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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 08.11.2012, 22:42 
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Kapitel 58: Never forget

„Wo ist Ansgar schon wieder?“ polterte Ludwig wie ein Irrer. Tristan zuckte die Schultern. „Was weiss ich? Vielleicht fragst du mal seine Gespielin“, sagte er dann, was ihm einen Tritt von Elisabeth unter dem Tisch einbrachte. „Sprich nicht so über Amber“, sagte diese. „Sie ist eine sehr nette Frau.“ „Ist ja schon gut“, erwiderte ihr Stiefsohn einlenkend. „Sagt Ansgar, dass ich ihn unbedingt sprechen möchte, sobald ihr ihn seht“, sagte Ludwig und stand dann auf.

Amber sah auf die Uhr. Es war schon zehn nach acht. Für gewöhnlich arbeitete Ansgar nicht so lange, und wenn, dann sagte er Bescheid, dass er später kam. So langsam machte sie sich Sorgen. Als ihr Freund auch um neun noch nicht dawar, und auch nicht an sein Handy ging, beschloss sie, sich ins Auto zu setzen. Sie wusste zwar nicht, wo sie ihn suchen sollte, aber sie konnte nicht mehr untätig herumsitzen.

Amber fuhr den Weg zur Enterprise ab und schaute aufmerksam links und rechts ob sie Ansgars Auto irgendwo entdecken konnte, aber es war nicht aufzufinden. Als es halb elf war, beschloss sie, nach Königsbrunn zurückzufahren. Sie hatte jetzt richtig Angst um Ansgar. Gerade als sie zur Eingangstür hereinkam, hörte sie ihr Handy klingeln. Sie sah auf ihr Display. Ansgar! Gott sei Dank. „Ansgar! Wo bist du?“ rief Amber ängstlich in den Hörer. „Ich - ich bin im Krankenhaus“, hörte sie ihn am anderen Ende leise flüstern. Amber erschrak fürchterlich. „WAS? Was ist passiert?“ „Ich hatte wieder einen Herzinfarkt, ich muss operiert werden.“ „Oh Gott“, rief Amber aus und liess fast den Hörer fallen. „Ich komme“, sagte sie nur noch und rannte dann zurück zu ihrem Auto.

Es zeriss Amber das Herz als sie Ansgar sah. Es war erst ein halbes Jahr her, dass sie ihn so hilflos im Krankenhausbett liegen sah, und nun war er schon wieder eingeliefert worden. Die Tränen standen ihr in den Augen. Amber hielt Ansgars Hand fest und sah ihn nur an. „Was haben die gesagt? Wie ist das passiert?“ „Ich weiss nicht, ich bin vom Büro gekommen, habe gemerkt, dass mir alles so eng vorkam, und dann bin ich ins Krankenhaus gefahren. Du weisst, wie sehr ich Krankenhäuser hasse, aber ich hatte echt das Gefühl, dass etwas nicht stimmt“, sagte Ansgar, und Unsicherheit klang in seiner Stimme. „Aber warum hast du mich nicht angerufen? Ich wär´doch sofort gekommen“, sagte Amber leise und strich Ansgar über den Arm. „Ich wollte dich nicht beunruhigen“, meinte er. „Ach, was hast du denn jetzt getan? Jetzt habe ich noch viel mehr Angst um dich. Was haben die Ärzte denn gesagt?“ „Es sollte eine Herzkathederuntersuchung gemacht werden, um zu sehen, ob die Herzkranzgefässe verschlossen sind. Danach hatte ich den kleinen Infarkt“, erzählte Ansgar. „Jedenfalls haben die Ärze gesagt, dass ich zwei Bypässe brauche. Ich muss mich nur erst erholen von dem erneuten Infarkt. Den habe ich nicht mal gemerkt. Das war ganz seltsam.“ Amber sah Ansgar nur mit großen Augen an. „Das ist nicht gut, oder?“, flüsterte sie. „Naja, da sind wohl zwei Herzkranzgefässe verstopft, und mit dem Bypass kann man diese verstopften Gefässe mit Venen oder Aterien aus einer anderen Stelle des Körpers wieder überbrücken an den verengten Stellen. Eigentlich ganz logisch.“ „Ansgar, komm mir nicht mit Logik, ich habe eine Scheissenangst um dich!“, rief Amber aus. „Ach, wird schon“, sagte Ansgar betont lässig , doch Amber sah die Angst in seinen Augen. „Ich werde wohl so zwei Wochen warten müssen bis zur OP. Und ein Zuckerschlecken ist das auch nicht. Die meisseln einen ganz schön auf. Aber nun ja, die werden es ja wohl ordentlich hinkriegen, sonst kriegen die mächtig Ärger mit mir“, versuchte Ansgar, die Situation ins Lächerliche zu ziehen. „Nun komm schon her, ich sterb´ schon nicht gleich wenn ich dich in den Arm nehm´“, sagte er dann grinsend zu Amber. Er zog sie an sich. Amber spürte Ansgars kräftige Arme und fühlte sich sogleich geborgen. Sie war sich sicher, es würde ihn nichts und niemand klein kriegen, auch keine Bypass Operation. Sie wusste, es würde alles gut werden. Sogar jetzt, wo Ansgar selbst krank war, hatte sie immer noch dieses Gefühl bei ihm, wenn sie bei ihm war, dass er stark für zwei war, dass er sie beschützte und ihr immer beistehen würde, egal, was passierte. Amber nahm den Geruch seines Aftershaves wahr und den so Ansgareigenen Geruch. Dieser Geruch vernebelte ihr die Sinne. Wie immer. Sie liebte ihn so wahnsinnig, dass sie es nicht in Worte fassen konnte. Als sie sich von ihm löste, glaubte sie, sie hätte in Ansgars Augen Tränen schimmern sehen, aber sie hoffte, sie irrte sich. Wenn Ansgar Ansgst hatte , so hatte sie auch Angst. „Ich liebe dich“, sagte sie leise zu ihm und küsste ihn sanft auf den Mund. Ansgar blickte ihr tief in die Augen. „Und ich liebe dich, Amber.“ Dann rollten die Tränen bei Amber, sie konnte sie nicht aufhalten. „Ich habe eine Scheiss-Angst um dich“, sagte sie, und ihre Stimme wurde brüchig. „Hey", flüsterte er. „Die Ärzte haben gesagt, dass nur zwei Herzkranzverfässe verengt sind, und ich habe drei, also bitte, keine Panik“, sagte er, aber in seinem Inneren wusste er, dass auch er eine Heidenangst hatte. Er hätte sich aber lieber die Zunge abgebissen als es vor Amber zuzugeben. „Bitte, mach dir keine Sorgen. Es wird alles gut.“

In den nächsten zwei Wochen vor Ansgars OP musste viel erledigt werden. Ludwig vertrat Ansgar in der Bank zusammen mit Victoria, und Ansgar versuchte, so gut es ging, vom Krankenhaus aus noch einige wichtige Dinge zu regeln. Amber besuchte Ansgar jeden Tag und war froh, dass er sich so rasch erholte. Amber hatte heimlich mit den Ärzten gesprochen, weil sie Angst hatte, dass Ansgar ihr nicht die volle Wahrheit sagte. Zu ihrer großen Erleichterung sagte man ihr, dass so eine Bypass Operation zwar nicht ganz ungefährlich war, aber heutzutage schon fast eine Routine-OP war. Man würde an anderer Stelle des Körpers Adern entnehmen und mit ihnen die verschlossene Stelle überbrücken. Bei Ansgar hätte man rechtzeitig gesehen, dass zwei Herzkranzgefäße verstopft waren, so dass er nach der Bypass Operation wieder ein fast normales Leben führen konnte. Amber war zumindest ersteinmal beruhigt.

Der Tag vor Ansgars OP kam, und Amber verbrachte den ganzen Tag bei ihm im Krankenhaus. Sie sass an seinem Bett und versuchte ihn aufzumuntern. Sie spürte, dass Ansgar Angst hatte. Sie fühlte, dass es auch noch etwas gab, was er ihr sagen wollte, denn er druckste seltsam herum. „Ansgar, du hast noch etwas auf dem Herzen, bitte sag es mir“, forderte sie ihn auf. Ansgar war überrascht, wie gut Amber ihn kannte und sagte: „Ja, du hast recht. Da gibt es etwas. Ich wollte dich bitten….. Wenn.. wenn mir etwas zustösst morgen, sagen wir mal… dass ich nicht mehr selbst entscheiden kann was mit mir passiert oder so…dann… „ Amber sah ihn entsetzt an. „Hör sofort auf!“ rief sie. „Da geht nichts schief, ich weiss es, hörst du!“ Ansgar sah sie nachsichtig an. „Ich meine, ich will nicht künstlich am Leben erhalten werden, wenn ich nachher schwachsinig im Kopf bin oder dergleichen. Für meine Kinder wäre gesorgt, Kim hat ihre Mutter und Thomas und Hannes hat Tanja und Sebastian“, sinnierte Ansgar. „Stopp! Ich werde dieses Gespräch nicht weiterführen“, sagte Amber vehement. „Und noch etwas", fuhr Ansgar unbeirrt fort. „Wenn ich das da morgen gut hinter mich gebracht habe.. und nach diesem ganzen Rehamist und so weiter.. dann….“ er machte eine Pause und sah sie an, blickte ihr tief in die Augen und brachte sie damit an den Rand des Wahnsinns. „Was dann?“,fragte Amber leise, und hatte gleichzeitig schon wieder Angst vor dem was Ansgar sagen würde. „Dann…“, Ansgar legte bedeutungschwangere Pause ein und sah Amber intensiv an. „…Dann wird es auf Königsbrunn ein großes Fest geben. Das grösste, was wir je hatten. Und weisst du warum?“ Wieder dieser Blick, der Amber sogar im Krankenhaus die Knie weich werden liess. Sie schüttelte den Kopf. „Weil wir dann dort unsere Hochzeit feiern.“ Amber starrte Ansgar nur an, sagte kein Wort. Dann schossen ihr die Tränen in die Augen, und sie wandte sich ab. „Was denn? Ich mach dir nen Heiratsantrag – zugegebenermaßen keinen sehr romantischen – und du haust ab? Na, ich glaube, ich werde es morgen mal spannend machen, damit du dir Sorgen um mich machen musst“, zog Ansgar mal wieder alles ins Lächerliche. Amber sah Ansgar wieder an. Ihr liefen die Tränen über´s Gesicht. Noch immer sagte sie nichts. „Ja, ja, schon okay, ich werde dir noch einen romantischeren machen“, lachte er. Amber nahm Ansgars Hand und flüsterte: „Nein. Das musst du nicht. Schöner hättest du es nicht sagen können.“ Wieder kamen neue Tränen und sie lächelte. „Du weisst, ich stehe nicht auf die Kitschnummer.“ „Ja, ich weiss“, sagte er nur. Dann zog er sie an sich, drückte sie fest an sich.

„Ich habe Angst, Amber“, flüsterte er ganz leise. Amber war es als würde ihr der Boden unter den Füssen weggezogen werden. Ansgar hatte Angst! Er! Ansgar von Lahnstein, der vor niemandem Angst hatte! Ambers Herz setzte kurz aus, ehe sie antwortete: „Ich werde auf dich aufpassen, das versprech ich dir, dir wird nichts passieren.“ Er schob sie sanft von sich, hatte sich sogleich wieder im Griff. „Unkraut vergeht nicht“, sagte er und grinste schon wieder.

Am nächsten Morgen wurde Ansgar um 7:30 in den OP geschoben. Kurz vor der Schleuse sah Ansgar Amber noch einmal an. Ihr Herz zog sich zusammen bei diesem Blick. Sie hätte schreien können, aber sie blieb tapfer für Ansgar. „Ich möchte dir noch etwas sagen“, sagte er leise und bedeutete ihr, sich zu ihm runterzubeugen. „Du bist das Beste was mir je passiert ist. Vergiss das nie.“ Amber kämpfte mit den Tränen, aber sie schaffte es sie aufzuhalten. "I´ll never forget", erwiderte sie auf englisch, da sie wie so oft in ihre Muttersprache verfiel wenn sie extrem nervös war. "Ich liebe dich“, brachte sie dann noch hervor, dann drehte sie sich um und ging.

Die nächsten zwei Stunden und 45 Minuten waren die Hölle für Amber. Sie hockte bewegungslos auf einem der unbequemen Plastikstühle und konnte nicht einmal mehr weinen. Kim und Victoria waren am gestrigen Abend noch da gewesen, und auch wenn Amber immer ein ungutes Gefühl gegenüber Victoria hatte, so war sie doch froh gewesen die beiden Frauen um sich zu haben. Auch jetzt hätte sie sie gerne bei sich gehabt. Sie mochte Victoria. Diese hatte Amber das Versprechen abgenommen, sich sofort zu melden wenn alles vorbei war.

Die Gedanken zogen durch Ambers Kopf wie Gewitterwolken. Sie dachte an die wunderbare Zeit, die hinter ihr lag. Seit dem Tag an dem Amber auf Ansgar vor der Enterprise gewartet hatte, durchnässt vom Regen, waren sie unzertrennlich gewesen. Es gab dies Intermezzo mit Lydia, aber das hatte ihre Beziehung eher noch stärker gemacht. Amber wusste, dass es etwas ganz Besonderes war, Ansgar von Lahnstein zu lieben. Es war so viel anders als all das was sie vorher erlebt hatte. Dieser Mann liess so selten Menschen in sein Herz, aber wenn er es tat, so war es für immer, das wusste Amber. Sie betete zu Gott, dass er dafür sorgte, dass Ansgars OP gut verlaufen würde, obwohl sie sonst kein gläubiger Mensch war. Es durfte einfach nichts schief gehen. Wenn sie Ansgar verlieren würde, so würde es ihr das Herz herausreissen, sie würde den Boden unter den Füssen verlieren, sie würde es nicht überleben.

