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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 27.12.2012, 20:09 
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Kapitel 84: Shadow(s)

Victoria hatte Ludwig selten so erlebt. Sie überlegte nicht lange, und beschloss, Ansgars Onkel über den Sachverhalt der Reise seines Neffen aufzuklären. Sie wusste zwar nicht ob es Ansgar oder Amber recht war, aber sie konnte es einfach nicht ertragen, dass Ludwig so schlecht von Ansgar dachte. Sie wollte, dass er in ein anderes Licht gerückt wurde, denn was ihr Chef und Freund für seine Partnerin tat, hatte sie sehr beeindruckt und sie konnte es partout nicht leiden, wenn Ansgar mal wieder als der Buhmann, der er zweifelsohne sein konnte - aber eben nicht in diesem Fall - hingestellt wurde.

Als sie geendet hatte holte Ludwig tief Luft. „Das hab ich nicht gewusst“, sagte er leise. Victoria nickte und sagte: „Ich weiß, darum erzähle ich es Ihnen ja, Ludwig.“ Ludwig atmete tief durch. „Ich mag Amber sehr. Sie ist eine so liebenswerte Frau, die Ansgar guttut. Das sie so krank ist – das – tut mir sehr leid. Mein Gott, und ich habe mich so aufgeregt.“ „Sie wussten es ja nicht“, sagte Victoria schnell. „Richten sie Ansgar aus, er hat alle Zeit, die er braucht, und er soll sich erholen. Seine OP ist ja auch noch nicht lange her.“ Dann entfernte sich Ansgars Onkel wortlos. Victoria war sich sicher, dass sie das Richtige getan hatte. Sie schaute auf die Uhr. Es war noch früh am Morgen in Las Vegas. Sie beschloss Ansgar eine SMS zu schreiben. Die letzte Nachricht, die sie von Ansgar bekommen hatte war vor zwei Tagen gewesen. Er hatte ihr von Ambers verrücktem Einfall geschrieben, und dass er jetzt ein verheirateter Mann war, und dass er nur noch in Deutschland die notwendigen Papier nachreichen müsse damit diese Eheschließung auch hierzulande rechtskräftig war. Victoria hatte es einen Stich versetzt. Ansgar hatte tatsächlich so mir nichts dir nichts in Las Vegas geheiratet, noch dazu beim Skydiving. Das war so gar nicht Ansgars Art, sie konnte sich das nur schwerlich vorstellen, und dennoch empfand sie eine Art Neid auf Amber. Doch sie schalt sich innerlich sofort. Wie konnte sie eifersüchtig sein auf eine totkranke Frau? Das ging gar nicht. Dennoch – der Gedanke, dass Ansgar sich für eine andere Frau entschieden hatte, schmerzte sie. Sie konnte ihre Gefühle nicht abstellen.

Am Abend schrieb Ansgar ihr zurück, dass er in wenigen Tagen wieder nach Deutschland zurückkehren würde. Ob er Amber mitbrachte, oder ob sie in ihrer Heimatstadt bleiben würde, ging nicht aus der SMs hervor. Victoria hoffte sehr, dass es Ansgar gutging. Sie konnte sich vorstellen, wie er sich fühlte.

Als der letzte Abend in Las Vegas anbrach, saßen Ansgar und Amber im hoteleigenen Restaurant „Verandah“. Sie sprachen nicht viel, denn jeder hing seinen Gedanken nach. Am nächsten Tag würde ein Flugzeug sie wieder zurück nach Deutschland bringen, zurück in den Alltag. „ich glaube, ich esse noch ein Dessert“, sagte Amber zu Ansgar, der sie überrascht ansah. „Das klingt als müsstest du dich vergewissern bei mir“, meinte er. „Vielleicht muss ich mich bei mir selbst vergewissern, nicht, dass ich noch mehr zunehme, ich passe ja schon kaum noch in meine Lieblingsjeans“, sagte sie und grinste. „Ansgar wusste, sie versuchte Normalität herzustellen, aber es war ein recht hilfloser Versuch. „Es steht dir, dass du zugenommen hast, endlich habe ich mehr zu anpacken“, scherzte er, aber auch das kam Ansgar ziemlich gezwungen vor. Er wusste, ab dem heutigen Tag war es für sie beide kaum noch möglich, miteinander umzugehen, ohne das unter der Oberfläche schwelende Feuer in Schach zu halten, das Feuer, das den Tag darstellte, an dem Amber Ansgar zum Gehen aufforderte. Ansgar wusste nicht, ob Amber noch wieder arbeiten gehen wollte wenn sie wieder zuhause in Düsseldorf waren, er wusste nicht einmal ob sie noch wieder mit ihm nach Königsbrunn gehen würde. Er traute sich auch kaum zu fragen. Erst am späten Abend als sie auf der Suite im Bett lagen und noch ein wenig fern schauten, brachte er es über sich. „Kommst du – kommst du mit nach Königsbrunn wenn wir wieder in Düsseldorf sind?“, fragte er Amber, die ihn verdutzt ansah. „Wo soll ich denn sonst hin?“, gab sie zurück. Ansgar schaute dermaßen erleichtert, dass sie lachen musste. „Hör mal, ich bin deine Frau, ich werde sicherlich nicht eine Single Bude in der Stadt beziehen, wenn ich auf einem Schloss wohnen kann.“ „Naja, ich wusste nicht, weil du….“ „Weil ich vor zwei Wochen abgehauen bin, ja, ich weiß. Aber das mach ich nicht noch einmal. Nicht so. Ich verspreche es dir. Außerdem freue ich mich schon so irre auf Shadow. Was der wohl sagt, wenn er mich sieht.“ „Nicht viel, würde ich sagen, außer dass der froh ist, wenn der seine Extra Portion Hafer wieder direkt von dir bekommt.“ Amber stieß ihn in die Seite. „Du bist und bleibst ein Banause was diese Dinge angeht. Du hast keine Ahnung von Tieren“, sagte sie. „Nee, sie sind mir lieber als Steak auf dem Teller“, bemerkte Ansgar trocken, was ihm ein Augenrollen von Amber einbrachte. Dann wurde Ansgar wieder ernst. „Ich bin sehr froh, dass du zu mir aufs Schloss kommst. Und ich will mal gleich Victoria anrufen, dass wir morgen zurückkommen.“ „Kannst du das nicht später machen?“, fragte Amber und sah ihn mit einem Blick an, bei dem Ansgar so ganz anders wurde, und er beschloss, dass Victoria warten konnte. Es war der letzte Abend, und Ansgar wollte wenigstens für diesen Moment noch einmal alle Sorgen vergessen. „Ja, es ist nicht wichtig jetzt, du hast recht. Wichtig bist nur du…“, raunte er, und ehe Amber es sich versah, hatte Ansgar sie schon aufs Bett gezogen.

Die Wochen gingen ins Land und der Frühling hielt endgültig Einzug. Die Bäume wurden grün und die Tage länger, die Leute waren gut gelaunt und der Duft von Blumen und frischgemähtem Rasen lag in der Luft. Eines Tages als Amber den wunderschönen Junitag ausnutzen wollte für einen kleinen Ausritt, wurde ihr plötzlich schlecht und schwindelig. Sie war total kraftlos, und schon die Anstrengung, den Sattel auf Shadows Rücken zu heben, war ihr zu viel. Sie bat einen Stallpfleger, ihr zu helfen. Sie wollte unbedingt reiten. Sie ignorierte die Warnzeichen, denn sie wollte ihrer Krankheit einen Tritt verpassen, sie wollte sich nicht kleinkriegen lassen. Als sie aufsaß, konnte sie sich kaum noch im Sattel halten. Doch sie gab Shadow dennoch das Kommando mit den Schenkeln, los zu galoppieren sobald sie sich ein Stück außerhalb von Königsbrunn befand. Das Gefühl, über die Wiesen und Felder zu galoppieren war so unbeschreiblich schön, sie konnte noch nicht Abschied nehmen davon, sie wollte wenigstens noch einmal einen Ritt auf ihren geliebten Pferd erleben.

Schneller und schneller trieb sie Shadow voran, und ihr Pferd galoppierte als wäre der Teufel hinter ihm her. „Los, mein Junge, zeig mir wie schnell du bist“, rief sie ihm zu, und Shadow legte noch einen Zahn zu. Plötzlich spürte Amber wieder den Schwindel in sich aufsteigen und wollte Shadow durchparieren, doch es war zu spät, sie verlor das Bewusstsein.

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Verfasst: 27.12.2012, 20:09 


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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 27.12.2012, 21:46 
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Kapitel 85: Fear

„Amber?“ Ansgar war von der Arbeit nach Hause gekommen und suchte seine Frau. Er hatte ihr Blumen mitgebracht, pinkfarbene Rosen, die sie sehr liebte. Doch von Amber war weit und breit nichts zu sehen. In Ansgar stieg Angst auf dass sie wieder klammheimlich verschwunden war. Er schaute ob Kleidung fehlte, aber es war alles da. Er stellte die Rosen in eine Vase und beschloss, im Schloss nach ihr zu suchen. Als er Justus traf, teilte der ihm mit, dass die „Gräfin“ ausreiten wollte, er hätte sie vor zwei Stunden im Reitdress angetroffen. Vor zwei Stunden! Ansgar bekam es mit der Angst zu tun. Amber hätte längst zurücksein müssen. „Danke, Justus“, rief er hastig und rannte in Richtung Stall. Als er zu den Stallungen kam, sah er Shadow reiterlos und noch gesattelt und aufgetrenst vor den Boxen stehen. Es musste etwas passiert sein! Ansgar schoss zu dem Rappwallach, und ehe er es sich versah, saß er im Sattel. Er hatte schon als Kind reiten gelernt, aber es hatte ihn all die Jahre nicht mehr interessiert, so dass er es aufgegeben hatte.

Ansgar trieb Shadow an, und sobald er das Schlossgelände verlassen hatte, gab er das Kommando zum Galopp. Er hoffte, dass ihn das Pferd zu Amber bringen würde. Er hielt zwar nicht viel von diesem Psychogequatsche, aber er hatte mal gehört, dass die Pferde sich sehr gut auskannten, und den Reiter an Unglücksstellen führen konnten, und so wie Shadow ja auch allein zurück gelaufen war, so würde er sicher auch Amber finden. Es war das erste Mal seit einigen Jahren, dass er auf einem Pferd saß - das letzte Mal war mit Nathalie gewesen - aber er hatte nichts verlernt, es war wie Fahrradfahren, einmal gelernt, konnte man es für immer.

Shadow wurde schneller und schneller, und Ansgar war sich mittlerweile nicht mehr sicher, ob er Amber wirklich finden würde. Doch dann bemerkte er, dass das Pferd langsamer wurde. Ansgar sah etwas am Boden liegen. Noch halb im Galopp sprang er von Shadow hinunter. „Amber!“, rief Ansgar in Panik und beugte sich über sie. Sie bewegte sich nicht. "Amber!", rief er wieder. Dann sah er dass sie sich bewegte, sie war nicht tot!

