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BeitragVerfasst: 17.12.2011, 13:17 
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Ja, so war das alles. Und jetzt sitze ich im ICE nach Berlin und versuche die fünf Stunden Fahrt dazu zu nutzen, um meine Gedanken zu ordnen. Ich will, ich muss mit Caroline noch einmal reden, weil ich keine andere Möglichkeit sehe, wie ich dem Spuk in meinem Kopf ein Ende setzen kann. So wie jetzt geht es definitiv nicht weiter. Meine Beziehung leidet, meine Arbeit leidet, mein ganzes Leben ist irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten.

Das Problem ist, dass ich mit niemandem darüber reden kann. Selbst wenn ich mich durchringen könnte, mit jemandem über meine Gefühle zu sprechen, so würde ich doch niemandem von Caroline erzählen können. Zum Glück sagt man, dass Papier geduldig ist, und Sie, liebe Frau Schmidt, verehrtes Tagebuch, lassen meine Worte tatsächlich geduldig über sich ergehen und erzählen sie nicht weiter. Sie sind jetzt meine einzige Zeugin.

Es hilft, die Dinge aufzuschreiben, um sie zu sortieren. Trotzdem habe ich noch immer keine Idee, was genau ich mit Caroline besprechen möchte. Schließlich kann ich nicht einfach zu ihr gehen und sagen: „Mach es weg! Nimm es zurück, was immer du mit mir gemacht hast, ich will es nicht haben!“ Und selbst, wenn sie das könnte, wüsste ich nicht einmal, ob die Beziehung zu Lennart noch zu kitten wäre. Es ist so viel kaputt gegangen in den letzten Monaten, und ich weiß nicht, wie ich es aufhalten kann. Nichts davon liegt an ihm, ich bin diejenige, die sich verändert hat. Im Januar werden Lennart und ich zu einer Paarberatung gehen - ich habe das selbst vorgeschlagen, weil ich nicht tatenlos zusehen will, wie in meinem Leben alles zu Bruch geht. Ich weiß nur noch nicht, wie wir dort nach eine Lösung suchen sollen, ohne dass ich erzähle, was los ist. Und das kann ich nicht.

Lennart geht davon aus, dass ich eine Freundin in Berlin besuche, und das ist zumindest die halbe Wahrheit. Als mir klar wurde, dass ich mit Caroline sprechen muss, habe ich eine alte Schulfreundin aus Mainz angerufen, die seit zwei Jahren in Berlin wohnt, und der ich schon lange versprochen hatte, sie dort zu besuchen. Mareike war gleich Feuer und Flamme, als sie hörte, dass ich für vier Tage kommen wollte, und hat sofort allerlei Pläne ausgeheckt, was wir zusammen unternehmen könnten. Ich verschwieg ihr, dass mir das Allerwichtigste war, eine Vorstellung von Viel Lärm um nichts im Berliner Ensemble zu besuchen, und dass ich schon im September zwei Karten dafür besorgt hatte. Ich wäre gern schon früher nach Berlin gefahren, aber leider waren erst wieder Karten für die Vorstellungen im Dezember zu bekommen. Also habe ich mich bei Mareike für den 2. Dezember angemeldet und sie für diesen Abend ins Theater eingeladen. Sie hat sich sehr darüber gefreut, und mir ist wohler bei dem Gedanken, mit einer guten Freundin in die Vorstellung des Berliner Ensembles zu gehen, als der Situation allein ausgeliefert zu sein.

Caroline hat keine Ahnung, dass ich auf dem Weg nach Berlin bin, und ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt bereit ist, mit mir zu reden. Sehr anständig war es schließlich nicht von mir, mich so gar nicht mehr zu melden. Trotzdem möchte ich nichts unversucht lassen, und das Mindeste, was bei meinem Besuch in Berlin herauskommen kann, ist ein nettes Wiedersehen mit einer alten Freundin.

Der ICE ist inzwischen so voll, dass die Leute sich auf den Gängen drängeln, und die Luft ist so schlecht, dass es mir schwer fällt, mich zu konzentrieren. Außerdem schmerzt mir die Hand, weil ich es nicht mehr gewohnt bin, so viel zu schreiben. Ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt schließe und mich noch ein bisschen ausruhe, bevor ich im Hauptbahnhof ankomme. Draußen regnet es übrigens in Strömen, sehr passend für das zweite Adventwochenende.

