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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 16:30 
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einfach traumhaft schön !!!
bitte schnell weiter schreiben !!!
:wink: :D

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Verfasst: 22.12.2009, 16:30 


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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 16:33 
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danke für den schönen Teil, klasse geschrieben... :D


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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 16:34 
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Heute Nacht träumte ich von der Neuen. Ich kenne nicht einmal ihren Namen. Ich traue mich nicht sie anzusprechen und mit ihr zu reden. In meinem Traum kam sie in meine Zelle. Berührte meine Hand. Versicherte mir, dass sie mir Glauben schenke und dass sie sicher ist, dass ich meinen Vater nicht ermordet habe. Sie war zärtlich. Wieder konnte ich ihr Parfum riechen. Es umschloss mich, trug mich an die schönsten Orte auf dieser Welt, welche ich so gerne noch sehen wollte. Als ich erwachte fühlte ich mich traurig. Überall grau in grau, die Grüne Bettwäsche der einzige Akzent und eine schnaufende Elke unter mir.

Heute habe ich Post von Ben bekommen, er schreib, dass es ihm gut geht und das er viel an mich denkt. Ich weiß, dass er wichtige Neuigkeiten in den Brief nicht aufführen durfte… weil sie ihn, bevor ich ihn bekomme, ja erst lesen, um einer Flucht vorzubeugen. Er erwähnte eine Jazz- Bar, brachte mich damit zum Schmunzeln.
„Wenn du frei bist gehen wir in diese Bar. Sie ist neu. Ein altes Piano und der Raum ist schöner als alles, was ich je gesehen habe. Du musst mir versprechen, dass wir dort gemeinsam hingehen. Du wirst es lieben. Glaub mir!“ Wieder lächle ich. Wusste jedoch, dass ich ihm seinen Wunsch, so schnell nicht erfüllen konnte.

Außerdem ist heute eine Aufführung. Einmal im Monat kommen Schauspieler oder Musiker in das Gefängnis, um den Häftlingen etwas Abwechslung zu bescheren. Ich freue mich, habe meine Haare nach oben gesteckt. Heute dürfen wir uns sogar hübsch machen, was wir normal verboten bekommen, - nur wenn Besuch kommt, tun dürfen. Ich habe meine Augen schattiert und meine Lippen geschminkt. ‚Vielleicht kommt die Neue, da muss ich hübsch aussehen.’ – denke ich. Im nächsten Moment, wundere ich mich über meine Gedanken. Es ist ein Konzert. Ein Piano steht auf einer Erhörung. Ich kann mir das Lächeln nicht verkneifen, in Gedanken an Ben und die neue Jazz- Bar. Wenn er wüsste – lächele ich vor mich hin. Bin benommen, nehmen nichts wahr, außer meiner Gedanken. Als ich plötzlich mit jemand zusammen stoße. Kurz wird mir ein wenig schwummrig. Schließe die Augen, reflexartig bei dem Aufprall.
„Au!“ – sie lächelt. Hält sich ihre Stirn. „Sie sind ein Dickkopf.“ – dann drückt sie die Finger an ihre Stirn. Ich öffne die Augen. Erschrecke als ich in ihre schönen Augen blicke. „Sie,… tut mir leid, ich war in Gedanken.“„Müssen schöne Gedanken gewesen sein.“ – ich ziehe meine Beine ran. Lächle kurz um meine Unsicherheit zu verstecken. „Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“ – fragt sie. Die Hand hält noch immer ihre Stirn. „Das wird sicher blau werden.“ – stammele ich. „Ihres sieht aber auch nicht gut aus.“ Sie erhebt sich. Nimmt meine Hand um mich zu sich rauf zu ziehen. „Gehen wir auf die Krankenstation … kühlen?“

…“Ist in Ordnung, wir kommen allein zurecht.“ Die Krankenschwester bringt die Eisbeutel. Dreht sich nach dieser Aussage jedoch rasch um und verschwindet aus dem Zimmer. Langsam bewegt sie sich durch den Raum. Schaut sich um. So wie sie es immer tut. Etwas unwissend! „Hier!“ Sie drückt den Eisbeutel an meine Stirn. Ein leises Stöhnen überkommt mich. „Hab ich Ihnen wehgetan.“ – haucht sie leise. Wieder überfällt mich ihr Geruch. „Nein, es ist nur kalt.“ – antworte ich. „Möchten Sie nicht auch.“ – höflich hält sie den Eisbeutel. Sie zwinkert, wirft dich dann den anderen Beutel an die Stirn. – „Au!“ – grinst sie.