Seine Frau lag auf der Seite und krümmte sich vor Schmerzen. Sie war fast weggetreten. Dann bemerkte sie Ansgar. „Was ist passiert? Bist du gestürzt?“ fragte Ansgar ängstlich. Amber konnte kaum sprechen. „Ich weiß es nicht“, sagte sie leise. „Mir war schwindelig, und als ich wieder zu mir kam, lag ich hier. Meine Beine tun so weh….“ wieder verzog sie ihr Gesicht vor Schmerz. „Ich rufe sofort einen Krankenwagen“, sagte Ansgar. „NEIN, keinen Krankenwagen“, wiedersprach Amber. „Bring mich hier weg, bring mich nach Hause“, bat sie. Ansgar zögerte. „Aber du hast dir doch vielleicht etwas gebrochen“, protestierte er. „Nein, das ist es nicht. Ich habe diese Schmerzen schon länger, ich muss nur meine Tabletten nehmen.“ „Bist du sicher?“, wollte Ansgar wissen. Amber nickte. „Es ist die Krankheit, mehr nicht.“ „Gut, ich versuche, den Chauffeur zu erklären, wo wir uns befinden. Und er soll jemanden mitbringen, der Shadow nach Hause bringt.“ Ansgar zog sein Mobiltelefon aus der Jacke und rief Kurt an. Dieser versprach, sofort loszufahren. „Ich friere so“, jammerte Amber. In Windeseile hatte Ansgar seine Jacke ausgezogen und sie Amber übergelegt. „Kurt wird sicher bald hier sein“, sagte er und strich ihr über die Haare. „Seit wann geht das mit den Schmerzen so?“ wollte er wissen. Amber wusste, dass es keinen Sinn machte, Ansgar auszuweichen, deswegen antwortete sie ihm. „Seit einer Woche ist es so schlimm. Dr. Schütte verschreibt mir daher diese Morphin Tabletten.“ Ansgar schluckte hart. Er wusste, was dies bedeutete. Wieder strich er Amber behutsam über die blonden, seidenweichen Haare, die schon ziemlich dünn geworden waren. Es riss ihm beinah das Herz raus, sie so zu sehen, aber riss sich zusammen. Als Kurt nach einer Viertelstunde immer noch nicht da war, beschloss, Ansgar doch einen Krankenwagen zu rufen. „Der findet uns genauso wenig“, gab Amber zu bedenken, doch dann sahen die beiden Kurt mit dem Audi anrollen. Kurz darauf stiegen Kurt und Dana aus und liefen zu Amber und Ansgar. Vorsichtig hoben die beiden Männer Amber an und trugen sie ins Auto. Dana versprach, Shadow zurückzureiten.

„Soll ich nicht doch besser einen Arzt rufen?“, fragte Ansgar besorgt, doch Amber schüttelte den Kopf. „Nein, keinen Arzt, bitte, ich habe genug von Ärzten.“ Sie streckte eine Hand nach Ansgar aus. Dieser ergriff ihre Hand und sah sie weiterhin besorgt an. „Es geht mir schon besser, wirklich“, beharrte Amber. „Warum bist du denn überhaupt ohnmächtig geworden?“, wollte Ansgar wissen. „Das ist doch egal, wahrscheinlich war es zu viel für mich, das war alles. Ich habe schon beim Aufsatteln gemerkt, dass ich schlapp bin, ich hätte wohlmöglich gar nicht ausreiten dürfen“, sagte Amber lapidar. „Was?“ Abrupt ließ Ansgar ihre Hand los. „Ich möchte nicht, dass du das noch einmal machst, Amber, bitte schon dich.“ „Wofür?“, fragte sie sarkastisch. „Ich lasse mir nicht noch das letzte bisschen Freude nehmen von dieser gottverdammten Krankheit“, bölkte sie. „Gib mir bitte meine Zigaretten“, forderte sie dann von Ansgar und zeigte auf den Tisch. Wortlos, weil er wusste, dass sie Recht hatte, erfüllte er ihn den Wunsch. Amber steckte sich eine Zigarette an und umhüllte Ansgar in Rauchschwaden. „Jetzt geht es mir schon besser“, sagte sie und schlug bestimmt die Decke weg. Doch Ansgar merkte, wie wackelig ihre Beine noch waren. Mit einem Satz war er bei ihr und konnte sie grade noch auffangen, bevor sie fiel. „Scheiße“, fluchte Amber. „Jetzt kann ich noch nicht mal mehr laufen.“ „Du bist vom Pferd gefallen, das ist doch klar, dass du noch geschwächt bist“, versuchte Ansgar es herunterzuspielen, aber wusste, dass die Schwachheit von der Krankheit kam. Er half Amber sich wieder hinzulegen. Sorgsam bereitete er die Decke wieder über seine Frau und setzte sich zu ihr. „Ansgar?“, fragte sie ihn plötzlich. „Ich will so nicht enden. Ich will das nicht.“ Erschrocken sah Amber die kleine blonde Frau an. „Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, das weißt du?“ „Welche?“, fragte Ansgar fast tonlos. „Tabletten. In rauhen Mengen. Die 50, die ich hatte, die sind leider schon zur Hälfte alle. Das reicht nicht.“

Ansgar sah Amber total entsetzt an. „Du – du willst dich umbringen?“, fragte er. „Hab ich eine andere Wahl?“, fragte sie zynisch. Ansgar wusste nicht, was er sagen sollte. Er wusste überhaupt nichts mehr. Sein Herz war so schwer, tat so weh, als er sie ansah, und er wusste, er musste irgendetwas sagen, aber er brachte keinen Ton über die Lippen. Amber sah, wie fertig Ansgar war. Sie griff nach seiner Hand und streichelte sie. „Ist schon gut, ich tu´s nicht. Das könnte ich dir nicht antun.“ „Ich könnt´ dich sogar verstehen“, murmelte Ansgar zur ihrer Überraschung leise. „So wäre gewährleistet, dass ich nicht elendig krepier und du dennoch bei mir bleiben kannst bis zum Ende“, sagte sie. „Denk mal drüber nach.“ Abrupt ließ Ansgar ihre Hand wieder los. „Nein!“, sagte er dann entschieden. „Bitte, versprich mir, dass du es nicht tust, bitte“, sagte er dann und sah sie eindringlich an. Sie nickte langsam. „Okay, ich verspreche es. Ich könnte es auch gar nicht, denn ich will jede Minute, die ich kann, bei dir sein und bleiben.“ Ansgar holte tief Luft. „Schlaf jetzt ein wenig, das wird dir guttun. Ich geh auch ins Bett.“ Ansgar zog sich aus und wollte sich den Schlafanzug anziehen, bemerkte dann, wie er von Amber betrachtet wurde. Er sah sie fragend an. „Hm, lass den Schlafanzug aus“, bat sie und schlug neben sich aufs Bett. „Ohne gefällt´s du mir besser.“ Ansgar krabbelte zu Amber ins Bett und schmiegte sich an sie. Er wusste, dass er in Zukunft wohl keinen Sex mehr haben würde, denn Amber war zu geschwächt dafür, aber das war ihm egal. „Meinst du, du kannst ohne leben, zur Zeit?“, fragte Amber als hätte sie seine Gedanken lesen können. „Ohne was?“, wollte Ansgar wissen, aber er wusste genau was sie meinte. „Amber griff unter die Decke, und Ansgar zuckte zusammen als sie ihn an prekärer Stelle berührte. „Du weißt genau, was ich meine“, sagte sie und grinste. „Es tut mir leid“, sagte er schuldbewusst. „Ich kann es nicht ändern, wenn du neben mir liegst.“ Als Antwort zog Amber Ansgar an sich und küsste ihn. Als sie sich wieder lösten, strich Ansgar Amber die Haare aus der Stirn und sah ihr tief in die Augen. „Meinetwegen habe ich nie wieder Sex, ich kann ohne ihn leben, aber ich kann nicht ohne dich leben.“ „Das wirst du müssen – irgendwann“, gab sie zurück. „Ich habe Angst“, sagte Ansgar und Amber sah, wie seine Augen dunkel wurden. „Du hast Angst? Du hast doch nie Angst, Ansgar. Du darfst auch keine Angst haben, du musst stark sein für uns beide.“ „Doch, ich habe Angst, sehr große Angst sogar.“ „Wovor?“ „Ohne dich zu sein. Das macht mir Angst.“ Amber beugte sich vor und küsste Ansgar unendlich sanft auf die Lippen. „Ich werde immer bei dir sein, wenn du mich nicht vergisst, dann wirst du mich immer bei dir haben.“ Ansgars Augen wurden feucht. „Ich habe auch Angst gehabt im Zelt in Kenia, als die Hyänen da rumgeschlichen sind und auch beim Fallschirmspringen. Amber, ich bin nach außen vielleicht stark, aber auch ich habe Ängste.“ „Ich weiß“, nickte Amber, ich habe das gemerkt beim Springen und auch in Kenia. Aber ich fühle mich trotzdem immer sicher bei dir, ich habe das Gefühl, dass du mich beschützt, ist einfach so.“ „Das werde ich auch“, flüsterte Ansgar. „Ansgar?“ „Ja?“ „Halt mich fest, ganz fest und lass mich nie wieder los.“

Ansgar hatte wie ein Besessener gearbeitet, die ganze Woche und die darauffolgende Woche auch. Er tat alles um nicht nachdenken zu müssen. Er ließ keinen an sich heran, auch Victoria nicht. Jeden Tag blieb er von morgens acht bis abends acht im Büro, und wäre am liebsten noch über Nacht geblieben, aber er wusste, er musste irgendwann zur Ruhe kommen, auch wenn er kaum schlafen konnte.

Immer und immer wieder bescherte ihm sein Gehirn Flashbacks an den Moment, wo er Amber das letzte Mal sah. Es tat so weh, sich daran zu erinnern, aber er konnte die Erinnerung nicht auslöschen, egal, wie sehr er es versuchte. Amber war eines Abends von Lillian nach Hause gekommen und hatte ihm gesagt, dass sie Königsbrunn verlassen würde. Ihre Worte hallten in seinem Ohr, unaufhörlich. "Es ist soweit." Es ist soweit, ist soweit... ist soweit..

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 28.12.2012, 21:15 
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Kapitel 86: Always find me here

Ansgar hatte sie total entsetzt angesehen, aber er wusste, dass ihre Entscheidung stand, und er wusste auch, er hätte sie niemals zurückhalten können. „Alles, um was ich dich bitte ist diese eine Nacht“, hatte er gesagt. Sie hatte gesehen, wie sehr er versuchte, die Tränen zurückzuhalten, und hatte genickt.

Sie hatten kaum gesprochen in dieser Nacht. Amber hatte noch einmal mit Ansgar schlafen wollen, aber er hatte befürchtet, dass es zu viel für sie sein würde. So hatten sie einfach nur nebeneinandergelegen. Amber hatte ihm aus ihrer Kindheit erzählt, und Ansgar hatte ihr nur unter Tränen zu hören können. Sie versuchte alles, um ihn aufzuheitern, erzählte, wie sie als Sechsjährige von ihrem ersten Pony bei einem Kinderreitwettbewerb heruntergefallen war und das mitten in Pferdeäpfel.

„Mein Leben war sehr, sehr schön, mit vielen Höhen und Tiefen, aber mehr Höhen als Tiefen. Ich kann sagen, dass ich nichts bereue, nichts hätte anders machen wollen“, hatte sie gesagt. „Einmal hätte ich beinah einen Fehler gemacht.“ Sie hatte ihn durchdringend angesehen. Ansgar wusste, was sie meinte. „Als ich nach unserem ersten Mal gehen wollte. Wärst du nicht bei Lillian aufgetaucht, so hätte ich das schönste Jahr meines Lebens verpasst.“ Ansgar hatte geschluckt, er wollte nicht, dass sie seine Tränen sah. „Wenn man mich gefragt hätte vor zehn Jahren ob ich dreißig Jahre ein Leben führen wollte ohne Höhen und Tiefen, mit einem Mann, den ich nicht liebe, und einem langweiligen Alltag, oder ob ich noch zehn Jahre leben möchte, dafür aber mit allem was dazugehört, mit Leiden, mit Liebe, mit Ups and Downs und wenn ich dafür denjenigen welchen kennenlernen kann, der der absolut Richtige für mich ist, der mein Leben komplett macht und mich sieht wie keiner zuvor, dann hätte ich mich für Variante zwei entschieden. Ansgar, ich war noch nie so glücklich in meinem Leben wie mit dir, und auch wenn ich jetzt extrem kitschige Dinge sage, so meine ich das wirklich von ganzem Herzen so. Ich wünsche mir so sehr, dass du wieder jemanden findest, der dich liebt - so wie du bist, der dich akzeptiert mit allen Facetten, die in dir stecken. Aber ich hoffe auch, dass du mich nie vergisst.“ In diesem Moment war es bei Ansgar vorbei gewesen. Ihm liefen die Tränen unaufhörlich übers Gesicht. "Wie - wie könnte ich dich vergessen?", hatte er gefragt, Amber an sich gezogen. Sie lagen eine Ewigkeit so da. Ansgar hatte ihr über ihr Gesicht gestrichen und ihr immer wieder gesagt, wie sehr er sie liebe.

