen stiegen, aber er zwang sich, sie aufzuhalten. So holte er nur tief Luft und erwiderte: „Ich habe mitgezählt, ich habe dir genau sieben Mal gesagt, dass ich dich liebe. Jetzt sag ich es dir noch drei Mal, dann dürfte das für´s erste genug sein“, versuchte er zu scherzen, um gegen seine Traurigkeit anzukämpfen. „Ich höre?“, sagte sie, und Ansgar konnte auch in der Dunkelheit erkennen, dass sie grinste. „Ich liebe dich, ich liebe dich – ich – liebe – dich“, sagte er ganz leise. „Psst, das ist genug, übernimm´dich nicht“, sagte sie lachend und legte ihm den Finger auf die Lippen. Sanft strich sie ihm eine Strähne aus der Stirn. „Du bist verrückt, weisst du das?“, fragte sie ihn dann. „Warum? Weil ich dich liebe?“ „Nein, oder ja, auch“, flüsterte sie. Dann änderte sich ihre Tonlage. „Warum bist du hergekommen?“, wollte sie wissen. Ihre Stimme klang auf einmal hart, abgeklärt. „Das fragst du nicht im Ernst?“ „Doch. Hast du meinen Brief nicht aufmerksam gelesen?“ Ansgar holte tief Luft. „Ich lass dich nicht allein, niemals.“ Amber wandte sich ein wenig von Ansgar ab. „Aber es ist das was ich möchte, warum akzeptierst du das nicht?“ Es klang, als würde sie anfangen zu weinen. „Weil ich das nicht kann.“ Ansgar rutschte hinter sie. „Amber“, flüsterte er. „Du bist das Wichtigste in meinem Leben, ich KANN dich nicht gehen lassen, nicht jetzt, nicht so.“ Er küsste ihren Nacken schob die Arme um sie. Amber kämpfte mit den Tränen. „Du bist ganz schön egoistisch, weisst du das?“ „Ist es egoistisch, dass ich dich bei mir haben möchte?“, wollte er wissen. „Ansgar, ich weiss nicht, wie lange es mir noch einigermassen gut geht, die Ärzte haben gesagt…“ Jetzt war es Ansgar, der ihr die Hand auf den Mund legte. Dann drehte er sie wieder zu sich herum. „Du bist hier, bei mir, das ist alles was zählt. Mehr muss ich nicht wissen.“ Jetzt konnte Amber die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie liefen ihr in Sturzbächen über die Wangen. Ansgar riss es das Herz raus, aber er musste stark sein. „Ich werde immer bei dir sein, immer, hörst du“, sagte er, und bemühte sich, seiner Stimme seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. Er drückte sie fest an sich, so fest es ging, und langsam wurde ihr Schluchzen leiser. „Wenn du das wirklich willst…“ „Das will ich“, unterbrach er sie sofort. „Lass mich ausreden“, bat sie. „Wenn du bei mir bleiben willst, dann habe ich zwei Bedingungen.“ „Ja?“, fragte Ansgar. „Ich möchte, dass wir nicht über meine Krankheit reden, es sei denn ich fange von selbst damit an.“ Ansgar nickte. „Und das zweite?“, fragte er vorsichtig. „Wenn ich sage, dass es soweit ist – dann gehst du. Ohne Wenn und Aber. Das musst du mir versprechen.“

Ansgar fühlte sich als hätte jemand in seine Magengrube geschlagen. „Ich soll dich allein lassen, dann?“, fragte er um sich zu vergewissern. „Ja, wenn ich merke, dass es mir schlechter geht, wirklich schlechter, und ich dich bitte zu gehen, dann gehst du. Das ist meine Bedingung, sonst kannst du gleich morgen deine Koffer packen.“ „Ich versprech´es dir“, sagte Ansgar und schluckte. „Gut, dann lass uns Spass hier haben, ich zeig dir Kenia, und ich habe noch einen Wunsch, einen sehr verrückten.“ „Alles, was du willst“, sagte er und strich ihr über´s Haar. „Ich weiss nicht ob du mir den erfüllen kannst, es ist ein sehr egoistischer Wunsch. Und ich weiss auch nicht, ob du das packst“, sagte sie und knuffte ihn in die Seite. „Na, hör mal, ich kann alles“, erboste sich Ansgar zum Spass. „Gut. Wenn es soweit ist, dann wirst du es erfahren.“ „Wie, du sagst mir nicht was es ist?“ „Nein. Du kannst doch alles, also…“ Ansgar küsste Amber und sagte: „Was immer du möchtest, ich werde es tun. Ich würde alles für dich tun, alles.“ „Ich weiss“, flüsterte sie. „Und es gibt noch etwas“, fügte sie dann noch leise hinzu. „Noch etwas zu dem was ich nicht weiss?“ „Ja.“ „Sag es“, forderte Ansgar sie auf. „Heirate mich.“ Ansgar sah sie total perplex an. „Was?“, flüsterte er. „Ich will Frau von Lahnstein sein, wenigstens für eine kurze Zeit.“ Ansgar wusste nicht was er sagen sollte. „Aber, aber du hast doch gesagt..“, begann er. „Ich weiss, was ich gesagt habe“, fiel Amber ihm ins Wort. „Ich wollte dir nicht zumuten, dass du eine Frau heiratest, von der du eh bald verwitwet bist, das war alles. Du hast dir eine große Hochzeit gewünscht, damals im Krankenhaus, erinnerst du dich?“ „Wie könnte ich das vergessen?“ „Ja, und jetzt wünsche ich mir nicht so sehr, wie für einen Moment deine Frau zu sein“, flüsterte sie und nahm seine Hand. Ansgar schluckte hart bevor er sagte: „Du warst immer meine Frau und wirst es immer sein.“ „Tust du´s? Heiratest du mich?“, fragte sie. „Brauchst du wirklich eine Antwort?“, wollte er wissen. „Ja, brauch ich.“ „Amber von Lahnstein, das klingt sehr wundervoll, das wusste ich immer. Ich habe dir gesagt, ich tu alles für dich.“ „Ist immer noch keine Antwort auf meine Frage“, bohrte Amber. „Ja. Ich heirate dich“, flüsterte er. Amber schloss die Augen als sie Ansgars Mund auf dem ihren spürte und beschloss, diesen Moment festzuhalten. Für immer.