In den nächsten Tagen werde ich wohl nicht dazu kommen, irgendetwas aufzuschreiben, da ich die ganze Zeit mit Mareike zusammen bin. Aber für den Rückweg habe ich mir schon einen Platz mit Tisch reserviert, so dass ich dann loswerden kann, wie es gelaufen ist. Wünschen Sie mir Glück, liebe Frau Schmidt, denn das kann ich gebrauchen.





To be continued...

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Zuletzt geändert von kimlegaspi am 17.12.2011, 13:23, insgesamt 3-mal geändert.

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Es ist Montag, der 5. Dezember, und ich sitze im ICE zurück nach Hause. Der Zug ist angenehm leer, und ich kann mich bequem ausbreiten beim Schreiben. Meine Güte, was für ein Wochenende! Es fällt mir schwer, der Reihe nach zu berichten, was passiert ist, aber ich werde mir Mühe geben:

Es regnete immer noch, als mein Zug in den Berliner Hauptbahnhof einrollte. Schon während wir noch fuhren, versuchte ich, Mareike auf dem Gleis zu erspähen, aber noch konnte ich sie in der Menge nicht ausmachen. Ich hoffte sehr, dass sie nicht im Berliner Verkehrschaos steckengeblieben war, unser Zeitplan für diesen Tag war nämlich ziemlich eng getaktet, und ich hatte keine Lust, gleich zu Beginn in Verzug geraten. Mareike wollte mir zunächst ihre neue Wohnung zeigen, danach würden wir uns in das Innenstadtgetümmel stürzen, dort irgendwo nett zu Abend essen und dann nochmal bei Mareike vorbeifahren, um uns für den geplanten Theaterbesuch umzuziehen.

Gleich am ersten Abend stand nämlich die Vorstellung des Berliner Ensembles an, und als ich im Berliner Hauptbahnhof ankam, war ich bereits so nervös, dass ich fast meinen Koffer im Zug liegengelassen hätte. Außerdem wäre ich glatt an Mareike vorbeigelaufen, wenn sie mich nicht erspäht und am Ärmel festgehalten hätte.

„Hey Fanny!“, rief sie lachend. „Wo willst du denn schon hin? So eilig haben wir es nun auch wieder nicht.“

Wir begrüßten uns herzlich, und dann führte Mareike mich zu ihrem Wagen, damit wir erst einmal zu ihr nach Hause fahren konnten. „Die Wohnung ist ein absoluter Glücksgriff“, schwärmte Mareike. „Ich bin mir sicher, dass sie dir gefällt.“

Mareike hatte mir die Wohnung schon per Email in den höchsten Tönen beschrieben, und inzwischen war ich wirklich gespannt, sie mit eigenen Augen zu sehen. „Hast du nie überlegt, mit Torsten zusammenzuziehen?“

„Nein.“ Mareike schüttelte den Kopf. „Wir brauchen beide unseren Freiraum. Dann klappt es zwischen uns am besten.“ Sie öffnete mir die Autotür. „Er kommt übrigens morgen zum Frühstück vorbei, wenn du nichts dagegen hast.“

„Nein, überhaupt nicht.“ Bis zum nächsten Tag konnte ich noch gar nicht denken, insofern war mir alles recht, was Mareike vorschlug.

Während wir im strömenden Regen durch Berlin fuhren, redete Mareike ohne Punkt und Komma. Ich kannte das gar nicht von ihr, war jedoch erleichtert, dass ich mir keine Gesprächsthemen überlegen musste. Ich war so nervös wegen des Theaterbesuchs, dass mir mein Kopf wie ein großer, leerer Ballon vorkam.

„Hast du eigentlich gesehen, dass Caroline Stein die Beatrice spielt?“, fragte Mareike plötzlich.