"Meinst du, du wirst nach mir jemals wieder jemanden lieben so wie mich?", hatte sie ihn gefragt. Ansgar hatte den Kopf geschüttelt. "Du bist etwas so Besonderes, das wird es für mich kein zweites Mal geben. Du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht, und du bist diejenige die mich so gut kennt wie niemand sonst in der Welt. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder eine Frau so nah an mich heranlassen werde. Das geht nicht." "Ich werde immer bei dir sein, immer, und auch wenn du mich nicht mehr siehst, so bin ich da.. ich glaube daran, Ansgar. Da wo du bist, bin ich, du wirst mich immer finden.. wenn du mich suchst.... es wird wehtun.. sehr wehtun.. aber irgendwann wird der Schmerz nachlassen, glaub mir. Und das ist gut so. Aber die Erinnerung kann dir keiner nehmen, niemals. In deinem Herzen werde ich immer sein. Gott, ich bin so kitschig...." Sie hatte unter Tränen die Augen gen Himmel gerollt. "Ich werde dich immer lieben", hatte Ansgar nur noch sagen können, dann konnte keiner der beiden mehr sprechen.

Irgendwann war Ansgar eingeschlafen. Als er am Morgen aufwachte, war Amber weg. Nie würde er den Moment vergessen, in dem er realisierte, dass er sie nie wieder sehen würde. Es riss ihm das Herz raus, zu wissen, dass er nichts tun konnte. Er überlegte den ganzen Tag ob er sie suchen sollte, ob er so einfach aufgeben sollte, aber er wusste, dass Amber es so entschieden hatte, und er musste diese Entscheidung akzeptieren.

Zwei Wochen nachdem Amber gegangen war, stand Lillian vor ihm. Justus hatte sie hereingeleitet in das Kaminzimmer wo Ansgar sass. Als Ansgar Lillian sah war ihm als würde der Boden unter den Füssen weggezogen. Er wusste, was es bedeutete. Es bedeutete, dass Amber tot war.

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Zuletzt geändert von mariposa227 am 03.01.2013, 21:09, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 29.12.2012, 20:31 
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Kapitel 87: Break my fall

Ansgar auf Amber zu. Er sah die Tränen in den Augen der brünetten Frau, die ihm wortlos ein Buch entgegenstreckte. Er nahm es und schlug es auf. „Dear Diary“ stand da in Ambers Schrift. Es war Ambers Tagebuch. Die Tränen schossen ihm in die Augen. Lillian zog Ansgar in die Arme. „Warst du – warst du bei ihr?“, fragte Ansgar mit tonloser Stimme. Lillian nickte. „Erzählst du mir irgendwann…?“ seine Stimme erstarb. „Ja, werd ich….“ Dann hatte sich Lillian von Ansgar losgemacht und war aus dem Schloss gestürmt.

Ansgar stand einfach nur da. Minutenlang, vielleicht sogar eine Viertelstunde. Er bemerkte nicht, dass Sebastian ins Kaminzimmer kam und ihn fragte, ob mit ihm alles in Ordnung war. Erst als Sebastian wild gestikulierend vor ihm stand und ihn an der Schulter berührte, bemerkte er ihn. Doch er sah seinen Cousin nicht wirklich an, er sah durch ihn hindurch, er nahm seine Worte nicht wirklich wahr, sie erreichten sein Gehirn nicht; alles, an was er denken konnte, war „sie ist tot“. „Ansgar, was ist denn los?“, fragte Sebastian jetzt wieder. Jetzt sah Ansgar seinen Vetter an. Er sagt nur ein Wort. „Amber“. Dann schob er sich an Sebastian vorbei und ging nach oben in seine Suite.

Er hatte verstanden. Sebastian wusste, dass Ansgars Frau krebskrank gewesen war. Ansgar musste ihm nichts erklären. Er hatte sie sehr gerne gemocht, ihre lebenslustige Art, ihr Lachen, ihre Fröhlichkeit trotz ihrer Krankheit. Ansgar hatte sich verändert – wegen ihr hatte er sich verändert. Sie hatte aus Ansgar einen besseren Menschen gemacht. Sebastian spürte, wie es in seiner Nase kribbelte. Doch er hatte keine Zeit für Trauer. Er wollte seinem Cousin beistehen. Sebastian beschloss, nach Ansgar zu sehen.

Langsam öffnete er die Schiebetür zu Ansgars Suite und trat ein. Er sah, dass Ansgar auf seinem schwarzen Ledersessels saß und vor sich hinstarrte. Er hielt ein Buch in seinen Händen. Vorsichtig – um ihn nicht zu erschrecken – ging er auf seinen Cousin zu. Er setzte sich auf den gegenüberliegenden Sessel und versuchte, zu Ansgar durchzudringen. Doch dieser starrte weiter in die Luft. Sebastian stand wieder auf und ging einen Schritt auf Ansgar zu. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sein Vetter zuckte zusammen als hätten ihn glühende Kohlen getroffen. Es schien als würde er Sebastian erst jetzt wahrnehmen. „Kann ich – kann ich irgendetwas für dich tun?“, fragte Sebastian leise. Jetzt sah Ansgar ihn an. Sebastian erschrak. Er hatte Ansgar noch nie so erlebt. Sein Blick war so hohl und leer, so abwesend. War es wirklich möglich, dass diese Frau sein Herz erweicht hatte, dass sie den ganzen Hass und die ganze extreme Wut in Ansgar ausgelöscht hatte, dass sie ihn zu dem Menschen gemacht hatte, der er wirklich war?

„Ansgar, kann ich etwas für dich tun?“, wiederholte Sebastian seine Frage. „Sie ist tot. Einfach nicht mehr da“, sagte Ansgar tonlos. Sebastian schluckte. „Es – es tut mir so leid“, flüsterte er ganz leise. Sebastian ging zur Anrichte und goss für sich und Ansgar einen Bourbon ein. Er wusste, dass es vielleicht ganz gut sein konnte, wenn Ansgar sich erst einmal abschoss. So würde er den Schmerz vielleicht besser aushalten können. Wortlos reichte er Ansgar das Glas, dass dieser annahm. Sein Cousin trank den Whiskey auf ex und reichte dann Sebastian erneut das Glas, damit dieser ihm nachschenkte. Auch den zweiten und dritten Bourbon trank Ansgar in einem Schluck. „Noch einen?“, fragte Sebastian. Ansgar nickte und trank auch noch den vierten aus. Sebastian merkte, dass er schon ziemlich einen sitzen hatte, doch Ansgar saß immer noch fast regungslos auf seinem Sessel. Er tat Sebastian unendlich leid, auch wenn er seinen Cousin früher einmal so gehasst hatte. Wenn er sich vorstellte, dass Tanja…

„Ich habe sie einfach gehen lassen..“ , sagte Ansgar in seine Überlegungen hinein. Sebastian legte Ansgar die Hand auf die Schulter. „Sie wollte es so.“ „In guten wie in schlechten Zeiten…“ flüsterte Ansgar vor sich hin. „Du darfst dir keine Vorwürfe machen, hörst du?“, sagte Sebastian eindringlich. Ansgar sprang auf. „Ich soll mir keine Vorwürfe machen? Ich habe sie GEHEN lassen, sie allein sterben lassen, verstehst du? Wie konnte ich sie allein lassen?“ Jetzt sah er Sebastian an, seine Augen waren wieder klar, und er realisierte anscheinend erst jetzt was passiert war. „Ansgar..“ , begann Sebastian. „Ich hätte sie suchen müssen. Lillian hat gewusst wo sie war. Ich hätte alles dransetzen müssen..“ Sebastian sah Ansgar mitleidig an. „Ich verstehe dich, Ansgar aber, du hast ihr versprochen, dass sie entscheidet wann euer Weg zu Ende ist. Es war richtig, dass du ihre Entscheidung akzeptiert hast.“ „Ach ja? Für wen? Für wen war es richtig?“ Ansgar schrie jetzt. „Für Amber. Für sie war es richtig.“ Sebastian wusste nicht wie ihm geschah als plötzlich ein Glas haarscharf an seinem Kopf verbeirauschte und an der Wand zersprang. Danach fegte Ansgar seinen Schreibtisch leer und wollte ihn grade umstoßen, doch Sebastian ging dazwischen. „Ansgar! Ansgar, hör auf, das bringt doch nichts“, rief Sebastian und hielt seinen Cousin mit aller Kraft fest, doch dieser riss sich los und wollte weiter seine Suite demolieren. Er nahm weitere Gläser vom Sidebord und donnerte sie alle an die Wand, wo krachend zerbarsten. Sebastian bekam es mit der Angst zu tun. „Ansgar, bitte hör auf..“, versuchte er es wieder, doch Ansgar hatte inzwischen das Zimmer total verwüstet. Als sein Schreibtisch mitsamt Notebook am Boden lag und kein Glas mehr heile war, ließ er sich erschöpft auf sein Bett sinken. Er schlug die Hände vors Gesicht, und dann kamen die Tränen. Unaufhörlich liefen sie ihm über die Wangen. Sebastian hatte Ansgar niemals zuvor so erlebt. Es zeriss ihm fast das Herz ihn so zu sehen. Sebastian trat an Ansgars Bett, setzte sich neben Ansgar. Hilflos sah er zu, wie sein Cousin sich selbst malträtierte mit dem Gedanken daran, dass er nicht bei Amber gewesen war als sie starb. Irgendwann streckte Sebastian die Hand aus und berührte Ansgars Schulter. Ansgar drehte sich zu ihm um. Plötzlich waren Ansgars Arme um Sebastian und die beiden Cousins lagen sich in den Armen. Etwas hilflos fing Sebastian Ansgar auf und versuchte ihn zu beruhigen. Niemals zuvor hatten die beiden ehemals so verhassten Cousins so eine Nähe zueinander aufgebaut gehabt, doch es fühlte sich richtig an. Sebastian holte tief Luft und sagte: „Lass es raus, Ansgar.“

„Ich habe sie so geliebt, Sebastian“, sagte Ansgar mit brüchiger Stimme. „Ich weiß“, flüsterte Sebastian. „Und sie dich. Das wird dir niemals jemand nehmen können. Vergiss das nie.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 29.12.2012, 21:55 
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Kapitel 88: Break my fall (Teil 2)
(muss mal langsam zu Ende kommen)

Jetzt fing Ansgar wieder an zu weinen. „Ich werde mir das nie verzeihen, ich HASSE mich dafür, dass ich…dass ich…“ wieder erstarb seine Stimme. „Psst“, machte Sebastian. Plötzlich riss sich Ansgar los und sprang auf. „Lass mich allein!“, forderte er seinen Cousin auf. Dann drehte er sich um und ging ans Fenster, starrte hinaus. Sebastian stand langsam auf, überlegte, ob er Ansgar umstimmen sollte, aber er hielt es dann für besser, ihn allein zu lassen. „Wenn ich…. wenn ich irgendetwas für dich tun kann, lass es mich wissen“, sagte er zu Ansgar, der nicht mehr reagierte. Dann verließ Sebastian die Suite. Er war total geschockt von Ansgars Reaktion. Niemals hätte er ihm zugetraut, dass er so leiden würde, er wusste, Ansgar hatte sich geändert, aber dass er eine Frau wieder so nah an sich heran lassen würde, dass er so dermaßen den Boden unter den Füssen verlieren würde, hätte er nicht gedacht. Sebastian überlegte, wie es ihm gehen würde, sollte Tanja etwas zustoßen. Ihm wurde beinah schlecht bei dem Gedanken. Als Tanja damals im Gefängnis saß, so hatte er unter der Situation sehr gelitten, aber Ansgar musste Höllenqualen erleiden, denn Amber war nicht im Gefängnis oder hatte mit ihm Schluss gemacht, sondern sie war tot. Dieser Umstand war so unwiderruflich und dadurch auch so unglaublich schwer zu begreifen.