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BeitragVerfasst: 18.12.2012, 22:06 
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Kapitel 79: Closer

Die nächsten Tage zeigte Amber Ansgar Kenia, das Land, dass sie so liebte. Zumindest einen Teil davon. Sie machten eine Safari, bei der Amber sich über ihren Freund totlachen wollte, so wie er dahockte in dem Jeep, immer darauf bedacht, dass er sich nicht schmutzig machte. Am liebsten hätte Ansgar wohlmöglich noch einen Anzug angezogen, aber Amber brachte ihn dazu, sich nur ein kurzärmeliges Hemd und eine leichte Baumwollhose anzuziehen. Sie sahen Gazellen, Antilopen, Nashörner, Büffel, Flusspferde, Giraffen, Gnus und sogar Geparde aus nächster Nähe, und Ansgar war durchaus beeindruckt von der Schönheit des Landes. Die beiden vergassen für ein paar Momente fast den Grund ihres Aufenthaltes in Kenia, und waren sehr glücklich miteinander.

Am Abend sassen sie im Restaurant und liessen es sich gutgehen. Hinter jedem Gast stand ein Angestellter, der nur darauf wartete, Wein nachzuschenken oder Speisen nachzureichen. Selbst Ansgar war einigermaßen sprachlos. „Das ist ja heftig hier“, sagte er zu Amber. „Fast mehr Komfort als auf Königsbrunn.“ Amber grinste. „Siehst du, und das mitten im Busch, ich weiss schon, was gut ist.“ Nicht nur der Service auch das Essen war hervorragend. Es gab Spezialitäten aus der kenianschen Küche wie Maisbrai – Ugali – und Variationen aus der gehobenen englischen Küche.

Nach dem Essen setzten sich die beiden noch zusammen auf die Terasse und schauten den Hippos zu, wie sie so langsam zur Ruhe kamen und sich nur noch schwerfällig ab und an bewegten. Es war eine wunderschöne Nacht – auf der Südhalbkugel war Sommer - und die Temperaturen noch sehr angenehm. „Sag mal, du hast doch überhaupt keine Vorkehrungen für diese Reise getroffen, oder?“, fragte Amber ihn jetzt. „Nein, wieso?“ „Weil ich mir grad Sorgen mache, weil du weder eine Hepatitis A Impfungen hast noch eine Malaria Prophylaxe.“ „Äh, du denn?“ „Na, Hepatitis habe ich sowieso immer machen lassen, und die Malaria – Prophylaxe sollte eigentlich schon drei Wochen vor Reiseantritt beginnen, aber ich habe so nur eine Schnellpropylaxe begonnen. Wir sollten dir morgen sofort ein Medikament besorgen, das Doxycyclin, das kann man auch noch nach Reiseantritt nehmen.“ „Du kennst dich gut aus“, sagte er. „Ja, ich war schon einige Male hier in Kenia“, sagte Amber. „Und wenn man einmal hier war, dann kommt man meistens wieder, die Schönheit des Landes lässt kaum einen unberührt“, schwärmte sie, und Ansgar bemerkte das Leuchten in ihren Augen. Er streckte die Hand nach ihr aus. „Es ist so schön hier mit dir“, sagte er leise. Amber sah ihm tief in die Augen. „Ja“, antworte sie einfach nur. Dann nahm ihr Gesicht einen anderen Ausdruck an. „Sag mal, du bist ziemlich überstürzt abgereist, geht das so einfach? Ich meine, du kannst doch deine Firma nicht so lange alleine lassen.“ „Ach, mach dir keine Sorgen, ich habe Victoria instruiert, sie kümmert sich um alles. Der Laden kann warten. Ich bleib solange du willst.“ Amber nickte und sah Ansgar dankbar an. „Lass uns zum Zelt zurückgehen“, bat sie dann. „Ist dir nicht gut?“, wollte er besorgt wissen. „Doch, mir geht es gut, sehr gut sogar“, sagte sie und lächelte ihn an. „Weil du bei mir bist.“

Ansgar und Amber blieben noch eine Nacht im Finch Hatton´s, dann hatte Amber einen Kurzflug in die Massaii Mara, das Reservat der Massaii Krieger, geplant, das ca. 400 km entfernt war. Dort würden sie im "Intrepids" logieren, auch einem Zeltcamp, das aber noch wesentlich usprünglicher war, denn die Unterkunft bestand diesmal nicht aus einem Holzhaus sondern lediglich aus wirklichen Zelten.

„Dort ist man Afrika noch näher“, sagte Amber. Ansgar wusste zwar nicht, ob ihm das so recht war, Afrika noch „näher“ zu sein, aber er wollte Amber nahe sein, so dass er alles in Kauf nahm, wenn sie nur glücklich war.

Am Nachmittag kamen sie – nach einem sehr holprigen Flug – in der Massaii Mara an. Auch hier war das Innenleben des Zeltes komfortabel, wenn auch nicht ganz so luxuriös wie im Finch Hatton´s. Nach dem Abendbrot saßen Amber und Ansgar wieder auf der Holzterasse des Camps. Amber war so lebenslustig und glücklich wie Ansgar sie nie erlebt hatte, und er war so froh darüber, dass es ihr gutging, so dass er ihre Krankheit fast vergaß.

„WAS war DAS?“ Ansgar schoss wie von der Tarantel gestochen hoch. „Mh?“, fragte Amber schlaftrunken. „DA! Schau mal!“, rief Ansgar und zeigte auf die Ausbuchtung im Zelt. „Lass mich schlafen“, murmelte Amber. „Ich soll dich schlafen lassen?“, fragte Ansgar mit schriller Stimme. „Wenn da irgendwas unser Zelt ausbeult?“ „Ansgar, das sind irgendwelche Hyänen, die tun nichts, schlaf weiter.“ „BITTE? Hyänen?“ Ansgar war außer sich. „Ansgar, vor jedem Zelt steht ein Kenianer mit einem Schlagstock und passt auf, keine Angst“, beruhigte ihn Amber. „Das wollen wir doch mal sehen“, murmelte Ansgar und schlug die Bettdecke weg. Er schlich im Dunkeln zum Zelteingang und schob die beiden Vorhänge auseinander. Amber hatte recht. Es stand tatsächlicher ein Einheimischer da und hielt Wache. Etwas beruhigt legte sich Ansgar wieder schlafen und versuchte, die jaulenden Rufe der Hyänen zu ignorieren. Irgendwann fiel er wieder in einen unruhigen Schlaf.

