Kapitel 25: Unversed in Love (Teil 2)
Sie erhob sich, und Ansgar zog sie zu sich auf den Schoss. Er hob eine Hand und schob ihr eine Strähne aus dem Gesicht, strich ihr über´s Haar. Dann nahm er ihre Hand in seine. „Es klingt verrückt, aber ich habe mich lange nicht so wohl gefühlt“, sagte er. „Das ist nicht verrückt, mir geht es genauso“, sagte sie und sah ihn an. Giftgrüne Augen trafen ihn mitten in seiner Seele. Und auf einmal war sich Ansgar sicher, dass er das Richtige tat. Vielleicht musste das alles so kommen. Vielleicht musste ihm gerade diese Frau über den Weg laufen, vielleicht war es eine Art Herausforderung für ihn, die er bestehen konnte. Vielleicht konnte aus ihm so ein etwas besserer Mensch werden, jemand, der für einen anderen da war. Sicher, er war für seine Kinder da, wenn sie ihn brauchten, aber das war schon etwas anderes. Ansgar hatte niemals in einer Beziehung wirklich auf Dauer auf etwas verzichtet oder wirklich viel für einen anderen Menschen getan. Ja, er war für Lydia ins Gefängnis gegangen, er hatte ihr bewiesen wie sehr er sie liebte, aber hatte er nicht diese Tat wieder zunichte gemacht indem er ihre Karriere torpediert hatte, weil sie nicht so spurte wie er das wollte? Mit Amber hatte er die Chance auf eine Beziehung mit einer Frau, die ihn nicht von früher kannte, sondern die unvoreingenommen auf ihn zugegangen war.
Sie blickte ihn immer noch an, und ihr Blick berührte ihn. Es lag etwas mädchenhaftes, unschuldiges darin, so ganz anders als am Abend als sie im Schneiders gegessen hatten. Da hatte Amber den Vamp herausgekehrt, aber Ansgar spürte, dass das eine Art Masche oder Schutzschild von ihr gewesen war. Sie war innerlich genauso sensibel wie er; nur das hätte das aber nach außen niemals zugegeben. Dieses unschuldige, ja beinah naive war es, was ihn extrem anzog, gepaart mit dem unverschämt guten Aussehen und den dazugehörigen optischen Reizen.
„Ich bin sehr froh, dass du mich überredet hast zum Arzt zu gehen“, sagte sie. Statt einer Antwort zog er sie ganz nah an sich heran und küsste sie. Er liess seine Zunge sanft über ihre Lippen streifen, und dann fuhr er mit der Zunge in ihren Mund. Amber fuhr mit den Händen in sein dunkles, volles Haar und liess die andere Hand unter sein Hemd wandern. Seine Küsse wurden begieriger, er drang mit der Zunge tiefer in ihren Mund ein. Sie stöhnte leise, öffnete seine Hemdknöpfe und schob Ansgar das Hemd von den Schultern. Dann machte sie sich an seiner Hose zu schaffen. Ansgar schob seine Hand unter ihr Top und streichelte sie. Er wollte jedoch nicht mit ihr schlafen. Irgendwie ging das nicht.
Doch Amber war drauf und dran eben genau darauf abzuzielen mit ihren Berührungen. Er merkte es an ihrer Art wie sie ihn ansah. Als sie ihm die Hose ausziehen wollte, hielt er ihre Hand zurück. „Nicht“, sagte er. Amber sah ihn verständnislos an. „Wie –nicht?“ fragte sie tonlos. Ansgar wand sich. Es war nicht so dass er keine Lust auf sie hatte, aber ihm erschien das nicht passend . „Hast du keine Lust auf mich?“ wollte sie wissen. „Das ist es nicht.“ Sie sah ihn ärgerlich an. „Du meinst wegen meiner Krankheit? Hallo! Ich habe Krebs keine Pest.“, schnauzte sie ihn an, heftiger als beabsichtigt. Ansgar wollte ihre Hand nehmen, aber sie stiess ihn weg. „Ich wusste, es gibt Probleme“, sagte sie und wollte von seinem Schoss aufstehen. Ansgar hielt sie zurück. „Es ist doch nicht dass ich keine Lust auf dich habe, ganz im Gegenteil, aber.. aber wir kennen uns erst ein paar Tage und.. ach, ich weiss nicht.. ja, natürlich war das ein Schock für mich was du mir erzählt hast, und ich habe da auch noch dran zu knabbern. Ich hatte nur eben das Gefühl, wir würden etwas kaputt machen, wenn wir jetzt.. „ Ansgar hielt inne. Er fragte sich, was er für seltsames seniles Zeug laberte. Normalerweise würde er doch niemals die Gelegenheit zum Sex ausschlagen. Aber irgendwie hatte die Tatsache, dass er von der Krankheit wusste, etwas in ihm verändert. „Was soll denn kaputt gehen?“ Amber verstand es noch immer nicht. „Vergiss es, ich rede wirres Zeugs“, sagte Ansgar etwas verlegen. „Vielleicht habe ich gedacht, es.. es ist nicht gut wenn….“ Amber sah jetzt, dass Ansgar sich einfach nur Sorgen gemacht hatte. Ihre Miene veränderte sich. “Meinst du, dass es für mich nicht gut ist, Sex zu haben? Hast du dir Sorgen gemacht?“ wollte sie wissen. Ansgar zögerte. „Ja, irgendwie schon“, gab er zu. „Meine Operation ist ein halbes Jahr her. Keine Sorge, das ist kein Problem.“ „Hast..hat.. hat man denn damals alles…“ fing Ansgar an. „Ob man mir die Gebärmutter komplett entfernt hat? Ja, hat man. Ich werde also keine Kinder bekommen können“, sagte sie und sah ihn prüfend an. „Aber das ist okay. Ich komm damit klar.“