Sebastian dachte noch lange über Ansgar und seine Situation nach. Er konnte auch mit niemandem darüber reden. Seine Frau würde mit den Schultern zucken und etwas in der Art sagen wie „Sebastian, Menschen sterben, so ist das nun mal. Ansgar wird drüber hinwegkommen.“ Nein, sie hatte ihre eigene Art, die Dinge zu sehen. Sebastian wusste, dass Tanja hartgesotten war, wenngleich er auch oft spürte, dass sie nur so rüberkam, grade weil sie sich mit dem Thema nicht näher beschäftigen wollte. Tanja bemerkte aber sofort, dass es ihrem Mann nicht gutging. Als sie drängte erzählte Sebastian Tanja alles. Zur seiner großen Verwunderung nahm Tanja ihn in den Arm und sagte: „Es tut mir leid, Sebastian, wenn dich das mitnimmt. Willst du zur Beerdigung gehen?“ Sebastian sah sie überrascht an. „Was ist los mit dir? Keine zynischen Sprüche? Kein „shit happens?“ „Ich mag zwar eiskalt sein aber Amber war in Ordnung. Ich mochte sie. Wenn du willst begleite ich dich.” Sebastian lächelte Tanja an. „Danke. Das bedeutet mir viel.“

Ansgar wusste nicht wie lange er am Fenster gestanden hatte und einfach nur hinausgestarrt hatte. Eine Stunde, zwei, vielleicht drei. Er war fast unfähig sich zu bewegen. Erst als er spürte, dass jemand hinter ihn trat, drehte er sich langsam herum. Victoria stand vor ihm. Er sah ihr in die Augen und sie sah mit einem Blick wie es Ansgar ging. Vorsichtig streckte Victoria eine Hand nach Ansgar aus und berührte seine Schulter. Sie wollte vorfühlen, wie sie sich verhalten konnte, ob Ansgar es zulassen würde, dass sie ihn tröstete oder ob er keinen an sich heranlassen würde. Der Blick aus seinen dunklen Augen traf sie mitten ins Herz. Sie hatte Ansgar noch nie so gesehen. Seine Augen waren fast ausdruckslos, leer, tot. Er tat ihr so unendlich leid, und sie wollte nur eins: irgendetwas tun damit es ihm besser gehen würde, doch sie wusste, dass dies unmöglich war. So konnte sie nur für ihn da sein.

Als Victoria sah, dass Ansgars Augen in Tränen schwammen, konnte sie nicht anders. Sie zog ihn langsam an sich. Er ließ sie gewähren, erwiderte ihre Umarmung, hielt sich an ihr fest wie ein Ertrinkender, der Halt suchte. „Es tut mir so leid“, flüsterte Victoria. Sie strich ihm über den Rücken und drückte ihn fest an sich. „Es tut mir so leid“, wiederholte sie. Sie wusste nicht was sie anderes sagen sollte, aber das musste sie auch nicht. „Ich bin so froh, dass du da bist“, sagte Ansgar leise.
Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten sich die beiden voneinander. Victoria nahm auf Ansgars Sessel Platz. Ansgar jedoch blieb mitten im Raum stehen. „Bleibst du heute Nacht hier?“, fragte er sie dann unvermittelt. Victoria überlegte kurz was sie Thomas sagen sollte, nickte dann aber. „Ja. Ich bleib bei dir.“ Ansgar nickte seinerseits. „Victoria, hast du noch welche von den Pillen, die du mir seinerzeit gegeben hast?“, wollte er wissen. Victoria zögerte, überlegte, ob es sinnvoll wäre, Ansgar starke Beruhigungsmittel zu geben. „Hast du Alkohol getrunken?“, wollte sie wissen. Ansgar verneinte. „Okay.“ Vicky nickte und zog aus ihrer Tasche eine Blisterpackung kleiner weißer Tabletten, brach eine in der Mitte durch und gab sie Ansgar. Dieser schluckte sie mit etwas Wasser herunter. Victoria wusste, es war eine Ausnahmesituation, und sie konnte Ansgar so helfen. Diese Tabletten hatte sie seit Ansgars Panikattacken immer in ihrer Handtasche auch wenn sie seit langer Zeit keine mehr gebraucht hatte. Victoria sah auf die Uhr. Halb zehn. Irgendetwas musste sie Thomas sagen wenn sie nicht nach Hause kam. Die Wahrheit konnte sie nicht erzählen, so gab sie vor dass sie mit Elisabeth versackt wäre. Sie weihte ihre Freundin ein, und diese hatte genickt.

Als sie wieder auf Ansgars Suite war, war dieser bereits ausgezogen. Er hatte sich ins Bett gelegt. Victoria trat ans Bett und bemerkte, dass er schon schlief. Das Beruhigungsmittel hatte gewirkt. Sie war sehr froh, denn sie wusste, dass es für Ansgar erst einmal das Beste war, wenn er einfach in die beruhigende Tiefe des Schlafes abtauchen konnte. Victoria hatte sie ein Nachthemd von Elisabeth geliehen und zog sich im Badezimmer um. Sie bemerkte, dass noch zwei Zahnbürsten vor dem Spiegel standen, so als würde Amber noch immer anwesend sein. Ein pinker Morgenmantel hing neben einem dunkelblauen. Victorias Hals war wie zugeschnürt. Sie konnte es kaum aushalten in dem Raum mit Ambers persönlichen Sachen darin. Victoria verließ das Bad wieder und ging dann langsam auf das Bett zu. Es war seltsam, sich neben Ansgar zu legen. Sie zog die Decke über sich und bemerkte, das Ansgar frei lag. Wie eine Mutter ihr kleines Kind zudeckte, so breitete sie auch die Zudecke über Ansgar aus. Sie hörte seinen gleichmäßigen Atemzügen zu, und ihr Herz zog sich einmal mehr zusammen. Der Mann, den sie liebte, lag hier, neben ihr, und sie verbrachte die Nacht mit ihm. Doch sie wusste, dass sie wohl nie mehr für ihn sein würde als die Mutter seiner Tochter, seine Vertraute und seine Freundin. Victoria schleppte das Gefühl, Ansgar zu lieben seit mehr als einem halben Jahr mit sich herum. Seitdem sie mit Ansgar geschlafen hatte als Amber das erste Mal gegangen war, war ihr Gefühlschaos noch größer geworden. Vor Thomas hatte sie es bislang verbergen können, aber sie selbst konnte immer weniger damit umgehen. Vorsichtig, um Ansgar nicht aufzuwecken, drehte sie sich zur anderen Seite. Sie wollte nicht zu dicht an Ansgar liegen und ihn auch nicht ansehen. Sie wusste dass sie egoistisch war wenn sie ihre eigenen Befindlichkeiten vorneanstellte, aber sie konnte nur schwer mit der Situation umgehen. Victoria lag noch lange wach und war selbst schon versucht, eine Tablette zu nehmen, doch sie ließ es. Sie war froh, dass am nächsten Tag Wochenende war und somit musste sie nicht zur Arbeit.

Irgendwann schlief sie ein und wurde davon geweckt dass sich jemand an sie drückte, von hinten. Sie wusste im ersten Augenblick nicht was es war, doch dann registrierte sie, dass sie bei Ansgar im Bett lag. Das Etwas hinter ihr wurde vehementer. Arme wurden von hinten um sie gelegt. Was hatte er vor? Sie spürte, wie er an ihrem Hals atmete und wie das Unterteil ihres Schlafanzuges heruntergezogen wurde. Was tat Ansgar?

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BeitragVerfasst: 30.12.2012, 00:55 
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liest eigentlich ausser mir noch jemand das kleingedruckte??? :wink:

ich frage mich gerade, wann du das alles machst, mari - hat dein tag mehr stunden, als meiner???

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BeitragVerfasst: 30.12.2012, 09:53 
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welches kleingedruckte?

wann ich was alles mache? die kapitel setze ich nur rein. die story steht bis ende seit gestern. ich hatte immer ca. 20 bis 40 kapitel liegen bevor ich angefangen hab zu posten.

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BeitragVerfasst: 30.12.2012, 21:46 
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Kapitel 89: to be in a mess

Wollte er mit ihr schlafen? Victoria hörte das Rascheln einer Boxershorts. Um Himmels Willen, das durfte nicht wahr sein, das konnte er doch nicht machen. Sie spürte wie Erregung sich in ihr breitmachte, obwohl sie es nicht wollte. Ansgars Atem immer noch in ihrem Nacken spürte sie ihn kurz darauf in sich. Victoria war sich nicht mal sicher, ob Ansgar überhaupt registrierte, dass er mit ihr schlief, denn er sagte kein Wort, sie hörte ihn nur leise stöhnen. Fast wäre ihr so gewesen als hätte sie den Namen „Amber“ gehört, doch sie hatte sich wohl verhört.

Es dauerte nicht lange. Ansgar zog sich nach seinem Höhepunkt wieder aus ihr zurück und drehte sich auf die andere Seite. Victoria war fassungslos. War das eine Art Trauersex mit ihr gewesen? Sie war sich mittlerweile wirklich unsicher, ob Ansgar überhaupt wirklich zu hundert Prozent wach gewesen war. Victoria konnte nicht mehr schlafen. Sie lag den Rest der Nacht wach und lauschte Ansgars gleichmäßigen Atemzügen.

Am nächsten Morgen als Ansgar erwachte, war Victoria längst aufgestanden und hatte sich geduscht und zurechtgemacht. Sie ging auf Ansgars Bett zu als dieser nach ihr rief. Für einen Moment schien er nicht zu begreifen was geschehen war, dass Amber tot war. Dann kam die Erinnerung mit einem Schlag zurück. Tränen schossen ihm in die Augen. Er griff sich an den Hals. Victoria war sofort bei ihm. „Ansgar!“ Sie hatte Angst, dass er einen erneuten Herzinfarkt erleiden würde, aber es war nur die Trauer. „Soll ich dir einen Tee machen?“, fragte Victoria. „Oder was zu essen holen.“ Ansgar nickte, dann schüttelte er den Kopf. „Tee, ja, essen nein“, sagte er leise. Victoria fragte, ob sie Ansgar alleine lassen konnte. Er nickte. Victoria besorgte einen Pfefferminztee für Ansgar, den er stillschweigend aber mit dezent angewidertem Gesichtsausdruck entgegennahm. Vicky setzte sich zu ihm ans Bett und wusste nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. Sollte sie Ansgar auf den Sachverhalt ansprechen, dass er mit ihr geschlafen hatte? Sie entschied sich dafür nichts zu sagen. Nachdem Ansgar den Tee getrunken hatte, ließ er sich wieder zur Seite fallen. Dann starrte er vor sich hin, wirkte apathisch.