Nach weiteren zwei Tagen Safari in der Massaii Mara, flogen Ansgar und Amber zurück nach Mombasa, wo sie dann im Urlaubsparadies „Diani Beach“, noch ein paar Tage in einem Luxushotel verbrachten. Das war dann endlich mehr nach Ansgars Geschmack.

Am letzten Abend war Amber ziemlich still, und Ansgar merkte, dass sie traurig über den nahenden Abschied war. Er versuchte alles, um sie aufzumuntern. „Was ist eigentlich mit deiner anderen Bedingung?“, wollte er wissen. Amber sah auf. „Ja, die andere Bedingung. Du bist doch mit dem Privatjet hier, richtig?“ „Ja.“ „Dann lass den Piloten bitte anreisen, wir brauchen das Flugzeug.“ „Ja, das ist mir schon klar, er ist auf dem Weg hierher“, sagte Ansgar. „Wir fliegen nicht nach Düsseldorf“, sagte Amber.

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BeitragVerfasst: 19.12.2012, 19:42 
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Kapitel 80: So much more

„Sondern?“, wollte Ansgar wissen. „Nach Nevada, Las Vegas, meiner Heimatstadt.“ Ansgar sah Amber verdutzt an. „Ist das ein Problem?“, wollte sie wissen. „Nein, ist es nicht, ich habe gesagt, ich tu´ alles was du möchtest.“ „Gut, dann geht es auf nach Las Vegas. Ich freue mich sehr, dir die Stadt meiner ersten Lebensjahre zu zeigen.“ Ansgar lächelte Amber an und war sehr froh, dass sie wieder besser drauf war.

Am nächsten Tag startete der Jet Richtung USA. Ansgar vertiefte sich – wie bei Flügen für ihn üblich – in eine Zeitung, während Amber gedankenverloren aus dem Fenster schaute. Sie sprachen nicht viel miteinander, jeder war auf seine Weise mit seinen Gedanken beschäftigt.

Als das Flugzeug annähernd 24 Stunden später in Las Vegas landete war es zu dortiger Uhrzeit früher Morgen. Ansgar hatte noch von Kenia aus eine Suite im „Four Seasons“ für sie gebucht. Ihr Zimmer war im 39. Stock des Mandalay Bay Towers.

Amber stockte der Atem, als sie die Suite betrat. Die riesige Suite bot alles was man sich nur vorstellen konnte. Ansgar hatte die „Vista Suite“ gebucht, und wie der Name schon sagte, hatte man hier aus einen atemberaubenden Blick auf die Stadt, die vielen bunten Lichter, das unermüdliche Treiben der niemals schlafenden Metropole. Amber war total überwältigt. So viel Luxus war nicht einmal sie gewohnt. Sie drehte sich zu Ansgar um, der zwar todmüde war, und nur noch schlafen wollte und sich schon aufs Bett hatte sinken lassen. „Für dich ist das alles nichts, ich weiss, aber sieh dir mal die Aussicht an“, sagte sie und war noch immer total aufgeregt. „Die ist später auch noch da“, brummelte er und war schon eingeschlafen - in seinen Klamotten. Amber aber stand noch lange an den bodentiefen Allaround Fenstern der Suite und konnte sich nicht sattsehen. Sie war Ansgar so dankbar, dass er das alles für sie tat. Sie drehte sich um und sah auf ihren schlafenden Freund. Tränen stiegen ihr in die Augen wenn sie über den Grund dieser Reise nachdachte, aber sie wischte sie ärgerlich weg. Noch war sie nicht tot, und noch hatte sie die Zeit, mit Ansgar zusammenzusein. Manchmal wollte sie sich an die Hoffnung klammern, dass die Ärzte sich getäuscht hatten, aber die Befunde waren eindeutig. Man hatte mehrere Metastasen gefunden, inoperativ. Eine Chemotherapie hätte den Krebs nur aufhalten aber nicht besiegen können. Amber beschloss, nicht mehr nachzudenken. Sie nahm eine von ihren Tabletten und legte sich neben Ansgar ins Bett, nachdem sie sich ein Nachthemd aus dem Koffer geholt hatte. Sie konnte jedoch nicht sofort einschlafen. So blickte sie auf den friedlich schlummernden Ansgar und konnte nicht anders als eine Hand nach ihm auszustrecken. Vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken, strich sie über sein dunkles Haar. „Ich liebe dich“, flüsterte sie ganz leise und dann rollten die Tränen los, unaufhörlich und wollte nicht versiegen. Sie nahm noch eine Tablette, und dann konnte sie endlich schlafen.

Erst am späten Nachmittag erwachten Amber und Ansgar wieder, und waren total ausgelaugt vom Jet-Leg. Sie beschlossen, den Abend auf der Suite zu verbringen, sich etwas zu Essen kommen zu lassen und es sich gut gehen zu lassen. „Danke“, sagte Amber unvermittelt und sah Ansgar an. „Wofür?“, wollte er wissen. „Das fragst du nicht wirklich? Für das alles hier, dafür, was du für mich tust“, sagte sie leise. „Das ist nichts, nichts, wofür du mir danken müsstest“, sagte er und wollte das Thema wechseln. „Für dich ist es vielleicht nur eine Summe auf deiner Kreditkarte, aber für mich ist es so much more.“ Wann immer Amber sich in etwas reinsteigerte, verfiel sie in die englische Sprache, so auch jetzt wieder. „Es ist selbstverständlich für mich. Du wolltest mir die Stadt zeigen, in der du geboren wurdest, und ich habe dich begleitet. Es ist kein Grund mir zu danken, vielleicht sollte ich dir danken? Für die Eindrücke in Kenia und das alles hier.“ „Wieso, du könntest doch jederzeit diese Reisen vornehmen wenn du wolltest.“ „Naja, wie du weisst, habe ich meistens nur für meine Firma gelebt, und warum sollte ich diese Reisen allein unternehmen. Ich habe nie einen Hang danach verspürt, irgendwo hinzureisen wenn es nicht geschäftlich war. Königsbrunn ist mein Zuhause und für mich der schönste Ort der Welt“, sagte Ansgar, und Amber spürte, dass Ansgar eigentlich ein ziemlich heimatverbundener Typ war, so seltsam das auch klang, da er als Geschäftsmann schon fast auf der ganzen Welt herumgekommen war. „Ausserdem war auch nie Zeit da, ich kann normalerweise die Geschäfte nicht so lange allein lassen“, wandte Ansgar noch ein. „Ich muss sowieso Victoria mal anrufen, um zu hören ob alles in Ordnung ist, ich bin schon eine Woche weg.“ Er stand auf. Amber hörte ihn mit seiner Assistentin sprechen, kurz darauf kam er zurück. „Alles in Ordnung, sie meinte, der Laden würde auch noch eine Zeitlang ohne mich auskommen, Ludwig und Co. sind auch informiert und lassen dich grüßen. „Wissen – wissen sie von meiner Krankheit? Ich meine, dass….“ „Ich weiss nicht was Victoria erzählt hat, Amber, aber ich bin mir sicher, dass sie die richtigen Worte gefunden hat.“ Amber lehnte sich zurück und sah Ansgar auf einmal aufmerksam an. „Du und Victoria – ich würde mir wünschen, dass ihr zusammenfindet“, sagte sie dann unvermittelt.