„Ja, das habe ich.“ Ich wendete meinen Blick zum Fenster, um mein Erröten zu verbergen. „Es sind eine Menge guter Schauspieler dabei.“

„Du machst mir wirklich eine riesige Freude mit der Einladung.“ Mareike klopfte mir auf den Oberschenkel. „Ich bin schon ganz aufgeregt.“

„Ich freue mich auch schon.“

Mareike bog in eine kleine Stichstraße ein. „Hat Caroline Stein nicht auch mal an eurem Theater gespielt? Irgendwie habe ich das so in Erinnerung.“

„Ja, im letzten Jahr.“

„Und? Hast du sie gesehen?“ Mareike parkte ihren Wagen vor einem knallgrün angestrichenen Mehrfamilienhaus. „Sieht sie in natura so schön aus wie im Fernsehen?“

Schöner, wollte ich sagen, aber ich hütete mich, es auszusprechen. „Ist das etwa dein Haus?“, fragte ich und wies auf das quietschgrüne Etwas.

„Ganz genau. Ist das nicht eine wunderbar lebendige Farbe?“ Mareike sprang aus ihrem Wagen. „Aber keine Sorge, innen es ist nicht so grün.“

Wir gingen gemeinsam die Treppen zu ihrer Wohnung hoch, und ich stellte als Erstes mein Gepäck im Gästezimmer ab. Dann bekam ich eine Führung durch die Wohnung, die wirklich sehr schick war. Ich konnte verstehen, warum Mareike sich in sie verguckt hatte. Besonders die Küche war der Renner, und da wir wider Erwarten gut im Zeitplan waren, tranken wir dort noch gemütlich eine Tasse Kaffee. Erst dann bewaffneten wir uns mit Regenzeug und Schirmen und stürzten uns ins Weihnachtsgetümmel der Innenstadt.

Es tat gut, mit Mareike Zeit zu verbringen. Erstens war es wohltuend, dass ich sie aus einer völlig anderen Epoche meines Lebens kannte, und zweitens ist Mareike ein durch und durch positiver und etwas chaotischer Mensch, der einem sofort gute Laune beschert. Ihre unbekümmerte, fröhliche Art half mir, mich von dem bevorstehenden Abend abzulenken, und so kroch die Zeit nicht so quälend langsam dahin, wie ich befürchtet hatte.

Irgendwann war es dann soweit, dass wir wieder zu Mareike nach Hause fahren mussten, um uns umzuziehen. Ich hatte monatelang darüber nachgegrübelt, welches Kleid ich für den Abend einpacken sollte, und mich schließlich für ein dunkelrotes Abendkleid entschieden. Ob ich überhaupt eine Gelegenheit bekommen würde, zu Caroline Kontakt aufzunehmen? Ich musste es zumindest versuchen. Wenn ich je wieder glücklich werden wollte, musste ich die Gespenster in mir besiegen, und Caroline war die einzige, die mir dabei helfen konnte.





To be continued....

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Vielen Dank für die zwei Türchen..Bin gespannt auf Montag und wie die Begegnung mit Caroline war, wenn es Eine gab...:)

Dir ein schönes Weekend

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kimlegaspi hat geschrieben:
Wenn ich je wieder glücklich werden wollte, musste ich die Gespenster in mir besiegen, und Caroline war die einzige, die mir dabei helfen konnte.



:kampf: :fight: :liebe3: :wink:


LG


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maddy74 hat geschrieben:
Vielen Dank für die zwei Türchen..Bin gespannt auf Montag und wie die Begegnung mit Caroline war, wenn es Eine gab...:)

Dir ein schönes Weekend

:ok: :freu: :klatsch:



Dito


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Wenn Mareike nicht gewesen wäre, hätte ich es vermutlich gar nicht ins Theater geschafft. Ich war froh, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, wie es um mich stand, denn durch ihre unbekümmerte Vorfreude war ich so abgelenkt, dass mir meine Nervosität nicht anzumerken war. Schwerer wurde es, als wir unsere Sitzplätze einnahmen und ich sofort an das erste Mal denken musste, als ich Caroline im Theater gesehen hatte, und wie dieser Abend dann ausgegangen war. Mich überkam eine solche Angst, dass sich die Situation von damals wiederholen könnte, dass mir von einer Sekunde auf die andere speiübel wurde.

