Kapitel 33: Durchschaut
das erneute treffen mit alice stein verlief erfolgreich. dank victoria waren die verhandlungen schnell abgeschlossen, denn das angebot was ansgar von lahnstein frau stein machte, konnte diese, auch wenn sie den grafen und überhaupt diese art mann auf den tod nicht ausstehen konnte, nicht ablehnen. während des essens hatte victoria sich teilweise sehr unwohl gefühlt. sie glaubte, dass man ihr sofort anmerken würde, was in ihr vorging, wie sie ansgar anschaute und wie ihre wangen glühten und das nicht vom wein oder vom eifrigen verhandeln. zu allem überfluss sass ansgar ihr gegenüber und schaute sie wenn alice wegsah provozierend und verlangend an. fehlte nur noch, dass er unter dem tisch angefangen hätte, ihr den fuss zwischen die beine zu schieben, dachte victoria, doch das unterblieb gott sei dank. aber auch so war es für victoria schon anstrengend genug.
doch irgendwann war dieses mittagessen vorbei, die konditionen vereinbart und das meeting abgeschlossen. victoria atmete auf. während ansgar sich schon von frau stein verabschiedet hatte, hielt diese victoria noch einen moment zurück. „und? hat er sie doch rumgekriegt, victoria?“ fragte alice stein geradeheraus. victoria wurde blass und stammelte „wie – was – was meinen sie?“ alice stein lächelte wissend. „na, es geht mich ja nichts an, aber dass der mann etwas von ihnen will war mir beim ersten treffen schon klar. und wie mir scheint, hat er jetzt erfolg gehabt.“ victoria konnte gar nichts mehr sagen. wie konnte frau stein das bemerkt haben, oder war ihr zimmer etwa neben ihrem, und sie hatte etwas gehört? das wäre ja furchtbar! „woher wollen sie das wissen?“ fragte victoria direkt. „meine liebe victoria, ich habe gesehen wie sehr sie es vermieden haben, graf ahnstein anzusehen. und glauben sie mir, ich kenn solche männer wie ansgar. es ist nicht so, dass ich noch nie auf diese art hereingefallen wäre, aber ich habe daraus gelernt.“ „was heisst hier solche männer?“ wollte victoria wissen. „ansgar ist nicht so“, verteidigte sie ihn dann spontan. „er kann sensibel und warmherzig sein. er lässt nur selten diese seite an sich zu, aber es gibt sie“, fügte sie dann noch hinzu. frau stein musterte victoria belustigt von oben bis unten und schmunzelte: „sie müssten mal hören, wie sie ihn verteidigen, kindchen. herrjeh, es hat sie ganz schön erwischt. ich wünsche ihnen wirklich alles gute. und wenn – wenn er sie fallenlässt und sie mal keine lust mehr haben für ihn zu arbeiten – hier ist meine karte. ich kann fähige mitarbeiterinnen immer gut gebrauchen. es hat mir spass gemacht, mit ihnen zusammenzuarbeiten, victoria. machen sies gut“ mit diesen worten verabschiedete sich alice stein und liess eine sehr nachdenkliche victoria zurück.
wenn man es ihr so deutlich ansah, was mit ihr los war, dann müsste es thomas doch sofort auffallen. sie durfte gar nicht daran denken, wie es werden würde, wenn sie nach hause kam. sie hatte solche angst davor. ihr flieger würde auch bald gehen, denn die verhandlungen waren ja abgeschlossen. victoria ging nach oben und klopfte an ansgars suite um ihn zu fragen, wann sie das hotel verlassen würden.
er war gerade am telefonieren, bedeute ihr, kurz abzuwarten, um zuende zu sprechen. victoria zog sich auf ihr zimmer zurück. kurz darauf klopfte es an ihre zimmertür. kaum hatte sie aufgemacht, schon zog ansgar sie an sich und küsste sie ungestüm. „hey, halt, überfall mich doch nicht so“, sagte sie halb belustigt, halb ernst. „na, wir müssen doch feiern, dass du die olle stein rumgekriegt hast“, sagte er und zog sie mit sich zum bett. er hatte wirklich nur das eine im kopf. und das sagte sie ihm auch. „ist das wirklich so ein wunder?“ fragte er. „was glaubst du, wie schlimm es für mich beim mittagessen war, wo ich dir gegenübersass und dich nicht berühren konnte. „ er knabberte an ihrem hals. „dafür warst du aber ganz schön geschäftsmässig, im gegensatz zu mir“, stellte victoria fest. „die olle stein, wie du so schön sagst, hat uns nämlich durchschaut, ansgar. sie hat mir auf den kopf zugesagt, dass wir etwas miteinander haben“, sagte sie und wartete auf ansgars reaktion, doch der hob nur belustigt die augenbrauen. „das kann schon sein, ihr zimmer ist neben deinem und ausserdem, wer kann einem mann wie mir schon wiederstehen?“ fragte er amüsiert und leicht selbstherrlich. „frau stein offensichtlich. bei der beisst du ja auf granit“ gab victoria zurück und war immer noch leicht erschrocken, über die möglichkeit, dass alice stein sie heute nacht gehört hatte.
