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BeitragVerfasst: 27.04.2013, 22:43 
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so, wie versprochen:

Kapitel 55: Coming closer

Closer von Kings of Leon dröhnte durch die Boxen und er drehte die Musik bis zum Anschlag auf. „This floor is crackling cold, she took my heart, I think she took my soul.” Er war zugedröhnt – auch bis zum Anschlag. Tristan rieb sich die Nase. Er war wieder voll drin. Im Sumpf der Gefühle. Und diesmal kam er nicht mehr heraus.

Zwei Monate zuvor:

Mit einem Satz war er bei ihr im Bett. „Was machen wir beiden hübschen heute noch?“, fragte er Bella und küsste sie auf die Stirn. „Erstmal frühstücken“, sagte sie als sie den reichhaltig gedeckten Tisch sah. „Typisch Bonnie, immer nur ans Essen denkend. Du erinnerst mich manchmal an Fritzsches Andi“, lachte der Graf und zog sie mit sich. Bella stöhnte auf. Erinner mich nicht an Andi. Der ist so schlimm seit wir zusammen sind“, sagte sie. „Genau, über den Bauarbeiter können wir später noch ablästern, jetzt wird erstmal gegessen“, stimmte Tristan zu und zog Bella den Stuhl zurecht. Die Rothaarige staunte über die Köstlichkeiten, die ihr Freund gezaubert hatte und griff zu. Dieser sah Bella belustigt an. Er konnte sich nicht satt an ihr sehen. Die Leichtigkeit und die Unbekümmertheit faszinierten ihn stets aufs Neue. Spontan griff er nach ihrer Hand, sah sie an. „Ich liebe dich, weißt du das?“, fragte er. Bella unterbrach ihre Kaubewegungen und lächelte ihn an. Wie immer wenn er ihr die magischen drei Worte sagte, lief ihr ein Schauer über den Rücken, so auch diesmal. „Ich weiß“, sagte sie einfach und aß weiter.

Tanja hatte Rebecca nicht wieder eingestellt. Es hatte nichts genutzt. Marlene hatte der Blondine die Freundschaft gekündigt, doch auch das hatte Gräfin von Lahnstein nicht erweicht. Sie hatte einen handfesten Skandal im Hause LCL. Keine Herbstkollektion, die bereits jetzt im Frühjahr, stehen musste und noch dazu die Blamage, dass sich ihre Chefdesignerin die Entwürfe klauen ließ. Dieses prekäre Detail war zwar nur in der Grandezza als Mutmaßung erwähnt worden, aber Tanja wusste, dass es stimmte. Man hatte der Grandezza und dem Skandalreporter Ricky Pflock einen Hinweis gegeben. Das störte jedoch nicht im geringsten den Absatz der Kollektion von „Abodigo y Lujo“, im Gegenteil, die Fashion-Line hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Tanja hatte bereits Ersatz für Rebecca eingestellt. Die junge Dunkelhaarige Designerin Armanda Kensington aus den USA. Sie hatte einen fabelhaften Ruf. Armanda hatte eine Assistentin als Voraussetzung verlangt, damit sie bei LCL anfangen würde, eine Assistentin, die sie selbst bestimmt hatte. Tanja von Lahnstein war damit einverstanden gewesen.

Ansgar bewegte sich schneller und schneller. Er konnte nicht genug bekommen. Zu süß war die Verlockung seine Macht immer und immer wieder auszunutzen. Er war auf der absoluten Erfolgswelle und das machte ihn hungrig. Hungrig auf mehr. Er wollte alles. Nicht nur die Macht über die Firma sondern Macht über jeden der ihm in die Quere kam. Es war wie ein Rausch. Er brauchte es so wie die Luft zum Atmen. Zu lange war er in der zweiten Reihe gestanden als Ludwig noch lebte. Jetzt war er am Drücker und er würde es auch bleiben, so viel war sicher. Irina war eine Bombe. Er mochte sie auf eine Art. Die junge Polin war durchtrieben – wie er. Auch wenn sie gekauft war, so hatte er ein klein bisschen Respekt vor ihr – vor ihrer Zielstrebigkeit und ihrem Willen voranzukommen. Das schätzte er – und er schätzte auch ihre Liebesdienste. Sie wusste was er wollte, wie er tickte und sie mochte es. Sie war ihm auf eine Weise verfallen aber auf eine andere Art hatte sie etwas Liebreizendes an sich, etwas das Ansgar anzog. Er wusste nicht genau was es war. Er machte den Fehler, die Dunkelhaarige während des Sexes anzusehen. Sie war wunderschön. Er hatte selten so eine schöne Frau gesehen. Aber das war es nicht. Fast hatte er das Gefühl, dass sie wie er war, ihm ähnelte. Ansgar bemerkte, dass sie längst nicht mehr nur mit ihm schlief weil er sie dafür bezahlte. Und auch er schlief nicht nur mit ihr weil Lust auf eine gute Nummer hatte. Irina sah ihn auch an und küsste ihn. Er erwiderte ihn und berührte ihre schwarzen glänzenden Haare.

Dann bewegte er sich wieder weiter mit ihr und schloss die Augen. Dann geschah etwas Unerwartetes. In seinem empfindlichsten Moment – dem Moment seines Höhepunktes – sagte sie ihm etwas, etwas dass ihn ein Stückweit aus der Bahn warf, mit dem er nicht gerechnet hatte. Er sah sie irritiert an. Sein Atem ging noch stoßweise und er war noch nicht wieder komplett im Hier und Jetzt angekommen. „Es ist etwas passiert, dass mir nicht hätte passieren dürfen“, flüsterte sie. „Ich habe mich in dich verliebt.“

"Du hast ja eine geile Art mir zu antworten", lachte Tristan und sah Bella belustigt an - fast ein wenig beleidigt. "Wieso?", fragte die Rothaarige und warf ihre Locken zurück. Sie liebte das Spiel mit dem Grafen, liebte es, ihn zu foppen. Er grinste statt einer Antwort nur. Dann wurde Bella ernst und griff nach Tristans Hand. Sie sah ihn intensiv an. "Du willst es hören?", frage sie. "Dann sag ich es dir." Sie legte eine Pause ein und ihre Augen verengten sich etwas ehe sie weitersprach. "Tristan von Lahnstein ich liebe dich. Alles an dir. Deine egozentrische Art, deinen schwarzen Humor, deine sensible wie deine arrogante Seite und sogar deinen Hang zur Selbstüberschätzung. Ich liebe es wenn du bei mir bist, ich liebe es wenn du mit Kontra gibst und ich liebe es wenn du mich aufbaust. Ich liebe es wenn wir zusammen schlafen und ich liebe es in deinen Armen einzuschlafen. Ich bin total kitschig grad aber das ist mir egal." Tristan sah sie nur an und drückte ihre Hand fester. "Du bist wunderbar, Bonnie und nicht kitschig", sagte er leise.

Tanja von Lahnstein musterte die junge Frau geringschätzend. Sie hatte nicht übel Lust sie richtig fertigzumachen. Nicht weil sie etwas falsch gemacht hatte, im Gegenteil. Sie war gut, sie war verdammt gut in dem was sie tat. Die Assistentin von Armanda Kensington war extrem fleißig, sie war engagiert und auch wenn sie auf der Karriereleiter nicht grade die höchste Stufe emporgestiegen war, so hatte sie eine Art an sich, die ziemlich respekteinflößend war. Sie wirkte zielstrebig und couragiert. Tanja hatte fast Achtung vor ihr und genau das hasste sie. Noch dazu sah sie extrem gut aus. Ihr ebenmäßiger Teint war gebräunt und bildet einen Kontrast zu ihren tiefblauen Augen. Ihre schwarzen, sehr langen Haare gingen bis zum Po und sie war schlank und gutgebaut. Tanja witterte Konkurrenz im eigenen Hause. „Was machen Sie schon wieder da, Sie Trampel?“, fuhr sie die junge Frau an. Sie wollte sie fertigmachen, einfach zum Spaß. „Oh, Gräfin Lahnstein, entschuldigen Sie mein Missgeschick. Ich werde den Fehler sofort beheben“, sagte sie und Tanja spürte, dass ihre Freundlichkeit nur aufgesetzt war. Sie machte es aber so gerissen, dass man nur wenn man sich mit Menschen gut auskannte, bemerkte, dass sie süßholzraspelte. Es sollte unterwürfig klingen aber sie spielte ein Spiel und das Spiel bedeutete, dass egal, was Tanja machte, die Assistentin Armandas immer einen Schritt vorausdachte. „Ja, aber pronto, sonst können Sie ihren süßen kleinen Arsch gleich wieder zur Tür hinausbefördern“, schnauzte Tanja. „Natürlich, Frau von Lahnstein“, gab die Dunkelhaarige zurück und machte sich wieder an die Arbeit. Sie ging in das Büro von Armanda und die blonde Gräfin hörte sie da vor sich hin singen. Es war ein Lied in einer fremden Sprache. Einer osteuropäischen Sprache.