Zum Glück war Mareike mit anderen Dingen beschäftigt. „Meine Güte, was für ein hübsches Theater!“, raunte sie mir aufgeregt zu. „Schon allein deswegen lohnt es sich, hierher zu kommen. Schau doch mal die schönen Figuren überall!“ Sie wies auf die Säulen zwischen den Rängen. „Vielleicht sollte ich Torsten ein Abonnement für uns beide zu Weihnachten schenken. Er findet Caroline Stein sowieso klasse.“

Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es sein musste, hier regelmäßig zu spielen, in diesem historischen Theater, wo schon so viele Legenden aufgetreten waren. Ob Caroline wohl großes Lampenfieber gehabt hatte, als sie das erste Mal hier aufgetreten war? Das Berliner Publikum war bekannt dafür, nicht gerade zimperlich zu sein, aber Viel Lärm um nichts hatte bisher ausschließlich gute Reaktionen bekommen. Ob Caroline Kritiken überhaupt las? Wir hatten nie darüber gesprochen.

„Es geht los“, flüsterte Mareike, und tatsächlich gingen nun die Lichter aus. Ich schloss meine Augen, um gegen meine Übelkeit anzukämpfen. Ich fürchtete mich davor, Caroline zu sehen. Erst als ich das Rauschen des Vorhangs hörte, öffnete ich halb meine Augen und spähte auf die Bühne. Es ist nur ein Theaterstück, versuchte ich mir selbst zu sagen. Entspann dich, Fanny, und genieße die Vorstellung.

Mareike stieß mir in die Rippen, als Beatrice die Bühne betrat. „Das ist sie!“, raunte sie mir zu, als ob ich es nicht selbst wüsste.

Auch wenn ich von der Handlung nicht viel mitbekommen habe, muss ich sagen, dass es wirklich ein Genuss war, Caroline spielen zu sehen. Genauso überzeugend, wie sie das introvertierte Leiden der Maria Stuart gespielt hatte, verkörperte sie nun die freche Beatrice, Tochter des Gouverneurs von Messina, die mit ihrem losen Mundwerk alle Männer herausforderte. Besonders Beatrices Wortgefechte mit ihrem zukünftigen Bräutigam Benedikt waren so charmant in Szene gesetzt, dass es ständig Zwischenapplaus gab. Caroline zeigte eine Spielfreude und eine Energie auf der Bühne, dass das Publikum ihr vom ersten Augenblick an zu Füßen lag.

Während Mareike sich neben mir köstlich amüsierte, saß ich stumm in meinem Sitz und beobachtete das Geschehen. Obwohl die Figur der Beatrice ganz anders war als Caroline selbst, erkannte ich sie in vielen kleinen Dingen wieder, in einer Geste, oder einem Tonfall, oder einem Lachen. Und dieses Erkennen weckte eine solche Sehnsucht in mir, dass ich vor mir selbst Angst bekam. Warum konnte ich Caroline nicht loslassen? Wieso konnte ich nicht einsehen, dass dieses dumme Gefühl mein Leben kaputt machte? Während das Publikum lachte und klatschte, wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich wollte diese Frau so sehr. Noch nie in meinem Leben hatte ich einen Menschen so sehr gewollt. Was musste passieren, damit das aufhörte?

Ich schrak zusammen, als plötzlich das Licht anging und tosender Applaus um mich herum ausbrach. „Pause!“, rief Mareike neben mir, während sie euphorisch klatschte. „Trinkst du einen Sekt mit mir?“

„Ja, gern.“ Ich hielt den Atem an, als die ersten Schauspieler auf die Bühne kamen und sich verbeugten. Caroline war erst beim zweiten Schwung dabei, gemeinsam mit Benedikt, Leonato und Hero, und der Beifall stieg sofort frenetisch an. Die vier Schauspieler lächelten ins Publikum und breiteten ihre Arme aus, während sie sich verbeugten. Als sie sich zeitgleich aufrichteten, schaute Caroline zufällig in meine Richtung. Hatte sie mich gesehen? Ich bildete mir ein, dass sich für einen kurzen Moment ihr Atem veränderte. Ein Winken für das Publikum, ein strahlendes Lächeln, dann waren alle von der Bühne.

„Meinst du nicht, dass Torsten sich über ein Abonnement freuen würde?“, fragte Mareike, als wir im Pulk der Zuschauer den Saal verließen.