Victoria tat es in der Seele weh Ansgar so zu sehen. Sie überlegte sich zu ihm zu legen, aber traute sich nicht. Nach kurzer Zeit war Ansgar wieder eingeschlafen. Victorias Gedanken rasten. Sie musste Thomas anrufen. Irgendetwas musste sie ihm sagen. Oder nein, sie wollte nach Hause fahren und selbst mit ihm sprechen. sie musste ihm die Wahrheit sagen, es ging nicht anders. Sie stand auf und ging nach unten ins Esszimmer, wo die Familie gerade zusammensaß. Alle Augen waren auf sie gerichtet als Victoria ins Zimmer platzte. Elisabeth stand auf und ging auf ihre Freundin zu. „Victoria, wie geht es Ansgar? Großer Gott, das ist so schlimm was passiert ist. Wir hatten Amber so gerne“, sagte Elisabeth, und in ihre Augen schossen Tränen. „Ja, es ist schlimm. Ansgar leidet schrecklich“, antwortete Victoria. „Der hat noch nie gelitten, außer an Selbstüberschätzung“, sagte Tanja blasiert. Sebastian trat ihr auf den Fuß, und Ludwig polterte los. „Hast du gar keinen Funken Ehrfurcht im Leib? Ansgars Frau ist gestorben, und diese Bemerkung von dir ist das allerletzte!“ Tanja sah Ludwig spöttisch an. „Mein Gott, wir reden über Ansgar, nicht über Mutter Theresa“, sagte sie unbeeindruckt. „Mir ist durchaus bewusst, was für ein Mensch Ansgar ist – sein kann -, aber dass er Amber geliebt hat, steht außer Frage“, sagte Ludwig. „Wir alle mochten sie. Es ist ein Jammer, dass sie so früh….“ Ludwigs Stimme erstarb, denn auch ihm kamen die Tränen. „Ach Gottchen, Menschen sterben schon mal, das passiert, jetzt fangt nicht an zu heulen“, sagte Tanja und verdrehte die Augen. „TANJA! Es reicht!“, bölkte Sebastian und schmiss die Serviette auf den Tisch, schob seinen Stuhl zurück und stand abrupt auf. „Was hab ich da für ein Monster geheiratet?“, sagte er und verließ den Essraum.

Währenddessen hatte Victoria Elisabeth gebeten, nach Ansgar zu sehen, wenn er aufwachte, und dann machte sie sich auf den Weg nach Hause.

Der Moment als er aufwachte war unerträglich. Er hatte das Gefühl als würde ein Messer in seine Brust gerammt worden sein und jemand würde genüsslich dieses Messer herumdrehen. Er wusste nicht, wie er jemals wieder normal leben können würde. Nicht mal ein Jahr war er mit Amber zusammen gewesen, und doch hatte diese Frau sein Leben für immer verändert. Durch sie hatte er gelernt, wie es war einen anderen Menschen zu lieben, durch sie war er ein besserer Mensch geworden. In Ansgars Augen stiegen Tränen, er konnte sie nicht zurückhalten. Erst rollte nur eine vereinzelte Träne aus seinem Augenwinkel, doch dann kamen sie in Sturzbächen und rannen ihm über die Wangen. Ansgar schlug die Hände vors Gesicht. Gerade als er von Weinkrämpen geschüttelt wurde, kam Victoria ins Zimmer. Sie schoss zu ihm. „Ansgar, ich bin da“, sagte sie schnell und zog ihn an sich. Sie machte sich solche Sorgen um ihn. Ansgar vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter und wurde weiter durchgeschüttelt. „Ich habe sie doch so geliebt“, schluchzte er. Victoria strich Ansgar übers Haar und spürte, dass auch ihr die Tränen kamen, doch sie musste stark sein für ihn. „Ich weiß, ich weiß das“, flüsterte sie. „Und jetzt ist sie weg, und sie kommt nicht mehr wieder, nie wieder, verstehst du?“ Victoria spürte, dass Ansgar das Wort „tot“ vermied, es war zu schlimm für ihn es auszusprechen. „Es wird alles gut, hörst du, alles wird gut“, sagte sie wie zu einem kleinen Kind dass sich die Knie aufgeschlagen hatte. Sie wusste, dass es gelogen war, aber sie musste etwas sagen, damit Ansgar sich irgendwie beruhigte, doch Ansgar beruhigte sich nicht. Victoria spürte, dass er kurz vor einer Panikattacke war. Sein Atem ging stoßweise, und dann fing er an zu hyperventilieren. Victoria sprang auf. Sie überlegte ob sie den Rettungswagen rufen sollte, entschied sich aber für eine Beruhigungstablette. Blitzschnell drückte sie eine Tablette aus der Blisterpackung und riss ein Glas von der Anrichte, füllte Wasser hinein und reichte es Ansgar. Seine Hände konnten kaum das Glas halten, doch er nahm die Tablette sofort ein. Victoria nahm seine Hand und strich immer wieder über seinen Handrücken. „Atme tief durch, Ansgar, gleich geht es dir besser“, sagte sie und bemühte sich ihrer Stimme einen sicheren und beruhigenden Ton zu verleihen. Er sah sie ängstlich an und tat was sie sagte. Victoria spürte nach einigen Minuten, dass Ansgar ruhiger wurde. Sie atmete auf. Als die Tablette nach zehn Minuten ihre volle Wirkung entfaltete, ließ Ansgars Hyperventilation nach, und sein Puls ging auf die Normalfrequenz zurück. Dann wurde er müde und wollte wieder schlafen. „Bitte leg dich zu mir“, bat er sie. Victoria schluckte aber stieg zu ihm ins Bett. Ansgar drehte sich zur Seite und zog Victoria hinter sich indem er ihre Hand nahm und sie über sich zog. Er hielt ihre Hand fest an sich gedrückt und drängte seinen Körper an sie. „Lass mich nicht allein“, sagte er. Dann war er eingeschlafen.

Victoria lag völlig aufgelöst neben ihm. Sie rekapitulierte das Gespräch mit Thomas. Sie konnte nicht anders, sie hatte ihm die Wahrheit gesagt ,ihm gesagt, was passiert war, und dass sie Ansgar unmöglich alleine lassen konnte. Zur ihrer grenzenlosen Überraschung hatte Thomas Verständnis für sie gehabt. Ihr schlechtes Gewissen war kaum noch auszuhalten. Sie hatte Thomas in einem Dreivierteljahr vier mal betrogen, und noch immer wusste er nichts davon. Fast hätte Victoria ihm am heutigen Tag die Wahrheit gesagt darüber, dass sie Ansgar liebte, aber sie schaffte es einfach nicht.

Ansgar schlief bis zum frühen Abend. Auch Victoria war neben ihm eingeschlafen. Als er erwachte, weckte er auch sie mit auf. Ansgar setzte sich im Bett auf. „Die Beerdigung. Sie muss vorbereitet werden. Ich muss mich drum kümmern“, sagte er. Victoria schoss hoch. „Ansgar, das ist jetzt nicht wichtig. Lass dir Zeit dafür.“ „Ich habe keine Zeit. Das ist wichtig. Es muss gemacht werden. Ich bin ihr Mann, ich muss mich… mich drum kümmern.“ Seine Stimme starb ab. „Ansgar, vielleicht können das Ambers Eltern machen oder Lillian..“ fing Victoria an, doch Ansgar war fest entschlossen. „Ich fahre nach Frankfurt und werde mit ihren Eltern reden“, sagte Ansgar und stand auf. „Jetzt? In deinem Zustand? Du fährst nirgendwo hin“, sagte sie fassungslos. „Außerdem ist jetzt Abends. Bitte warte noch bis morgen früh“, sagte sie. Dann kannst du immer noch mit Dann kannst du immer noch mit Lililans oder Ambers Eltern sprechen.“ Ansgar nickte. „Ja, du hast recht.“ „Ich sollte mich mal duschen, ich stink ja bestimmt schon“, sagte er und wollte aufstehen, doch Victoria hielt ihn zurück. „Ich lasse dir ein Bad ein, ja?“, fragte sie ihn. Ansgar nickte dankbar, hielt ihre Hand fest. „Victoria?“ Sie sah ihn fragend an. „Ja?“ „Danke. Danke für alles. Ich bin sehr froh, dass du da bist, dass ich dich habe. Das wollte ich dir sagen.“ Victoria nickte. „Das ist doch selbstverständlich, dass ich für dich da bin. Das wäre doch andersrum genauso.“ „Ich wollte dir etwas sagen, etwas das Amber zu mir gesagt hat als sie merkte, dass es ihr nicht mehr so gut geht.“ Victoria spürte, wie schwer Ansgar es fiel, über Amber zu sprechen. „Sie meinte, sie wäre froh, wenn wir beide.. Also wenn wir beide zueinander finden würden.“ Victorias Herz setzte aus.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 01.01.2013, 19:31 
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Kapitel 90: I should leave this town before it all comes down..

„Ich habe ihr natürlich gesagt, dass ich nur sie liebe, und dass ich keine andere Frau möchte.“ „Warum sagst du mir das?“, fragte Victoria. Ansgar sah Victoria direkt an. „Vielleicht weil ich mir grade selbst einreden möchte, dass es okay war, was heute Nacht passiert ist.“ Victoria war als hätte sie ein Bus überrollt. Er wusste es. Er wusste, dass er mit ihr geschlafen hatte. „Was…meinst du“ fragte sie sicherheitshalber. Ansgar blickte zu Boden, doch dann sah er sie wieder direkt an. „Dass wir zusammen geschlafen haben.“ Jetzt war es an Victoria wegzusehen. „Ich dachte, du hättest es nicht gemerkt“, sagte sie leise. „Was? Wie soll ich das nicht gemerkt haben?“ „Ich weiß nicht, vielleicht weil du kein Wort gesprochen hast, und es so seltsam war“, sagte sie leise. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzten, Victoria. Es ist nur so, dass ich so froh war dass du bei mir warst, und dann ist es halt passiert. Aber ich schäme mich. Amber ist… also ich meine, dass ich sofort….“ seine Stimme erstarb. Victoria legte ihm eine Hand auf den Arm. „Das ist okay. Ich kann damit umgehen. Und es ist nicht schlimm, du trauerst, und keiner kann dir sagen, wie es richtig ist, wie du mit einer schlimmen Situation umgehst, und wenn das dein Weg ist, dann ist das okay.“ „Aber wie kann ich sie so geliebt haben und dann sofort mit einer anderen Frau schlafen?“, fragte er sie. „Weil Sex auch Trost sein kann, und genau das ist passiert, und das ist nicht schlimm. Das sind Extremsituationen, Ansgar. Mach dir bitte keine Sorgen.“ Er nickte. „Ein Bad wäre schön“, wechselte er dann das Thema.

Victoria stand auf und ließ Ansgar ein Bad ein. Als genug Wasser in der Wanne war, sagte sie Ansgar Bescheid. Er stand mit etwas wackeligen Beinen auf. Victoria hörte wie er in die Badewanne stieg, und plötzlich hatte sie das Bedürfnis, dazu zu steigen. Augenblicklich schalt sie sich jedoch selbst innerlich. Was war los mit ihr? Ansgar brauchte sie als Freundin, nicht als Partnerin. Doch kurze Zeit später rief Ansgar sie zu sich. Victoria ging ins angrenzende Bad. Ihr Körper kribbelte ohne dass sie es wollte als sie Ansgar in der Wanne liegen sah. Sie hockte sich neben die Badewanne. „Weißt du wie wir uns kennengelernt haben, Amber und ich?“, fragte er plötzlich. Victoria schüttelte den Kopf. "Nicht so genau." „Im Schneiders. Sie hat mich angebaggert, und als ich sie abschleppen wollte, da hat sie mich abblitzen lassen“, sagte Ansgar, und seine Stimme klang weich und warmherzig. „Ich habe gedacht, ich hab´s mal wieder verbockt, aber dann stand sie vor mir in der Enterprises, erinnerst du dich? Ich weiß noch wie wir beide aus dem Fahrstuhl kamen, und ich sie gesehen habe. Es klingt verrückt, aber ich habe mich vom ersten Augenblick an in sie verliebt.“ Sein Gesicht nahm einen sehnsuchtsvollen Ausdruck an, und Victoria begriff, wie sehr Ansgar Amber geliebt hatte. „Als sie mir sagte, dass sie krank ist, da wusste ich, dass ich sie nicht aufgeben wollte. Ich weiß, dass ich mir es vorher nie hätte vorstellen können, dass ich mich auf so etwas einlasse, aber sie war es wert. Als sie mich verlassen hat vor meinem Herzinfarkt, da hab ich gedacht, dass es wieder nicht hat sein sollen. Doch dann stand sie vier Monate später vor mir im Steigenberger. Das war, nachdem wir beide die Nacht zusammen hatten.“ Victoria nickte. Ansgar fuhr weiter fort. „In dem Moment wo ich sie wiedergesehen habe, wusste ich, dass ich nicht mehr ohne sie sein will. Klingt total verrückt, ich weiß.“ „Nein, das klingt nicht verrückt, sondern sehr schön“, sagte Victoria und sah Ansgar ernst an. Er lächelte als er sagte: „Als ich das erste Mal bei ihr war, haben wir uns sofort gestritten. Wir haben oft gestritten, aber uns meistens gleich wieder versöhnt. Der Sex danach war… Gott, Victoria, ich habe niemals so etwas erlebt mit Amber wie mit einer anderen Frau je zuvor." Victorias Herz zog sich zusammen. Das war nicht was sie hören wollte. „Ich kann es nicht wirklich beschreiben, aber es war als würden wir beide das Spiegelbild des anderen sein, wir waren uns so ähnlich. Ich weiß noch, wie wir uns gestritten haben als sie eine Wochenendbeziehung wollte, und ich habe mich nicht drauf einlassen wollen. Im Grunde hatte sie nur Angst, dass ich mich eingeengt fühlen könnte und ich hatte Angst dass sie das tun würde. Eigentlich wollten wir beide ständig zusammen sein. Wir hatten nicht mal ein Jahr zusammen, und doch war das Jahr das schönste meines Lebens.“ Victoria spürte, dass Ansgar den Tränen nahe war. „Und jetzt werde ich sie nie wieder sehen. Verstehst du? Nie wieder. Das tut so weh, Victoria.“