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Verfasst: 27.04.2013, 22:43 


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BeitragVerfasst: 28.04.2013, 22:10 
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Kapitel 56: Hit the home stretch

Als Ansgar aufwachte war Irina fort. Er war nach dem Sex eingeschlafen. Er rieb sich die Augen und sah auf die Uhr. Es war halb vier. Er hatte tief und fest geschlafen von 21 Uhr an. Seufzend – weil er jetzt hellwach war – fingerten seine Hände nach einem Glas Wasser dass er am Nachtisch stehen hatte. Im Dunkeln fand er jedoch das Getränk nicht. Dafür ertasteten seine Hände etwas anderes: Ein Bündel Geldscheine. Genauer gesagt 300 Euro. Irina hatte das Geld nicht genommen. Sie hatte ihren Verdienst liegen gelassen. Ansgars Magen durchzuckte ein Gefühl, dass er nicht einzuordnen vermochte oder sich nicht wirklich eingestehen wollte. In der Dunkelheit konnte man nicht sehen was in seinem Gesicht passierte und das war gut so. Es war ein Lächeln.

Bella und Tristan verlebten ihren letzten Tag in der Schweiz. Sie gingen Hand in Hand durch Luzern, welches die nächste größere Stadt in der Nähe des Chalets war, und genossen die ersten warmen Sonnenstrahlen. Der Vierwaldstätter See lag glänzend in der Sonne und ein paar Boote schipperten auf dem See umher. Es war einfach traumhaft. Die beiden Verliebten waren beide gedanklich meilenweit entfernt von Königsbrunn und Düsseldorf und wollten noch nicht loslassen, loslassen von diesem Ort, der ihnen wie verzaubert vorkam, denn sie wussten, zurück in der Heimat würden schon die nächsten Probleme warten. Bella sah Tristan von der Seite an wie sein Blick über die malerische Umgebung wanderte und es kam ihr so vor als hätte sie ihn niemals gelöster und glücklicher erlebt. Sie nahm seine Hand in die ihre und bedeutete ihm, stehenzubleiben. Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. Das Sonnenlicht reflektierte die Strahlen in ihrem Auge und Tristan bemerkte einmal mehr wie schön er sie fand. Keiner sagte ein Wort und doch wusste jeder was der andere fühlte. Sie sahen sich einfach nur an.

Rebecca lag auf der Couch in der Orangerie und weinte still vor sich hin. Die Arbeit war ihr Leben und jede einzelne Kollektion gehörte zu ihrem Lebenswerk. Marlene war kurz zu Elisabeth ins Haupthaus rübergegangen um nach ihr zu sehen. So konnte die Brünette in Ruhe ihrer Trauer nachgehen. Wenn ihre Freundin anwesend war so riss sie sich zusammen. Sie wollte nicht ungerecht erscheinen, da auch Marlene ihren Traum aufgeben musste. Aber ihr fehlte ihre Arbeit so, sie brauchte sie einfach. Nur zu Hause zu sitzen war nichts für sie und auch wenn Marlene alles Erdenkliche tat um sie aufzumuntern, so konnte sie einfach nicht aus ihrer Haut. Auf einmal klingelte ihr Handy. Sie warf einen Blick auf das Telefon, das auf dem Tisch lag und sah dass es Ricky Pflock war. Sie hatte den Skandalreporter zwar nicht eingespeichert aber Rebecca hatte ein sehr gutes, fast graphisches Gedächtnis und so konnte sie die Nummer auswendig. Was wollte der denn? Sie beschloss ranzugehen. „Herr Pflock, was kann ich für sie tun?“, fragte sie bissig. „Sehr gut, sehr gut, Gräfin Lahnstein. Sie erkennen mich an der Nummer. Ich bin beeindruckt“, sagte er in seiner üblichen etwas herablassenden Manier. „Bilden Sie sich nichts drauf ein, Pflock. Ich würde mal sagen, kenne deine Feinde trifft es wohl.“ „Na, na, Gräfin, ich komme in guter Absicht. Ich bin nicht ihr Feind. Jedenfalls heute nicht.“ „Gut. Machen Sie es kurz, Pflock.“

Graf Sebastian von Lahnstein hatte genug. Er hatte grade den letzten Whiskey – entgegen seiner sonstigen Art kaum etwas zu trinken – heruntergekippt und wankte mehr schlecht als recht aus der Bibliothek von Königsbrunn als Ansgar ihn passierte. „Oh“, sagte dieser mit hochgezogener Augenbraue und mit leicht ironischem belustigten Tonfall und hoher Stimmlage. „Hat dich die Massenmörderin verlassen oder warum gibst du dir die Kante?“ „Was geht dich das an?“, schnaubte Sebastian. „Na, na, mein lieber Vetter, ich bin doch nur an deinem Wohlgefallen interessiert.“ Dann sah er von Sebastian auf die leere Karaffe seines besten Whiskeys und wieder zurück zu Sebastian. „Sag mal hast du von meinem Bourbon getrunken? Ohne mich zu fragen?“ Ansgar schnalzte strafend mit der Zunge, nicht ganz ernst gemeint. „Lass dir doch von Jus- Jus – Justusch einen Neuen bringen“, lallte Sebastian. Ansgar grinste und klopfte seinem Cousin auf die Schulter. „Ne, lass mal, für meinen Vetter nur das Beste“, meinte er und fügte noch sehr leise hinzu: „Ist ja für einen guten Zweck“, so dass es Sebastian nicht hören konnte. Als er schon augenscheinlich im Gehen war, drehte er sich noch einmal um. „Ach, Sebastian, sag mal Tanja ist noch bei LCL. Ich komme grade von dort. Ich soll dir sagen, dass sie noch länger arbeiten wird. Aber um ganz ehrlich zu sein, mir kam es nicht so vor als würde sie dort noch arbeiten.“ Bedeutungsschwanger ließ Ansgar den letzten Satz im Raum stehen. Sebastian ging voll drauf ab. „Wasss wills du damit saagen?“ Wieder klopfte Ansgar dem jüngeren auf die Schulter. „Das – mein lieber Cousin – finde mal lieber selbst heraus.“

Keine Viertelstunde später kam ein sturzbetrunkener Sebastian von Lahnstein bei LCL an. Doch statt seiner Ehefrau fand er etwas anderes vor. Etwas, dass ihm den Atem für einen Moment raubte.

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BeitragVerfasst: 29.04.2013, 15:32 
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Kapitel 57: Nagging Doubt

„Ich will Ihnen ein Angebot machen, Gräfin Lahnstein“, sagte der Skandalreporter. „Was für ein Angebot?“ „Eine Gegendarstellung in der Grandezza“, schlug er vor. Rebecca schnaufte in den Hörer. „Sie machen mir Spaß, wegen Ihnen ist es doch überhaupt nur dazu gekommen!“ „Frau von Lahnstein, ich verstehe Sie, aber verstehen Sie auch mich. Es ist mein Job, Skandale auszuschlachten und wenn mir so eine Gesichte zugetragen wird dann werde ich meinen Job erledigen. Ich will Ihnen jedoch die Möglichkeit geben, sich zu wehren. Es liegt an Ihnen. Wenn sie möchten – morgen um 16 Uhr bin ich im Schneiders.“ Damit hatte er aufgelegt. Rebecca saß da mit dem Handy in der Hand und schwankte zwischen Hoffnung und Wut. Schließlich entschied sie sich dafür ihre Chance wahrzunehmen. Sie bemerkte, dass Marlene zurückkam und beschloss, ihrer Freundin erst einmal nichts zu sagen, da sie wusste wie diese darüber denken würde.