„Ich denke schon“, sagte ich geistesabwesend. Hatte Caroline mich wirklich gesehen, oder ging jetzt meine Phantasie mit mir durch? Konnte man von dort oben überhaupt einzelne Gesichter identifizieren? Immerhin saßen wir in der zehnten Reihe, weiter vorn hatte ich keine Tickets bekommen. „Warte mal, Mareike.“ Ich hielt Mareike an der Schulter fest. „Ich glaube, ich muss kurz mal an die Luft. Könntest du mir schon mal einen Orangensaft mitbringen?“

„Geht es dir nicht gut?“ Mareike musterte mich besorgt.

„Doch, aber es ist so stickig hier drinnen.“ Ich wies auf die vielen Menschen. „Ich bin sofort wieder zurück, okay?“

„Na klar, geh nur.“ Mareike hatte sich schon ans Ende der Schlange gestellt. „Ich halte dir einen Platz frei.“

„In Ordnung.“

Ich schloss mich dem Strom der Menschen an, die zum Ausgang strebten, vermutlich alles Raucher, denn ein anderer Grund, sich der nassen Kälte vor dem Haus auszusetzen, fiel mir nicht ein. Draußen stellte ich mich etwas abseits von der Menschenmenge und zog mein Handy aus der Handtasche. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass mir meine Finger einigermaßen gehorchten, als ich begann, eine Nachricht zu tippen:

Können wir uns nachher sehen?

Eine adäquate Anrede und mein Name wären sicher sinnvoller gewesen, aber ich wusste, dass ich die SMS wieder löschen würde, wenn ich zu lange darüber nachdachte. Ich schloss die Augen, als ich auf „Abschicken“ drückte, und betete, dass Caroline ihr Handy eingeschaltet hatte.

Tatsächlich vibrierte es nur wenige Sekunden später in meiner Hand. Sie haben eine neue Nachricht, informierte mich mein Mobiltelefon. Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich die SMS öffnete.

Ja.

Ich lehnte mich an die kalte Wand des Theaterhauses und atmete tief durch. Sie war einverstanden. Der erste Schritt war getan. Ich klickte auf Antworten und schrieb zurück:

Wo?

Diesmal dauerte es etwas länger, bis ich eine Reaktion erhielt.

15 min. Buehnenausgang.

Sollte das heißen, dass sie nur fünfzehn Minuten Zeit hatte, oder dass ich fünfzehn Minuten nach Ende des Stückes zum Bühnenausgang kommen sollte? Wie auch immer, ich würde dort sein. Komme, was da wolle.

Ich klickte nochmals auf Antworten und bestätigte ihren Vorschlag mit einem kurzen Ok. Als ich mein Handy wieder einsteckte, konnte ich nicht sagen, ob meine Freude oder meine Furcht überwog. Vielleicht hielt es sich ungefähr die Waage.

Meine Knie zitterten noch, als ich in das Theaterhaus zurück ging und mich aufmachte, Mareike im Gewühl ausfindig zu machen. Ich fand sie an einem Tisch, ganz in der Nähe des Getränkeausschanks, wo sie zwei Plätze für uns besetzt hatte. „Das wurde aber auch Zeit“, sagte sie und schob mir meinen Orangensaft hin. „Ich wollte dich schon als vermisst melden.“

„Es tut mir leid, ich hatte noch einen Anruf“, entschuldigte ich mich und setzte mich zu ihr. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn du nach der Vorstellung allein nach Hause fährst? Ich komme dann später mit der Straßenbahn nach.“

Mareike lachte. „Erzähl mir nicht, du hast ‘nen Typen kennengelernt, während ich hier stundenlang in der Schlange stand.“

„Nein, das ist es nicht.“ Ich schüttelte den Kopf. „Aber ich würde nachher noch gern kurz mit Caroline Stein sprechen, weil wir noch etwas zu klären haben.“

„Du hast was mit Caroline Stein zu klären?“, fragte Mareike verblüfft. „Machst du Witze?“

„Nein, es hat was mit meinem Restaurant zu tun“, log ich. „Du weißt doch, dass sie letztes Jahr in unserem Theater aufgetreten ist.“