Als nach drei Stunden immer noch keine Neuigkeiten aus dem OP kamen, bekam Amber es mit der Angst zu tun. Sie lief jetzt unruhig auf und ab. Dann endlich sah sie den behandlenden Arzt Dr. Wünsche, auf sie zukommen. Sein Gesicht war sehr ernst. Amber wurde schwindelig, und sie hielt sich an der Wand fest. „Ich habe leider keine guten Nachrichten für Sie“, sagte er. „Setzen Sie sich besser erst einmal.“ Doch Amber setzte sich nicht. Sie sah an dem Gesicht des Arztes, dass etwas passiert sein musste. Etwas sehr schlimmes. Amber drehte sich langsam um. Dann rannte sie. Sie rannte den Krankenhausgang entlang und rannte als wäre der Teufel hinter ihr her. Erst als sie draussen war, verringerte sie ihr Tempo. Sie steuerte auf eine Bank zu und konnte sich gerade noch hinsetzten, ehe ihr die Beine den Dienst versagten. Dann brach sie zusammen.

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Verfasst: 08.11.2012, 22:42 


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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 10.11.2012, 21:47 
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Kapitel 59: Without thought, without voice, without a soul / Don't let me die here

„Amber, großer Gott, was ist passiert? Hören Sie mich?“, rief Victoria und rüttelte an der zierlichen Frau. Amber sah Ansgars Assistentin nur dumpf an. Dann begriff Victoria. „Ansgar? Ist er? Ist… NEIN!!!!“ schrie Victoria, und dann fielen sich die beiden Frauen in die Arme. Amber schluchzte unaufhörlich, sie zitterte am ganzen Körper. Auch Victoria wurde von Weinkrämpfen geschüttelt. Die beiden Frauen hielten sich krampfhaft aneinander fest. Nach einer ganze Weile löste sich Victoria von Amber. „Was ist passiert?“, fragte sie mit brüchiger Stimme. „Ich weiss es nicht. Ich bin ja weggerannt, nachdem mir der Arzt sagte, er habe keine guten Nachrichten und dass ich mich setzen sollte.“ „Also weisst du nicht, ob…..“ schöpfte Victoria leise Hoffnung. „Was soll es denn sonst bedeuten, Victoria?“, schrie Amber. „Oh Gott“, schluchzte sie. Victoria sah Amber fest an. „Ich muss wissen, was passiert ist.“, sagte sie entschlossen. Amber nickte und stand auf. Mit wackeligen Beinen gingen die beiden Frauen wieder ins Krankenhaus hinein.

Als sie sich dem OP – Saal näherten wurde ein Patient an ihnen vorbeigeschoben. Als Amber sah, dass es Ansgar war, schrie sie auf. Sie stürzte zu ihm, wurde von den Pflegern sanft aber bestimmt zur Seite geschoben. „Ansgar!“, rief Amber in Panik. Dr. Wünsche kam auf Amber zu und griff sie am Arm. Amber schüttelte ihn ab und wollte Ansgar hinterherlaufen, doch Dr. Wünsche griff heftig zu. „Hören Sie“, sagte er. „Lassen Sie mich los!“, schrie Amber den Arzt an. „Sind Sie die Lebensgefährte von Herrn von Lahnstein?“, fragte Dr. Wünsche unbeirrt. „Ja, verdammt noch mal. Sagen Sie mir schon dass er tot ist!“, schrie Amber. Dr. Wünsche sah Amber fest an. „Frau? Äh..“ „Richardson“, sagte Amber tonlos. „Frau Richardson. Es tut mir leid, ich habe sie vorhin verwechselt. Ich habe schon eine Schwester nach Ihnen losgeschickt, damit wir den Irrtum aufklären können. Herrn von Lahnstein geht es gut, also den Umständen entsprechend. Er hat die OP sehr gut überstanden, Sie können sofort zu ihm.“ Amber sah Dr. Wünsche nur wortlos an. „Er – er ist nicht--- tot?“, flüsterte sie. „Nein, es tut mir so leid, Frau Richardson. Ich bin seit 17 Stunden im Dienst, ich war so übermüdet, ich habe sie mit einer anderen Angehörigen verwechselt. „Er ist nicht tot?“wiederholte Amber. „Nein, ich bringe Sie zu ihm.“ Amber riss den verdatterten Arzt an sich und fiel ihm um den Hals. Dann fing sie an zu schluchzen. „Ist ja schon gut…“ beruhigte sie Dr. Wünsche. Auch Victoria war heilfroh, dass es Ansgar gut ging. Sie beschloss, dass Amber zu Ansgar sollte. Sie würde auf Amber warten.

Ansgar schlief noch als Amber zu ihm kam. Es dauerte eine ganze Weile bis er aus der Narkose aufwachte. Amber wandte den Blick nicht ab von ihrem Freund bis er die Augen aufschlug. Ihr Herz setzte aus als sie sah, dass Ansgar aufwachte. Dann liefen Sturzbäche von Tränen über ihre Wangen. Sie nahm ganz vorsichtig seine Hand, die er ganz leicht zurückdrückte. „Hey“, flüsterte er. „Hey“, gab sie zurück. Sie lächelte unter Tränen. „Du weinst ja, ist es so schlimm?“, fragte er mit schwacher Stimme. „Nein, es ist alles gut, du wirst wieder gesund“, sagte sie und streichelte seine Hand. „Das ist gut, ich will ja noch dieses Jahr mit dir meine Hochzeit feiern, wie du weisst.“ Er lächelte sie an und dann schloss er wieder die Augen. „Ich bin noch müde.. Ich schlaf noch ein wenig.“ Amber legte ihren Kopf auf Ansgars Bett und schloss ebenfalls die Augen. „Danke, lieber Gott“, flüsterte sie.

Ansgar wurde nach drei Tagen auf der Intensivstation auf eine normale Station verlegt. Amber war sehr glücklich darüber, dass es Ansgar schon sehr bald besser ging. Ihr war klar, dass sein Leben nie wieder das Alte werden würde, aber sie war so dankbar dafür, dass sie Ansgar nicht verloren hatte. Ihr war zwar noch nicht klar, ob Ansgar es schaffen würde, seinen geliebten Zigarren abschzuschwören und seinen Alkohlkonsum drastisch verringern könnte, aber sie wollte alles dransetzen, dass sein Leben nicht noch einmal so in Gefahr geriet.

Nach knapp zwei Wochen, in denen Ansgar im Krankenhaus fast verrückt wurde, weil er – schon wieder ganz der Alte – „dieses Etablissement“ weit unter seiner Würde empfand und vor lauter Langeweile anfing, den Schwestern, sofern sie denn gut aussahen, unter den Rock schielte, kam Dr. Wünsche in das Zimmer seines Privatpatienten. Als Ansgar von dem Professor hörte, dass er nach dem Krankenhausaufenthalt in eine Rehaklinik fahren sollte, fing er an herumzuschnauzen. „Das können Sie nicht machen mit mir!“, donnerte er. „Ich habe hier wochenlang festgehangen, und nun soll ich mich in so ner Klinik mit Greisen und Rentnern rumschlagen? Ich bin zwar halbtot aber nicht lebensmüde, vergessen Sie´s!“ Professor Dr. Wünsche sah seinen adligen Patienten milde an. „Herr von Lahnstein, sie MÜSSEN gar nichts, jedoch würde ich Ihnen dringen zu einer solchen Reha-Maßnahme raten, sofern sie nicht in Kürze wieder unser – wie sagten sie so schön - „Etablissement“ aufsuchen möchten. Ich bin mir sicher, es wird Ihnen zuzumuten sein, die Klink in Oldenburg ist sehr schön, ich habe da schon eine sehr gute Einrichtung für Sie herausgesucht.“ Damit verliess er einen in seinen nicht vorhandenen Bart hineingrummelnden Ansgar und eine Amber, die dem Arzt grinsend hinterhersah.

„Mein Schatz“, fing sie an, und Ansgar wusste, wenn sie so anfing, verhiess das nichts Gutes. „Du wirst in diese Klinik gehen, und wenn ich deinen süßen Arsch dorthin treten muss“, sagte sie und grinste ihn an. „Du kommst aber mit? Du lässt mich nicht allein mit den Rentner oder?“ „Würd´ich ja gerne, aber ich muss arbeiten. Aber ich komme jedes Wochenede“, versprach Amber. „Wie? Jedes Wochende? Länger als eine Woche bleib ich da nicht!“, sagte Ansgar vehement. Amber seufzte. „Ansgar, du musst mindestens drei Wochen bleiben. Das weiss ich von meiner Krebsnachsorge in der Onkologie.“ „DREI Wochen?“ Amber musste lachen über Ansgars entsetztes Gesicht. Das schaffst du schon“, sagte sie und küsste ihn.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 11.11.2012, 20:57 
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Kapitel 60: Just like Churchill - No sports - only whiskey and cigars

Ehe Ansgar es sich versah, wurde er von Kurt vor dem Gebäude des Rehabilitationszentrums Oldenburg abgeliefert. Die anderen Patienten gafften als hätten sie ein Ufo landen gesehen als Graf Ansgar von Lahnstein aus der Limousine ausstieg und der Chaffeur die vier Koffer seines Chefs abstellte. Ansgar nickte Kurt zu und schon war dieser entschwunden. Ansgar genoss die bewunderten Blicke der anderen Patienten insgeheim, denn er liebte solche Auftritte und ging dann in die Eingangshalle.

Wenn er allerdings gedacht hatte, sein Status in der Gesellschaft würde ihm hier etwas nutzen, so hatte er sich getäuscht. Gleich zu Beginn war eine Führung im Hause angesetzt, so wie ihm die Rezeptionistin mitteilte. Auf Ansgars Einwand, er müsse erst einmal Personal anfordern, das seinen Koffer ausräumte, sah ihn die Empfangsdame unter ihrer Lesebrille eiskalt an und sagte mit berlinerischem Akzent. „Gibtet hier nich´Det müssense schon selbst machen.“ Sie warf dem Grafen noch einen Killerblick zu und vertiefte sich dann wieder in seine Unterlagen.

Ansgar fluchte. Hätte er bloss Kurt noch nicht nach Düsseldorf geschickt, dann hätte er seine Koffer ausräumen können. So aber musste er - gar nicht grafenlike - selbst Hand anlegen. Als Ansgar gerade todesmutig Koffer zwei von vier in Angriff nahm, klopfte es und eine gutaussehende Frau Mitte 40 kam ins Zimmer. „Hab ich herein gesagt?“, fauchte Ansgar die Dame an, wurde jedoch sogleich still, weil sie ihn auch mit einem ziemlich kasernenhaften Ton ansprach und ihn aufforderte, sofort mitzukommen, die Führung des Hauses stünde an. Ansgar hatte definitiv keine Lust sich dem Feldwebel entgegenzusetzen. Er hatte beschlossen, sich lieber ein paar Freunde hier zu machen, vielleicht konnte er diese dann mit etwas bestechen, so dass er auf seinen Luxus und Annehmlichkeiten nicht verzichten musste. Zudem sah die Frau so unverschämt gut aus, dass er ihr bereitwillig folgte. Vielleicht konnte sie ihm noch von Nutzen sein.

Ansgar sah sich um. Er bemerkte, wie die Mitpatienten, die auch am selbigen Tag angereist waren, ihn musterten. Er war der Einzige mit Anzug und Krawatte. Die anderen Damen und Herren trugen Trainingsanzüge oder legere Kleidung. Innerlich rümpfte Ansgar die Nase. Da konnte passieren was wollte, er würde definitiv nicht mit solchen Klamotten hier herumlaufen.

Nach drei Tagen hatte Ansgar fast alle guten Vorsätze über den Haufen geworfen. Hatte er sich zu Anfang noch geweigert, morgens um 7:00 Walking zu betreiben, so war er an Tag drei so desillisioniert, dass er eine Sonderbehandlung erfahren würde auf Grund seines Grafentitels, so dass er mehr schlecht als recht durch den Park stolperte. Er war kaum Sport gewöhnt, und wenn dann nur Golf oder seine gelegentlichen Besuche in einem renomierten Fitnesclub in Düsseldorf. Frühmorgens, wenn andere Leute noch schliefen oder wenigstens noch bei einem guten Frühstück saßen, Sport zu treiben, war für ihn fast Selbstmord.

„Da hätt´ich besser abkratzen können“, schnauzte er vor sich hin während er missmutig versuchte, die Stöcke mit seinem Gang in Einklang zu bekommen, aber es gelang ihm nicht wirklich. „Herrgottnochmal“, polterte er vor sich hin, so dass ein älterer Herr etwas zurückblieb und auf ihn wartete. „Kommet Sie nedd klar mid den Schdöggen“, sagte er aufmunternt zu ihm, „Des isch eigendlich ganz oifach.“ Ansgar war sich unsicher, ob er den Mann lieber killen wollen würde oder froh sein sollte, dass ihm jemand half. „Nein! Komme ich nicht, sehen Sie doch“, blaffte er etwas ungehalten. Der ältere Herr lies sich nicht entmutigen. „I helf Ihnen, wartet Se grad“, sagte er und nahm Ansgar die Stöcke ab. Noch einmal führte er dem Grafen vor, wie er die Stöcke zu halten hatte und gab sie Ansgar dann wieder. „so, und jedzd no oimal“, munterte er ihn auf. Ansgar wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte, aber er tat wie ihm geheissen, und tatsächlich ging es jetzt schon viel besser. „Han i do gsagt, ´s klappt doch“, sagte der Grauhaarige und spurtete los um Aufschluss zu der Gruppe zu finden. Ansgar aber hatte die Nase voll. Er kehrte einfach wieder um, warf – kaum dass er auf seinem Zimmer angekommen war – die Stöcke an den Kleiderschrank, so dass es tierisch laut polterte. Er hatte keinen gesteigerten Bedarf die Walkingstöcke wieder in der Sportabteilung abzugeben. Sollten die sich doch ihren Kram selbst holen von seinem Zimmer. Der ganze Aufenthalt war eine einzige Qual für Ansgar und er überlegte, noch am selbigen Tag abzureisen. Auf einmal wurde er aus seinen Gedanken gerissen weil es an der Tür klopfte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 13.11.2012, 16:10 
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Kapitel 61: Another point of view

„Wer ist da?“, fragte Ansgar ungehalten und dann erkannte er die Stimme von seinem Mitpatienten. Genervt öffnete er die Tür und staunte nicht schlecht, als der Grauhaarige vor seiner Tür stand mit einer Flasche Whiskey in der Hand. „Mir isch z ohre komme dess sie den hir gerne drinken“, meinte er einfach. Ansgar sah ihn verblüfft an. „Do hann i gdacht, ich bring Ihne oimol oi Fläschle vo dem guade Zeigs herrüber“ Sprachs und drückte dem verblüfften Ansgar die Flasche in die Hand. Dann wollte er sich wieder entfernen. „Warten Sie doch“, bat Ansgar ihn, so dass der ältere Mann sich wieder umdrehte. „Na, kommen Sie schon rein, allein trinkt es sich nicht gut“, forderte er ihn auf. Freudig kam der Mann auf Ansgar zu und hielt ihm seine Hand hin. „I be dr Herr Gräulich“, sagte er „Abr i be nedd so druff wie moi Nam ischd, sonderet oi ganz nedder.“ „Ansgar von Lahnstein“, sagte Ansgar artig und schloss die Tür hinter Herrn Gräulich.