„Ich will hier nicht weg“, flüsterte Bella an Tristans Ohr. Sie saßen zusammen im Taxi, dass sie zurück ins Chalet brachte. „Wir haben noch die ganze Nacht“, gab er zurück, genauso leise und sah sie eindeutig an. „Ja“, flüsterte sie und beschloss, den Alltag noch ein bisschen aus ihrem Kopf zu verbannen.

Ansgar ging frohlockend auf sein Zimmer. Wenn alles so klappte wie er es vorgestellt hatte würde Sebastian eine schöne Überraschung erleben. Sein Plan, sie alle zu vernichten, schritt voran. Er zog intensiv an seiner Zigarre und inhalierte die Rauch tief ehe er ihn ausblies. Für einen kurzen Moment meldeten sich Zweifel in ihm, die er jedoch sofort versuchte wieder zu verdrängen. Er war ein Machtmensch und er nahm keine Rücksicht auf die Gefühle anderer.

Wirklich nicht?

Warum hatten ihn dann die liegengelassenen 300 Euro aus der Bahn geworfen? Warum hatte das Geständnis Irinas etwas in ihm ausgelöst? Er erinnerte sich an seine Antwort als die Polin ihm sagte, dass sie sich in ihn verliebt hatte. „Ich dachte, das schließt sich aus in deinem Berufsstand?“ Sie hatte ihn direkt angesehen und erwidert: „Ja, so soll es sein. Aber ich bin keine Maschine, Ansgar, sondern ein Mensch, eine Frau mit Bedürfnissen und Gefühlen.“ Ansgar hatte gezögert etwas zu antworten. „So wie auch du keine Maschine bist, und nur halb so kalt wie du nach außen vorgibst zu sein. Denk einmal drüber nach.“ Er erinnerte sich daran, dass sie nach dem Sex auf Ansgars Brust liegengeblieben und nicht sofort aufgestanden war. Es hatte sich gut angefühlt. Die Nähe einer Person hatte sich gut angefühlt obwohl er es eigentlich nicht hatte zulassen wollen, schon gar nicht wenn es sich bei dieser Person um eine Prostituierte handelte. Dennoch hatte er sie nicht weggeschickt. In dieser Position war er schließlich eingeschlafen.

Ansgar zog erneut an seiner Zigarre und verbot sich selbst die Gefühlsduseleien. Sie brachten ihn nur von seinem Plan ab. Das wollte er auf keinen Fall zulassen. Diesmal würde er sie alle auslöschen.

Der Alltag kam eher als gedacht.

Bella und Tristan hatten Sex zusammen gehabt und waren dann zusammen eingeschlafen. Während Tristan schnell eingedöst war hatte Bella noch etwas länger gebraucht. Als sie dann endlich weggeschlummert war, bemerkte sie wie durch einen Filter, dass Tristan aufgestanden war. Erst dachte sie, dass er nur ins WC gegangen war, doch dann hörte sie ihn reden. Sie konnte nichts verstehen von dem was er sagte aber es bereitete ihr Unbehagen. Was konnte es sein, dass ihn dazu trieb noch zu nächtlicher Stunde aufzustehen und zu telefonieren? In ihre keimte wieder der ungute Gedanke, dass Tristan etwas vor ihr verbarg. Etwas, das so schrecklich war, dass sie es nicht würde ertragen können.

„Was machen Sie da?“, fragte Sebastian von Lahnstein, jetzt wieder seine Sprache wiederfindend und starrte weiter auf die skurrile Situation die sich ihm bot.

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BeitragVerfasst: 01.05.2013, 20:11 
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Kapitel 58: Tempation

Sie stellte sich schlafend als er zurück ins Zimmer kam. Leise, um sie nicht zu wecken, stieg er ins Bett zurück. Bella bemerkte, wie er ihre Decke ein Stückweit höher zog, damit sie nicht fror, weil diese zurückgerutscht war. Dann spürte sie seinen Atem an ihrem Hals und seinen Mund an ihrem Haaransatz. Sie konnte nicht verhindern dass sich ein Kribbeln in ihr breitmachte. Vielleicht tat sie ihm doch unrecht? Vielleicht hatte es alles einen plausiblen Grund warum er Heimlichkeiten vor ihr hatte oder vielleicht hatte er gar keine vor ihr sondern war in seiner Abwesenheit so unruhig was seinen Club anging, dass er sich erkundigen wollte ob alles seinen Gang ging. Doch so ganz glaubte Bella selbst nicht daran.

„Wonach sieht´s denn aus?“, kam die Stimme der Dunkelhaarigen zurück, die sich auf Tanjas Bürostuhl räkelte. Sebastian war erst einmal sprachlos ob soviel Unverfrorenheit, dass sich die Assistentin der Designerin seiner Frau auf deren Schreibtischstuhl platziert hatte. Grade als er etwas erwidern wollte, stand sie auf und kam auf ihn zu, langsam, und verdammt sexy. Sie trug lediglich dunkelrote Unterwäsche, die einen verführerischen Kontrast zu den langen schwarzen Haaren bildeten, sowie Strapse und halterlose Strümpfe. Sebastian wich zurück, doch die Schwarzhaarige kam näher und näher und blieb vor ihm stehen, sehr dicht. Er wollte weiter zurück, doch da war die Glasscheibe von Tanjas Büro in seinem Rücken. „Frau – wie war noch gleich Ihr Name?“, begann er und versuchte dem fordernden Blick der Frau auszuweichen. „Irina, ich heiße Irina“, sagte sie und ihr Tonfall ließ keinen Zweifel darüber, was sie gleich gedachte mit ihm zu tun. „Irina“, sagte Sebastian, „Ziehen Sie – Sie sich bitte etwas über.“ Der Alkohol forderte immer noch seinen Tribut und so konnte Tanjas Ehemann den Blick kaum von der extrem attraktiven Polin wenden. „Soll ich das wirklich?“ Die Stimme sowie der Augenaufschlag, das alles war zu viel für Sebastian. Wie als ob er nicht mehr Herr über seine Sinne war, ließ er zu, dass Irinas Mund auf seinem landete. Sein „Meine Frau“, wurde im Keim erstickt.

Er fragte sich ob sie ihren Plan bereits durchgezogen hatte und er fragte sich ob sein Cousin auf das Spiel eingegangen war. Ansgar war sich nicht einmal zu hundert Prozent sicher ob er wirklich ganz tief in seinem Inneren nicht doch hoffte, dass Sebastian Irina abwehrte. Etwas wie Eifersucht machte sich in ihm breit, so absurd das Ganze auch war, denn die Dunkelhaarige war eine Prostituierte und hatte sicherlich mehr Männer im Bett gehabt als er Frauen, auch wenn Ansgar nicht grade als Kostverächter bekannt war. Es war ihr Job, Männer flachzulegen, ohne Gefühle, gegen Bezahlung. Und sie machte diesen Job verdammt gut. Ansgar starrte in der Dunkelheit vor sich hin, versuchte, sich bildlich vorzustellen was Irinas Hände und ihr Mund mit ihm gemacht hatten. Er konnte nicht verhindern, dass es ihn anmachte. Als er es nicht mehr aushielt, nahm er das Telefon und wählte ihre Nummer. „Ich bin´s“, sagte er als sie ranging. „Und? Ich hoffe, du hast gute Neuigkeiten?“, fragte er in den Hörer und wusste nicht ob er es wirklich wissen wollte. „Was denkst du?“, gab sie zurück. „Ich bin Profi. Dein Cousin hat sich ein wenig geziert aber ansonsten.. naja..“, lachte sie. Ansgar schluckte. „Du hast also wirklich mit ihm geschlafen?“ „Keine Sorge, du bist besser“, neckte sie ihn. „Davon gehe ich aus.“ Er versuchte, seine Stimme möglichst cool klingen zu lassen, was ihm nicht ganz gelang. „Du bist eifersüchtig, stimmt´s?“ Ihr Tonfall änderte sich. „Das brauchst du nicht sein. Du weißt was ich empfinde.“ „Bitte?“, gab er sarkastisch zurück, härter als beabsichtigt. „Hör zu Schätzchen, ich bezahle dich. Ich bezahle dich für den Sex, den wir miteinander hatten und ich bezahle dich dafür, dass du meinen Cousin verführt hast. Mehr nicht.“ Damit beendete er das Gespräch.