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BeitragVerfasst: 22.12.2012, 19:51 
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Kapitel 81: Whatever you demand

Ansgar riss den Kopf zur Seite, sah Amber total schockiert an. „Wie bitte?“ „Ja, ich meine es ernst. Ich weiss schon lange, dass sie dich liebt. Sie hat es mir nie direkt gesagt, das musste sie auch nicht, das habe ich von Anfang an gespürt.“ „Amber, ich liebe DICH, und zwar nur dich.“ sagte Ansgar entsetzt. „Wie kannst du mir so etwas vorschlagen?“ „Du weisst, wie es um mich steht. Ich – es würde mir einfach ein paar Sorgen nehmen, wenn ich wüsste, dass du mit Victoria.... dass sie für dich da ist.. wenn…“ Amber konnte nicht weitereden, Ansgar war jetzt aufgesprungen. „Hör auf! Hör sofort auf! Ich will das nicht hören!“, schrie er und wandte sich ab. Amber stand ebenfalls auf und war hinter Ansgar getreten, der am Fenster stand und hinaussah. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. Abrupt dreht er sich herum, riss ihre Hand von seiner Schulter.“ Du weisst ja gar nicht was du da redest“, warf er ihr vor. „Doch. Weiss ich.“ „Weisst du nicht und jetzt hör von diesem Thema auf. Wir beide sind zusammen und ich liebe dich und nicht Victoria. Schluss, Ende, ich will nichts mehr hören.“ Damit rannte Ansgar hinüber ins Bad. Amber hörte, wie nach kurzer Zeit die Dusche lief. Sie wusste, es hatte keinen Sinn, Ansgar wollte hierrüber nichts wissen.

Das heisse Wasser lief über Ansgars Körper, und er verbrühte sich fast. „Mist“, stiess er aus und drehte die Temperatur kühler. Er konnte nicht glauben, was Amber ihm vorgeschlagen hatte. Er sollte mit Victoria zusammenkommen, wenn sie…. Ansgar schloss die Augen. Wie konnte sie so abgebrüht reden? Das ging einfach nicht. Ansgar liess das Wasser über seinen Kopf laufen und die Wasserstrahlen vermischten sich mit seinen Tränen. Es tat so weh, darüber nachzudenken, und er wollte es auch nicht mehr. Er hielt das nicht mehr aus. Abrupt stellte er das Wasser wieder ab und stieg aus der Dusche. Als er sich fertig abgetrocknet hatte und zurück in den Wohnbereich kam, sah Amber ihn nur an und wies auf das Bett neben sich. „Komm her zu mir“, flüsterte sie. Ansgar zögerte. Was wollte sie? Sex? Seit dem Abend wo sie sich im Finch Hatton´s wiedergesehen hatten, hatten sie nicht mehr zusammen geschlafen. Für Ansgar war die Anstrengung teilweise zu groß, so kurz nach seiner Herz-OP, und auch Amber war nicht mehr so belastbar. Daher war Ansgar zu Recht skeptisch. Er verfluchte sein Herz und sein Handicap innerlich, denn oft fühlte er sich nicht mehr wirklich als der Ansgar von Lahnstein, der er immer gewesen war. Nie hätte er gedacht, dass er mal aus Rücksicht auf sein Herz auf Sex verzichten bzw. kürzer treten musste. Dass ihn überhaupt etwas so aus der Bahn werfen konnte, hätte er zudem noch nicht einmal für möglich gehalten. Doch Amber ging jetzt vor, was immer sie verlangte wollte er ihr ermöglichen, und so rutschte er zu ihr auf´s Bett. Sie zog ihn an sich. „Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Vergiss es einfach. Aber ich mache mir halt auch Sorgen um dich, auch wenn du das nicht hören möchtest.“ „Um mich??“, fragte Ansgar irritiert. „Ja. Du kannst nicht allein bleiben, du brauchst eine Frau, die sich um dich kümmert.“ Ansgar sah sie entsetzt an. „Sag mal, hälst du mich für einen senilen alten Greis? Ich brauch´ niemanden! Ich kann auf mich selbst aufpassen“, sagte er beleidigt. Sie grinste. „Darf ich dich daran erinnern, dass ich dich gerettet habe? Sonst wärst du vielleicht jetzt schon krepiert.“ „Komm, lass das..“ sagte er etwas unwirsch. „Ja, okay“, flüsterte sie und küsste ihn. „Das gefällt mir schon besser“, murmelte er zwischen zwei Küssen, und schwupps – schon hatte Amber ihm das Handtuch weggezogen. „Noch besser würde es mir gefallen, wenn du auch…“ , und auch Ambers Sachen blieben nicht lange an ihrem Platz.

Am nächsten Morgen, nachdem die beiden auf ihrer Suite ein reichhaltiges Frühstück genossen hatten, wollte Ansgar wissen, was Amber denn nun noch für einen Anschlag auf ihn geplant hatte. „Das siehst du gleich, denn wir brechen jetzt dahin auf“, antwortete sie. „Zieh´ dich an, wir können gleich los.“ Ansgar runzelte die Stirn aber tat was Amber wollte.