„Ich weiß, Ansgar, ich weiß. Es tut mir so leid“, sagte sie leise. Ansgar riss sich zusammen. „Aber ich hatte keine andere Wahl, als dass ich sie gehen lasse, oder? Sie wollte es so. Ich habe immer wieder gesagt, dass bei ihr bleiben möchte, aber…“ „Nein, du hast richtig gehandelt“, sagte Victoria schnell. Ansgar stand auf einmal aus der Wanne auf. Victoria erschrak als sie ihn nackt vor sich stehen sah. Sie hatte sich noch nicht an diesen Anblick gewöhnt. „Reichst du mir ein Handtuch?“, fragte er. Victoria nickte. „Ja, sicher“, sagte sie schnell und suchte ein großes Badelaken heraus. Als sie sich wieder umdrehte, stand Ansgar bereits vor ihr. Victoria blieb beinah das Herz stehen. Wortlos hielt sie ihm das Handtuch ausgebreitet hin. Ansgar rührte sich nicht, machte keine Anstalten das Handtuch um sich zu wickeln. So schlang Victoria das Handtuch um Ansgars Körper. Sie bekam kaum noch Luft so dicht wie sie vor ihm stand. Sie wusste dass die Situation völlig grotesk war, aber sie wurde fast verrückt vor Sehnsucht danach Ansgar zu berühren. Als sie das Handtuch vorne zuknoten wollte, hielt er ihre Hände fest, nahm ihr das Handtuch aus der Hand. Dann ließ er die Enden los, so dass das Handtuch zu Boden fiel. Victoria blieb die Luft weg. Sie sah kurz zu Boden dann wieder Ansgar an.

Ein Blick in seine Augen ließ sie fast besinnungslos werden. Die Trauer hatte seine Augen fast schwarz werden lassen. Langsam streckte er die Hand nach ihr aus.

Victoria hatte keine Ahnung, was in Ansgar gefahren war, doch sie konnte nichts tun; gegen ihre Gefühle kam sie nicht an. Sein Gesicht war dicht vor ihrem, er drängte seinen noch nassen Körper an ihren. Sie spürte seine Erregung und fragte sich wie er in seiner Trauer Lust empfinden konnte, doch sie kam nicht zum Überlegen, denn Ansgar hatte bereits mit einer Hand ihren Rock hochgeschoben. Langsam zog er ihren Slip herunter, öffnete ihre Bluse. „Was tust du?“, fragte sie leise. „Ich weiss nicht“, gab er zurück. Dann spürte sie Ansgar schon in sich. Er hob sie hoch und trug sie hinüber zum Bett, legte sie dort ab. Victoria hatte die Augen geschlossen, und so skurril die Situation war, so unglaublich schön empfand sie es doch dass er mit ihr schlief. Sie wusste, dass es falsch war, so falsch wie nur irgendetwas, aber es war ihr egal. Wenn Ansgar so seine Trauer besser verarbeiten konnte, so konnte es doch nicht total verkehrt sein.

Der Moment danach war der schlimmste. Wenn Victoria realisierte, dass es nur Sex war, nicht mehr, nicht weniger. Es würde niemals mehr als das sein. Ansgar hatte Amber zu sehr geliebt als dass er sich so schnell noch einmal auf eine Frau einlassen könnte. Sie wusste das. Doch sie konnte ihrem Herz nicht vorschreiben, wen es zu lieben hatte, und so hatte sie für sich beschlossen, das Wenige was sie von Ansgar bekommen konnte, zu nehmen, sich darauf einzulassen. Es war nicht so, dass er ihr das Gefühl gab, dass er Triebe an ihr abreagierte, sie wusste, dass er sie schätzte – als Freundin, als Vertraute, aber nicht mehr. Dennoch war Victoria sich im Klaren darüber, dass es so nicht weitergehen konnte. Sie konnte so nicht mehr leben. Sie musste einen Schlussstrich ziehen – entweder unter ihre Ehe oder unter den Sex mit Ansgar. Sie wusste jedoch nicht wie sie sich zu entscheiden hatte. Doch Victoria brauchte sie gar nicht mehr zu entscheiden, denn es tat jemand anders für sie.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 02.01.2013, 16:12 
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Kapitel 91: Set you free

Als Victoria nach Hause kam nachdem sie zwei Nächte bei Ansgar geschlafen hatte, fand sie Thomas auf dem Sofa vor - Zeitung lesend. Er sah nicht auf als sie hereinkam. Unsicher legte Victoria den Schlüssel auf dem Sideboard ab und ging auf ihren Mann zu. Er sah noch immer nicht hoch. Victoria nahm ihrem Mann die Zeitung weg. „Was soll das? Ich lese, siehst du das nicht?“, fragte er ungehalten. „Ja, ich weiß, aber ich wollte mit dir reden“, begann Victoria. „Ach, wolltest du das? Das ist ja sehr schön, ich mit dir auch.“ Sein Tonfall war kalt, abweisend. Victoria überkam eine Ahnung. „Setz dich“, wies er Victoria an. Victoria nahm auf dem Sofa Platz, sah Thomas weiter unsicher an. „Meinst du, ich weiß nicht, was hier gespielt wird?“, fragte er sie, sah sie direkt an. „Was – was meinst du?“, fragte Victoria vorsichtig. „Victoria, ich habe vielleicht nicht studiert, wie dein feiner Herr Graf, aber ich bin nicht blöd. Du kannst mich nicht länger für dumm verkaufen. Ich weiß was gespielt wird.“ Victorias Herz setzte aus. Was wusste Thomas? Wusste er von ihr und Ansgar? Noch immer erwiderte sie kein Wort, aus Ansgst, sich zu verraten. Thomas sah ihr fest in die Augen und sagte dann: „Ich weiß dass ihr ein Verhältnis habt, du und Ansgar.“ Victoria war als würde sie keine Luft mehr bekommen. Er wusste es! Großer Gott, er wusste es. „Woher, woher weißt du das?“, stammelte sie. Thomas sah sie weiterhin völlig ruhig an als er fortfuhr: „Ich wusste es gar nicht. Ich habe nur eins und eins zusammengezählt. Aber du hast mich ja freundlicherweise grade in Kenntnis gesetzt dass ich Recht habe. Als du mehrere Abende nicht nach Hause kamst, da hab ich schon Verdacht geschöpft, die Ausreden Danas waren mir nicht einleuchtend, und unsere Tochter konnte noch nie gut lügen. Du fragst dich, warum ich nicht eher meinen Verdacht geäußert habe? Ich wollte dich nicht verlieren, Victoria. Ich war mir immer bewusst, dass Ansgar eine Anziehung auf dich ausübte, die mir zwar unerklärlich war, aber mir war klar, dass du nie wirklich von ihm loskommen würdest. Ich habe immer gehofft, dass es sich irgendwann von selbst erledigen würde, wenn du ein paar Mal mit ihm geschlafen hattest. Ich dachte, dass es vielleicht nur körperliche Anziehung ist, aber da hab ich mich wohl geirrt.“

Während der ganzen Zeit, in der Thomas sprach, hatte Victoria ihn nur ungläubig angesehen. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sagte Victoria nur. „Du brauchst nichts sagen. Ich will die Scheidung. Ich möchte keine zweite Wahl sein.“ Thomas war immer noch völlig ruhig. Man spürte, dass er die Entscheidung schon vor längerer Zeit getroffen hatte. „Und komm´ mir jetzt nicht mit „ich lieb´ aber nur dich“, das zieht bei mir nicht mehr. Ich akzeptiere, dass du Ansgar von Lahnstein liebst und ich habe den Kampf verloren. Es ist hart, aber ich komme damit zurecht. Ich werde mir eine Wohnung suchen. Du kannst gerne hier wohnen bleiben, das ist okay für mich.“ Thomas war aufgestanden. „Wo willst du jetzt hin?“, wollte Victoria wissen. „Ich muss mal ein wenig alleine sein. Wenn ich wiederkomme, dann pack ich ein paar Sachen.“ Damit ging er zur Tür. Dort angekommen drehte er sich noch einmal um. „Ach, Victoria? Sag bitte Ansgar, dass es mir leidtut. Das hat selbst er nicht verdient.“

Als die Tür hinter Thomas in Schloss fiel, saß Victoria wie vom Donner gerührt da. Sie war noch immer unfähig zu begreifen, dass Thomas sie grade verlassen hatte. Sie war sich nicht einmal selbst im Klaren darüber gewesen ob sie das gewollt hatte. Aber jetzt hatte ihr jemand die Entscheidung abgenommen. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Eins war ihr klar: so entschlossen wie Thomas gewirkt hatte, brauchte sie ihn nicht umzustimmen, und das wollte sie auch gar nicht. Auf einmal überkam Victoria so etwas wie ein Gefühl von Freiheit. Sechsundzwanzig Jahre lang war sie die treusorgende Ehefrau und Mutter gewesen, die Kinder, Haushalt und Arbeit unter einen Hut bringen musste. Jetzt war sie frei. Sie konnte tun und lassen was sie wollte. Es war ein seltsames Gefühl und dennoch schön. Sie stand langsam auf und beschloss, sich ein Bad einzulassen. Gerade als sie die Tür zum Bad schließen wollte, klingelte ihr Handy. „Victoria Wolf?“, fragte sie. „Ich bin´s", vernahm sie die Stimme von Ansgar. Victoria lief wie gewohnt ein Schauer über den Rücken. „Ansgar“, sagte sie nur leise. „Stör´ich dich?“, wollte er wissen. „Nein, nein, überhaupt nicht“, gab sie zurück. Dann, als Ansgar nicht sofort etwas erwiderte, sagte sie: „Thomas hat mich verlassen.“ Einfach so. Sie wusste selbst nicht warum. Sie sagte es emotionslos, fast so als wäre es ihr egal. „Oh“, vernahm sie am anderen Ende. „Das tut mir leid.“ „Das braucht es nicht. Das ist okay. Ich bin frei. Unsere Ehe war am Ende.“ „Willst – willst du zu mir kommen?“, fragte er leise. Victoria nickte, doch dann bemerkte sie, dass sie etwas sagen musste, denn Ansgar konnte sie ja schlecht sehen. „Ja. Ja, ich möchte zu dir kommen“, sagte sie einfach. „Gut. Dann bis gleich.“ Damit hatte er aufgelegt.