Am nächsten Tag um 16 Uhr traf Rebecca auf Ricky Pflock. Sie hatte sich etwas früher bereits in dem Restaurant von Charlie Schneider eingefunden und sich ein Wasser bestellt. Der Skandalreporter war pünktlich. „Frau von Lahnstein, ich freue mich, dass sie meiner Einladung gefolgt sind.“ „Lassen Sie das Süßhalzgeraspel und sagen Sie wie sich das vorstellen, ich habe nicht ewig Zeit.“ Er musterte sie von oben bis unten. „Ich dachte, sie wären Ihren Job los.“ Das hatte gesessen. „Hören Sie zu, wir können das hier auch beenden“, drohte Rebecca und erhob sich. Ricky Pflock hob abwehrend die Hände. „Ja, ja, ich habe verstanden. Ich möchte Ihnen wie bereits am Telefon gesagt, die Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Hier und jetzt.“ „Was haben Sie davon?“, wollte Rebecca wissen. „Nichts, aber Sie.“ „Seit wann so mitfühlend?“ „Sie werden lachen, aber ich bin durchaus sensibel. Ich möchte einfach die andere Seite beleuchten.“ Rebecca beugte sich ein Stück vor und sah Pflock mit festem Blick an. „Also gut. Ich werde Ihnen jetzt Rede und Antwort stehen.“

Ansgar konnte sich kaum konzentrieren. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab obwohl er es verhindern wollte. Er war froh als er seine Arbeit erledigt hatte und Richtung Königsbrunn fahren konnte. Wieso bloß hatte diese Frau in seinem Kopf Platz? Sein Plan durfte nicht gefährdet werden, jetzt wo er fast am Ziel war. Als er zu Hause ankam zückte er sein Handy, wählte eine Nummer. „Ich bin´s“, sagte er als sich der Angerufene meldete. „Und? Ist alles gelaufen wir geplant?“ Er wartet die Antwort ab und nickte dann kaum merklich. „Gut. Das wollte ich hören.“ Dann legte er auf. Als er sein Handy achtlos auf den Tisch pfefferte hörte er plötzlich eine Bewegung hinter sich. Er schnellte herum und erschrak.

Bella drückte die Klinke der mächtigen Eingangstür von Schloss Königsbrunn herunter und betrat die Halle. Langsam und noch immer ein wenig ehrfürchtig ging sie zur großen Treppe und wollte sie emporsteigen als sie die Stimmen Marlenes und Rebeccas vernahm, die sich offenbar im Esszimmer stritten. Sie wollte nicht neugierig sein aber konnte sich nicht verkneifen, ein paar Schritte in Richtung Tür zu machen. „Du hast wohl vergessen, was Tristan alles getan hat?“, hörte sie jetzt Marlene rufen. „Nein, das hab ich nicht, aber was hat das damit zu tun?“, wollte Rebecca wissen. „Rebecca, er hat dich entführen lassen und du wärest fast gestorben seinetwegen!“ Die Rothaarige wich erschrocken zurück. Ihr wurde schwindelig und sie musste Halt suchen an der Türklinke, drückte sie dabei herunter, so dass die Tür sich bewegte und ein Stück aufging. Als sie es bemerkte, drehte sie sich pfeilschnell um und wollte so rasch wie möglich aus dem Schloss rennen. Doch an der Eingangstür spürte sie wie sich eine Hand um ihren Arm klammerte und sie festhielt.

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BeitragVerfasst: 04.05.2013, 20:49 
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Kapitel 59: Moment of truth

„Was willst du hier?“, knurrte er und sah sie bitterböse an. Sie ließ sich nicht beeindrucken sondern schloss die Schiebetür hinter sich und ließ sich auf einen der bequemen Ledersessel fallen. „Ich habe nicht „Herrein“ gesagt“, pflaumte er sie wieder an, doch sie ließ sich nicht beirren. „Ich dachte es interessiert dich was ich dir mitgebracht habe?“, fragte sie und hielt den Speicherchip aus der von Ansgar installierten Überwachungskamera in der Hand. „Gib schon her“, rief er und riss ihr die Speicherkarte aus der Hand. Mit etwas zittrigen Fingern steckte er die Karte in sein Notebook und wartete gespannt auf das was ihn erwarten würde. Für einen kurzen Moment schaute er die Aufnahme an und hatte dann genug gesehen. Es war der Beweis, dass Sebastian von Lahnstein Irina gegenüber schwach geworden war. Er konnte es kaum vor sich selbst zugeben aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es die Polin wirklich schaffen würde, denn sein Cousin war ein Ausbund an Loyalität gegenüber seiner Ehefrau. Was er auch nicht vor sich selbst zugeben konnte war, dass es ihm einen ganz kleinen Stich versetze was er sah. „Ich weiß nicht wie du das geschafft hast, aber gute Arbeit“, sagte er zu Irina gewandt. Diese grinste ihn an. „Ich habe dir doch gesagt es ist ein Kinderspiel.“ Ansgar war sofort wieder gefasst. „Wie dem auch sei, jetzt ist unsere Zusammenarbeit erledigt.“ Er stand auf und ging zur Kommode, zog eine Schublade auf und entnahm ihr etwas. „Hier. Die restlichen anderthalb Tausend Euro.“ Irina griff nach dem Geld und blieb dann unschlüssig vor Ansgar stehen. „Ich habe gesagt unser Deal ist beendet“, wiederholte der Graf und sah Irina fest an. Sie blickte zu Boden. „Ich habe die 300 Euro liegen gelassen neulich.“ Ansgar, der das Ganze als Aufforderung verstand, dass sie das Geld doch haben wollte, bewegte sich wieder zur Kommode und wollte noch mehr Geldscheine herausnehmen. Irina wehrte ihn ab. „Ich habe das Geld liegengelassen für den Sex mit dir und du weißt warum.“ „Ich will davon nichts hören“, sagte Ansgar kalt und wollte sie zur Tür hinausschieben. Irina jedoch ließ sich nicht beirren. „Ich nehme das Geld für den Sex mit Sebastian weil es meine Grundlage ist, ich lebe davon. Aber ich möchte das Geld für den Sex mit dir nicht weil ich nicht mit dir geschlafen habe weil ich bezahlt dafür werde.“ „Hör zu, es ist mir egal, was du willst und was nicht. Nimm das Geld und verschwinde!“ Er fasste die Polin unsanft an den Schultern und wollte sie endgültig zur Tür hinausbugsieren. Sie wehrte sich nicht mehr und sah ihn nur traurig an. „Ich habe mich wohl sehr getäuscht in dir. Du bist anscheinend doch der Dreckskerl für den dich alle halten.“ Als sie weg war atmete Ansgar tief durch. Er verwahrte die Speicherkarte an sicherer Stelle und zündete sich dann eine Zigarre an. Er hatte sich seinen Triumpf irgendwie schöner vorgestellt. Etwas fühlte sich falsch an. Er wusste nur noch nicht genau was.

„Warte!“, sagte eine raue, tiefe Stimme hinter ihr. Bella schoss herum. „Worauf?“, fragte sie bissig. „Du wolltest doch zu mir, oder? Warum willst du wieder gehen?“ „Lass mich einfach“, zischte sie wieder. „Nein. Erst sagst du mir was los ist. Eher lass ich dich nicht gehen.“ Tristan baute sich vor Bella auf und versperrte ihr den Weg. Die Rothaarige sah, dass es keine Möglichkeit gab, denn er würde ja doch nicht aufgeben. Außerdem wollte sich vermeiden, dass Marlene und Rebecca mitbekommen was sie Tristan zu sagen hatte. So nahm sie ihn im Gegenzug am Arm und zerrte ihn mit sich die Treppe herauf.