Ansgar nahm ihre Hand erneut und drückte sie. „Das tut mir leid“, sagte er leise. „Hey, ich halt eh nicht viel von Quälgeistern“, versuchte sie die Situation ins Lächerliche zu ziehen. „Ich habe Nichten und Neffen, die reichen mir.“ Dann warf sie einen Blick auf Ansgar und traute sich zu fragen: „Möchtest du noch Kinder?“ Er überlegte. Dann sagte er: „Ich habe drei Kinder von drei Frauen. Mein Sohn Hannes ist von meiner Ex-Frau Tanja, habe ich dir ja erzählt, zu der ich kein sonderlich gutes Verhältnis habe, Nick, mein jüngster Sohn, lebt ja in Neuseeland, und ich habe ihn nur einmal gesehen. Kim ist meine Tochter, die ich nicht habe aufwachsen sehen. Ich habe mir immer gewünscht ein Kind mit einer Frau zusammen aufzuziehen, aber ich denke auch, dass drei Kinder genug sind. Es ist mir nicht vergönnt gewesen eine richtige Familie zu haben, aber ich komm schon damit klar“, schloss er seinen Monolog und wiederholte Ambers Worte. Sie sah ihn aufmerkam an. „Ich wollte nur, dass du das weisst.“ Er nickte. „Ja“, sagte er nur. „Ich möchte ins Bett gehen“, sagte sie auf einmal. Ansgar sah sie erstaunt an. War das jetzt wieder eine Art zu sagen, dass sie Sex wollte, oder war sie tatsächlich müde? „Bist du müde?“ „Ein bischen. Aber ich weiss ja gar nicht ob ich…. hier…“ „Sicher bleibst du bei mir“, beeilte er sich zu sagen. „Ich fände es sehr schön, wenn wir morgen früh zusammen aufwachen.“ Amber lächelte ihn an. „Ich habe nichts bei mir.“ „Das macht nichts, ich lasse von Justus Waschzeug bringen, Zahnbürste usw. und einen Schlafanzug kannst du von mir bekommen.“ Amber kicherte. „Steht mir bestimmt gut“, sagte sie. Ansgar ging die Waschutensilien besorgen, und als er wiederkam hatte Amber den von ihm hingelegten hellblauen Pyjama an. Ansgar schmunzelte weil die Ärmel der kleinen Amber viel zu lang waren, ebenso wie die Beine. „Passt nicht ganz, aber macht ja nichts“, sagte sie und grinste. „Ich stell dir die Sachen ins Bad“, meinte Ansgar. Amber verschwand ins angrenzende Bad. In der Zwischenzeit zog Angar sich aus und seinen Schlafanzug an. Ihm kam das alles ein wenig seltsam vor. Wenn sie nun nach wildem Sex im Bett eingeschlafen wären war es eine Sache, aber dieses Ins-Bett-Geh-Ritual nun mit einer Frau zu begehen war sehr ungewöhnlich für ihn, noch dazu wo er sie erst ein paar Tage kannte. Amber kam nach einigen Minuten wieder aus dem Bad und sah Ansgar schmunzelnd an. „Was gibt es zu grinsen?“ fragte er sie. „Du siehst süss aus in deinem Schlafanzug“, sagte sie. Süss? Er sah süss aus? Ansgar glaubte nicht richtig zu hören. Aber Amber war anders als die meisten Frauen, das war ihm schnell klargeworden. Er wollte gerade ins Bad, Zähne putzen, da schlug sie mit der flachen Hand auf die Bettdecke neben sich. „Komm her zu mir“ forderte sie. „Ich will mir noch rasch die Zähne putzen“, sagte er. „Meinst du, du stirbst, wenn du mal drauf verzichtest?“ kicherte sie. „Äh, für gewöhnlich gehe ich nicht ohne Zähneputzen ins Bett“, meinte er. „Los, durchbrech deine erlernten Verhaltensmuster, trau dich“, sagte sie nicht ganz ernst gemeint und giggelte. Ansgar musste lachen. Sie hatte ja recht. Mit einem Satz war er bei ihr im Bett. „Verrückt, oder?“ fragte sie. „Was?“ „Na, dass ich noch gestern wollte, dass wir uns nie wieder sehen. Und nun liege ich hier neben dir im Bett.“ „Ja, irgendwie schon, aber wie du so schön sagtest, Verhaltensmuster sollten dann und wann durchbrochen werden.“ „Ja, das ist ratsam“, meinte sie und sah ihn mit diesen Blick aus grünen Augen unter langen Wimpern an. Ansgar versank wieder einmal mehr in ihren Augen und dann küsste er sie. Die Schlafanzüge blieben nicht lange an ihrem Platz. Das zweite Mal, wo sie miteinander schliefen war schon sehr viel vertrauter, und es fühlte sich richtig an.
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