"Abr i hend s scho midbekomme dess sie oi Graf sind“, sagte Herr Gräulich unbeeindruckt. „I hend sie scho oimol in oim Kladschbladd gsehen.“, informierte er Ansgar. „Ja äh“, stammelte Ansgar. „Bloss des bringd Ihne hir nix, ganz im Gegendeil, hend Sie joo scho gmerkd.“ Ansgar nickte und forderte Herrn Gräulich auf sich zu setzen. Dann nahm er zwei Gläser von seinem Schreibtisch und schenkte sich und dem älteren Herrn ein. „Danke. Es isch zwar nedd grafenlike abr immr raa mid dem Zeigs.“, sagte er und stiess mit Ansgar an. Ansgar fragte sich, was zum Henker er grad tat, aber ein wenig mochte er die Art von Herrn Gräulich so völlig unbeeindruckt mit ihm zu reden, und schon bald war er in eine Unterhaltung mit dem Grauhaarigen verstrickt.

Er erfuhr, dass Herr Greulich aus dem selben Grunde hier war wie er, und dass diesem einmal eine recht bekannte Firma gehört hatte, dass er von heute auf morgen seine geliebte Arbeit nicht mehr ausführen konnte und dass ihm zu allem Überfluss auch noch die Frau weggelaufen war. Ansgar wollte es kaum zugeben, aber es tat ihm gut, einmal mit einem Menschen, der das selbe gesundheitliche Problem wie er hatte zu sprechen. Er sass einige Zeit mit Herrn Gräulich zusammen, und sie bemerkten gar nicht, dass sie sämtliche Therapiesitzungen verschwitzt hatten. Irgendwann – als Ansgar und Herr Gräulich schon ordentlich einen „im Tee“ hatten, stand der ältere Herr auf und bedankte sich bei Ansgar für den „rechd schöne Nachmiddag“ und hinterliess einen sehr nachdenklichen Grafen von Lahnstein.

Die nächsten Tage vergingen, und Ansgar gewöhnte sich allmählich an den Klinikalltag. Dann und wann fand er sogar ein wenig Spass an den sportlichen Betätigungen, besonders an denen in der Turnhalle, wo er meistens nicht wirklich mitmachte, sondern sich eher zwei Damen herausgesucht hatte, die er optisch ziemlich ansprechend fand, die er bei den Gymnastikübungen beobachtete. Die Kursleiter waren zumeist schon dran gewöhnt, dass Graf von Lahnstein nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache war, aber sie liessen ihn.

Sogar eine Gesprächsrunde hatte Ansgar als Therapiegestaltung im Program, die er jedoch zunächst alle ausfallen liess. Er hatte keinerlei Bedarf vor versammelter Mannschaft sprichtwörtlich die Hosen herunter zu lassen.

Nach etwa einer guten Woche erfuhr er über Herrn Gräulich, dass dieser auch in der Gruppe war und beschloss, einmal dorthin zu gehen. Er kam sich äußerst seltsam vor, da auf den unbequemen Stühlen zu hocken und anderen Leuten beim Reden zuzuhören. Er war es nur gewöhnt, über geschäftliche Dinge mit anderen Menschen zu sprechen, und außer mit Amber oder mit Vicky unterhielt er sich über nichts Persönliches mit anderen Menschen.

Nach einer halben Stunde merkte Ansgar, dass er überrascht war. Nicht nur Herr Gräulich hatte dann und wann mit Panikattacken zu kämpfen, sondern noch zwei andere Mitpatienten; von denen er die eine als die attraktive Blondine aus der Gymnastikgruppe erkannte. Die Frau war ihm unheimlich selbstbewusst erschienen, und nun sass sie klein und zusammengesunken auf einem Stuhl und weinte. Sie hiess Carmen und litt seit Jahren unter Angstzuständen. Sie war in einer leitenden Position tätitg und hatte es bisher erfolgreich geschafft, ihre Attacken geheimzuhalten bis sie eines Tages in einer Sitzung zusammenbrach. Ansgar erinnerte sich an seinen Zusammenbruch während des Meetings und an die darauffolgende Situation mit Victoria. Es wurde ihm überdeutlich klar, dass man vielen Menschen nicht ansah, was in ihnen vorging, und dass er nicht alleine war mit seinen Problemen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 15.11.2012, 11:38 
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Kapitel 62: Another temptation?

Als die Sitzung zu Ende war, sah er dass Carmen im Gruppenraum noch etwas sitzen blieb nachdem alle anderen schon gegangen waren. Er zögerte kurz und blieb dann stehen. Sie registrierte ihn nicht sofort, sondern sass noch gedankenverloren auf ihrem Stuhl. Als Ansgar bemerkte, dass Carmen weinte, war er sich sehr unsicher ob er lieber gehen sollte, entschloss sich aber dann dafür, abzuwarten. Etwas unsicher blieb er vor Carmen stehen. Dann sah sie mit verweintem Gesicht zu ihm auf. „Oh, ich habe gar nicht gesehen, dass Sie noch hier stehen“, sagte sie etwas peinlich berührt. „Kann ich etwas für Sie tun?“, hörte sich Ansgar sagen und fragte sich selbst innerlich ob er noch ganz dicht war. „Ich – ich weiss nicht.. Eben in der Sitzung.. als ich so viel von mir erzählt habe.. da hatte ich das Gefühl, dass Sie… wie soll ich sagen.. dass Sie verstehen was ich sage..“ , meinte sie leise zu Ansgar. Ansgar erschrak innerlich. War es so deutlich zum Ausdruck gekommen? „Ähm, ja, vielleicht.. war das so..‘“, sagte er vorsichtig. Carmen schaute ihn offen an. „Haben Sie Lust mit mir noch auf einen Kaffee zu gehen?“, wollte sie wissen. Zu seiner grenzenlosen Verwunderung nickte Ansgar. „Ja, gerne“, sagte er, und so saßen er und Carmen keine fünf Minuten später in der Cafeteria der Klinik bei einem Kaffee. Ansgar erfuhr einiges aus Carmens Leben, und sie schien froh, sich ihren Kummer ein wenig von der Seele reden zu können. Auch er fing an zu erzählen, und Carmen hörte geduldig und aufmerksam zu.

Es war seltsam. Ansgar bemerkte, dass es gar nicht so schlecht war, mit anderen Menschen zu sprechen außerhalb von Geschäftsabschlüssen und Meetings, und dass es eine ganz neue Erfahrung für ihn war, sich mal komplett von der Arbeitswelt freizusagen und nur ganz für sich da zu sein. Auf eine Art tat es ihm gut, und auf einmal fand er die Reha gar nicht mehr ganz so grausam.

Er sass noch bis spät in den Abend mit Carmen zusammen. Es gab keinerlei Anzeichen einer erotischen Stimmung zwischen ihnen, obwohl Carmen äusserst attraktiv war; auch ein Umstand, den Ansgar ungewöhnlich fand, denn normalerweise nahm er Frauen nicht wirklich wahr es sei denn er wollte sie abschleppen oder hatte Vorteile von ihnen.

Ansgar erfuhr, dass Carmen eine schmerzvolle Trennung hinter sich hatte, und dass ihre Kinder bereits aus dem Hause waren, und sie somit mit ihrer Krankheit und dem Kummer allein da stand. Sie war bereits Mitte Vierzig. Ansgar war sehr erstaunt, er hatte die hübsche Blondine auf höchstens Anfang, Mitte 30 geschätzt. Sie war zwar fünf Jahre älter als er selbst, aber er ertappte sich dabei, dass er sie dann und wann unverholt ansah, denn sie wirkte so unglaublich selbstbewusst. Trotzdem er wusste, was in ihrem Leben alles schiefgelaufen war, bemerkte er ihre extrem anziehende Präsenz. Dennoch hatte er nicht das Gefühl, dass sie an ihm interessiert war als Mann, und das war gut so, denn in Ansgars Leben hatte nur eine Frau Platz, und das war Amber. Trotzdem traf er sich dann und wann nach Abschluss einer Therapie mal mit ihr auf einen Café.

Auch mit Herrn Gräulich hatte er sich auf eine gewissene Art „angefreundet“. Die beiden Männer schwänzten immer öfter Sportkurse und genehmigten sich stattdessen auf Ansgars oder Herrn Gräulichs – "nennet Sie mi doch Herberd" – Zimmer einen Whiskey. So konnte Ansgar die Zeit der Reha einigermassen aushalten, obschon er das Ende immer noch herbeisehnte, so dass er wieder in sein altes Leben zurückkonnte.

Nachdem die Hälfte seiner Reha vorbei war, besuchte Amber Ansgar. Sie staunte nicht schlecht, als sie den Herrn Grafen im Jogginganzug vorfand. „AAAAAH, Ansgar, haben die dich einer Gehirnwäsche unterzogen?“, lachte sie und streckte die Arme nach ihm aus. Er grinste und zog sie in seine Arme. „Kann schon sein“, sagte er vieldeutig. „Na, ich hoffe doch, nicht zu sehr, nicht, dass ich dich nicht mehr wiedererkenne.“ Aber als sie dann seine Lippen auf den ihren spürte und merkte, wie ausgehungert er war, wusste sie, dass sie doch noch den alten Ansgar von Lahnstein vor sich hatte. „Lass uns keine Zeit verlieren“, raunte er, und Amber registrierte, dass ihr Körper signalisierte, dass es ihr genauso ging. Zwei Wochen hatte sie Ansgar nicht gesehen, zwei Wochen, in denen sie sich verzehrt hatte nach ihm und seinen Berührungen. Dass es ihm genaus ergangen war wurde deutlich, als er sie sogleich im Fahrstuhl an die Wand presste und ihren Hals mit heissen Küssen übersähte. „Kannst du nicht mal bis oben warten?“, fragte sie amüsiert, aber es kam keine Antwort sondern nur ein leises Stöhnen.

Kaum, dass die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, fand sich Amber auf Ansgars 2m x 90cm bett wieder – über das er schion seit Wochen fluchte – und ab da wurde nicht mehr gesprochen…


Das Wochenende wurde sehr schön. Amber und Ansgar redeten den ersten Abend viel über Ansgars Rehamassnahme, darüber, wie es ihm ergangen war und was für Fortschritte er machte. Er erzählte ihr von Herrn Gräulich und Carmen – wo Amber bei der Erwähnung letzterer etwas zusammenzuckte – und von den Anwendungen. Ansgar hatte die Veränderung in Ambers Gesichtsausdruck bemerkt, als er von seiner Mitpatientin erzählte. „Kommt gleich die nächste Beichte?“, fragte seine Freundin unsicher, und Ansgar wusste sie spielte auf Victoria und Lydia an. Der Graf hob die Hände und sagte: „Hey, nein, um Gottes Willen, ich habe nichts zu beichen, was denkst denn du?“ Amber sah etwas schuldbewusst auf ihre Hände. „Na, ich meinte…“, begann sie. „Ich weiss schon, weil ich mit Victoria und Lydia Ausrutscher hatte. Aber das eine Mal mit Victoria war weil ich dachte, aus uns würde nichts, ganz am Anfang, als du mich am Telefon abgefertigt hast, das andere Mal – wenn ich dich dran erinnern darf – warst du es, die mich nach - nein eigentlich schon vor - meinem Herzinfarkt verlassen hatte, und was Lydia angeht.. Ja, da darfst du mir alle Vorhaltungen der Welt machen. Aber es wird nie wieder vorkommen, das verspreche ich dir, und du weisst, dass ich nur dich will, das weisst du doch, oder?“ „Ja, das weiss ich“, gab sie leise zurück. „Dann lass uns nie wieder über das Thema reden, ja?“
Amber nickte. „Ich vertraue dir“, fügte sie dann hinzu.

Am Samstag zeigte Ansgar Amber Oldenburg, das shoppingtechnisch doch einiges zu bieten hatte, und auch landschaftlich war die kleine Stadt Niedersachsens an der Hunte durchaus reizvoll. Am Abend gingen sie bei einem etwas zurückliegenden italienischem Restaurant essen, und Amber und Ansgar genossen die Zeit, die sie zusammen hatten, sehr.

Als Amber am Sonntagnachmittag den Weg nach Düsseldorf antrat waren beide etwas traurig, aber Amber wusste, dass sie ihren Freund ja in zwei Wochen wiederhatte, und sie war froh, dass es Ansgar wieder besser ging. So konnte sie beruhigt fahren, denn sie wusste ihn in guten Händen. Ansgar stand noch lange am Fenster von dem aus er Ambers schwarzen BMW fortfahren sah – in Gedanken versunken. Erst ein Klopfen riss ihn aus seiner Grübelei. Er öffnete und sah Carmen vor seiner Tür stehen. „Hey“, sagte sie nur, und Ansgar registrierte, dass sie eine Flasche Champagner in der Hand hielt. Ansgars Gedanken rasten. Was sollte er jetzt sagen? Ihr die Tür vor der Nase zuschlagen und ihr klarmachen, dass er keinerlei Interesse an ihr hatte? Allerdings war das unhöflich, denn auch wenn Ansgar in seinem alten Leben keine Probleme gehabt hätte, dieses zu tun, sowie er auch in seinem alten Leben keinerlei Probleme gehabt hätte, die Frau sofort "durchzuziehen", so wusste er auch, dass Carmen sicherlich enttäuscht gewesen wäre. Also liess er die schlanke Mittvierziegerin eintreten und tat als würde er sich freuen.