Unten, im Esszimmer war der Streit im vollen Gange. „Wieso glaubst du nicht, dass Tristan derjenige ist, der die Entwürfe geklaut hat, das begreif ich nicht!“ „Weil er es nicht war, Herrgott!“, brüllte Rebecca zurück. „Ach ja? Und woher weißt du das?“ Marlene stemmte die Hände in die Hüften und sah Rebecca herausfordernd an. „Ich weiß es nicht, ich glaube es einfach nicht, okay?“ Sie wollte sich umdrehen und aus dem Zimmer gehen aber Marlene hielt sie zurück. „Warte mal. So einfach kommts du mir nicht davon. Du weißt etwas und ich möchte jetzt verdammt noch mal wissen was das ist!“

Er konnte nicht anders. Er musste sich die Aufnahme ansehen, immer und immer wieder. Sie war so schön. Es war skurril und er kam sich total voyeuristisch vor und fast ein wenig pervers aber etwas in ihm wollte sich das einfach ansehen. Dass sich Sebastian drauf eingelassen hatte konnte er noch immer nicht fassen. Jetzt hatte er ihn in der Hand. Er rieb sich innerlich die Finger und überlegte, was ihm mehr Freude bereiten würde. Wenn er Tanja die Aufnahmen präsentierte oder wenn er Sebastian damit erpresste. Tanjas Wut auf Sebastian würde sicherlich mörderisch sein. Doch, wenn er genau drüber nachdachte, erschien es ihm doch etwas unangebracht, seiner Ex das Videomaterial zu zeigen, denn er traute ihr durchaus zu, dass sie seinen Cousin umbrachte. Das wollte Ansgar nun durchaus auch nicht. Doch als Sebastian mit Sonja Jäger was am Start gehabt hatte, hatte Tanja erstaunlich sachte reagiert, viel zu harmlos als es ihre Art war. Ansgar erinnerte sich, dass Sonja von Tanja lediglich in den No Limits Pool geschubst wurde, mehr nicht. Allerdings hatte Sebastian auch im entscheidenen Moment den Schwanz eingezogen. Auf einmal klopfte es an der Tür. Nachdem Ansgar „Herrein“ gerufen hatte, trat Justus in Zimmer mit einem kleinen Silbertablett in der behandschuhten Hand. „Graf Ansgar, die Dame, die vor einiger Zeit aus ihrer Suite kam, bat mir dieses hier für Sie zu geben.“ Er streckte Ansgar das Tablett hin mit drei Hundert-Euro-Scheinen. Ansgar sah kurz verblüfft darauf und nahm das Geld. Dann steckte er es kurzerhand Justus in die Tasche. „Graf Ansgar, nein, bitte, ich möchte das nicht. Ich werde hier sehr fürstlich bezahlt.“ „Ja, Justus, und ich will es auch nicht. Dann schenken Sie es ihrer Nichte, die kann es immer gebrauchen.“ Damit scheuchte er einen verdutzten Justus aus der Tür und widmete sich wieder seiner Videoaufnahme.

„So, jetzt will ich wissen was los ist?“, sagte Tristan kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatten. „Das sollte ich lieber dich fragen“, gab sie erbost zurück. „DU hast Rebecca von Lahnstein, deine eigene Schwester, entführen lassen!“ Tristan wurde blass. Bella wusste es. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Seine Schultern sackten herunter und er blickte zu Boden. „Es ist also wahr?“ Bellas Stimme klang entsetzt, denn sie hatte bis zum Schluss gehofft, dass sie es falsch verstanden hatte. Tristan sah sie wieder an und in seinen Augen glänzte es verdächtig. „Ja, es ist wahr. Ich habe Rebecca entführen lassen. Meine eigene Schwester.“

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Kapitel 59. Moment of truth (part two)

„Ach Mann, Marlene, ich hätte es dir eigentlich gar nicht sagen wollen.“ „WAS nicht sagen wollen?“, fragte ihre Freundin. „Dass ich dem Pflock ein Interview gegeben habe.“ „Du hast WAS? Warum?“ „Mensch, warum, warum, weil ich das als einzige Chance angesehen habe, dass ich mich rehabilitieren kann. Damit die Leute wissen, dass ich beklaut worden bin.“ „Aber die unterstellen dir doch nicht, dass du deine Entwürfe selbst zur Konkurrenz gegeben hast. Was soll das denn bringen?“ „Ach, weiß ich doch auch nicht. Ich wollte es einfach klarstellen. Mehr nicht. Ricky Pflock hat mir gesagt, dass es nicht Tristan war, der ihm die Infos hat zukommen lassen. Das hat er mir hoch und heilig geschworen und ich glaub ihm sogar.“ Marlene nickte wissend und sah, dass Rebecca Tränen in den Augen hatte. Sie wurde sofort buttercremtortenweich und nahm ihre Freundin in die Arme. „Hey“, flüsterte sie. „Es tut mir leid. Ich bin eine gottverdammte blöde Kuh, entschuldige.“ „Ist schon gut“, gab Rebecca zurück und schmiegte sich an die Blondine. „Ich weiß ja, dass du das nur gemacht hast weil du mit dir selbst im Reinen sein wolltest. Ich weiß noch, wie ich diese Pressekonferenz gegeben habe, damals als die Sache mit uns anfing. Das hat auch nicht jeder verstanden.“ Die Brünette löste sich ein wenig von ihr und schniefte einmal herzerweichend, so dass Marlene lachen musste. „Du bist so süß wenn du weinst, weißt du das?“ Nun musste auch Rebecca lächeln. „Ja, ja, du siehst mich gerne leiden, schon klar.“ Marlene wusste, dass es nur Spaß war und so küsste sie ihre Freundin noch einmal auf ihre zarte kleine Nasenspitze und legte den Arm um sie. Gemeinsam gingen sie aus dem Esszimmer in Richtung Orangerie. Ihr Streit hatte nicht lange angehalten und das war gut so. Denn es sollte noch genug Aufregung in das Leben der beiden Frauen treten.

Bella war sprachlos. Sie konnte sich kaum regen. Es durfte nicht wahr sein. Doch so wie Tristan sich verhielt schien es kein schlechter Scherz zu sein. „Du fragst dich jetzt sicher wieso ich das getan habe“, begann Tristan aber Bella fiel ihm sofort ins Wort: „Halt stopp mal. Du willst mir jetzt nicht im Ernst ERKLÄREN warum du das getan hast? Es gibt keine Entschuldigung dafür, hörst du, KEINE!“ Der Dunkelhaarige sah sie mit waidwunden Augen an und wusste es machte nicht viel Sinn, ihr zu erzählen, wie alles aus dem Ruder gelaufen war. Dennoch wollte er es versuchen. „Bella, ich weiß doch, dass es keine Entschuldigung gibt, glaubst du, das weiß ich nicht?“ In seiner Stimme klang so viel Verzweiflung mit, dass die Rothaarige doch stehenblieb nachdem sie sich schon zur Tür begeben wollte. Sie sagte nichts, sah ihn einfach nur an, die Hände in die Hüften gestemmt. Tristan startete einen neuen Anlauf. „Es war nur als kleine Abschreckung gedacht, ein Denkzettel, mehr nicht. Damit will ich sagen, es war nicht geplant, dass so etwas passierte. Ich habe jemanden darauf angesetzt..“ Bella hob abwehrend die Hände. „Erspare mir jedes weitere Detail, bitte. Ich habe genug gehört. Du bist KRANK, Tristan, einfach nur krank.“ Sie trat zurück und griff nach der Türklinke. Tristan schoss vor, hielt sie am Arm fest. „FASS mich nicht an!“, zischte sie und er ließ sie hilflos wieder los. „Ich kenn dich nicht, ich kenn dich überhaupt nicht. Wer ist dieser Mensch, der da vor mir steht? Ein Monster?“ „Ich liebe dich“, sagte er leise. „Liebe! Was weißt du schon von Liebe?“ Sie sprach das letzte Wort verächtlich aus. Dann ließ sie Tristan stehen.

Sie ließ ihre Hand über die glänzenden dunklen Haare gleiten und sah Rebecca tief in die Augen. „Es tut mir leid, dass wir uns gestritten haben“, sagte sie leise. „Und das alles wegen diesem unsäglichen Ricky Pflock“, ergänzte ihre Freundin. „Sssh“, machte die Blondine und küsste die Designerin auf den Mund. „Ich will nichts mehr hören von Pflock und Konsorten, ich will überhaupt nichts mehr hören.“ Rebecca machte sich ein Stück los und sah Marlene feixend an. „Wie, GAR nichts? Sonst gefällt es dir doch immer wenn ich mich nicht zurücknehme. Wozu wohnen wir ein Stückweit weg vom Haupthaus.“ Sie grinste vielsagend. „Du bist mir eine“, sagte die Blondine und sah Rebecca grinsend an. „Wieso? Gefällt dir doch sonst auch so gut wenn ich dir die Tigerlady gebe.“ „Ja, das kannst du jetzt mal wieder unter Beweis stellen, wie gut du die geben kannst“, murmelte Marlene an Beccas Hals, langsam abwärts wandernd. „Hmm“, machte die Brünette leise. „Komm, da geht noch mehr“, scherzte Marlene und küsste ihre Freundin auf den Bauchnabel. „Ja, da geht noch mehr. Das gilt auch für dich!“, lachte sie. Die Blondine hielt inne und sah die Gräfin noch einmal intensiv an bevor sie mit dem Mund auf weitere Entdeckungsreise ging. Keine 20 Sekunden später fiel Rebeccas Unterwäsche in hohem Bogen auf die Erde und die Besitzerin dieser krallte sich am Bettlaken fest. „Verdammt, Marlene, was machst du mit mir?“, fragte die Brünette und verdrehte innerlich die Augen. „Alles“, kam als Antwort nur zurück und dann schwebten die beiden in anderen Sphären.