Unten vorm Hotel stand ein Taxi, dass auf sie wartete. Sie stiegen beide ein, und fuhren durch die quirlige Stadt bis ans Stadtende und über die Stadtgrenze hinaus. „Wohin fahren wir denn zum Henker?“, wollte Ansgar wissen. „Gleich, nur Geduld.“ Nach einer Fahrt von etwa eine knappen Stunde kamen sie am Zielort, einem Sportflughafen namens Jean Airport an. Ansgar runzelte die Stirn, stieg aber ersteinmal aus. Als er dann auf die angebrachten Schilder sah, schüttelte er den Kopf. „Das vergiss mal“, sagte er zu Amber und drehte sich Richtung Taxi. „Du bleibst schön hier“, meinte sie und fasste ihn an der Schulter. „Du hast gesagt, du tust alles für mich“, erinnerte sie ihn an sein Versprechen. „Aber doch nicht so etwas Lebensgefährliches!“

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 24.12.2012, 23:14 
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Kapitel 82: Falling (Teil 1)
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Amber sah ihn spöttisch an. „Sagt der der vor nichts Angst hat?“ „Darf ich dich dran erinnern, dass ich vor einem halben Jahr eine schwere Herz-OP hatte? Risikopatienten wie ich dürfen so etwas gar nicht!“ Amber stutzte. Daran hatte sie gar nicht gedacht. „Okay, dann wird aus meinem Plan nichts.“ „Moment, warte, wenn wir schon hier sind, dann fragen wir halt nach“, sagte Ansgar, und schon kam ein muskelbepackter Mann auf Amber und Ansgar zu, der ihnen die Hand hinhielt. „Hi, i´m Edward, i am the chief instructor here, and i welcome you here at extrem skydiving. “ Zu Amber gewandt, sagte er: “You´re the young lady I phoned with yesterday?” Als Amber nickte. “Good, so I guess, your boyfriend doesn´t know anything so far, does he?” Edward grinste. “No, he does not know anything, but we may have a little problem right now, I will explain”, sagte Amber in ihrem breiten West-coast accent und schob Edward beseite.
Ansgar kam sich überflüssig vor, den Amber managte ja schon alles für sie.

Derweil berichtete Amber Edward, dass Ansgar vor einem halben Jahr eine Bypass OP hatte und somit schwere Bedenken wegen eines Fallschirmsprung hatte. Edward war der Meinung, dass – wenn der behandelne Arzt sein Okay gebe, es nicht dagegen sprechen würde, obwohl man normalerweise ein Jahr warten sollte * nach so einer schweren OP. Amber sah auf die Uhr. Es war halb 12 mittags. In Deutschland war es 8 uhr abends. Sie überlegte nicht lange, sondern rief im St. Vincenc an, und hatte Glück, dass sie Daniel Fritzsche an den Apparat bekam. Sie erzählte ihm alles und was sie vorhatte. Auch wenn Daniel nicht der behandelnde Arzt von Ansgar war, so war Daniel der Meinung, dass im Prinzip nichts dagegen sprechen würde, wenn Ansgar sich körperlich dazu in der Lage sah.

Freudestrahlend gab Amber Edward Daniel das Telefon, so dass sich der Leiter selbst von der Richtigkeit der Angaben überzeugen konnte. Dann ging sie zurück zu Ansgar. „Also ich habe mit Daniel gesprochen. Es spricht nichts dagegen, dass du springst.“ Sie feixte. Ansgar war das alles nicht geheuer, aber er nickte. Nachdem Ansgar noch ein zusätzliches Formular ausgefüllt hatte was die Firma von etwaigen körperlichen Schädigungen freisprach, wandte sich Edward an das Paar aus Deutschland. „So, then come on you guys and we fullfill the contract, come in“, forderte Edward Amber und Ansgar auf. “Was für ein Vertrag?” wollte Ansgar wissen. “Den Vertrag mit den Bedinungen furs Springen und so weiter.“ Als Ansgar den Vertrag las, fiel ihm ein Wort auf: „wedding“ „Was soll das bedeuten? fragte er Amber. „Wir heiraten an Bord des Flugzeuges und dann springen wir“, sagte sie fröhlich. „Wir werden WAS?“ Amber sah ihn unschuldig an. „Du wolltest mich doch heiraten?“ „Ja, aber nicht so, nicht hier, nicht mit so nem Gedöns. Ich bin ein Graf, kein.. kein.. Abendteuertyp.“ Amber legte eine Hand auf Ansgars Wange. „Ich will es so. Bitte erfülle mir diesen Wunsch.“ Er sah in ihre Augen, und er wusste nicht, welche zehn Pferde ihn ritten, aber er sagte: „Ja, wir machen es.“ Im selben Augenblick riss Amber Ansgar an sich und jubelte. „Jaaaa“ Als sie ihn wieder losliess, murmelte er: „Ich muss komplett verrückt sein“, aber er freute sich so über Ambers Ausgelassenheit, dass er bereit war alls für sie zu tun. „Ist das denn überhaupt rechtskräftig?“ wollte er wissen. „Alles was du brauchst ist ein Personalausweis, und all die anderen erforderlichen Unterlagen werden später nachgereicht. Nachher müssen wir zum Marriage Bureau to get our license. Aber das ist mit Edward besprochen. Für heute reicht dein schnödes „Ja“

Eine halbe Stunde später waren Amber und Ansgar in der Luft. Es war ausgemacht, dass sowohl Amber als auch Ansgar mit je einem Angestellten des Teams springen würden, da beide keinerlei Erfahrung hatten. Amber würde mit Joe springen und Ansgar mit Edward im Tandem. Ansgar ging ziemlich die Düse als das Flugzeug die Höhe von 15.000 feet erreicht hatte. Der „Skydive Preacher“, der mitgeflogen war, konnte nun die Trauung vollziehen. Der Mann las ihnen jeweils den Text vor: "Do you, Ansgar von Lahnstein, take this woman, Amber Richardson, to be your lawfully wedded wife, to have and to hold, in sickness and in heath, in good times and woe, for richer or poorer, keeping yourself solely unto her for as long as you both shall live? If so, answer " I DO." Ansgar sah Amber mit einer Mischung aus Nervösität und Gerührtheit an und erwiderte: "I do." Als auch Amber den Text bestätigte sprach der preacher: "By the power vested in me by the State of Nevada I now pronounce you wife and husband. You may now kiss each other”, und Amber und Ansgar sahen sich an. “Du darfst mich küssen, Herr von Lahnstein”, sagte Amber und zog Ansgar an sich. „Ja, Frau von Lahnstein“, gab Ansgar zurück, und dann versanken die beiden in einen innigen Kuss. „So, are you ready to jump, guys?“ fragte Edward grinsend. Amber und Ansgar nickten. „So then let´s go and have a flight!” Er schaute Ansgar an, ob er soweit war, der mehr schlecht als recht in seinem Anzug – der ja nun so ganz anderer Art war als die herkömmlichen Anzüge, die er für gewöhnlich trug war – und machte kein so glückliches Gesicht. Amber aber strahlte wie ein Honigkuchenpferd, sie schien keinerlei Angst zu haben. Dass Ansgar gelinde gesagt der „Arsch auf Grundeis“ ging, hätte er allerdings niemals zugegeben. So sagte er nur: „i´m ready.“ „Me too“, sagte Amber und schon hatte Joe sie mit sich in die Tiefe befördert. Ansgar schloss die Augen.