"Da haben Sie mich ganz schön umgehauen." - flüstert sie. In der nächsten Sekunde, habe ich das Gefühl, sie schäme sich für diese Wort. Sie schaut an die Wand. Errötet leicht. Ich bin verwundert. Sage nichts!

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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 16:39 
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s ist so spannend geschrieben danke, vielleicht bekommen wir heute noch einen Part, bin gespannt wie es weiter geht mit den Beiden :bigsuper:


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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 17:00 
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oh ja, bidde bidde noch nachschub :mrgreen: :wink:


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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 20:20 
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Sie fesselt mich, immer wenn sie ihre großen, mutigen Augen aufschlägt. Ich schäme mich, könnte mich noch immer ohrfeigen, für diesen seltsamen Satz, der mir entkam, als wir auf der Krankenstation saßen. Ich habe keine Worte für diese Schwärmerei. Nie habe ich etwas für eine Frau empfunden und schon gar nicht für eine Insassin, oder eine meiner Mandantinnen. Doch sie war so eine Kämpferin, folgte ihrem Herzen standhaft in den Krieg. Putzte ihr Schwert mit ihren eigenen Tränen. Ihr Schild gleich - Stärke. Wie ein Löwin in der dichten Steppe, die jeden Feind den Kampf ansagt, der ihren Neugeborenen zu Nahe kam. Wie eine Blume in der Wüste, vor dem Verdursten, die nicht aufgab, das Leben nicht los ließ. Sie war wie eine Möwe im Wind, immer bereit zu einem erneuten Flügelschlag. Immer bereit für ein neues waghalsiges Manöver. Sie war der Schatz, nach dem jeder Suchte. Jeder lechzte, sich jeder verzehrte. Und jeder, … war ich! Unsere Begegnungen machen mich glücklich. Sie zeigen mir, was es heißt eine Sekunde zu leben. Wenn ich nach Hause komme, erfreut mich nichts. Ich komme nicht gerne nach Hause. Ich nenne es noch nicht einmal gerne … mein zu Hause. Ich fühle mich leer. Einsam! Verloren! Doch wenn ich sie sehe, habe ich das Gefühl eine andere Frau zu sein. Sie besitzt eine unbeschreibliche Macht, eine Macht über mich, welche positiv in mir wühlt. Ich denke oft an unseren Zusammenstoss, dann streichle ich sanft über meine Stirn, ertappe mich bei einem Lächeln. Die Stirn ist dick. Eine kleine Beule habe ich davon getragen. Auch sie. Heute als ich sie gesehen habe, mussten wir beide schmunzeln. Jede berührte die Stelle an der Stirn.

„Na Schönheit. Was läuft denn da zwischen der Gräfin und dir? Ich beobachte euch schon eine ganze Weile… und werde das Gefühl nicht los, dass da etwas im Busch ist.“ – ich hatte schon längst das Gefühl, dass Elke einen gewissen Reiz in mir sah. Immer war sie in meiner Nähe. Stierte mich an!
„Ich weiß nicht was Sie meinen, Frau Groß.“ – entgegne ich ihr, bevor ich mich abwende und weiter meine Runde auf dem Hof drehe. Sie läuft mir nach.
„Ich habe doch Augen im Kopf und das was ich sehe ist eindeutig.“
„Dann sollten Sie sich entweder eine Brille zulegen, oder noch besser hinschauen. Im Übrigen würde ich Ihnen gerne das „Sie“ anbieten.“
– Sie ist still, bleibt stehen. Steckt sich eine Zigarette an. Im Augenwinkel kann ich sehen, wie sie sich umdreht und geht.

Frau von Lahnstein sitzt wie immer allein auf der Bank. Irgendetwas beschäftigt sie. Ich laufe näher an sie heran. In ihrer Hand etwas Silbriges. Es glänz in der kalten Sonne. „Darf ich mich kurz zu Ihnen setzten?“ – frage ich.
„Bitte.“ – antwortet sie höflich.
„Wann bekommen Sie wieder Besuch. Es ist schon lange her, dass ihr Mann hier war.“ – Sie lacht, „Ben…“ – dann schweigt sie. „Das ist nicht mein Mann.“„Er kommt nächsten Monat.“„Seien Sie mir nicht böse, aber ich wäre gerne für einen Moment allein.“ „Aber sicher.“ - antworte ich. Dann stehe ich auf. Gehe weiter meine Runde.

„Na sieh einer an. Wenn da mal nichts läuft. Die Lahnstein spricht nur mir Ihnen…“ – sie legt alle Betohnung auf das ‚Ihnen’ „… ist Ihnen das noch nicht aufgefallen.“
„Frau Groß, ich würde mir wünschen, wenn Sie Ihren eigenen Problemen nachkommen würden, da haben Sie doch sicher genug zu tun.“

Sicher ist mir aufgefallen, dass sie nur mit mir spricht. Aber das muss ja nichts heißen. Denn noch erfreut mich die Tatsache, dass dieser Ben scheinbar doch nicht ihr Mann ist.