Langsam ließ er sich aufs Bett nieder. Er wollte nichts mehr hören und sehen, nur noch schlafen. Er griff in seine Kommode und entnahm ihr ein paar kleine, weiß Pillen. Mit etwas Wasser schluckte er drei dieser Tabletten hinunter. Er hoffte, dass die Wirkung recht bald einsetzen würde. Er hatte es versaut, wieder einmal. Bella war weg und sie würde auch nicht wiederkommen. Sie begriff nicht aus welchen Motiven er gehandelt hatte. Sie war ein Gutmensch und das in Reinform. Tristan spürte, dass ihm die Tränen kamen. Mühsam unterdrückte er sie. Langsam begann er eine Wirkung zu bemerken. Er legte sich aufs Bett und zog die Beine an. Nun hatte er endlich sein Glück mit Bella gefunden und schon war es wieder zerbrochen wie eine Seifenblase. Er durfte nicht glücklich sein. Es war wie ein Fluch. Eine einsame Träne rollte über seine Wange und blieb einen Moment am Kinn hängen bis sie aufs Kopfkissen tropfte. Dann fielen Tristan die Augen zu.

Ihre Hände fuhren unter das weiße Baumwollhemd und begannen, die Knöpfe zu öffnen. Er ließ ein wohliges Brummen hören. In Sekundenschnelle flog das Hemd auf den Boden. Dann machte sie sich an der Hose zu schaffen. Wieder gab es ein leises Knurrgeräusch. Sie öffnete den Reißverschluss und ließ die Hände über die Boxershorts fahren. Dann machte sie sich daran, das Unterteil des Anzuges auszuziehen. Als auch dieses auf dem Boden lag fiel in kürzester Zeit auch das letzte Kleidungsstück. Er stöhnte leise als sie sich auf ihn legte und drehte sich dann mit ihr herum, so dass er sich oben befand. Die Dunkelhaarige sah ihn an und bemerkte, dass sein Blick unsicher wurde so als würde er Angst haben, dass sie etwas von ihm ablesen könnte. Sie wusste es. Hatte es genau gewusst, dass tief in ihm drinnen etwas menschliches schlummerte. Es rührte sie. Sie wusste nicht genau warum aber er hatte es ihr angetan. Sie verfluchte sich selbst im Inneren für das was sie getan hatte aber es gab keine andere Möglichkeit. „Warum hast du es dir anders überlegt?“, fragte sie leise, rechnete aber nicht wirklich mit einer Antwort. Doch er gab sie ihr.

Ansgar öffnete die Augen wieder und sah sie an als er in sie eindrang. Irina schloss für einen kurzen Moment die Lider. Dann zwang sie sich ihn wieder anzusehen. „Du hattest Recht. Mit dem was ich du gesagt hast“, flüsterte er. „Ich bin ein Dreckskerl.“ Er hielt in der Bewegung inne. „Ich weiß, dass du das nicht bist“, gab sie leise zurück. „Ich habe es in deinen Augen gesehen. Schon beim aller ersten Mal.“ Er sah sie nur an und in seinem Blick lag etwas ziemlich verletzliches als er sagte: „Es klingt verrückt aber ich war eifersüchtig als ich das Video gesehen habe.“ Irina zog Ansgar nur zu sich herunter und küsste ihn. Der Zweifel, das Richtige getan zu haben, nagte in ihr. Doch sie wollte und konnte sich jetzt nicht damit befassen. „Ich will nur dich“, flüsterte sie zwischen zwei Küssen und dann schloss sie die Augen und gab sich Ansgar hin.

Krachend flog der Mülleimer in die Ecke und danach folgte eine leere Flasche Bier, die Andi fast am Kopf getroffen hätte. Dabei schrie sie wie von Sinnen und riss die nächste Flasche aus dem Getränkekasten. Grade als sie diese auch an die Wand werfen wollte war Andi bei ihr. „Bella! Hör auf!“, schrie Andi. Er hielt sie fest und die Rothaarige wehrte sich wie verrückt, trommelte mit den Fäusten auf Andi ein bis sie schluchzend an seiner Brust in sich zusammensackte.

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BeitragVerfasst: 11.05.2013, 21:20 
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Kapitel 60: Pangs of remorse

10 Stunden später:

Sie wusste nicht wirklich wo sie war. Ihr Kopf war wie zugedröhnt, er schmerzte entsetzlich. Ein vorsichtiger Blick auf den Boden genügte bis sie so langsam begriff was passiert war. Die Erkenntnis schmerzte dann noch weit mehr als ihr Kopf. Das durfte nicht wahr sein!

„Rebecca von Lahnstein – beklaut? Die Wahrheit über die verschwundenen Entwürfe“, prangte in großen reißerischen Lettern in rot auf dem Titelblatt der Grandezza. Marlene wollte den Artikel nicht lesen, sie würde sich nur wieder aufregen. Rebecca hatte ihr bereits am gestrigen Abend noch in Kurzversion berichtet, was sie Ricky Pflock erzählt hatte. So übergab sie ihrer Freundin die Zeitschrift nur, damit sie überprüfen konnte, ob der Skandalreporter bei der Wahrheit geblieben war. Zu Rebeccas größter Überraschung stimmte alles was Pflock geschrieben hatte mit dem überein was sie ihm auch berichtet hatte. Sie atmete durch. Wenigstens etwas.

Irina nahm den Scheck von 10.000 Euro dankend an und verließ dann das Gebäude. Sie war froh, diese Sache hinter sich zu haben. Sie hoffte, dass nicht noch etwas nachkommen würde. Sie war im Zwiespalt ihrer Gefühle. Sie fühlte sich einerseits zu Ansgar hingezogen aber nun hatte sie ihn betrogen. Nicht, dass er es nicht verdient hätte, denn er war sehr viel skrupelloser als sie es je sein könnte aber er hatte sie dafür bezahlt, dass sie mit Sebastian schlief und er verließ sich auf sie. Doch je länger Irina darüber nachdachte, so skurriler kam ihr ihr schlechtes Gewissen vor. Ansgar von Lahnstein bezahlte eine Prostituierte dafür, dass sie mit seinem verhassten Cousin schlief und das alles, damit Zwietracht zwischen ihm und seiner Frau gesät wurde und Ansgar Tanja auf seine Seite bekommen würde. Irina nahm jedenfalls an, dass das Ansgars Plan war. So ganz hatte sie nie verstanden was er damit bezweckte. Letztendlich ging es ihm sicherlich nur um die Macht und garantiert nicht um Tanja von Lahnstein.