*laut Extrem Skydiving LV - hatte dort angerufen

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BeitragVerfasst: 25.12.2012, 20:56 
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Kapitel 82: Falling (Teil 2)

Ihm war kotzübel. Aber er konnte nicht mehr nachdenken, denn auch er wurde von chief Edward mit in die Tiefe gezogen. Mit einer Geschwindigkeit von 140mph rasten die vier Fallschirmspringer durch die Luft. In den ersten zehn Sekunden betrug die Fallgeschwindigkeit etwa 300m pro Sekunde, danach fielen die vier immerhin noch mit einer Geschwindigkeit von 50m pro Sekunde Ansgar fühlte sich als würde ihm der gesamte Inhalt des Magens auf den Kopf gestellt, er war kaum fähig, etwas mitzubekommen, alles was er denken konnte war, dass er hoffte, dass er heile unten ankam. Er sah hinüber zu Amber, die total geflasht zu sein schien, denn sie schrie sich die Seele aus dem Leib, aber nicht vor Angst. „You´re okay?“ rief Edward. Ansgar schrie zurück: „Yeah, I´m fine“, aber fühlte sich nicht wirklich so. Er sah wieder hinüber zu Amber, die irgendetwas schrie. Es wurde vom rasenden Wind davon getragen. Amber war etwas unter ihr. „Ich liiiiiebe dich“, schrie sie, jetzt hatte Ansgar es verstanden. Etwa 900 m vor dem Boden zogen Joe und Edward die Reissleine. Ansgar spürte einen Ruck, dann wurde der freie Fall abrupt gebremst. Er atmete durch. Es war überstanden. Der Rest des „Fluges“ war angenehmer. Ansgar war sehr froh, den Boden unter den Füssen zu spüren als er auf der Erde ankam. Er liess sich aber vor Amber nichts anmerken, die ihn freudestrahlend umarmte. „Das war so Hammer“, sagte sie mit leuchtenden Augen. „Ja, das war es“, murmelte Ansgar, denn er wollte ihr die Freude nicht verderben. „So, jetzt bin ich deine Frau, das war einfach, oder?“, fragte sie ihn dann. Ansgar hatte diesen Umstand beinah vergessen, denn eine Eheschliessung per skydiving war ja nichts alltägliches, und das Erlebnis des Sprunges – besser gesagt der Schock – steckte ihm noch in den Knochen. „Das war das Beste an allem“, flüsterte er in ihr Ohr und Amber strahlte noch mehr, sofern das überhaupt möglich war.

Ansgar konnte den Umstand der Heirat einfach nicht vergessen, denn es war ständig in seinem Kopf, dass Amber bald nicht mehr bei ihm sein würde. Er schaffte es einfach nicht, und jeden Tag den er mit ihr zusammenwar, wurde es schlimmer. Manchmal ertappte er sich bei dem Gedanken, dass Amber vielleicht recht gehabt hatte. Es war einfach eine extreme Situation, und für Ansgar, der sich vierzig Jahre keine Gedanken um Krankheiten machen musste, kam zuviel zusammen. Erst sein Herzinfarkt, dann Ambers Erkrankung, sein zweiter Infarkt, die anschliessende Bypass-OP und nun das Damokleschwert, dass über ihnen schwebte – mit einem Ausgang der unvermeidlich war – Ambers Tod.

Ansgar spürte, wie Tränen in ihm aufstiegen. Mit aller Macht zwang er sich, diese zu unterdrücken. Amber bemerkte es dennoch. „Hey“, sagte sie besorgt, „geht es dir nicht gut? Es war nichts für dich, oder? Der Sprung?“ Ansgar lächelte weil Amber ihn so gut kannte und sagte: „Naja, nicht wirklich, aber ich wollte dir deine Freude nicht kaputtmachen, ich habe versucht, es mir nicht anmerken zu lassen.“ Sie sah ihn zärtlich an und umarmte ihn. „Du musst mir nichts vormachen, das ist Quatsch, ich kenne dich, ich hätte auch wissen müssen, dass so etwas nichts für dich ist, aber ich habe mir das so sehr gewünscht, und ich wollte es mit dir erleben.“ „Darum habe ich ja auch „ja“ gesagt“, gab er zurück. „Ja, im doppelten Sinne, oder bereust du das auch?“ Sie wandte sich etwas von ihm ab, sah ihm in die Augen – fragend. Ansgar sah die Unsicherheit in ihren Augen, und wieder einmal rührte diese Frau sein Herz wie es noch keine andere getan hatte, und er zögerte ehe er antwortete, um die richtigen Worte zu finden. „Amber, wie kann das du das anzweifeln? Ich gebe zu, der Ort und die Art und Weise waren sehr ungewöhnlich für eine Eheschliessung, aber es war genau das was zu dir passt, so wie ich dich kennengelernt habe, flippig und unbeschwert, kratzbürstig und widerspenstig, lebenslustig und…“ Ansgar überlegte nach Worten. „Und ein bißchen verrückt?“, vervollständigte Amber den Satz. „Ja, ein kleines bischen verrückt vielleicht auch. Verrückt bin ich aber auch – nach dir“, raunte er und Amber lief ein Schauer über den Rücken. Sie wollte allein sein mit Ansgar, jetzt sofort, aber das ging ja schlecht, denn Edward und Joe standen noch – in absehbarer Entfernung, weil sie dem frischgebackenen Ehepaar Zeit geben wollten – bei Ihnen. „Lass uns zurück fahren, ja?“, bat Amber. Ansgar nickte.

Als sie wieder im Auto sassen, nahm Ambers Hand und hielt sie fest, die ganze Fahrt. Sie sprachen kein Wort, jeder war mit den Eindrücken der vorausgegangen Stunden beschäftigt, jeder auf seine Weise und beide wussten, dass der Tag, der eigentlich der schönste Tag im Leben sein sollte, behaftet war mit dem Wissen, dass jeder darauffolgende Tag das Glück zerstören konnte. In Ansgars Kopf schoss auch der Gedanke, dass er jetzt seit über eine Woche fern von Düsseldorf war und dass er seine Geschäfte nicht noch viel länger alleine lassen konnte. Er wusste aber nicht wie er es Amber beibringen sollte. Er beschloss am morgigenTag mit ihr zu reden.