„Ich habe mir gedacht, wir beide trinken etwas auf die Hälfte die wir rumhaben“, sagte sie und sah ihn offen an. Dass sich Ansgar innerlich wand, schien ihr nicht aufzufallen, denn sie ging an seine Kommode und nahm zwei Gläser und füllte den Champagner ein. „Okay, aus entsprechenden Gläsern hätte er besser geschmeckt, aber ich denke, das geht auch mal“, plapperte sie munter vor sich hin. Ansgar nahm das ihm angebotene Glas und stiess mit der blonden Frau an. Wieder einmal bemerkte er, dass sie unverschämt gutaussah, diesen Umstand konnte man nicht wirklich ignorieren. Er hoffte, dass Carmen nicht vorhatte, sich auf ihn einzulassen, denn auch wenn er Amber über alles liebte, und ganz sicher nicht vorhatte, sie erneut zu betrügen, so war er doch auch nur ein Mann, und hatte im Leben selten eine Gelegenheit ausgelassen sich eine Frau „zu nehmen“ wann immer ihm danach war. Es war ungewohnt für Ansgar sich nur auf eine Einzige zu konzentrieren.

„Du hast Besuch gehabt, habe ich gesehen“, sagte Carmen und hob die Augenbrauen inhaltsschwanger. „Hübsch. Sie ist sehr hübsch.“ Es klang Anerkennung in ihrer Stimme. Carmen wusste also dass Ansgar vergeben war, und dennoch hatte der Graf das Gefühl, dass diese Frau ihn grade unverholt anbaggerte. Er wusste auch nicht wirklich was er sagen sollte. „Ja, das ist sie“, sagte er deshalb nur. Carmen sah ihn weiterhin interessiert an. „Du scheinst sie sehr zu lieben“, sagte sie mehr als Feststellung als dass sie es fragte. Auf einmal spürte Ansgar eine Hand auf seinem Arm und Carmens intensiven Blick, der noch immer auf ihm ruhte. Er wusste nicht wie er sich verhalten sollte. „Ja, und weil ich sie liebe, bitte ich dich jetzt zu gehen“, hätte er sagen sollen, aber es kam nichts aus seinem Mund, rein gar nichts. Es war als würde bei Ansgar irgendetwas aussetzen wann immer eine attraktive Frau sich ihm auf mehr als zwei Metern näherte. So liess er auch zu, dass Carmen sich zu ihm aufs Bett setzte und ihm das Glas Champagner aus der Hand nahm. Unmerklich rückte er ein Stück zur Seite, doch die Blondine bemerkte es nicht. „Keine Antwort aus diesem schönen Mund?“, fragte sie, und da bemerkte Ansgar, dass die Frauen doch alle gleich waren. Kaum wussten sie etwas von seinem Adelstitel schon wollten sie sich an ihn heranmachen. Das war ja das was er an Amber immer so als reizvoll empfunden hatte, dass sie nicht leichtfertig mit ihm mitging, dass ihr sein Adelstitel so was von – in Ambers Worten „scheissegal“ war, und dass es sie nicht im Geringsten beeindruckte, da sie zudem selbst von adeliger Herkunft war, sich aber nichts draus machte. Carmen jedoch schien in Ansgar eine Chance zu sehen, aus ihrem verkorksten Leben herauszukommen, dadurch dass sie eine gescheiterte Ehe hinter sich hatte.

Als er ihre Hand aufseinem Knie spürte, wusste er dass jetzt der Moment war aufzuspringen, doch er tat es nicht. Er blieb sitzen und liess sie gewähren. Warum, das wusste er selbst nicht. A leopard can´t change its spots. Dann war Carmens Mund auf seinem, und er schmeckte den prickelnden Champagner auf der Zunge und spürte noch etwas anderes...

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BeitragVerfasst: 17.11.2012, 22:26 
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Kapitel 63: Accelerate

Sein Körper würde sich ohne weiteren Gedanken auf Carmen einlassen, doch sein Verstand schaltete sich urplötzlich ein. Er griff die Blondine fast grob am Arm und sprang dann auf. Sie sah ihn verständnislos an. „Was ist los? Gefalle ich dir nicht?“, fragte sie. „Wie du bereits feststelltest, ich habe eine Freundin, und die liebe ich. Und zwar sehr. Bitte geh jetzt.“ Sein Tonfall war hart, härter als beabsichtigt, aber er wusste, es musste so sein, wegen ihm selbst und wegen Carmen. Sie sah ihn verletzt an, doch dann stand sie auf und ging – ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen – aus seinem Zimmer. Ansgar schloss die Augen als die Tür hinter Carmen zuschlug. Fast hätte er wieder einen Riesenfehler gemacht. Es war erst zwei Stunden her, wo er Amber schwörte, dass er ihr treu sein würde, und dass er nur sie lieben würde, und kaum war sie aus der Tür, schon hätte er fast mit einer anderen Frau herumgemacht. Er schämte sich dafür, aber er war auch froh, dass er rechtzeitig die Reissleine gezogen hatte. Er nahm sein Handy vom Nachtschrank und tippte eine Nachricht an Amber: „Mein Schatz, ich hoffe, du bist gut wieder in Düsseldorf angekommen. Ich weiss ja wie du rast ;-) Das Wochende mit dir war wunderschön. Ich liebe dich. Bin froh, wenn ich wieder zu Hause bin, bei dir.“ Als er auf „senden“ drückte, liess er sich auf sein Bett zurückfallen, atmete tief durch. Ja, er liebte sie, das stand außer Frage. Aber er liebte auch das Gefühl, dass er die Frauen haben konnte, dass sie ihn anhimmelten, von ihm stark beeindruckt waren. Das war ein Umstand, der sich wohl nie mehr ändern würde. Ansgar seufzte und dann trank er den Champagner alleine aus bis er hackedicht einnickte.

Erst das Piepen seines Handys riss ihn aus seinem Halbschlaf. Er nahm sein Telefon zur Hand. Amber! "Du kennst mich halt gut, zu gut? ;-) Bin heil angekommen, das Schloss steht noch, ich soll dich grüßen von fast allen lol. Ich wünsche dir noch zwei erfolgreiche Wochen und vergiss nicht, Finger weg von den schönen Frauen ;-) Hugs and Kisses, lov u, Amber“

Als hätte sie es gewusst, dachte Ansgar bei sich. Gott sei Dank war nichts passiert, und auch wenn er für Ehrlichkeit war, so sollte Amber dieses Intermezzo lieber niemals erfahren. Es war ja auch nicht wirklich etwas gelaufen. Ansgar hatte ja sofort die Reissleine gezogen.

Am nächsten Tag ging ihm Carmen aus dem Weg. Ansgar war froh darüber. Doch als er sie am späten Nachmittag im Park sitzen sah, wo er seine Joggingrunden drehte, und sah dass sie weinte, so konnte doch nicht an ihr vorbeilaufen. Sie sah ihn nicht an, auch als sie merkte, dass er vor ihr stand. „Was willst du?“, herrschte sie ihn an. Ansgar ging in die Hocke. „Ich kann keine Frau weinen sehen“, sagte er, und seine Stimme klang weniger hart als noch am Abend zuvor. „Dann wirst du dich dran gewöhnen müssen“, gab sie patzig zurück. „Carmen“, fing Ansgar an, „Du bist eine attraktive Frau, und ich hab mich wohlgefühlt in deiner Gegenwart, aber ich habe eine Freundin, eine, die ich sehr liebe, und du wusstest das. Was hast du erwartet? Dass ich sie betrüge?“ Nun sah Carmen ihn mit verändertem Gesichtsausdruck an. Sie war überrascht über diese ehrlichen Worte Ansgars. „Ja, nein, ach, ich weiss es nicht. Es spricht für dich, dass du treu bist, wirklich. Aber ich hatte einfach gedacht, nach den Tagen, in denen wir miteinander gesprochen haben, dass da etwas zwischen uns war, es tut mir leid, wenn ich da was falsch interpretiert hatte.“ „Schon gut“, sagte Ansgar besänftigend. „Mir tut es auch leid, wenn ich falsche Signale ausgesendet habe“, fügte er dann noch hinzu und wunderte sich über sich selbst, was er da von sich gab. Er klang ja beinah schon wie ein Hobbypsychologe. „Lässt du mich allein?“, bat Carmen, und Ansgar nickte.

Dann joggte er weiter. Er sog die frische Frühlingsluft tief in seine Lungen, der Geruch von frischgemähten Gras drang in seine Nase, und auf einmal spürte er wieder diese Leichtigkeit, die ihn auch damals am zugefrorenen See in Düsseldorf überfallen hatte. Und dann hatte er urplötzlich eine Idee. Diese musste umgesetzt werden. Sofort!

Der Mercedes jagde über die Autobahn, mit bis zum Anschlag gedrückten Gaspedal. Der Tacho zeigte 220 h/km an, doch es konnte ihm nicht schnell genug gehen. Er musste sich beeilen. Seine Gedanken rasten genauso wie der Wagen, in dem er sass.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 17.11.2012, 23:55 
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Kapitel 64: Escaped

Es interessierte ihn nicht, dass er sich wohlmöglich Ärger einhandeln konnte, wenn er unerlaubt der Klinik fernblieb. Das war sicherlich nicht etwas was Ansgar Graf von Lahnstein davon abhalten konnte, durchzusetzen was er vorhatte.

Nach kurzer rasanter Fahrt war er auf Königsbrunn angekommen. Er sah auf die Uhr. Es war kurz nach 17 Uhr. Vielleicht sollte er gar nicht erst ins Schloss gehen, sondern... Wenn er sich beeilte, würde er Amber noch von der Firma abholen können. Er drehte in der Kiesauffahrt, so dass die Steine flogen und fuhr dann in Richtung Düsseldorf. Gerade als seine Freundin aus der kleinen Bank, in der sie arbeitete, herauskam, fuhr Ansgar in seinem Leihauto vor. Er fuhr das Fenster herunter und rief ihren Namen. Amber drehte sich um, und als sie Ansgar erkannte, kniff sie die Augen zusammen, um zu realisieren ob sie richtig geschaut hatte. Dann kam sie zu seinem Auto und stieg in die ihr geöffnete Tür ein. „Was machst du hier? Ist etwas passiert?“, fragte sie Ansgar, doch der war schon losgefahren. „Du kannst doch nicht einfach abhauen aus der Reha“, sagte sie etwas vorwurfsvoll, doch sie erntete ein spöttisches Grinsen von Ansgar. „Kann ich nicht?“, fragte er rhetorisch, und Amber wusste, dass sich Ansgar natürlich nicht um solche Kinkerlitzen scherte, denn er hatte seine eigenen Regeln, nach denen er handelte. „Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht freue, dass du dabist“, sagte sie. „Dann tus doch einfach und frag´ nicht“, sagte er und lenkte den Wagen zielsicher durch die Strassen Düsseldorfs. „Wo fährst du mit mir hin?“, fragte sie. „Das wirst du gleich sehen?“, sagte er verheissungsvoll.

Als der Mercedes vorm „Schneiders“ parkte bedeutete Ansgar seiner Freundin auszusteigen. Er hielt ihr schon lange nicht mehr die Tür auf, denn Amber fand sowas „extremst von vorgestern“. „Bist du extra aus Oldenburg hergekommen um mir mir essen zu gehen?“, fragte sie ihn belustigt, verstummte aber sobald sich ihr die Tür des Schneiders öffnete und sie bemerkte, dass sie die einzigen Gäste waren. Sie sah Ansgar fragend an, welcher ihr bedeutete, sich hinzusetzen. Der Tisch war sehr schön und elegant gedeckt, und Amber wusste dass Ansgar das aus Oldenburg für sie inszinieren hatte lassen müssen. Auch Ansgar setzte sich, und kaum dass sie beide saßen, erschien Kellner Luca und servierte ihnen den ersten Gang.

Als eine Stunde später Amber und Ansgar pappsatt waren nachdem sie auch die diversen kleinen Desserts aufgegessen hatten, sah Ansgar Amber auf einmal mit einem sehr ernsten Blick an, so dass der Blondine fast die Luft wegblieb. Ansgar griff in seine Hosentasche und entnahm ihr ein kleines Kästchen. Amber wusste sofort was darin war. Sie schluckte. Ansgar schien ihr einen Heiratsantrag machen zu wollen. Großer Gott, dachte sie innerlich, weil sie nicht wusste wie sie darauf reagieren sollte. Einerseits wollte sie nichts sehnlicher als Frau von Lahnstein zu werden, andererseits war alles perfekt wie es war, und warum sollte man diesen Umstand ändern? Musste man denn heiraten um glücklich zzu sein? Aber Amber wusste auch wie Ansgar tickte. Mit einer Heirat war bei ihm nicht nur der Zusammschluss zweier Menschen, die sich liebten verbunden, sondern eine Ehe hatte bei ihm auch etwas mit Besitzdenken zu tun. Amber wusste, dass Lydia die Heirat mit Ansgar im Nachhinein ausgeschlagen hatte, obwohl sie seinen Antrag erst angenommen hatte. Dies hatte sie zum Grübeln gebracht. Sie konnte nicht länger nachdenken, denn Ansgar war aufgestanden. `Gott, bitte lass ihn nicht auf die Knie gehen`, dachte Amber nur noch innerlich, denn sie konnte die große Kitschnummer nicht wirklich ertragen, nicht weil sie es nicht schön gefunden hätte, aber sie war keine Frau, die auf so etwas wirklich angemessen hätte reagieren können. Sie war sensibel, sie konnte weinen, wenn Ansgar ihr schöne Sachen sagte, aber das kam dann spontan. Es war etwas anderes auf einen Heiratsantrag emotional zu reagieren wenn der Mann, den man liebte, vor einem stand und eine gewisse Reaktion erwartete.