Als sie den Verrechnungsscheck ihrem Konto gutgeschrieben hatte ging es ihr etwas besser. Doch der Gedanken an Ansgar und die vergangene Nacht ließ sie nicht los. Sie hatte bei ihm übernachtet. Sie konnte es selbst kaum glauben aber er war fast so etwas wie zärtlich zu ihr gewesen nachdem sie zusammen geschlafen hatten. Irgendetwas in ihm hatte sich verändert. Seitdem er das gefakte Video von ihr und Sebastian gesehen hatte war es so als hätte er wirklich Gefühle für sie entwickelt. Irina wollte das nicht kaputt machen. Doch sie war bereits im Inbegriff dies zu tun. Wenn Ansgar herausfand, dass sie nicht wirklich mit Tanjas Ehemann geschlafen hatte, dann würde er sie hassen. Irina dachte an den Tag an dem sie Sebastian von Lahnstein aufgesucht hatte und ihm von Ansgars Vorhaben berichtet hatte. Etwas in ihr hatte sich gesträubt die Ehe zu zerstören des ihr sehr sympathischen Mannes. Sie hatte es selbst miterlebt wie es sich anfühlte und sie wusste, dass sie selbst oft genug der Grund war, dass Ehen auseinanderbrachen. Es fühlte sich nicht richtig an. Letztendlich hatte sie es jedoch nicht nur aus Nächstenliebe getan. Sie hatte Geld verlangt für die Information und Sebastian hatte gezahlt. Sie hatte dann alles berichtet. Wie Ansgar dafür gesorgt hatte, dass sie bei LCL eingeschleust wurde als Assistentin und was er ihr aufgetragen hatte. Erst hatte man ihr nicht geglaubt, aber da Irina im Vorfeld wusste, dass Ansgar Sebastian unter einem Vorwand in die Firma schicken würde wo Irina dann leichtbekleidet auf ihn warten würde und dies exakt so eintraf, hatte man ihr zum Schluss dann doch Vertrauen entgegengebracht. Für die Kamera hatten Sebastian und Irina es so gestellt, dass man sie nur von hinten sah, keine Details. Es war geprobt worden damit es für Ansgar möglichst echt aussah. Es hatte Sebastian Überwindung gekostet, seine Hose auszuziehen aber er wollte Ansgars Intrige scheitern lassen und das ging nur so. 10.000 Euro hatte Sebastian von Lahnstein Irina bereits vorher bezahlt, für die Information und jetzt hatte sie soeben die zweiten 10.000 Euro abgeholt. Es war deutlich mehr als das was Ansgar gezahlt hatte und nun hatte sie beides. Irinas Augen füllten sich mit Tränen als sie darüber nachdachte, warum sie das alles tat und sie hatte Angst, Angst, davor, dass Ansgar hinter ihr Spielchen kommen würde. Sie stieg in ihr kleines schwarzes Auto und fuhr nach Hause. Während der ganzen Fahrt konnte sie nur einen Gedanken fassen. Ansgar.

Es war wahr. Es war wirklich wahr. Er fühlte sich als wäre er im Himmel, als würden Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen. Es war unglaublich, sie war unglaublich. Noch immer konnte er ihre Hände auf seinem Körper spüren, fühlen wie sie über ihm lag und ihn verrückt machte. Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet. Auch wenn er wusste, dass sie es nie ernst meinen würde, es war ihm egal. Er hatte die Hoffnung nie aufgegeben und er würde es auch nicht tun.

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BeitragVerfasst: 12.05.2013, 11:17 
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Kapitel 61: Bonnie and Clyde
(Kitschalarm) :blush

Ein Anruf klingelte Rebecca aus dem Bett. Sie schreckte hoch. Es war bereits elf Uhr. So lange hatte sie geschlafen. Hastig ging sie an ihr Handy. Es war Ricky Pflock. Was wollte der denn noch?

„Ansgar, ich habe dich was gefragt“, insistierte Victoria und sah ihren Chef und Vater ihrer Tochter halb belustigt, halb verärgert an. „Äh, wie bitte?“ Er schaute sie so in Gedanken an, dass die Dunkelhaarige lachen musste. „Wo bist du mit deinen Gedanken?“, fragte sie ihn. „Auf alle Fälle nicht hier“, gab er leise zurück aber Victoria hörte es nicht. „Eine Frau?“, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Ansgar ließ die Mappe mit den Unterlagen, die er schon seit fünf Minuten ansah ohne wirklich hinzuschauen, zuschnellen. Eiskalt war sein Blick als er sagte: „Ich wüsste nicht was dich das angeht.“ Seine ehemalige Assistentin zuckte zusammen. Da war er wieder, der Ansgar, den sie nicht mochte, ja beinah verabscheute. Ebenso kalt erwiderte sie: „Unterschreib bitte die Unterlagen, ich habe nicht ewig Zeit.“ Da bemerkte Ansgar, dass er zu weit gegangen war. Er hatte Victoria zu Unrecht angegangen. „Hör zu, Victoria, es tut mir leid. Ich bin einfach derzeit etwas gereizt.“ Dabei legte er die Hand auf ihren Unterarm und sah sie mit ehrlich bereuendem Blick an. Und da war er auch wieder: der Ansgar, dem sie seinerzeit verfallen war, der sie mit einem einzigen Satz aus der Bredouille bringen konnte und den sie damals auf eine gewisse Weise geliebt hatte. Sie täschelte seine Hand fast wie es eine Mutter mit ihrem Kind machte – manchmal kehrte sie die Glucke doch etwas zu sehr hervor – und lächelte. „Ich lass dich mal in Ruhe arbeiten und bring dir noch einen Kaffee wie in guten alten Zeiten.“ Der Graf lächelte zurück und fragte sich einmal mehr was wohl passiert wäre wenn er schon vor 20 Jahren von der Existenz Kims gewusst hätte.

Innerhalb 10 Minuten war Rebecca fertig geduscht und angezogen. Sie riss ihre Handtasche vom Tisch und schnappte sich ihren Schlüssel. Sie wollte so schnell wie möglich ins Schneiders um zu hören was Ricky Pflock so dringendes von ihr wollte. Sie hatte ja gewusst, dass er es nicht uneigennützig gehandelt hatte. Sie war froh, dass Marlene in der Stadt war, ein paar Besorgungen zu machen. Sie musste es nicht mitbekommen.

Das Hämmern in ihrem Kopf wurde immer lauter. Bella rieb sich die Augen und versuchte, den Gedanken an die vergangene Nacht abzustellen, doch es glückte ihr nicht wirklich. Immer und immer wieder musste sie darüber nachdenken, dass sie und Andi zusammen geschlafen hatten. Sie hatte selten im Leben etwas so bereut wie dies. Nachdem ihr WG-Kumpel sie getröstet hatte, hatten sie zusammen ein Bier getrunken. Aus dem einen Bier wurden zwei, drei, vier und irgendwann waren sie zusammen im Bett gelandet. Wieder hämmerte es in ihrem Kopf. Sie rieb sich die Schläfen bis sie bemerkte, dass das Klopfen von der Tür herkam. Andi! Er hatte bestimmt seinen Schlüssel vergessen. Den wollte sie nun wirklich nicht sehen. Sie war froh, dass sie heute zu Hause bleiben konnte aber sie war auch ebenso froh, dass Andi nicht hier war. Stöhnend stand sie auf, noch etwas wackelig auf den Beinen als es erneut an der Tür hämmerte. „Jaaaa! Ist ja gut! Ich komm´ ja schon!“, rief sie genervt und riss die Tür auf. In Erwartung von Andis entschuldigendem Lausbubengrinsen drehte sie sich bereits wieder um und ging in die WG hinein. Ihre Augen taten es noch nicht wieder so richtig. „Bella! Ich muss mit dir reden! Bitte! Hör mich an!“ Die Angesprochene blieb stehen und drehte sich verdattert um.

Tristan! Der hatte ihr auch noch gefehlt. Sie schmiss die Tür einfach wieder zu und wollte dann rüber ins Bad gehen doch jetzt randalierte er erneut. Bella reichte es. Mit einem Schwung riss sie die Wohnungstür erneut auf und grade als Tristan wieder an diese hämmern wollte traf der Schlag Bella. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, fluchte sie und hielt sich die Nase aus der bereits Blut tropfte. Mit einem Satz war der junge Graf bei ihr. „Oh Gott, Bella, entschuldige, das wollte ich nicht.“ Sie riss sich los von ihm. „Mensch, hau doch ab, haut doch alle ab! Ich kann euch nicht mehr sehen, alle beide. Geh und klopp dich mit Andi, da haste was zu tun!“ Bella war wie von Sinnen. Ihre Nase tat weh, ihr Kopf dröhnte und ihr Herz schmerzte ebenfalls. Sie wollte doch einfach nur, dass alles wieder in Ordnung kam und sie war auch sauer auf sich selbst und auf Tristan, der ihr durch seine Aktion mit Rebecca erst nur eingebrockt hatte, dass sie mit Andi schlief. Die Bella – Welt war gehörig aus den Fugen geraten. „Warum soll ich mich mit Andi kloppen?“ Tristan war etwas irritiert. Bella war alles egal, scheißegal. „Weil ich mit ihm geschlafen habe!“ Sie wusste selbst nicht warum sie dies gesagt hatte. Das Jacobsche Plappermaul konnte mal wieder nicht still sein. Letztendlich hatte sie aber auch keine Lust, es Tristan zu verheimlichen. Warum sollte sie auch? Es war aus zwischen ihnen. Sie konnte machen was sie wollte.