„Möchtest du irgendwo noch etwas essen gehen. Ich meine, hey, wir haben grade geheiratet, wir müssen das feiern?“, fragte Ansgar plötzlich. Amber schüttelte den Kopf. „Ich wäre gerne mit dir allein, also auf der Suite, wenn das für dich okay ist?“, fragte sie unsicher. Ansgar nickte. Ihm war auch nicht zwingend nach Essengehen zumute. Amber lächelte ihn dankbar an, drückte seine Hand noch fester.

Den späten Nachmittag verbrachten Ansgar und Amber auf dem Zimmer. Sie bestellten diverse Dinge zum Essen und liessen sich eine Flasche Champagner bringen. Amber schien es wieder besser zu gehen, sie war fröhlich und aufgekratzt. Ansgar trank nur zwei Gläser, er wollte es nicht übertreiben, denn der Schreck steckte ihm noch in den Knochen, zudem wollte er sein Herz nicht überstrapazieren. Da er nicht mehr so viel Alkohol gewöhnt war, reichten ihm diese zwei Gläser auch schon um eine Wirkung zu spüren.

„Mrs. Amber von Lahnstein“, sagte Amber zu Ansgar und strich ihm mit der Hand über den Oberarm, spürte, wie sich die feinen Härchen aufstellten. Sie sah ihn an, und Ansgar konnte ihr kaum noch in die Augen sehen, er hatte Angst, dass sie seine Trauer sehen würde, seine Sorge um sie. Er nahm einen Schluck vom Champagner. Amber bemerkte es sofort, dass er ihr auswich. „Ansgar?“, fragte sie. „Ansgar sieh mich an, was ist los?“ Ansgar trank das Glas in einem Zug leer und schenkte sich ein weiteres ein. „Die Flasche ist leer, ich bestelle noch eine weitere“, sagte er und wollte zum Telefon greifen, doch Amber hielt ihn am Arm fest. „Warum weichst du mir aus?“, wollte sie wissen. „Der Champagner….“, fing er an. „Scheiss doch auf den Champagner!“, sagte Amber heftig, und Ansgar sah sie erschrocken an ob ihrer Reaktion. „Ansgar, rede mit mir!“, verlangte sie. Er sah sie nur hilflos an. „Du wolltest doch, dass ich nichts sage“, gab er dann leise zurück. Amber verstand sofort. Die Bedingung, dass er nicht über ihre Krankheit reden sollte – das hatte Ansgar gemeint. Ansgar stand jetzt auf. „Verdammt noch mal, Amber, weisst du wie ich mich fühle? Weisst du, was du da in mir anrichtest? Ich darf nicht über deine Krankheit reden, ich weiss, aber ich kann es einfach nicht totschweigen“, sagte er, auch heftiger als beabsichtigt. Das Wort „tot“ blieb im Raum hängen , und es war als füllte sich der Raum mit einer schwelenden Dunkelheit. „Das war meine Bedingung, und du hast sie akzeptiert“, sagte Amber leise. Ansgar drehte sich abrupt herum. „Ja, ich weiss!“ rief er. „Aber ich KANN es nicht! Ich kann nicht dasitzen und Champagner schlürfen wenn ich weiss, dass…..“ seine Stimme erstarb. „WAS?“, schrie Amber ihrerseits jetzt. Ansgar sah sie total hilflos an. Amber sah die Trauer in seinen Augen, den Schmerz, und es riss ihr beinah das Herz raus. „SAG ES! Sag, wenn du weisst, dass ich bald krepier, sei nicht so ein verdammter Feigling!“ Sie war ihrerseits jetzt auch aufgesprungen und wollte an ihm vorbei, doch er hielt sie fest. Sie versuchte, sich loszureissen, doch er war stärker und liess sie nicht gehen. „Ich wusste, dass es nicht gutgeht, ich WUSSTE es!“, sagte sie, und ihre Stimme wurde brüchig. „Lass mich los, Ansgar, unsere Zeit ist hier zuende. JETZT!“

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 26.12.2012, 16:50 
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Kapitel 83: Overflow

Wieder versuchte sie, Ansgars Arm abzuschütteln. „Du hast nicht das Recht, mich aus deinem Leben auszuschließen, so funktioniert das nicht!“, rief er, immer noch in Rage. „Ansgar, es ist mein verdammtes Leben, und den Rest, den ich noch vor mir habe, den will ich in Würde verbringen, und nicht mit dir. Ich will nicht, dass du siehst wie ich elendig zugrunde gehe, ich will, dass du mich so in Erinnerung behältst wie ich war, wie OFT muss ich dir das noch sagen? WIE OFT?“ Sie schrie jetzt wieder, riss sich los. Amber lief zur Tür des Hotelzimmers, drückte gerade die Klinke herunter als sie Ansgar sagen hörte: „In guten wie in schlechten Tagen.“ Der Tonfall in seiner Stimme war es, der sie innehalten ließ. „Du kannst das nicht, nicht du.“ „Woher willst du das wissen?“, fragte er und ging ein paar Schritte auf sie zu. „Ich weiß es einfach", war ihre Antwort. Sie ließ jetzt zu, dass Ansgar sie zu sich herumdrehte. „Alles was ich weiß ist, dass ich dich liebe und dass ich immer mit dir zusammen sein möchte, dass ich dich nicht alleine lassen möchte, wenn es dir schlechter geht. Dass du das von mir verlangt hast, habe ich dennoch akzeptiert, weil es das ist was du möchtest, aber glaubst du, mir geht es gut damit? Zu wissen, dass irgendwann der Tag kommt, wo du sagst, „Geh“, und dann lass ich dich allein? Es reißt mir das Herz heraus, wenn ich darüber nachdenke, und ja, ich kann diesen Gedanken nicht loswerden, dass dieser Tag kommt. Du hast verlangt, dass wir nicht über deine Krankheit sprechen, und möchtest unbeschwert weitermachen, aber ich kann das nicht.“ „Ja, sag ich ja, du kannst es nicht.“ „Ich kann es nicht, weil ich nicht darüber reden kann, und weil ich irgendwann gehen muss beziehungsweise weil du irgendwann gehen wirst. Das ist es was mich fertigmacht.“ Amber sah, wie fertig Ansgar war, und sie wusste, dass er Recht hatte. „Ich weiß, was ich von dir verlange, aber es geht nur so. Oder möchtest du im Krankenhaus oder bei dir zu Hause dahocken und ich bin irgendwann nur noch Haut und Knochen und kotz dir das Bett voll, schreie vor Schmerzen und krepier elendig? Möchtest du das? Willst du die Hand einer Frau halten, wenn sie stirbt? Meinst du, dass du dann besser klarkommst?“