Doch Ansgar tat ihr nicht den Gefallen. Er ging in die Vollen – oder besser gesagt auf die Knie. Er hatte ihr ja im Krankenhaus versprochen, ihr noch einen romantischen Antrag zu machen, und er hatte Wort gehalten. Amber starrte Ansgar stumm an, wartete darauf, dass er etwas sagte. Sie konnte das Gefühl kaum aushalten. „Ansgar, bitte steh´auf“, sagte sie leise, doch dann sah sie direkt in seine Augen, und es war als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. Hatte sie eben noch Angst gehabt, dass sie nicht angemessen reagieren konnte, so wusste sie jetzt, dass es sie doch berührte wie er vor ihr hockte. „Ich habe dir ja vesprochen, dass ich dir noch einen anderen, romantischeren Antrag mache, und ich halte meine Versprechen für gewöhnlich“, begann er, nicht ohne den Blick von ihr abzuwenden. Sein Blick ging ihr durch und durch, und Amber sah ihn wie paralysiert an.

„Ich war mit Nathalie verheiratet, ich habe es vermurkst, ich war mit Tanja verheiratet, das war keine Liebe. Und ich wollte Lydia heiraten, aber auch das habe ich vermurkst. Auch bei dir, Amber, habe ich Mist gebaut, nicht nur einmal, aber ich werde alles dran setzen, dass ich dir nicht noch einmal wehtue oder dich enttäusche.“ Ansgar unterbrach kurz weil er nach den richtigen Worten suchte. „Ich will alles tun, damit ich dich glücklich mache, und auch wenn ich weiss, dass ich grade unheimlich kitschig bin, so meine ich alles was ich sage so, und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass wir.. unser Leben miteinander verbringen.“ Wieder pausierte Ansgar, und Amber konnte ihn kaum noch ansehen. „Ich weiss auch, was du denkst, du denkst, ich will dich besitzen, über dich bestimmen wenn ich dich heirate, aber das ist nicht so. Ich will dich einfach an meiner Seite, und das offiziell. Ich möchte, dass du meinen Namen trägst und ich möchte, dass jeder weiss, dass wir zusammengehören. Von mir aus kannst du auch deinen Namen behalten, ich kenn dich ja, meine kleine Kratzbürste, aber…. bitte heirate mich.“ Der Rest kam sehr leise, fast geflüstert, so als traute er sich nicht es laut auszusprechen. Amber starrte ihn immer noch an, sagte kein Wort. Dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie stand abrupt auf, so dass der Stuhl hinter sie an die Wand schrabbte und rannte aus dem Schneiders.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 19.11.2012, 22:40 
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Kapitel 65: By one mistake

Ansgar wusste nicht wie ihm geschah. Warum war sie vor ihm geflüchtet? Was ging in ihr vor? Langsam stand er auf und verstaute den Ring wieder in der Schachtel. Hatte er etwas Falsches gesagt? Er wusste nicht, was er tun sollte. Kellner Luca kam um zu fragen ob noch etwas benötigt wurde, aber zog sich dann dezent zurück als er merkte, dass etwas schiefgelaufen war. Ansgar nahm sein Jacket, dass über der Stuhllehne hing und warf ein paar Hundert- Euro-Scheine auf den Tisch. Dann verliess er das Schneiders.

Er ging davon aus, dass Amber draussen vor der Tür stand, doch sie war nicht dort. Ansgar ging ein Stück die Straße auf und ab und hielt Ausschau nach ihr, doch sie war nicht zu finden. Langsam machte er sich Sorgen. Was sollte er jetzt tun? Sollte er nach Königsbrunn zurückfahren? War Amber dort? Oder war sie vielleicht bei Lillian? Er rief auf Königsbrunn an, fragte, ob Amber angekommen war, doch Justus verneinte. Dann fuhr er bei Lillian vor, doch auch hier war Amber nicht. Er war sich ziemlich sicher, dass Lillian nicht log, denn sie war auch recht überrascht, dass Amber so reagiert hatte, denn sie war immer auf Ansgars Seite gewesen.

Ansgar hatte keine Lust weiter nachzudenken. Er beschloss sich abzuschiessen. Er setzte sich ins No Limits und betrank sich ordentlich. Als er kaum noch grade stehen konnte, entschied er, nach Hause zu fahren. Er wusste, dass er sich normalerweise so niemals hätte so hinters Steuer setzen dürfen, aber es war ihm egal. Er war ein sicherer Fahrer auch betrunken, und so kam er nach einer Viertelstunde auf dem Schloss an. Ihm wurde bewusst, dass er eigentlich gar nicht hier sein sollte, denn seine Reha war erst halb rum. Aber was sollte er noch dort?

Als Ansgar in der Nacht wach wurde und Amber noch immer nicht da war, machte er sich große Sorgen. Er hoffte, dass ihr nichts passiert war. Es musste ja einen Grund geben warum sie seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte. Doch was sollte er tun? Sie ging nicht an ihr Handy, und er wusste icht wo er sie suchen sollte.

Als der Morgen graute, beschloss Ansgar zur Klinik nach Oldenburg zurückzufahren. Er wusste selbst nicht genau warum, aber er hatte es so satt, immer der Verlierer zu sein. Er machte Amber den romantischten Hochzeitsantrag der Welt, und sie lief einfach davon. In der KLinik hatte keiner sein Verschwinden bemerkt, da der Graf des Öfteren mal Anwendungen ausfallen liess.

Ansgar wusste nicht, wie er den Tag herumbekommen hatte, und er wusste nicht, wie oft er auf Ambers Handy angerufen hatte. Fast war er versucht, bei Carmen aufzuschlagen und sich in Rache zu üben. Warum sollte er nicht? Amber wollte ihn augenscheinlich nicht heiraten. Er konnte also machen was er wollte. Also klopfte er am späten Abend an ihre Tür. Carmen staunte nicht schlecht als sie Graf Lahnstein vor sich stehen sah. „Hey, was machst du denn hier? Ist was passiert?“, fragte sie ihn da sie bemerkt hatte, dass Ansgar durch den Wind war. „Komm erstmal rein“, fügte sie dann noch hinzu. Sie schien verwunden zu haben, dass Ansgar sie hatte abblitzen lassen. Ansgar tat wie ihn geheissen und nahm auf ihrem Bett Platz. Carmen setzte sich neben ihn. „Möchtest du reden?“, fragte sie ihn. „Reden?“, echote er. „Ich will nicht reden“, sagte er dann und streckte die Hand nach ihr aus, fasste in ihren Ausschnitt. Carmen hätte nichts lieber getan als sich dem Graf hinzugeben, doch sie wusste, dass etwas passiert war in seinem Leben, dass ihn aus der Bahn geworfen hatte, und sie wollte nicht, dass Ansgar einen Fehler machte, und außerdem wollte sie nicht enttäuscht werden, denn sie hatte sich in ihren Mitpatienten verliebt. Eine Nacht mit ihm wäre sicherlich wunderbar, doch was nutzte es ihr, wenn sie hinterher mit gebrochenem Herzen dahockte.

„Ansgar, bitte lass das“, wehrte Carmen ihn ab. „Wieso? Neulich wolltest du doch noch genau das?“, sagte er mit fester Stimme. „Ja, ich will es auch jetzt noch, aber du willste es nicht, also nicht wirklich. Der Grund warum du mit mir schlafen willst, ist, dass du verletzt bist, und ich denke mal, es hat was mit deiner Freundin zu tun.“ „Ich habe keine Freundin mehr“, knurrte er. „Ich kann also machen was ich will, ich bin sozusagen vogelfrei.“ Carmen holte tief Luft als sie Ansgars Mund auf den ihren zuwandern sah. Dann stand sie auf. „Du liebst diese Frau, und ich glaube, du solltest lieber mit mir reden darüber was passiert ist anstatt mit mir zu schlafen“, sagte Carmen fest. Ansgar sah sie perplex an. „Ich habe keine Lust zu reden. Aber gut, ich vergeude hier anscheinend nur meine Zeit“, sagte er und stand auf. Carmen hielt ihn am Arm fest sah ihn mitleidig an. „Wenn du doch noch reden willst, ich bin da.“ Ansgar sah sie erstaut an, und auf einmal spürte er einen gewissen Respekt vor ihr. Er nickte und verliess dann ihr Zimmer.

In der Nacht schlief Ansgar kaum bis gar nicht und ließ am nächsten Tag sämtliche Anwendungen sausen. Zu allem Überfluss stand auch noch am Nachmittag der Feldwebel namens „Klinikleitung“ vor seiner Tür, und er durfte sich einen Anraunzer abholen. Am liebten hätte er der Frau eine geballert, aber er hielt sich zurück. Am späteren Nachmittag ging er rüber zu Herrn Gräulich. Er musste einfach mit jemandem reden.

Nachdem Ansgar dem älteren Herrn alles über Amber erzählt hatte, ging es ihm etwas besser. Herr Gräulich riet Ansgar um Amber zu kämpfen, doch Ansgar wusste nicht wie. Er hatte ja nicht mal eine Chance gehabt, mit ihr zu reden.Er verabschiedete sich schnell von Herrn Gräulich weil er zu viel getrunken hatte und müde war, da er die Nacht zuvor auch kaum geschlafen hatte. Am Montag war er zu Amber gefahren, dann hatte sie ihn stehen lassen, am Dienstag wollte er mit Carmen schlafen, und jetzt war schon Mittwoch, und noch immer keine Nachricht von Amber, nichts. Ansgar musste unwillkürlich an die Tage im Steigenberger denken, nachdem er mit Lydia geschlafen hatte. Auch da war er unsicher gewesen war geflüchet. Aber er war nicht vor zuviel Nähe geflüchtet, sondern genau vor dem Gegenteil. Er hatte die Auszeit gebraucht, weil er keine Wochenendbeziehung wollte. Aber je länger Ansgar darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass Amber anscheinend genau deswegen abgehauen war. Sie war davongelaufen, weil Ansgar wieder zu besitzergreifend gewesen war. Damals hätte ihm schon klar sein müssen, als Amber auf die Wochendbeziehung bestand, dass sie vogelfrei war und bleiben wollte, dass sie ihn zwar liebte aber dass sie auch ihr eigenes Ich nicht abgeben wollte. Hatte er sie zu sehr bedrängt mit seinem Heiratsantrag? War es wie bei Lydia, die ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben wollte? Er hatte anscheinend wieder einmal alles kaputtgemacht.

Ansgar lag im Bett und konnte nicht einschlafen. Er mochte einen Fehler gemacht haben, aber hatte er nicht wenigstens eine Antwort verdient? Er spürte, wie er wütend wurde. Er schoss aus dem Bett und wäre am liebsten sofort nach Düsseldorf gefahren. Doch er wusste ja nicht einmal wo seine Freundin war. Er griff nach seinem Handy und tippte. „Dies ist meine letzte SMS an dich. Meinst du nicht ich habe eine Antwort verdient?“ Dann drückte er auf „senden“ und warf danach das Mobiltelefon an die Wand, was ihm ein Fluchen im Nebenzimmer einbrachte, doch es interessierte ihn nicht. Als der Mitbewohner auch noch an die Wand hämmerte, reichte es Ansgar. „Ja, ist ja schon gut, ich bin ja still“, schnauzte er, doch es klopft erneut. Es klopfte jedoch nicht an der Wand sondern an der Tür.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 21.11.2012, 22:21 
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Kapitel 66: I had to fall to lose it all

„Wer ist da?“, fragte er ungehalten, doch keiner antwortete. Er wollte sich grade wieder hinlegen, als es erneut klopfte. Ansgar schloss die Tür auf und erwartete eine leichtbekleidete Carmen vor sich, die es sich anders überlegt hatte. Doch Carmen stand nicht dort.

Ansgars Kinnlade fiel herunter als er trotz der Dunkelheit – denn das Mondlicht fiel voll in sein Zimmer - Ambers Silhouette erblickte. „Was willst du hier?“, fragte er kälter als beabsichtigt und versperrte die Tür mit einem Arm am Rahmen. Sie stand vor ihm und sah ihn einfach nur an. „Lass mich rein“, bat sie dann. Ansgar liess den Arm fallen und trat zurück. Sein Gesichtsausdruck drückte Geringschätzigkeit und latente Wut aus, doch Amber ignorierte das. Ansgar spürte, dass er sie am liebsten an sich gerissen hätte, doch er war zu verletzt, und so nahmen seine Augen wieder diesen kalten harten fast leblosen Ausdruck an wie immer wenn er zutiefst enttäuscht war. Amber streckte eine Hand nahm ihm aus, berührte sanft seinen Arm. Sie sah, wie Ansgar innerlich mit sich kämpfte, bis die Wut die Oberhand gewann und er ihren Arm ärgerlich abschüttelte. „Was willst du hier?“, fragte er erneut. „Ja“, sagte Amber leise. Ansgar runzelte die Stirn. „Was „ja“?“, fragte er. „Ja. Ich will dich heiraten“, flüsterte sie.