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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 21:03 
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:bigsuper:
Ich habe eben alle Teile von Heute gelesen und ich bin wirklich sprachlos. Die Geschichte ist so fesselnd. Büdde ganz schnell mehr davon.


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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 21:08 
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Danke für all eure lieben Kommentare.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=xwILHCwj30Y[/youtube]
Dieser Song hat mich die letzten 5 Kapitel inspiriert.
Viel Spass beim Lauschen :D

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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 21:25 
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ganz toll wieder, beehrst du uns heute nochmal mit einem weiteren Teil? Wäre echt lieb :knuff:


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BeitragVerfasst: 22.12.2009, 22:42 
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die letzten teile sind einfach klasse !!!
die geschichte ist spannend geschrieben ,
macht lust auf mehr !! :wink:
ach und die spannung ist immer noch da !! :wink:

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BeitragVerfasst: 23.12.2009, 15:32 
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Morgen ist Weihnachten. Ich wollte der schönen, neuen Werterin meine Kette schenken, einfach weil sie mich in Erinnerung behalten soll, an diesem besinnlichen Abend. Außerdem darf ich die Kette hier nicht haben. Es ist verboten Schmuck zu tragen. Auf der Bank im Hof überlege ich mir einige Worte die ich sage, wenn ich ihr die Kette überreiche. Sie ist höflich und nett, die freundlichste Person hier in diesen grausamen Hallen. Immer beschert sie mir Wärme und Licht, die eigentlichen Geschenke am Heiligen Abend. Wie gerne würde ich in die Kirche gehen. Ein Gebet zu meinen Vater sprechen. Danach einen Tee trinken und mich besinnen. Doch das ist unmöglich! Wenn ich einen Wunsch hätte, dann wünschte ich mir einige Sekunden um genau - das zu tun.
Ich wollte sie nicht wegschicken, gerne unterhalte ich mich mit ihr. Schaue sie gerne dabei an und bewundere ihre Stärke. Stelle mir vor wie sie lebt. Sicher hat sie einen wunderschönen Mann, einen kleinen Sohn mit denen sie gemeinsam den morgigen Abend genießt. Ihre Wohnung ist wunderschön geschmückt. Ihr Wohnzimmer duftet nach Tannennadeln, wie in einem dicht bestellten Wald. Auf dem Tisch stehen Plätzchen, einige gradlinige die sie gebacken- und einige verzerrte die der kleine Junge geformt hat. Die Geschenke häufen sich, welche sie voller Glück in weihnachtliches Papier eingehüllt hat. In den darauf folgenden Tagen kommen ihre Eltern, sie lachen, sitzen gemeinsam vor einem festlichen Mahl. Tauschen Geschenke aus. Ich träume vor mich hin … freue mich für ihre liebreizende Familie.

„Was beschäftigt Sie, Frau von Lahnstein… ich weiß, Sie wollten allein sein, doch…“ – sie schweigt.
Ich lächle sie an. „Möchten Sie sich…“ Ich zeige auf einen freien Platz auf der Bank.
„Morgen ist Weihnachten. Ich vermisse meinen Vater, … ich bin traurig, würde den morgigen Tag gerne wo anders verbringen.“ – Wieder lache ich sie an,… sie erkennt rasch meinen dunkel angehauchten Humor.
„Was würde Sie machen, wenn Sie die Wahl hätten?“ – fragt sie!
„Ich würde gerne in eine Kirche gehen, dort für meinen Vater beten.“ – antworte ich.
Sie schaut in die Weite. Beobachten die Wolken, die sie mit ihren Blicken am Blau festheftet.
„Wie werden Sie den Abend verbringen?“ – frage ich voller Vorfreude auf ihre nächsten Worte.
Sie atmet tief ein. Ihr Blick verfinstert sich leicht.
„Wohl wie jedes Jahr…“
Damit hatte ich nicht gerechnet. Ungläubig schaue ich sie an.

Der unfreundliche Werter ruft von der Pforte
„Alles reinkommen, die Zeit ist vorbei. Alle wieder zurück an die Arbeit.“
Sie springt auf. Steck die Hände in die Taschen.

„Laufen wir noch ein Stück?“ – dann lächelt sie.