"na, wenn man schon stein heisst..“ murmelte ansgar. „ausserdem tut die doch nur so abgeklärt, weil mich die emanze nicht die bohne interessiert. in wirklichkeit ist sie bestimmt auch scharf auf mich.“ ansgar war immer noch an victorias hals beschäftigt. victoria schob ihn leicht von sich. „du bist wirklich total von dir eingenommen, dass ist schon beinah eklig“, sagte sie, aber konnte ihm nicht böse sein. „ach, komm, du stehts doch drauf“, sagte er mit diesem knurrenden tonfall. „“ja, ich steh auf dich, ansgar. auf alles an dir. das ist es doch was du hören willst“ sagte victoria nicht ganz ernst gemeint. „ja, das will ich hören“, murmelte er und küsste sie.
sie wurde schon wieder schwach. „und ich will dich – jetzt.“ seine hand wanderte in victorias bluse, doch sie wehrte ihn ab. „ansgar, bitte nicht“, flüsterte sie. er schaute sie verwundert an. „nicht? was ist los, victoria?“ victoria schaute zu boden und sagte dann: „ich hab angst, ansgar.“ „wovor?“ er wurde jetzt ernst. „nach hause zu kommen. ich hab wahnsinnige angst davor. wie soll ich thomas gegenübertreten.“ ansgar schien kurz zu überlegen und sagte dann: „erstmal gar nicht.“ victoria sah ihn fragend an. „wieso? was meinst du?“ „wir fligen heute noch nicht. ich habe uns vorhin die zimmer noch für eine weitere nacht gebucht.“ er strahlte sie an, und victoria sah, wie er sich ehrlich freute. ihr herz zog sich zusammen. auf der einen seite war sie glücklich, noch eine nacht mit ansgar verbringen zu können, auf der anderen seite hatte sie aber auch ein solch schlechtes gewissen, dass sie es kaum noch aushalten konnte. „ich möchte dich noch eine nacht für mich haben“, sagte er, und es klang so ehrlich und ohne hintergedanken, dass victoria nicht anders konnte als ihm um den hals zu fallen. ihre begierde nach ansgar überwog das schlechte gewissen das sie hatte – vorerst.
er drückte sie an sich, schob sie dann wieder ein wenig von sich und sah ihr in die augen. „ich konnte einfach nicht anders. darum bin ich vorhin schon etwas eher vom tisch aufgestanden. ich wollte dich überraschen.“ er sah aus wie ein kleiner schuljunge, der sich über süssigkeiten von seiner mutter freute, die er aufgrund einer guten note bekommen hatte, und victoria wusste in diesem augenblick genau, warum sie in ansgar verliebt hatte. es war dieses unverhoffte aufblitzen von unbändiger freude in seinen augen, dass er - obschon er bereits um die 40 war - sich im inneren trotz seiner machtstellung in der firma und im leben, eine gewisse kindlichkeit bewahrt hatte. es machte ihn menschlicher - und sehr anziehend. victoria war bewusst, dass ansgar diese seite an sich kaum jemandem zeigte, um so mehr faszinierte sie sie an ihm.
„danke, die überraschung ist dir gelungen“, sagte sie daher. „ich freue mich sehr“, fügte sie dann etwas leiser hinzu. „für heute abend habe ich uns einen tisch im „mesa“ eines der besten restaurants in zürich reserviert, und vorher möchte ich dir noch ein wenig die stadt erkunden“, sagte er ihr und sah die freude in ihren augen. sie küsste ihn statt einer antwort nur und dann gaben sie sich ihrer leidenschaft hin.
Fortsetzung folgt...
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