Jetzt kam Bewegung in Ansgar. „Bitte? Ich hör´wohl nicht recht. Du lässt mich im Schneiders stehen ohne Antwort, haust einfach ab, lässt zwei Tage nichts von dir hören, gehst nicht an dein Handy, und jetzt stehst du hier aus dem Nichts vor mir und sagst mir „ja, ich möchte dich heiraten?“ Seine Stimme sprühte vor Sarkasmus, und Amber spürte die unbändige Wut in ihm. „Ich kann dir nicht erklären warum ich weggelaufen bin, weil ich es selbst nicht weiss, aber was ich weiss, ist, dass ich dich liebe“, sagte Amber leise. „Das ist doch krank“, sagte er und ging zur Tür und öffnete diese. „Hau ab“, sagte er abwertend. Amber holte tief Luft. „Bitte, schick mich nicht weg“, bat sie. Da lag etwas in ihrem Tonfall, was Ansgar innehalten liess. Er schloss die Tür wieder. „Du hast 2 Minuten“, sagte er. Er sah, wie Amber zu weinen anfing. Ansgars Herz zog sich ohne dass er es wollte zusammen. Verdammte Scheisse, er liebte diese Frau wie verrückt, auch wenn er äußerlich so kalt und abweisend war, so sah es in seinem Inneren doch total anders aus. „Ich habe einfach nicht gewusst, was ich sagen soll. Dein Antrag war so schön, so wunderschön, aber ich.. ich kam da drauf´ nicht klar. Ich kann es dir nicht erklären. Erinnerst du dich daran, dass ich dir ganz am Anfang mal sagte, dass ich ein Zuviel an Nähe nicht ertrage...obwohl ich dich so liebe, das ist ja das Paradoxe. Und als du vor mir knietest, da war diese Mischung aus „Oh Gott, das ist so schön, und Hilfe was tu ich jetzt? in mir. Ich dachte, dass du das auch kennen würdest, aber ich habe mich getäuscht. Du bist derjenige, der eine Frau für sich haben möchte, ganz und gar, du willst besitzen, und ich wusste das. Ich glaubte auch, dass ich damit klarkomme, und eigentlich ist das ja auch wunderschön... nur komme ich nicht wirklich damit zurecht. Ich konnte mir ab und an nicht immer sichersein bei dir, und genau das ist es ja, was mich so reizte. So verrückt das auch klingt, nachdem du mit Lydia geschlafen hattest, wollte ich dich so sehr wie nie zuvor. Ich ticke nicht ganz normal in dieser Beziehung, ich weiss das. Aber so wie ich dir verzeihe, wenn du fremdgegangen bist, so verzeih´ du auch mir bitte dass ich nicht wusste was ich wollte.“

„Das waren mehr als zwei Minuten“, sagte Ansgar genauso abweisend und kalt wie zuvor. Er wandte den Blick von Amber ab, denn ihr liefen noch immer die Tränen über die Wangen. Er ertrug es nicht. Sie berührte ihn am Arm, wieder glaubte sie, er würde ihn abschütteln, doch er liess die Berührung zu. „Bitte sieh mich an, Ansgar. Es tut mir leid.“ Er starrte noch immer nach draussen. Verzweifelt versuchte Amber ein letztes Mal zu ihm durchzudringen. „Ich weiss, dass ich schwer zu nehmen bin, aber ich weiss, dass ich dich liebe. Mehr als alles andere, und mehr als jede andere Frau dich je lieben wird.“ Dann liess sie seinen Arm los und ging zur Tür. Ansgar schloss die Augen. Nach ein paar Sekunden drehte er sich doch um und hielt Amber auf. „Bleib hier“, sagte er. Sie hielt in der Bewegung inne und stand unmittelbar vor ihm, spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Da er schon im Bett gewesen war, trug er nur eine Boxershorts. Sein Gesicht kam ihrem noch näher und dann berührten seine Lippen die ihren. In Ambers Augen schossen wieder Tränen. Sie musste es ihm sagen. Jetzt. Doch sie konnte nicht. So liess sie seine Berührungen weiter zu, ließ zu, dass er sie auszog und mit zum Bett zog.

Als er in sie eindrang versuchte sie, den Gedanken zu verdrängen, doch sie schaffte es nicht. „Oh Gott, Amber, das waren die schlimmsten zwei Tage meines Lebens“, flüsterte er und sah ihr in die Augen. Amber starb innerlich. Er hatte ihr verziehen. Sie war darüber so glücklich, doch sie wusste auch, dass sie mit der Wahrheit rausrücken musste, mit der vollen Wahrheit.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 22.11.2012, 20:49 
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Kapitel 67: No circumstances could excuse / In the end


Auf einmal bemerkte Ansgar ihre Tränen. „Hey, ist ja gut, es ist alles wieder gut, ich bin ja bei dir“, sagte er sanft zu ihr und strich ihr die Tränen aus den Augen. Jetzt schluchzte Amber auf. „Was ist denn los? Ist noch etwas passiert? Amber? Rede mit mir“, sagte Ansgar vehement und unterbrach seine Bewegungen in ihr. „Ja, es ist noch etwas passiert“, sagte Amber fast tonlos. Ansgar sah sie erschrocken an, zog sich aus ihr zurück. „Amber, rede!", forderte er sie wieder auf. „Ich kann nicht“, gab sie zurück. „Wie, du kannst nicht?“, fragte er, und eine Ahnung stieg in ihm auf. Er rückte von ihr ab, sah sie eindringlich an. „Was hast du getan?“ Seine Stimme klang jetzt scharf und drohend. Ambers Tränen liefen immer noch über ihre Wangen, aber sie sagte kein Wort. Ansgar sprach seinen Verdacht jetzt aus: „Hast du – bist du mit einem anderen im Bett gewesen?“ Amber sah ihn erschrocken an. „Wie – wie kommst du jetzt darauf?“Aber dann nickte sie. Ganz vorsichtig, ihn angstvoll ansehend. „Ja, ich habe mit einem anderen etwas gehabt.“ Ansgar starrte sie völlig entsetzt an. Er entfernte sich immer weiter von ihr, aber sein Blick war immer noch auf Amber gerichtet. „Ansgar, es tut mir leid, ich – es hatte nichts zu bedeuten“, sagte Amber verzweifelt und streckte den Arm nach ihr aus. „FASS mich nicht an!“, zischte er und hielt ihren Arm grob fest. „Ansgar, bitte.“ Ambers Stimme klang fast flehentlich. „Lass uns reden.“ „REDEN?“ schrie er, was ihm ein Hämmern an die Zimmerwand einbrachte. „Halts Maul“, schrie er den Zimmernachbarn unbekannterweise an. „Du willst mir mir REDEN?“, fragte er jetzt wieder an Amber gewandt. „WANN? Wann hast du mit einem anderen was gehabt? BEVOR und NACHDEM du mich im Schneiders hast sitzenlassen?“ Amber sass vor ihm und schaute zu Boden. Sie konnte nichts sagen. „Sieh mich an und ANTWORTE mir!“ brüllte Ansgar. Wieder Klopfen an der Wand. Dann riss er Amber am Arm unsanft hoch, so dass sie vor ihm stand. „Ich will eine Antwort. Ich höre?“ Amber hob den Kopf und sah ihn fest an. „Das war hinterher“, sagte sie dann einfach. „Ich kann es nicht ungeschehen machen, aber auch du hast mich betrogen mit Lydia, schon vergessen?“ Ihre Stimme klang fest, und Amber war jetzt wieder die Frau, die sich von niemandem einschüchtern liess, erst recht nicht von einem Ansgar von Lahnstein. „Was du kannst, kann ich auch, meinst du nicht?“ Ihre Stimme klang jetzt fast provozierend.

Fassungslos sah Ansgar die Frau an, der er vor zwei Tagen noch einen Heiratsantrag gemacht hatte und die ihm jetzt frech ins Gesicht sagte, dass sie mit einem anderen im Bett war. Etwas in seinem Gehirn setzte aus. So liess er nicht mit sich reden.

Es geschah fast in Zeitlupe. Amber sah eine Hand auf sich zukommen. Blitzschnell riss sie den Arm hoch, um Ansgars Hand, abzuwehren, sonst hätte diese sie mit voller Wucht getroffen. Geschockt sah sie in Ansgars Augen und erkannte ihn nicht wieder. Sie waren schwarz vor Hass, sein Gesicht war wutverzerrt. Und da wusste Amber was Lydia widerfahren war, und dass Ansgar nicht aus seiner Haut konnte. Amber hielt Ansgars Arm noch immer fest und stiess ihn ein Stück weit von sich. Sie sah ihm fest in die Augen. „Ich habe mich einmal schlagen lassen. Das passiert mir nicht mehr“, sagte sie mit selbstbewusster Stimme. „Auch wenn ich einen Fehler gemacht habe, so hast du nicht das Recht gegen mich körperliche Gewalt anzuwenden.“ Immer noch blickte sie Ansgar direkt an. Dann liess sie seinen Arm los. „Jetzt weiss ich, wie es Lydia ergangen ist“, sagte sie dann noch und ging dann zur Tür. Ansgar schoss hinter ihr her, versperrte ihr den Weg. „Was passiert jetzt?“, fragte Amber provozierend. „Willst du mich jetzt nicht gehen lassen?“ „Doch.“ Eiskalte Worte aus seinem Mund, eiskalte Augen die die ihren fixierten. „Will ich. Aber erst bevor ich dir noch was gesagt habe.“ Amber wich seinem Blick nicht aus. „Wenn du jetzt durch diese Tür gehst, dann wirst du das bereuen, dafür sorge ich.“ Amber sah ihn fast mitleidig an. „Ach ja? Was willst du tun? Mich umbringen?“ Für einen kurzen Augenblick registrierte Amber das Flackern in seinen Augen, das ihr zeigte, dass sie ihn erreicht hatte, denn sie wusste, er würde ihr niemals etwas tun, doch dann wurde sein Blick wieder hart. „Verschwinde aus meinem Leben, du Miststück“, zischte er. In Ambers Augen stiegen Tränen, sie sah Ansgar noch einmal mit einem Blick aus ihren giftgrünen Augen an. Dann ging sie.

Ansgar stand noch minutenlang einfach nur da. In ihm war alles zerbrochen. Was hatte er getan? Er hatte sie schlagen wollen. Großer Gott, er hatte so etwas nie wieder tun wollen. Er hatte sich das damals geschworen. Und nun war es doch passiert. Hätte Amber seinen Arm nicht abgewehrt, so wäre seine Hand mitten in ihrem Gesicht gelandet. Und Ansgar wusste auch, dass sie ja Recht hatte. Er hatte sie auch betrogen, nicht mit irgendjemandem sondern mit seiner Ex, und zwar nur um Rache auszuüben. Er war nicht wirklich besser als Amber, ganz im Gegenteil. Aber er konnte nicht aus seiner Haut. Er konnte den Umstand, dass Amber mit einem anderen Mann was gehabt hatte, nicht akzeptieren, nicht ertragen. Langsam ging er zurück zum Bett und liess sich hieinsinken. Er wollte nichts mehr hören, nicht mehr denken, nur noch schlafen. Doch es funktionierte nicht. Ansgar stand wieder auf. Irgendwo hatte er noch eine Flasche Whiskey von Herrn Gräulich gebunkert. Er öffnete diese und schenkte sich ein Glas ein. Aus einem Glas wurden fünf, bis Ansgar irgendwann völlig fertig einschlief.

Amber wusste nicht, wie sie zurück nach Düsseldorf gekommen war. Sie hatte die ganze Fahrt Schleier von Tränen vor den Augen. Warum hatte sie ihm das gesagt? Warum nur? Sie hatte alles kaputt gemacht. Hätte sie doch nur ihren Mund gehalten, dann wäre es gar nicht erst zu dieser Situtation gekommen, und Ansgar wäre nicht so ausgerastet. Doch Amber wusste, egal, wie verletzt Ansgar auch immer gewesen sein musste, so etwas hätte nicht passieren dürfen. Sie hatte sich geschworen, dass sie sich nie wieder schlagen lasssen wollte. Ansgar war zu weit gegangen. Nicht nur die Tatsache, dass er gegen sie die Hand erhoben hatte, schmerzte sie, sondern auch seine eiskalten Worte an sie. Sie hatte gewusst, dass er um sich zu schlagen pflegte wann immer er sich verletzt fühlte oder hintergangen, aber mit so einer extremen Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Hatte sie heute den wahren Ansgar von Lahnstein kennengelernt? Amber wusste es nicht. Sie wusste gar nichts mehr. Nur eins: es war vorbei. An diesem Punkt endete ihre Beziehung mit Ansgar von Lahnstein.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 25.11.2012, 00:06 
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Kapitel 68: Worth fighting for

Die nächsten Tage liess Ansgar fast alle Anwendungen sausen, vergrub sich in seinem Zimmer. Keiner kam an ihn heran, auch kein Herr Gräulich oder keine Carmen. Selbst den „Klinikdrachen“, wie er die Leiterin der Reha-Einrichtung heimlich nannte, wurde er recht schnell los indem er ihr die Tür einfach vor der Nase wieder zuschlug und sie verschloss. Man versuchte zwar noch einige Male, ihn dazu zu bringen, wieder an den Anwendungen teilzunehmen, sah aber schliesslich ein, dass man sich an dem Grafen die Zähne ausbiss und verwendete die Energie lieber für Patienten, die zugänglicher und vor allem dankbarer für jede Art Zuwendung waren. Ansgar wollte die verbleibenden zehn Tage ausschliesslich damit verbringen, über sich und sein Leben nachzudenken. Er wusste zwar nicht wirklich, wie er es zehn Tage aushalten sollte, ohne etwas Sinnvolles zu tun zu haben, jedoch war an diesen Umstand mittlerweile gewöhnt, denn sein Herzinfarkt war schon vier Wochen her, und seitdem hatte er nicht mehr gearbeitet.

Am dritten Tag nach dem Vorfall mit Amber klopfte Herr Gräulich an die Tür. Ansgar wollte ihn zunächst nicht reinlassen, aber entschied sich dann, die Tür doch aufzumachen, denn ein wenig Ablenkung konnte er gebrauchen, zumal Herr Gräulich sicherlich wieder eine Flasche Whiskey bei sich haben würde.

„Jedzd wollde i abr doch mol no Ihne sehen“, sagte der älter Herr als ihm die Tür geöffnet wurde. „Des isch joo koi Zuschdand hir mid Ihne.“ Ansgar amüsierte sich innerlich immer noch über den schwäbischen Dialekt des Herrn Gräulich, musste aber zugeben, dass er den Grauhaarigen inzwischen recht gern mochte. „Kommen Sie schon rein, Gräulich. Ich sehe, Sie haben wieder unseren Whiskey mitgebracht, sehr schön.“ Ansgar versuchte ein Grinsen,was ihm nur halb gelang. „Ach joo, i kann joo nedd ohne was erschoin. Und jedzd schätza mir abr mol übr Sie.“ „Erst nach mindestens 4 Gläsern, wissen Sie ja, Gräulich“, sagte Ansgar und schenkte sich und seinem Mitpatienten bereits die Gläser randvoll.