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BeitragVerfasst: 23.12.2009, 17:59 
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der teil passt ja jetzt sehr gut zur weihnachtszeit !!!
man kann sich szene im gefängnishof sehr gut vorstellen.
und es bleibt weiter spannend ,
wir wissen immer noch nicht wer die neue wärterin ist !!
ich hoffe die spannung bleibt noch ein wenig erhalten !!! :wink: :wink:

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BeitragVerfasst: 24.12.2009, 13:05 
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Wir laufen zusammen zur Pforte. Es überkommt mich ein leichter Schauer, wenn sie neben mir geht. Sie ist still. Spricht nun nicht mehr. In ihren Augen liegt Angst und etwas Bitteres, welches ich nicht zu deuten weiß. Ich schaue sie lange an. Halte mich jedoch still im Hintergrund als wir die Tür passieren. Ihr letzter tiefer Atemzug, der sich zu einem hellen Schwall in die Kälte legt… dann dreht sie ab. Schaut mich an, lächelt zufrieden. Mein Herz schlägt schnell. Immer befürchte ich, dass diese Zuneigung, welche ich zwischen uns spüre von irgendjemand beobachtet wird. Doch jeden Blick den sie mir schenkt, lässt mich diese süße Herausforderung, diese süße Angst, in jeder Faser meines Körpers erhoffen. Wenn ich ehrlich bin möchte ich nicht dass unsere Begegnungen enden. Ich möchte nicht, dass das Gefühl welches mich flutet irgendwann aufhört. Diese schreckliche Tatsache, hier zu sein, unschuldig… kann nur eines aufwiegen… ihr Lächeln.

Den ganzen Tag denke ich an sie. Laufe auf meiner Zelle auf und ab. In der Wäscherei vergesse ich die Bügelarbeiten und der Schnee im Hof beginnt zu Schmelzen bei meinen langsamen Versuchen ihn von einer Seite zur anderen zu schaffen. Ein Glück bin ich allein und werde dabei nicht beobachtet. Dachte ich…!

„Frau von Lahnstein.“ – erklingt es hinter mir, leise. Ich drehe mich um, lasse die Schaufel fallen, so erschrecke ich mich.
Da steht sie. Lächelnd, wie immer, wenn wir uns begegnen. Die Hände hat sie in die Tasche gesteckt. Die Mütze fast bis an die Augen gezogen.
„Ich werde Sie heute Nacht abholen. Sie dürfen niemanden davon erzählen. Wir gehen gemeinsam in die Michaelis – Kirche vorne am Roten Turm…“ – sie flüstert, ist sichtlich nervös. Zeigt schüchtern mit dem Finger an die Ausgangspforte.
„Ich verstehe nicht…“ – antworte ich verwirrt.
„Sie haben es sich doch gewünscht, mehr als alles andere auf der Welt…“
„Aber… das ist doch Flucht, zudem gefährlich und wenn wir erwischt werden… dann… was passiert mit Ihnen?“
„Schlimmsten Falls fliege ich aus der Einrichtung…“ – lächelt sie.
…“schlimmsten Falls sind sie dann hier ebenso eine Gefangene.“
– entgegne ich.
„Frau von Lahnstein, nie war ich so sicher, dass das was ich mache richtig ist. Ich möchte Ihnen diesen Wunsch erfüllen. Sie sollen zu Ihrem Vater beten. Für eine Sekunde glücklich sein. Es wird nichts passieren.“
„Aber was ist mit den Überwachungskameras und den Wächtern am Ausgang.“
„Lassen Sie das meine Sorge sein.“


Ich weiß nicht warum, nie hat ein Mensch so etwas für mich getan und ich bin sicher, dass es niemals wieder einen Menschen geben wird, der annähernd so etwas für mich tun wird.
„Warum tun Sie das?“ – flüstere ich leise.
„Weil Sie etwas Besonderes sind.“ – antwortet sie.
Dann wendet sie sich ab, geht zurück zum Gebäude. Ich stehe wie versteinert. Meine Hände bewegen sich nicht. Ebenso mein schockierter Körper, der diese Worte nie erwartet hätte. Ich weiß nicht ob ich glücklich sein sollt, oder ob mein Verstand für solch eine Aktion zu klein kariert ist. Nie habe ich etwas gewagt. Immer war ich schüchtern und klein, habe mich auf die anderen verlassen und lieber nichts Eigenes versucht oder angepackt, um Niederlagen zu vermeiden. Doch heute weiß ich, dass ein Mensch nur aus Niederlagen gestärkt hervor geht. Nur aus Tiefschlägen lernt. Das Risiko prägt und zu dem führt, was einen Charakter ausmacht. Ich lächle!

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BeitragVerfasst: 24.12.2009, 13:09 
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toll toll wieder geschrieben!

weiter so :mrgreen:


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