Victoria beschloss, das Bad noch in Ruhe zu nehmen, sie hatte keine Eile. Es gab keine Heimlichkeiten mehr, kein Versteckspiel. Sie hatte jedes Recht der Welt zu Ansgar zu gehen, und sie konnte tun und lassen was sie wollte. Fast hätte sie Jubelschreie in der Wohnung ausgestoßen, doch angesichts der Tatsache, was mit Amber passiert war, beherrschte sie sich. Dennoch durchströmte ihren Körper so ein ungeheures Gefühl der Erleichterung, dass sie es selbst nicht fassen konnte. Sie wollte nicht mehr darüber nachdenken, ob sie vielleicht irgendwann mehr für Ansgar sein würde als nur eine Freundin, sie wollte einfach genießen, dass sie für ihn wichtig war. Das Verrückte an der ganzen Sache war, dass ihre Konkurrentin tot war, dass sie gegen eine Frau kämpfte, die sich nicht mehr wehren konnte, die sogar befürwortet hatte, dass Victoria mit Ansgar zusammenkam. Victoria kamen die Tränen als sie an Amber dachte. Doch sie versuchte, sie zu verdrängen. Sie wollte und konnte jetzt nicht an sie denken.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 03.01.2013, 22:23 
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Kapitel 92: so much my heart can´t take

Nachdem sie gebadet hatte, schminkte sich Victoria sorgfältig und zog sich an. Eine enge Jeans zu einem enganliegendem schwarzen Top. Sie konnte sich leisten, solche Sachen anzuziehen, denn sie hatte noch immer eine sehr schlanke Figur. Mit sich zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel. Dann zog sie ihre Jacke über, nachdem sie ein paar wichtige Sachen in eine kleine Reisetasche gepackt hatte.

„Das Beste war, wenn wir uns gestritten haben. I can tell, the sex was great, holy shit, it really was. Getting blushed thinking of it right now.. that man is killing me.. zum Glück haben wir uns oft gestritten . Looking in his eye throughout maked me shiver allover… i aked myself time and time again how could it be.. how could someone knock me off of my feet so heavily.. er ist einfach die Liebe meines Lebens..”

Ansgar konnte nicht weiterlesen, denn die Tränen nahmen ihm die Sicht. Er ließ Ambers Tagebuch sinken. Es war zu früh, es zu lesen, er schaffte es nicht. Er war sehr froh, als Victoria in diesem Augenblick zur Tür hereinkam. Als sie Ansgar weinend vorfand, warf sie ihre Tasche in die Ecke. Sie nahm im das Buch aus der Hand und legte es vorsichtig auf den Glastisch. Dann zog sie Ansgar an sich. Sie nahm den Geruch von Aftershave und Zigarren wahr, und diese Mischung hatte sie schon immer wahnsinnig gemacht. Nach einiger Zeit löste sich Ansgar von ihr und sah sie aufmerksam an. „Du siehst nicht aus, als würde dir die Trennung viel ausmachen“, stellte er fest. Victoria schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bin selbst überrascht, aber eigentlich bin ich fast erleichtert. Ich konnte nicht mehr. Du weißt, dass ich Gefühle für dich hege, und das wäre so nicht mehr länger weitergegangen.“ Ansgar sah kurz zu Boden, weil er nicht wusste, wie er auf ihr erneutes Geständnis reagieren sollte. „Du musst nichts sagen, Ansgar. Ich weiß, dass du in mir nie mehr sehen wirst, als nur deine Vertraute, oder eine Person, mit der du Sex hast. Und das ist okay, ich bin sehr dankbar für unsere Freundschaft.“ Ansgar sog die Luft ein. „Du weißt, dass du mehr als das bist, Victoria“, erwiderte er. „Ich hab nicht Sex mit dir, weil ich grad keine andere Frau zur Hand habe oder so was. Ich würde dich nie ausnutzen wollen, ich will nicht mit deinen Gefühlen spielen. Ich will, dass du das weißt.“ Er sah sie ernst an. Victoria legte ihm die Hand auf den Arm. „Ich weiß das, Ansgar. Es ist okay für mich. Ich kann damit umgehen. Ich weiß, wie du tickst.“ „Das hat Amber auch immer gesagt“, sagte er,und Victoria spürte, er war kurzzeitig wie in einer anderen Welt, eine Welt, zu der sie keinen Zutritt hatte. Dann sah er Victoria wieder offen an. „Ich möchte dir etwas vorschlagen. Ich weiß, dass es verrückt klingt, aber hör dir an was ich zu sagen habe, bitte.“ Victoria nickte. „Das was ich mit Amber erlebt habe, das war…“ er stockte, lächelte in sich hinein „overwhelming würde Amber jetzt sagen, wie immer, wenn ihr das deutsche Wort nicht einfiel, und das war es auch. Es war überwältigend. Ich habe nie angenommen, dass ich zu solchen Gefühlen fähig bin. Ich habe Nathalie geliebt, und Lydia, aber wenn ich diese Gefühle mit denen vergleichen würde, die ich für Amber hatte, so war das nichts. Rein gar nichts. Ich dachte, Nathalie und Lydia waren die Lieben meines Lebens, aber ich selbst war viel zu ichbezogen als dass ich wirklich fähig gewesen wäre, wirklich tiefe und aufrichtige Gefühle für eine der beiden zu hegen. Das ist mir alles aber erst durch Amber bewusst geworden. Ich weiß, dass ich wohl nie wieder so eine Liebe erleben werde, und ich muss damit klarkommen, dass Amber – nicht mehr da ist. Ich schaff das aber nicht allein, Vicky, denn ich habe derzeit das Gefühl, dass der Boden unter mir weggezogen wurde, und dass ich allein mich nicht mehr hochziehen kann.“ Ansgar machte eine Pause, und Victoria wusste immer noch nicht wirklich, worauf Ansgar hinauswollte. Sie sah ihn weiterhin aufmerksam an. Ansgar atmete tief durch und sagte dann: „Ich will, dass wir es versuchen, miteinander.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 05.01.2013, 21:57 
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Kapitel 93: Eternity

Bam! Victoria fühlte, als hätte sie ein Bus überrollt. Das konnte unmöglich Ansgars Ernst sein. Amber war drei Tage tot, und er schlug ihr allen Ernstes eine Beziehung vor? Bevor sie etwas erwidert konnte, hob Ansgar die Hand, um ihr zu bedeuten, dass er zu Ende sprechen wollte. „Sag nichts, ich weiß, was du sagen willst. Ich meine das vollkommen Ernst, Victoria. Amber ist tot, sie wird nicht wiederkommen. Ich habe den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht, und ich möchte dass du hier einziehst, ich möchte dich bei mir haben. Du hast hier alle Annehmlichkeiten, alles was du brauchst, wirst du bekommen, dafür sorge ich. Ich kann dir gefühlsmäßig nicht das entgegenbringen was du verdient hättest, ich kann dir nicht sagen, dass ich dich liebe oder dir versprechen, dass es sich entwickelt, aber ich werde dein Freund sein, ich werde für dich da sein so wie du für mich, und wenn wir zusammen schlafen so ist es nicht so, dass ich nichts empfinde. Das tue ich, aber es ist anders als bei Amber. Aber dennoch bist du die Person, die mir am nähsten steht, du bist die Mutter meiner Tochter, du bist die Person, die mich am besten kennt, und ich kann mir niemanden vorstellen, mit dem ich lieber zusammen wäre.. es klingt wie ein Deal, ich weiß, aber als du mir heute Nachmittag am Telefon sagtest, dass Thomas dich verlassen hat, da ist es in meinen Kopf geschossen, einfach so. Und ich finde, das ist eine gute Idee ist. Was meinst du?“ Victoria war aufgestanden. Sie stand immer noch unschlüssig und wie vor den Kopf geschlagen vor Ansgar. „Ich weiß nicht wirklich was ich sagen soll“, sagte sie leise. „Findest du nicht, dass das ein wenig schnell geht?“, wollte sie wissen. „Nein, finde ich nicht. Es war sogar Ambers Wunsch. Also nicht , dass ich das jetzt deswegen möchte.. ich war damals total entsetzt, als sie mir das vorschlug. Aber sie hat ja Recht. Ich sollte nicht allein sein. Ich pack das allein nicht. Das soll jetzt nicht heißen, dass du nur hier sein sollst, weil ich nicht allein sein möchte.. Ach Victoria.. ich weiß nicht was ich sagen soll…“ Victoria hatte sich wieder hingesetzt. „Ich verstehe dich schon richtig, Ansgar. Ich bin nicht böse oder entsetzt, ich bin mir nur nicht im klaren ob das alles so richtig ist.“ Sie sah ihn zweifelnd an. „Was haben wir denn getan seitdem das mit Amber passiert ist? Wir haben Sex gehabt. Zweimal. Du warst hier. Was genau ändert sich? Es ist doch kein Zufall, dass Thomas dich verlassen hat. Ich meine, das hat sicher etwas zu bedeuten. Also denke bitte nicht, dass ich damit etwas zu tun habe, das hab ich nicht. Ehrlich nicht.“ Victoria nickte. „Aber ich bin davon überzeugt, dass die große Liebe im Leben nur von kurzer Dauer ist. Scheint eine seltsame Regelung zu sein, dass man seine große Liebe entweder nicht heiratet oder es nur von kurzer Dauer ist. Denke mal an die großen Lieben in der Geschichte. Entweder konnten sie nicht zusammenkommen oder wurden wieder getrennt durch irgendwelche äußeren Einflüsse. So sehe ich Amber und mich auch. Und mit dieser Erklärung kann ich leben. Irgendwie. Und ich wäre glücklich, wenn du dein Leben mit mir verbringen würdest, Victoria.“ Victoria schluckte. Hätte sie jetzt glücklich sein müssen? Sie war es nicht. Aber dennoch ging sie einen Schritt auf Ansgar zu und ließ zu, dass er sie an sich zog. „Du kannst natürlich auch in deiner Wohnung wohnen bleiben. Ich weiß ja nicht, wie ihr euch geeinigt habt, du und Thomas“ „Er will gehen“, sagte Victoria schnell. „Oh, ja. Naja, dann könnte er ja theoretisch die Wohnung behalten“, überlegte Ansgar. „Ansgar, du klingst so abgeklärt, ich weiß nicht, was mit dir los ist.“ Ansgar sah sie direkt an, seine Augen nahmen wieder diesen Glanz an wie immer wenn er von Amber sprach. „Ich habe vorhin in ihrem Tagebuch gelesen, und da wurde mir bewusst, dass ich sie loslassen muss. Ich hatte das Glück einmal im Leben jemanden wie sie zu treffen, und ich bin dankbar für diese Zeit. Aber es bringt nichts, wenn ich hier sitze und weine, es bringt mir Amber nicht zurück. Ich muss so hart sein, sonst schaffe ich es nicht.“

Victoria strich Ansgar durch die Haare, sie nickte. „Ja, ich verstehe dich. Sehr gut sogar. Ich würde es gerne versuchen. Hier mit dir.“ Ansgar nahm ihre Hand. „Das freut mich, sehr sogar“, erwiderte er. Für einen Moment war eine Nähe zwischen Ihnen, eine Nähe, die Victoria falsch interpretierte, denn sie näherte sich Ansgar mit ihrem Gesicht. Erst sah es so aus als wollte Ansgar ihr auch entgegenkommen und sie küssen, doch dann wandte er sich zur Seite. „Ich muss noch einen Anzug raussuchen, den ich anziehen möchte“, sagte er und stand auf. Victoria biss sich auf die Lippe. Was hatte sie erwartet? Ansgar hatte ihr klipp und klar gesagt, weswegen er wollte, dass sie bei ihm war. Da Thomas sie am heutigen Tage verlassen hatte, und sie frei war, war sie auf das Angebot eingegangen. Ein kleines bisschen hatte sie sich erhofft, dass es doch mehr für Ansgar war als nur das Gefühl nicht allein sein zu wollen, aber sie wusste es war utopisch. „Soll ich dir helfen?“, fragte Victoria und war ebenfalls aufgesprungen. „Nein, danke, das muss ich allein machen“, sagte Ansgar, und Victoria spürte, er war wieder in einer anderen Welt, in einer Welt, zu der sie keinen Zugang hatte. Es schien als hätten Ansgar und Amber eine Verbindung miteinander gehabt, die so groß und mächtig war, dass niemand jemals in Ansätzen verstehen konnte, was diese Verbindung ausgemacht hatte, und niemand jemals annähernd Ansgar wieder so nah kommen würde wie Amber es getan hatte. Victoria war mit einem Mal sehr traurig. Sie konnte mit Ansgar zusammen sein, aber sie würde nie so in sein Herz schauen wie diese Frau es getan hatte, niemals.