Nach einer Stunde waren die beiden Männer recht angetrunken, und Ansgar fing an zu reden. Über seinen verkappten Heiratsantrag, über das was danach passiert war und seine Fast-Ohrfeige. Herr Gräulich hörte aufmerksam zu. Als Ansgar geendet hatte sagte er: „Des isch nedd d foi Ard, Herr vo und z. Abr jezd wird i Ihne mol was sage. Was ihre Amber si da gleischded hedd isch au nedd ohne. Redet Sie no mol mid ihr. Ich hend moir Frau damals au oimal oi geballerd. Abr des ware andere Zeide. Sie hedd´s mir übrigens nie verziehe. Abr i rad Ihne bringet Sie des wiedr in Ordnung. Mensch, so oi fois Mädl was Sie da hend. Kämbfet Sie drum.“ Ansgar musste sich arg konzentrieren, um Herrn Gräulich zu verstehen, aber er nickte schliesslich. Auch wenn die Art von Herrn Gräulich etwas unkonventionell war, so hatte er ja im Ansatz recht. Es lohnte sich, um eine Frau wie Amber zu kämpfen, denn so schnell würde keine Frau Ansgar wieder so nehmen wie er war, und so schnell würde sich auch Ansgar nicht wieder in eine Frau verlieben, das wusste er. „Ich bringe das wieder in Ordnung“, versprach er Herrn Gräulich und liess dann sein Glas wieder an das des älteren Herrn klingen.

Amber fiel es sehr schwer, ihren Alltag wieder aufzunehmen. Sie hatte ihre Sachen erstmal auf Königsbrunn gelassen, und nur das Nötigste mit zu Lillian genommen. Vielleicht weil noch eine leise Hoffnung in ihr war, dass er ihr verzeihen würde, wenn er die Wahrheit kannte. Aber konnte sie ihm verzeihen? Selbst wenn er ihr verzeihen würde? Sie wusste es nicht. Sie hatte sich vom ihrem Ex-Mann schlagen lassen und hatte sich geschworen, dass sie niemals wieder zulassen würde, dass es ein anderer tat. Auch wenn sie Ansgar zutiefst verletzt hatte mit ihrem Geständnis, so hatte er nicht das Recht körperliche Gewalt gegen sie anzuwenden. Je länger Amber nachdachte, desto sicherer wurde sie, dass sie einen Schlussstrich ziehen musste. Ansgar würde sich nicht ändern. Er hatte Lydia geschlagen, jetzt sie. Er hatte sie mit Lydia betrogen, und das alles nur weil er Rache üben wollte an seiner Ex. Was war einem Ansgar von Lahnstein eigentlich eine Beziehung wert? Sicher, er hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht, aber je länger Amber darüber nachdachte, um so mehr wurde ihr bewusst, dass dieser nicht ausschliesslich dem Umstand, dass Ansgar sie liebte, geschuldet war, sondern vielmehr entstanden war, weil Ansgar Amber komplett vereinnahmen wollte, sie als seine Frau an seine „Seite gestellt“ haben wollte. Amber wollte nicht als ein Aushängeschild Ansgars gesehen werden, sie wollte nicht Frau von Lahstein werden weil sie symbolisch als „Besitz“ gesehen werden wollte, sondern einzig und allein weil Ansgar sie liebte und weil sie ihn liebte. Doch sie wusste, dass in Welt eines Grafen andere Dinge eine Rolle spielten und dass sie diesen Umstand auch nicht würde ändern können. Sie zweifelte nicht daran, dass Ansgar sie liebte, auf seine Art sicherlich sogar sehr, und sie wusste auch, dass sie selbst nicht einfach zu nehmen war, aber sie brauchte keine Ehe, um das „Frauchen“ an der Seite eines mächtigen, einflussreichen Grafen zu mimen. Das war nicht sie, entsprach nicht ihrer Vorstellung. Doch das war nicht der Grund warum Amber nicht zu Ansgar zurückwollte. Der Grund war dass sie schlicht und einfach Angst hatte, Angst, dass er noch einmal handgreiflich werden würde. Sicher, er hatte sie nicht geschlagen, aber nur weil sie es verhindert hatte. Es hatte Wucht hinter seinem Schlag gesteckt, das hatte Amber gespürt. Ansgar hatte Lydia geschlagen, und er hatte es wieder versucht. Erst war es nur die Ohrfeige, doch irgendwann war es der Tritt in den Bauch oder Schlimmeres. Ambers Gesicht verzog sich schmerzvoll ob der Erinnerung an ihren gewalttätigen Ex-Mann. Sie durfte nicht zulassen, dass ihr noch einmal so etwas passierte. Doch dann kam etwas anderes in ihr Bewusstsein, dass sie die letzten Tage verdängt hatte, und dann überkam sie die Angst, die pure Angst.

Ansgar hatte die Schnauze voll. Es lagen immer noch fünf Tage vor ihm, und er wollte nicht länger untätig rumhängen in dieser grauenvollen Klinik. Es brachte ihm nichts, weder die Sportanwendungen, noch die Gruppensitzungen. Er hatte das Gefühl, wenn er noch länger die Probleme der Mitpatienten anhören musste, dann würde er selbst vollkommen irre im Kopf werden. Er hatte einen Herzinfarkt erlitten und dann und wann eine Panikattacke gehabt, aber er war weder verrückt noch hatte er Selbstfindungsschwierigkeiten. Er brauchte dieses ganze „Psychogequatsche“ nicht. Er beschloss, sich von Carmen zu verabschieden und mit Herrn Gräulich noch einmal einen letzen Abend zu verbringen. Danach wollte er diesen unsäglich Ort für immer hinter sich lassen.

Carmen drückte Ansgar zum Abschied und Ansgar erwiderte die Umarmung. Sie und Herr Gräulich hatten ihm den Aufenthalt einigermaßen erträglich gemacht, und er war dankbar dafür. Er versprach, sich mal bei ihr zu melden und ging dann hinüber zu Zimmer 466. Herr Gräulich freute sich sehr, dass Ansgar den Abend noch mit ihm verbringen wollte und liess ihn begeistert herein. „Wir beide mache jedzd no mol oin druff“, sagte er und holte schon die Gläser.

Die beiden Männer saßen bis spät in die Nacht zusammen. Irgendwann erhob sich Ansgar und sagte, dass er noch rasch etwas aus seinem Zimmer holen müsse. Als er zurückkam, drückte er dem überraschten Herrn Gräulich ein Geschenk in die Hand. „Des isch abr nedd, was isch noh drin, gell?“, fragte er.“ "Ein Kasten meiner Lieblingszigarren, die Sie doch auch so gerne mochten“, sagte Ansgar fast ein wenig verlegen. Herr Gräulich dankte ihm artig und dann zog er Ansgar kurzehand an sich. „Es war schön, Sie kennenzulerne, machet Sie´s gud. Und nedd vergesse: kämbfe Sie um ihre Frau.“ Ansgar erwiderte die Umarmung und sagte: „Das werde ich. Versprochen.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 25.11.2012, 21:41 
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Kapitel 69: The hardest part

Amber packte wie eine Irre ihre Sachen in ihre Reisetasche. Sie wollte nicht länger als nötig hier in Ansgars Suite bleiben, an dem Ort an dem sie so viele schöne Stunden verbracht hatte. Sie riss den Bademantel vom Haken, die Kosmetikartikel von der Ablage im Bad, sie stopfte ihre Kleidung hinein und schulterte die Tasche. Dann sah sie sich noch einmal im Zimmer um, fühlte Ansgar so nah bei sich als wäre er da. Sie schloss die Augen. Erinnerungen stiegen in ihren Kopf, sie sah sich und Ansgar im Bett liegen, hörte, wie er ihr sagte, wie sehr er sie liebe, sah wie er sie nach dem gemeinsamen Bad abtrocknete, langsam und ihr zwischendurch immer wieder in die Augen blickend. Amber riss die Augen wieder auf. Das musste aufhören, sonst würde sie noch verrückt. Ein letztes Mal richteten sich ihre Augen auf das Bett und ein letztes Mal saugte sie die Atmosphäre des Raumes in sich auf, dann drehte sie sich um und verließ die Suite.

Amber rannte durch die Eingangshalle nach draußen. Sie atmete tief durch und hielt einen Augenblick inne. Die ersten zarten Frühblüher steckten ihre Köpfe durch den Schnee, und die Luft war wunderbar klar. Sie wusste, sie konnte nicht gehen ohne noch einmal bei ihrem Pferd vorbeizuschauen. Dark Shadow war ihr Araberhengst, den Ansgar ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Er wusste, wie sehr sie seit ihrer frühesten Kindheit Pferde geliebt hatte, und wollte ihr den Wunsch nach einem eigenen Pferd erfüllen. Am Heiligenabend hatte er sie zu den Stallungen geführt, und dann stand er da: der Hengst, dessen tiefschwarzes Fell glänzte, mit einer Schleife um den Hals. Sie hatte gar nicht gehört, wie Ansgar den imposanten Stammbaum von Dark Shadow herunterbetete, denn sie war schon von Anfang an in dieses Pferd verliebt gewesen und Shadow auch in sie. Von dem Tag an war Amber fast jeden Tag bei ihrem Pferd zu finden. Ansgar amüsierte sich sehr über die Pferdenarrheit seiner Freundin, aber wenn sie glücklich war, so war er es auch. Nie würde Amber diesen Augenblick vergessen als Ansgar ihr das Pferd geschenkt hatte, niemals. Sie fühlte augenblicklich eine Dankbarkeit in sich aufsteigen, die sie für Ansgar fühlte und die ihre gemeinsame Zeit. Dann zwang sie sich diesen Gedanken aufzugeben, denn es tat ihr nicht gut. Sie trenste Shadow auf und schwang dann den Sattel über seinen glänzenden Rücken.

Amber galoppierte wie eine Verrückte über die an Königsbrunn angrenzenden Felder und Wiesen, der Wind trocknete ihre Tränen, und sie animierte ihr Pferd, immer schneller und schneller zu galoppieren. „Los, zeig, was du drauf hast, GO, Shadow“, rief sie ihm zu, und ihr Pferd raste dahin. Es war die einzige Möglichkeit für Amber ihre Trauer zu überwinden. Nicht nur ihr Hengst galoppierte wie ein Irrer, auch ihre Gedanken rasten. Sie wusste, sie hätte Ansgar die Wahrheit sagen müssen, doch sie konnte nicht. Ihr blieb nur die Flucht, vor ihren Gefühlen und vor Ansgar. Amber sah ein Gatter näher kommen. Es war zu spät, Shadow durchzuparieren. Sie mussten hinüber. „Das schaffst du, los mein Schöner“, sagte sie zu ihm, und dann hob das Pferd ab. Amber schloss die Augen. Sie vertraute Shadow wie sonst niemandem auf der Welt, und sie wusste, er würde sie sicher auf die andere Seite bringen. In dem Moment, in dem sie über das Gatter flogen, war es Amber, als wären ihre Probleme nichtig und ganz weit weg - es gab nur diesen Augenblick.

Es war dunkel als sie zurückritt. Sie sattelte Shadow ab und rieb ihn trocken, damit er sich keine Erkältung zuzog. Sie wusste, dass sie es übertrieben hatte und ihn ganz schön gefordert hatte. Es gab eine Extraportion Hafer für den Rappen, dann begab Amber sich noch einmal in die Box. Ihr Pferd bog den Hals in ihre Richtung, schnupperte an ihr, gab ihr einen leichten Stupser mit der Schnauze. „Ich weiss, ich hätte mit ihm reden müssen. Aber wie hätte ich das machen sollen? Hast du eine Ahnung?“, fragte sie ihn. Shadow schnaubte. „Ja, du hast recht, ich sollte den Mund halten. Das wird vielleicht das Richtige sein. Ich kann nicht mehr hierbleiben. Ich schaff das einfach nicht mehr.“ Amber fing an zu weinen und stand auf. Sie umarmte das große Tier, und die Tränen flossen in sein Fell. Shadow hielt ganz still, so als würde er sie auf seine Art trösten wollen. Irgendwann löste sich Amber von ihm. „Ich muss gehen. Ich werde auch nicht wiederkommen. Wir werden uns nicht wiedersehen.“ Sie blickte dem Tier, das aussah, als würde es jedes Wort verstehen, in die samtbraunen Augen. „Auf Wiedersehen, mein Schöner, ich wird´dich nie vergessen“, sagte sie unter Tränen und gab dem Hengst einen Kuss auf die Nüstern. Dann drehte Amber sich um und erschrak fast zu Tode.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 29.11.2012, 19:30 
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Kapitel 70: I don´t deserve

Ansgar stand direkt vor ihr. Seine Augen trafen die ihren. Amber sah, dass seine Wut und sein Hass verflogen war. Sie sah nur Verletztheit und Sehnsucht in ihnen. Amber riss sich von seinem Anblick los und wollte an Ansgar vorbei zur Tür des Stalles hinaus. Als sie die Schiebetür zur Seite geschoben hatte, vernahm sie ein leises „Bitte geh nicht“, hinter sich. Was sollte sie tun? Hierbleiben? Mit ihm reden? Sie konnte es nicht. Amber schloss die Augen und verliess den Pferdestall.