Ansgar erschrak über ihre heftigen Worte. „Aber hast du denn noch eine zweite Meinung….“ fing er an. „ZWEITE MEINUNG? Ansgar, ich war bei drei Spezialisten, mein Körper ist voller Krebs, da gibt es keinen Zweifel. Warum quälst du mich so? Alles, was ich von dir verlangt habe, ist, dass wir zusammen sind, solange es mir gut geht. Warum kannst du das nicht akzeptieren?“ In ihre Augen stiegen Tränen. Ansgar streckte die Hand nach ihr aus und zog sie an sich. Amber ließ Ansgar gewähren. Als sie Ansgars Körper dicht an ihrem spürte, kamen die Tränen wie Sturzbäche aus ihren Augen. Sie schluchzte an Ansgars Schulter und konnte kaum aufhören. Ansgar strich ihr über den Rücken, zog sie so dicht an sich wie es nur ging und versuchte verzweifelt, die richtigen Worte zu finden, aber es gab sie nicht. „Ich tu alles was du verlangst, aber schließ mich nicht aus deinem Leben aus“, sagte er leise. „Ich will für dich da sein, und egal, wie es endet, ich will dich nicht allein lassen.“ Amber entzog sich Ansgar und sah ihm in die Augen. „Bitte akzeptiere, dass es einen Tag geben wird, wo ich dir sagen werde, dass ich dich nicht wiedersehen möchte. Ich habe nur diese eine Bitte an dich. Du hast es mir versprochen in Kenia. Und wenn du mich wirklich liebst, dann tust du das für mich.“ Ansgar schluckte, dann nickte er. „Ich verspreche es dir.“ „Ich bin auch dafür, dass wir noch mehr Champagner bestellen“, sagte Amber unvermittelt. Ansgar wusste, dass sie nicht mehr über das Thema reden wollte, und dass er wohl nicht mehr an sie herankam, aber er ging auf sie ein. „Ja, ich bestelle sofort eine neue“, sagte er und ging zum Telefon.

Amber hatte die Augen geschlossen, als sie Ansgar in sich spürte. Obwohl sie schon so oft miteinander geschlafen hatten, war es jedes Mal aufs Neue so, dass ihr die Luft wegblieb, wenn Ansgar in sie eindrang. Sie hatte viele Männer in ihrem Leben gehabt, aber keiner der Männer war wie Ansgar gewesen. Sie hatte guten Sex gehabt, ohne Frage, aber niemand war in der Lage gewesen, ihr dieses Gefühl zu geben was Ansgar ihr gab. Ob er sie von hinten nahm, oder ob sie es taten, wenn er oben lag und sie unten, ob er ihr in die Augen sah oder nicht, ob sie schwiegen und man nur den Atem hörte, oder ob er ihr Liebeserklärungen machte, es war immer so, dass Ansgar tief in drinnen etwas berührte, was kein Mann vorher geschafft hatte. Sie hatte stets und ständig eine Art Rolle gespielt beim Sex. Amber, die coole, Amber, die abgebrühte, Amber, der Vamp, Amber, die sich nahm was sie wollte. Das war bei Ansgar anders. Ansgar hatte in ihre Seele geblickt, so wie sie es auch bei ihm getan hatte. Sie konnte endlich so sein wie sie war, musste keine Rolle mehr spielen. Kamen ihr die Tränen, wenn er mit ihr schlief, so schämte sie sich nicht dafür, sie konnte ihm in die Augen sehen und ertrug es, wenn er ihr „ich liebe dich“ sagte, und sie selbst konnte es auch. Das war nicht selbstverständlich für die sich stets unter Kontrolle haben wollende Amber, und sie wusste, dass es bei Ansgar genau so war. Es war, als hätten sich zwei Seelenverwandte getroffen, die füreinander bestimmt waren. Amber liebte Ansgar so sehr, dass sie es manchmal kaum aushalten konnte. Sie hatte niemals solch extremen Gefühle gehabt, so dass es ihr manchmal Angst machte.

„Amber von Lahnstein“, flüsterte Ansgar jetzt und sah ihr tief in die Augen. „Jetzt bist du meine Frau.“ Amber spürte schon wieder die Tränen aufsteigen. „Ja“, sagte sie ganz leise und stöhnte auf weil Ansgar sich ein Stück aus ihr zurückgezogen hatte und dann wieder in sie eindrang. Immer noch sah er ihr dabei in die Augen, und auch die seinen glitzerten verdächtigt. „Ich liebe dich so sehr.“ Seine Stimme war kaum mehr ein Flüstern, aber Amber hatte ihn verstanden. Sie schloss die Augen, vergaß alles um sich herum, spürte nur noch Ansgar über sich, in ihr, um sich herum und spürte eine nie gekannte Dankbarkeit in sich aufsteigen, dass dieser Mann in ihr Leben getreten war, und auch wenn sie ihn nur ein Jahr gekannt hatte, so war dieses Jahr das schönste was sie je erlebt hatte. Sie spürte, wie Ansgar sanft ihre Tränen wegküsste. Dann öffnete sie wieder die Augen. „Ich war noch nie so glücklich wie mir dir“, sagte sie. „Das ist der schönste Tag in meinem Leben heute, trotz allem.“ Amber sah, wie eine einzelne Träne aus Ansgars Augen rollte, und ihr Herz zog sich zusammen. Dann spürte sie Ansgars Lippen auf den ihren und sie verschmolzen zu einem Ganzen.

„So läuft das hier nicht mehr!“, polterte Ludwig und hieb mit der Faust auf den Tisch, so dass Victoria zusammenzuckte. „Ansgar ist jetzt fast zwei Wochen weg, und hier häuft sich die Arbeit. Victoria, rufen Sie sofort bei ihm an, egal, wo er sich befindet, ob dort Tag oder Nacht ist, das ist mir EGAL. JETZT!“

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