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 Betreff des Beitrags: Re: Never forget
BeitragVerfasst: 06.01.2013, 21:10 
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Kapitel 94: (You take) a Piece of my Heart

Es regnete in Strömen an diesem Tag im August. An diesem Tag war es genau ein Jahr her, dass Ansgar und Amber sich kennengelernt hatten. An diesem Tag wurde Amber beerdigt. An diesem Tag stand die Welt für Ansgar still. An diesem Tag brach sein Herz ein Stück entzwei, und an diesem Tag starb ein Stück in ihm.

Die ganze Familie von Lahnstein war gekommen sowie Victoria Wolf. Jeder hatte Amber gemocht, und jeder wollte sich von ihr verabschieden. Elisabeth hatte ihren Arm in Ludwigs Arm verschränkt, als würde sie bei ihm Halt suchen, Dana und Hagen hielten sich still an den Händen und sogar Tanja sah aus als würde sie wirklich Trauer empfinden. Victoria hatte etwas Abstand von Ansgar gehalten, weil sie der Meinung war, dass es nicht dem Anlass gerecht wäre, wenn sie an seiner Seite stehen würde. Sie wollte Ansgar auffangen wenn alles vorüber war, aber diesen Weg musste er jetzt allein gehen.

Während der Rede des freien Predigers – Amber hatte keinen Pastor gewollt – war es sehr still in der Kapelle gewesen, jeder hörte den Worten zu und war sehr ergriffen. Als die Rede zu Ende war, erhob sich Ansgar von Lahnstein. Alle Augen waren auf ihn gerichtet als er nach vorne trat und die Anwesenden direkt anblickte. Was hatte Ansgar vor? Es war totenstill im Raum. Ansgar holte tief Luft und begann dann zu reden:

„Du bist wie ich, ich bin wie du, wir sind Seelenverwandte. Das hat Amber zu mir gesagt, nicht nur einmal. Und es stimmte, we were soulmates. Amber würde jetzt sagen schaut nicht alle so traurig, feiert lieber dass es mich gab. Denn sie war lebenslustig und sie wollte kein Mitleid, bis zum Schluss nicht. Sie war ein selbstbestimmter Mensch, und sie hat mich mit ihrer dominanten Art oft zur Weißglut getrieben.“ Ansgar hielt einen Moment inne, um gegen die Tränen anzukämpfen. Dann fing er sich wieder. „Aber das war genau das was ich brauchte, das war das wofür ich sie geliebt habe. Wir beide hatten nur das eine Jahr. Heute vor einem Jahr habe ich sie kennengelernt, und heute muss ich Abschied nehmen von ihr. Aber das eine Jahr war das schönste was ich je hatte, und ich werde es nie vergessen, sie nie vergessen. Ich habe sie geliebt, wirklich geliebt, sie hat mein Leben verändert, mich verändert, und dafür danke ich ihr.“

Ansgars Stimme erstarb, er konnte nicht weiterreden. Langsam schritt er vom Podest und nahm wieder in der ersten Reihe Platz. Er hatte Ambers Eltern gesehen, wie sie vor Rührung in ihr Taschentuch weinten, und er hatte Ludwig und den Rest seiner Familie gesehen wie sie ihn völlig fasziniert ansahen. Langsam rannen die Tränen über sein Gesicht, und er schämte sich nicht dafür. Er war es ihr schuldig, dass er eine Rede hielt, denn er wusste es hätte Amber gefallen.

Elisabeht saß wie vom Donner gerührt auf ihrem Platz. Sie hatte gewusst, dass Ansgar Amber geliebt hatte, aber wie tief seine Gefühle für sie waren wurde ihr erst jetzt in diesem Augenblick klar. Sie hatte ihn verändert, wirklich verändert. Das war etwas was Elisabeth nie für möglich gehalten hätte, dass eine Frau den machthungrigen, intraganten und von Rachegefühlen getriebenen Ansgar von Lahnstein wirklich ändern konnte – doch sie hatte es getan. Und nun war sie tot, und es schien als würde ein Teil von Ansgar mit ihr sterben. Ob sie es wollte oder nicht – sie war zutiefst gerührt und beeindruckt ob Ansgars Rede. Ludwig hatte Tränen in den Augen – das sah Elisabeth als sie zur Seite blickte. Auch er hatte Amber sehr gemocht.

Der Regen prasselte unaufhörlich – noch immer. Er spürte es nicht. Seine Haare waren völlig durchnässt, sogar seine Kleidung hing nur noch schlaff an ihm herunter – es interessierte ihn nicht. Er stand vor dem offenen Grab und konnte nicht gehen. Er schaffte es nicht. Es war so surreal. Er konnte nicht glauben, dass seine lebenslustige Amber dort unten lag. Für einen kurzen Moment spürte er den skurrilen Gedanken nachsehen zu wollen, sich zu vergewissern, dass sie wirklich tot war. Sein Herz tat so weh, es war als würde ihm ein Messer hineingerammt werden das sich langsam aber stetig weiter durchfraß durch sein Gewebe.

Auf einmal spürte er eine Hand auf seiner Schulter.

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BeitragVerfasst: 08.01.2013, 20:34 
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Kapitel 95: Watch the world go by

Er riss den Kopf zur Seite – sah Victoria hinter sich stehen. Sie sah ihn nur an, wortlos, aber sie verstand. Er bedeutete ihr dass er noch nicht so weit war indem er mit dem Kopf schüttelte. Victoria gab ihm die Zeit, zog sich ein Stück zurück. Dann hörte sie Ansgar leise sprechen: „Was soll ich ohne dich machen? Kannst du mir sagen wie ich weitermachen soll? Ich weß, du würdest jetzt sagen, ich soll mich gefälligst zusammenreißen, und das tu ich ja auch, aber Amber, es tut so weh, so verdammt weh!“ Ansgar schossen wieder die Tränen in die Augen, sie rollten langsam aber bestätig seine Wangen hinab. „Ich habe dich so geliebt, so sehr wie keine Frau zuvor, und jetzt lässt du mich allein? Warum? Warum???“ Das letzte Wort kam lauter, er schrie fast. Schon war Victoria bei ihm. „Ansgar, komm, es tut dir nicht gut.. komm..“ Sie fasste ihn vorsichtig bei Arm. Sie hatte erwartet, dass er sie fortstoßen würde, doch er tat es nicht. Er sah sie nur an, und Victoria sah all den Schmerz in seinen Augen, und es tat ihr so leid, ihn so sehen zu müssen. Ansgar sah noch einmal auf das offene Grab und flüsterte ganz leise „i´ll never forget“, dann ließ er sich von Victoria wegführen.

Wie er nach Hause, nach Königsbrunn, gekommen war, wusste er nicht mehr. Victoria hatte ihm ein Beruhigungsmittel gegeben, und er war dann recht schnell eingeschlafen. Sie selbst saß noch lange wach neben Ansgar und beobachtete seine regelmäßigen Atemzüge. Wann würde dieser Alptraum vorbei sein?

„Er hat sie wirklich geliebt“, sagte Elisabeth unvermittelt in die Stille der Abendmahlzeit hinein, so dass alle Augen sich auf sie richteten. „Ansgar und lieben, das sind zwei nicht miteinander zu vereinbarende Dinge“, antwortete Tanja spöttisch, was ihr einen Fußtritt Sebastians einbrachte. „Doch. Ich habe sein Gesicht gesehen als er die Rede gehalten hat. Er hat sie wirklich geliebt“, wiederholte Elisabeth, und sie spürte Tränen in ihren Augen aufsteigen. Sie spürte, dass Ludwig unter dem Tisch ihre Hand nahm und drückte sie fest. „Gott, Eliasbeth, hör auf, mir wird gleich schlecht, man könnte ja fast meinen du entwickelst dich zu einem Fan von Ansgar“, spottete Tanja weiter. „Tanja, ich möchte dich bitten, der Situation angemessen zu reagieren und dich zurückzuhalten“, sagte Ludwig mit fester, leicht drohender Stimme. Tanja spießte gutgelaunt ein Stück Fleisch auf und grinste in die Runde. „Man, eure schlechte Stimmung ist nicht zum Aushalten.“ Jetzt reichte es Sebastian. „Tanja, falls du es nicht bemerkt haben solltest, Ansgars Frau ist heute beerdigt worden, selbst DU solltest so viel Anstand besitzen und wenigstens so TUN als wärest du betroffen!“ Er sprang auf und warf seine Serviette achtlos auf den Teller. Dann verließ er den Essraum. Elisabeth griff sich an den Hals und stand dann ebenfalls auf. Sie konnte nicht länger mit dieser Person an einem Tisch sitzen.

Sie ging langsam die Treppe nach oben in Gedanken versunken. Als sie auf dem Weg zu ihrer Suite an Ansgars Räumlichkeiten vorbeikam, blieb sie stehen. Sie sah, dass die Tür nur angelehnt war, und sie sah, dass Ansgar in seinem Sessel saß. Sie wusste nicht wieso, aber sie ging hinein. Elisabeth erschrak als sie einige Schritte in den Raum hineinging. Ansgar sah nicht hoch, er starrte nur geradeaus. Elisabeth sah seine verquollenen Augen, und ihr war bewusst, dass Ansgar die ganze Zeit geweint haben musste. Der Anblick rührte Elisabeth mehr als sie sich eingestehen wollte. Sie wusste auch gar nicht was sie wirklich in Ansgars Suite wollte, aber sie hatte das Bedürfnis, Ansgar ihr persönliches Beileid auszusprechen. Elisabeth trat so vor Ansgar dass er sie wahrnehmen musste. Jetzt sah er sie an. Elisabeth erwartete etwas in der Art wie „ach, möchten Sie sich an meinem Unglück weiden?“, doch er sah sie einfach nur stumm an. „Ansgar… ich wollte Ihnen sagen wie leid mir das alles tut“, fing Elisabeth etwas unbeholfen an. Ansgar sah sie weiterhin nur an. „Ihre Rede… sie war.. wunderschön… man merkt, dass Sie…“ Elisabeth konnte nicht weiterreden, sie schluckte schwer. Dann fing sie sich wieder. „Man hat gemerkt, dass sie Amber sehr geliebt haben. Es tut mir so leid für Sie.“ Ansgar sah Elisabeth an und sah die Tränen in ihren Augen. Er nickte kaum merklich. „Danke“, sagte er dann einfach. Dann konnte Elisabeth die Tränen nicht mehr zurückhalten und lief aus Ansgars Suite. Sie rannte fast in Victoria, die kurz nach unten in die Küche gegangen war um etwas zu holen. „Ach Vicky, das ist gut, dass du da bist, dass du bei Ansgar bist“, sagte Elisabeth, und Victoria sah ihre ältere Freundin besorgt an. „Ist..?“ „Nein, es ist nichts passiert, ich habe nur eben Ansgar gesehen. Er ist ja total fertig.“ „Ja, ich weiß. Es tut mir so leid, aber alles was ich tun kann ist für ihn da zu sein.“ Elisabeth legte Victoria eine Hand auf die Schulter und ging dann in ihre Suite. Victoria holte tief Luft und betrat dann Ansgars Räumlichkeiten. Sie hoffte so sehr, dass es einen Weg geben würde, dass Ansgar mit den Geschehnissen zurechtkam und irgendwann wieder ein Leben führen konnte, das nicht von Traurigkeit bestimmt war. Als sie Ansgar sah, wusste sie, dass er noch weit davon entfernt war. Sehr weit.

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