„Hat sie das Mobiliar zerschlagen, oder was?“, Mareike sah mich skeptisch an. „Na gut, na gut.“ Sie hob die Hände, als ich nicht antwortete. „Ich will nicht indiskret sein. Aber morgen, wenn wir frühstücken, könntest du mir wenigstens ein klitzekleines Bisschen von ihr erzählen, okay?“

„Okay.“ Ich trank den Rest meines Orangensafts aus. „Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel. Wir haben ja noch drei schöne Tage zusammen.“

„Ach, kein Thema“, winkte sie ab. „Aber bist du sicher, dass ich nicht auf dich warten soll?“

„Das ist lieb, aber ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.“

„Wie du meinst.“ Mareike erhob sich, als das erste Klingeln ertönte. „Dann lass uns mal den zweiten Teil genießen. Die Aufführung ist wirklich toll.“

Ich muss gestehen, dass ich vom zweiten Teil des Stückes noch weniger mitbekommen habe als vom ersten. Ich war so damit beschäftigt, dass ich Caroline im Anschluss sehen würde und was ich ihr sagen würde und was sie dann vielleicht antworten würde und was ich dann wiederum sagen würde, dass ich mit dem Verfolgen der Handlung hoffnungslos ins Hintertreffen geriet.

Was Caroline wohl gedacht hatte, als sie meine SMS erhielt? Ich könnte gut verstehen, wenn sie mit der Vergangenheit nichts mehr zu tun haben wollte. Schließlich hatte ich in den letzten elf Monaten nichts anderes versucht. Ich war nur hier in Berlin, weil es mir nicht geglückt war, mit der Vergangenheit abzuschließen. Vielleicht war es Caroline dafür umso besser gelungen? Warum sollte jemand wie sie lange allein bleiben? Vielleicht wartete nach der Vorstellung ihre Freundin auf sie, weshalb sie auch nur fünfzehn Minuten Zeit für mich erübrigen konnte? Vielleicht wartete die Freundin aber auch schon zu Hause und war gerade dabei, das Badewasser einzulassen, damit die beiden nach der Vorstellung gemeinsam entspannen konnten?

Ich kniff mir in den Oberarm. Hör auf damit, Fanny! Besinn dich lieber auf das, was du ihr sagen möchtest, anstatt darüber nachzudenken, wie ihr Leben jetzt aussehen könnte.






To be continued

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BeitragVerfasst: 19.12.2011, 10:36 
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ich bin sehr gespannt, wie das Treffen verläuft..Ich hoffe, die Beiden fallen leidenschaftlich über einander her und das Fanny die paar Tage mit Caroline verbringt und sich endlich für sie entscheidet :)

:ok: :freu: :klatsch: :bigsuper:


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maddy74 hat geschrieben:
... Ich hoffe, die Beiden fallen leidenschaftlich über einander her ...

ich glaube das nicht, denn wir haben *montag*. wenn die geschichte so ausgeht, wie ich das *glaube*, haben wir noch *5* tage vor uns. Bild
Zitat:
... sich endlich für sie entscheidet :) ...

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(danke am kim)

sabam

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Danke für die schönen Teile!

Ich wünsche mir Herzschmerz mit Happy End! Ist doch bald Weihnachten und da kann man sich was wünschen!

Bitte!

:handkuss:

:happysmilie:

:tanzen:

:kuss2:


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maddy74 hat geschrieben:
ich bin sehr gespannt, wie das Treffen verläuft..Ich hoffe, die Beiden fallen leidenschaftlich über einander her und das Fanny die paar Tage mit Caroline verbringt und sich endlich für sie entscheidet :)

:ok: :freu: :klatsch: :bigsuper:


Das hoffe und wünsche ich mir auch, denke aber das wird noch etwas dauern :-(


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Mehr mehr mehr! :lol: :D :wink:


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Mein Gott ist das spannend. Bild Du schilderst die Nervosität von Fanny unglaublich plastisch. BildAm Liebsten würde ich die Leidende an die Hand nehmen Bild und zu ihrer Herzensdame hinschubsen. Aber das geht nicht.Bild Erstens, ist das Kims Geschichte und zweitens haben wir noch 5 Türchen vor uns, wie sabam schon richtig bemerkte. Da kann noch einiges passieren. Also, Geduld, Tiefgang, Geduld. Bild:wink:


LG


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