Sekundenlang stand Ansgar nur da, aber dann drehte er sich abrupt um. Er rannte Amber hinterher, erwischte sie wie sie grade im Inbegriff war, in ihr Auto zu steigen. Sein Arm schoss vor, und er hielt den ihren fest. „Amber! Bleib“, bat er eindringlich. Sie machte den Fehler ihn anzusehen, sah seinen sehnsuchtsvollen Blick und konnte nicht gehen. Ansgar sah zu Boden, sie dann wieder direkt an. Sekundenlang sagte keiner ein Wort. Dann fing er leise an zu reden: „Ich habe gesehen, dass deine Sachen weg sind. Ich habe gehofft, dich noch zu erwischen, habe mir gedacht, dass du hierbist, dass du nicht gehst, ohne dich von Shadow zu verabschieden.“ Amber sah Ansgar nur weiterhin an, unfähig sich zu rühren. „Amber, ich weiss, was ich getan habe war unverzeihlich. Ich wollte dich schlagen, und das kann man nicht entschuldigen, es lässt sich auch nicht rechtfertigen, nicht mal damit dass du.. dass du.. mich betrogen hast.“ „Ansgar, ich…“, begann Amber. Ansgar hob eine Hand. „Bitte lass mich ausreden. Und du hast mit allem Recht. Ich habe genau dasselbe getan, und du hast mir verziehen. Und ich habe dir verziehen. Es tut mir weh, was du getan hast, und dass du weggelaufen bist nach meinem Heiratsantrag, aber ich will nicht ohne dich sein, Amber.“ Amber sah in seine bittenden Augen, sah seine ehrliche Reue darin und konnte nicht anders. „Ich wollte doch auch nicht dass es so endet, Ansgar“, flüsterte sie. „Dann lass es nicht enden“, sagte er leise und sah sie erneut direkt an. „Bitte, lass es nicht so enden.“ In seiner Stimme klang Verzweiflung mit, und Amber wollte ihn einfach nur an sich ziehen und ihm endlich die Wahrheit sagen, doch sie konnte nicht. So streckte sie nur die Hand nach ihm aus und berührte sein Gesicht. Er hielt ihre Hand fest und zog sie sanft zu sich heran. Als sie ganz dicht vor ihm stand, und Ansgar „Verzeih mir bitte“, flüsterte, da konnte Amber an nichts anderes mehr denken als daran Ansgar endlich zu küssen.

Undendlich sanft spürte sie seine Lippen auf den ihren, dann riss er sie an sich. Sie ließ zu, dass er sie küsste, vergaß einen Augenblick alles um sich herum, doch dann kam die Erinnerung zurück, explosionsartig, und sie stieß Ansgar von sich. „Ansgar, es ist vorbei“, sagte sie. „Warum? Weil ich dich schlagen wollte? Ich habe dir doch gesagt, dass es mir leidtut, aber ich kann es nicht rückgängig machen. Du liebst mich doch, und ich liebe dich. Das kann doch nicht so einfach vorbei sein.“ Seine Stimme klang fast flehentlich, und Amber wusste, er meinte es ernst, aber es war zu spät. Sie konnte nicht zurück. „Amber, ich schwöre dir, dass so etwas nie wieder vorkommen wird, nie wieder, hörst du“, versuchte es Ansgar noch einmal. Amber sah ihn nur zweifelnd an. „Ansgar, das hast du Lydia auch versprochen. Dass du sie nie wieder schlagen wirst. Und das hast du ja auch nicht, aber kaum dass ich etwas tue, was dich verletzt…. verfällst du im dein altes Verhaltensmuster. Du kannst mir nicht etwas versprechen, was du nicht halten kannst.“ „Ich weiss, ich weiss, dass es abscheulich ist, was ich getan habe. Ich habe von dir verlangt, dass du mir sofort verzeihst als ich dich betrogen habe, und wenn du es mir deinen Fehltrtitt gestehst, so schlage ich dich. Es ist unverzeihlich.“ „Ansgar, wenn es nur darum gehen würde, so würde ich dir sofort verzeihen..“, begann Amber. „Aber worum geht es denn dann, wenn nicht darum, dass ich dich schlagen wollte?“, fragte er verzweifelt. „Ich habe Angst.“ Ansgar riss erschrocken die Augen auf. „Angst? Vor mir? Du hast Angst vor mir?“ Amber blickte zu Boden, und dann begriff Ansgar. Ihm fiel die Unterredung ganz am Anfang seiner Beziehung zu Amber wieder ein, und dass ihr Exmann sie geschlagen hatte, nicht nur einmal. „Oh Gott, Amber, ich…“ In ihre Augen stiegen Tränen als sie ihn ansah. „Verstehst du jetzt? Ich habe das alles schon mal mitgemacht. Ich ertrag´das kein weiteres Mal. Jeffrey hat mir auch versprochen, dass es nie wieder vorkommt, und das Ende vom Lied war, dass er mich halb totgegeprügelt hat.“ Ansgar war als würde er einen Schlag in die Magengrube bekommen. Seine sonst so selbstbewusste, schlagfertige und toughe Freundin stand wie ein Häufchen Elend vor ihm, und musste sich wegen ihm und seines Aussetzers wieder mit ihrer schwierigen und traumatischen Vergangenheit auseinandersetzen. Es tat ihm in der Seele weh was er getan hatte, doch er konnte Amber auch verstehen, dass sie nicht bereit war, ihm zu glauben.

„Ich weiss nicht, was ich sagen soll“, fing er an. „Ich weiss, ich habe es nicht verdient, dass du mir verzeihst, ich habe dich nicht verdient. Dein Vertrauen nicht, und deine Liebe auch nicht.“ Ambers Augen schwammen in Tränen, sie konnte ihn kaum noch ansehen. „Doch. Du hast es verdient. Du hast verdient, dass man dich liebt, du bist kein schlechter Mensch, ich weiss das, und darum geht es auch gar nicht, Ansgar. Es ist nicht, dass ich dir nicht verzeihen kann, denn ich habe es schon lange getan.“ Ansgar schöpfte Hoffnung, die sie ihm jedoch sofort wieder nahm. „Aber ich kann nicht aus meiner Haut. Wann immer ein Streit zwischen uns entstünde, so hätte ich doch sofort Angst, dass wieder eine Situtation eintritt, wo du mir gegenüber handgreiflich werden könntest. Und auch wenn du sagst, es kommt nicht wieder vor, so hast du doch eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden darf. Wenn man diese Grenze einmal überschreitet, so kann es jederzeit wieder passieren. Und ich will keine Angst haben müssen vor dir oder vor einer eventuell eintretenden Situation.“

„Was heisst das jetzt?“, fragte Ansgar, und seine Stimme klang fast fast angstvoll. Amber sah ihn nur an, und da wusste Ansgar die Antwort. „Dass ich nicht zurückkann zu dir“, sagte sie fast tonlos. Ansgar erinnerte sich an die Worte Herrn Gräulichs und wusste, er musste um Amber kämpfen. Sie war die Liebe seines Lebens, er konnte sie nicht gehen lassen. Er wusste, es hatte keinen Sinn, sie mit Blicken oder Berührungen umzustimmen, sondern wenn es eine Möglichkeit gab, sie erreichen, dann nur mit schonungsloser Ehrlichkeit, mit Worten, die ihr zeigten, dass er es ernst meinte. Als Amber sich zum Gehen wandte, hielt er ihren Arm fest, ganz leicht nur, um ihr nicht das Gefühl zu geben, dass er sie zwingen wollte, stehenzubleiben. Er sah ihre Augen als sie ihn ansah, und er wusste, dass sie ihn noch liebte. „Ich möchte dir noch etwas sagen. Wenn du dann immer noch gehen willst, dann wird´ich dich nicht aufhalten.“ Amber nickte. Ansgar schloss kurz die Augen, dann fing er an zu reden:

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 02.12.2012, 18:29 
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Kapitel 70 (Teil 2) I don´t deserve

„Ich war fast vier Wochen in der Reha, und ich habe die Zeit genutzt, nachzudenken. Ich war immer ein Mensch, der nach Erfolg und Ruhm strebte, der erst zufrieden war, wenn er andere am Boden liegen sah, der das Gefühl der Macht brauchte wie andere die Luft zum Atmen, ich war selbstgefällig, egoistisch und oft von Hass und Rachegefühlen getrieben. Ich habe keine Rücksicht auf andere Menschen genommen, ich habe nur das getan was mir einen Vorteil verschaffte. Mit Ausnahme meiner Kinder habe ich kaum einen Menschen jemals in mein Leben gelassen. Meine Kinder bedeuten mir alles, und ich liebe sie. Ich habe auch Frauen geliebt, oder dachte, dass ich es tue. Aber letztendlich habe ich auch die Frauen in meinem Leben, die ich mit Respekt und Achtung hätte behandeln sollen, fast zerstört. Nathalie habe ich in die Alkoholsucht getrieben, sie hätte sich fast umgebracht weil sie dachte, sie wäre Schuld am vermeintlichen Tod von Hannes, und Lydia hat wegen mir das Land verlassen. Ich habe nie wirklich gelernt, was es heisst zu lieben. Eigentlich ging es mir auch bei Frauen nur um Macht, ich wollte Lydia besitzen, nachdem ich sie Sebastian weggenommen hatte, ich wollte, dass sie an meiner Seite ist, ich wollte, dass sie auf dem Schloss lebte, obwohl sie sich dort nie wohlfühlte, ich habe auch hier immer nur an mich gedacht. Wenn ich den großen Retter spielen konnte, damals, als man Lydia verhaften wollte, für den Mord an Jens Kramer, da bin ich für sie ins Gefängnis gegangen. Es sah selbstlos aus und als hätte ich es aus großer Liebe zu ihr getan, aber letztendlich habe ich mir wohl auch gefallen in der Rolle des Retters. Erst hab ich Lydia vor ihrem langweiligen Ehemann „gerettet“, dann vor dem Gefängnis. Es geschah nicht aus reiner Selbtlosigkeit. Ich weiss das heute. Und als Lydia sich von mir abwendete, da hab ich mich an ihr gerächt, an der Person, die ich doch eigentlich liebte, oder glaubte zu lieben. Als ich dich kennenlernte, war alles anders. Von Anfang an war unsere Beziehung auf eine Probe gestellt, durch den Umstand, dass du krank warst. Ich selbst hatte zu dem Zeitpunkt auch schon mit meinen Attacken zu kämpfen und war angeschlagen. Ich habe mir damals selbst über mich gewundert, aber es gab für mich nie den Moment, zu zweifeln daran, dass ich mit dir zusammensein möchte, und ich habe auch nicht für dich den Retter spielen wollen. Ich wollte einfach nur mit dir zusammen sein. Ich habe das erste Mal im Leben das Gefühl gehabt, dass ich irgendwo angekommen bin, irgendwo außerhalb von dem was ich im Leben an materialistischen Dingen erreicht hatte."

Ansgar hielt kurz inne, sah Amber an, die ihm fasziniert in die Augen sah. Es war zwischenzeitlich fast dunkel geworden und kühl. Ansgar bemerkte, dass Amber in der Strickjacke fröstetelte und zog sein Jacket aus, legte es ihr über. Automatisch musste er an den Abend vor dem No Limits denken, an dem er ihr auch das Jacket übergelegt hatte. Auch Amber schien es so zu gehen, er sah es an ihren Augen. „Der Moment vor dem No Limits, erinnerst du dich?“, fragte er leise. Sie nickte kaum merklich. „Amber, zwischen uns war von Anfang an alles anders. Ich musste dich keinem wegnehmen, du wolltest mich, ich wollte dich. Ja, es gab Probleme, die aber eher daher rührten, dass du Angst hattest, dass ich dich nicht genug lieben könnte um deine Krankheit zu ertragen. Als wir wieder zusammenkamen nach meinem Herzinfarkt, da war es als könnte uns nichts trennen. Ich weiss auch noch immer nicht genau, was der Grund war, dass du meinen Heiratsantrag nicht annehmen konntest, aber es ist nicht wichtig, ob wir heiraten oder nicht. Und es ist auch nicht wichtig, ob du mit einem anderen geschlafen hast, weil ich weiss, dass du mich liebst. Ich sehe es in deinen Augen. Und ich liebe dich. Und wenn es irgendetwas gibt, um dass es sich lohnt für mich zu kämpfen, dann bist das du, Amber. Die Enterprise, das Schloss,meine Macht, mein Einfluss, das alles ist mir nicht mehr so wichtig, und wenn du mir das auch nicht glauben willst, es ist so. Ich habe Herrn Gräulich in der Reha versprochen, dass ich um dich kämpfen werde, und das Versprechen werde ich einhalten. Auch wenn du jetzt gehst, so werde ich nicht aufgeben. Das kann ich nicht, denn dafür liebe ich dich zu sehr.“ Amber hatte Ansgar während seines Monologes kaum noch ansehen können, die Tränen waren ihr in die Augen gestiegen. Als er geendet hatte, wagte sie den Blick in sein Gesicht. In seinen Augen glitzerte es verdächtig, und Amber wusste, dass Ansgar die Wahrheit gesagt hatte. Er meinte jedes Wort so wie er es ausgesprochen hatte. „Bitte, geb mir die Chance, dir zu beweisen, dass ich es ernst meine“, sagter er und sah ihr wieder direkt in die Augen. „Bitte.“ Amber stand immer noch da unfähig sich zu rühren. Sie hielt noch immer den Schlüssel des BMWs in der Hand, und noch immer sah sie Ansgar mit großen Augen an. Ihr Verstand befahl ihr weiterhin, dass sie auf den Knopf für „auf“ drücken und in ihr Auto steigen sollte, aber ihr Herz sagte etwas anderes.

Langsam streckte Ansgar die Hand nach ihrer aus. Er nahm ihr den Schlüssel aus der Hand, ganz vorsichtig. Amber hatte die Hand erst noch fest um den Autoschlüssel geschlossen gehabt, doch dann liess sie los. Es war wie ein Symbol dass er jetzt den Schlüssel in der Hand hielt, ihre Möglichkeit zu fliehen, war nicht mehr gegeben. Auf einmal hielt Ansgar ihr den Schlüssel wieder hin. „Ich habe dir alles gesagt, was ich wollte, Amber. Ich will dir keine Angst machen, niemals möchte ich, dass du Ansgt vor mir hast, das ist das allerletzte was ich will. Und wenn du jetzt fahren möchtest, so lass ich dich gehen, ohne ein weiteres Wort, ich verspreche es dir.“ Amber starrte auf den Schlüssel und streckte dann die Hand nach ihm aus.

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