Als sie Tristans Reaktion sah, bereute sie sofort was sie gesagt hatte. Sie hatte Wut erwartet, erwartet, dass er sie anschrie, oder zumindest etwas, das Andi gehörte, kaputtschlug aber er tat nichts davon. Er blieb einfach in der Tür stehen. Sein Gesichtsausdruck ließ erahnen, wie sehr ihn die Nachricht getroffen hatte. Es war gar nicht so sehr Entsetzen was in seinem Blick lag sondern vielmehr die Erkenntnis, dass er alles kaputt gemacht hatte, denn er wusste, dass er es selbst gewesen war, der Bella in Andis Arme getrieben hatte.

„Hör zu, das wollte ich nicht sagen. Es – es hatte auch gar nichts zu bedeuten, das musst du mir glauben…“, setzte sie an. Er sagte nichts, sah sie nur an. Seine Augen waren dunkelbraun, dunkler als sie ohnehin schon waren und es war als würde jegliches Licht aus ihnen entschwunden sein. „Wieso entschuldige ich mich hier eigentlich, ich mein, wir sind gar nicht mehr zusammen, denn das was du getan hast.. mit Rebecca.. das ist… und überhaupt, ich bin dir keine Rechenschaft schuldig…“ echauffierte sich Bella dann auf einmal wieder, so wie es ihre Art war.

„Ich hab alles kaputtgemacht“, kam es leise von der Tür. Bella, die sich bereits wieder umgedreht hatte, wirbelte herum, ihre Locken flogen. Etwas war in Tristans Stimme, dass ihr einen Schauer über den Rücken trieb. „Ich habe alles verloren. Erst Marlene, dann Rebecca, dann meinen Vater und – was am schlimmsten ist – dich. Diejenige, die immer zu mir gehalten, diejenige, die immer für mich da war und der ich alles sagen konnte. Das werde ich mir nie verzeihen.“ Entsetzt sah Bella, wie eine einsame Träne aus Tristans Auge rollte und die Wange hinunterlief. Es war nicht das erste Mal, dass sie ihn weinen sah aber es war das erste Mal, dass er vor ihr stand und keine Reaktion zeigte, fast emotionslos seine Worte sprach. Nur diese eine Träne zeigte, was in ihm vorging. Er gab sich die Schuld, die alleinige Schuld. Bellas Herz zog sich zusammen, der Schmerz in ihrer Nase war vergessen, ihr Kopf war ein einziges Vakuum.

Langsam ging sie einen Schritt auf Tristan zu. Sie konnte nicht anders. Er sah sie nicht an als sie direkt vor ihm stand, so dicht, dass sie seinen Atem fast spüren konnte. Vorsichtig, als hätte sie Angst, etwas in ihm zu zerbrechen oder für immer zu zerstören, nahm sie seine Hand. Erst jetzt realisierte er, dass sie auf ihn zugekommen war. Tristan sah sie an und in Bella schrie alles innerlich. Da war es wieder. Sein Innerstes, das sich ihr offenbarte mit nur einem Blick in seiner Augen. „Du hast mich nicht verloren. Du kannst mich gar nicht verlieren“, flüsterte sie. „Das geht nicht, weil – weil ich das niemals zulassen werde... weil wir – weil wir zusammen gehören. Wie Bonnie und Clyde, hast du das vergessen?“ Ungläubig sah Tristan sie an. „Nein, das hab ich nicht vergessen“, erwiderte er leise. „Verzeih mir.“ „Ich? Ich soll dir verzeihen?“, wiederholte er. „Dass ich mit Andi geschlafen….“ Weiter kam sie nicht, denn Tristan legte ihr den Finger auf die Lippen. Er wusste genau, warum sie es getan hatte. Er selbst reagierte in diesen Situationen genauso. Wann immer er enttäuscht wurde, hatte er die Frauen benutzt um sich abzureagieren, um zu vergessen. Er wollte keine Entschuldigung weil er wusste, dass Bella ihn liebte und nur das zählte für ihn. „Ich werde dir alles erklären, was ich getan habe. Alles.“, sagte er und sah sie mit seinen großen braunen Augen an. „Jetzt nicht“, gab Bella zurück und dann landeten ihre Lippen auf den seinen. Tristan schmeckte das Bier des gestrigen Abends aber das war ihm egal. Er liebte diese Frau und sie liebte ihn. Bonnie und Clyde. Für immer.

„Ich soll WAS?“ Rebecca war außer sich. Sie rutschte vom Stuhl hoch so dass er nach hinten flog. Aufgebracht nahm sie ihre Handtasche und wollte das Schneiders verlassen doch Pflock hielt sie am Arm fest. „Es ist ihre einzige Chance, Rebecca.“ Ein schmieriges Grinsen begleitet diesen Satz. Die Gräfin sah ihn angewidert an. „Nie im Leben. Eher krepier´ich‘! Und jetzt LASSEN Sie mich in Ruhe!“ Sie rannte hinaus. Der Skandalreporter grinste dreckig in sich hinein. Er wusste, er würde sie wiedersehen.

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BeitragVerfasst: 18.05.2013, 15:30 
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Kapitel 62: What´s left

Es gab also Beweise. Es gab die Möglichkeit für sie alles aufzuklären. Eine Aufnahme existierte aus der hervorging, dass man Rebecca von Lahnstein ausspioniert und bestohlen hatte um ihre Entwürfe der Konkurrenz zuzuschustern. Ricky Pflock war bereit dieses offen zulegen, damit Rebeccas Ruf als Designerin wieder hergestellt war. So war sie in der Branche verpönt, es sah aus als hätte sie die Entwürfe der Konkurrenz verkauft, obwohl das völlig abwegig war denn sie würde wohl kaum dem Modelabel ihrer Familie schaden. Doch, das was Pflock von ihr verlangte, war so abwegig, dass ihr schlecht wurde, wenn sie nur darüber nachdachte. „Eine Nacht mit mir!“, hatte er gesagt und dabei so schäbig gegrinst, dass Rebecca ihm am liebsten aufs Maul gehauen hätte.

Als sie nach Hause kam stieg sie unter die Dusche obwohl sie es vor dem Gespräch mit Pflock bereits getan hatte. Es war als wolle sie den Schmutz abwaschen, der von ihm ausging. Wie konnte dieser Mensch nur ernsthaft in Erwägung ziehen dass sie es tat, dass sie mit ihm ins Bett stieg – und vor allem – was hatte er davon? Sie liebte eine Frau und selbst wenn er der einzige Mensch der Welt wäre so würde sie nicht mit ihm etwas anfangen. Und doch hatte sich etwas in ihrem Gehirn festgesetzt. So sehr es sie auch erschreckte, sie hatte es bereits zugelassen, die Möglichkeit, zu sehen, dass sie ihren Job wiederbekam…

Es gab keine Grenzen, es gab keine Hindernisse und es war als würde alles machbar sein. Sie konnte es kaum in Worte fassen, was sie empfand, aber das musste sie auch nicht, denn er fühlte genau wie sie. Es war ein komisches Gefühl, mit Tristan zu schlafen, da sie den Sex mit Andi noch im Kopf hatte, den sie so sehr bereute. Sie war sehr froh, dass es kein Thema zwischen ihnen war und dass er ihr das so einfach verziehen hatte. Der Sex mit Tristan war so unglaublich, so ganz anders als der mit Andi. Es war einfach ein Unterschied, ob man Frustsex hatte oder ob man mit jemandem schlief, den man wirklich liebte. Wenn Bella bislang noch irgendeinen Zweifel hatte daran, dass Tristan der Richtige für sie war, so war er grade eben ausgeschaltet worden. Sie lagen nebeneinander und Tristan hatte ihre Hand genommen. Keiner sagte ein Wort und doch wussten beide was der andere dachte.

Bella hatte die aufkommenden Zweifel zurückgedrängt. Sie wollte einfach nicht darüber nachdenken. In Gedanken rekapitulierte sie den vergangenen Abend. Tristan hatte ihr alles gestanden, angefangen von der irren Idee, Marlene und Rebecca ein paar Steine in den Weg zu legen bis dahin wie alles aus dem Ruder gelaufen war. Auch wenn Bella es indiskutabel fand, was er getan hatte, so wusste sie, warum er es getan hatte, was ihn getrieben hatte. Das machte seine Aktion nicht besser aber sie konnte es zumindest in Ansätzen verstehen. Sie wusste, er war kein schlechter Mensch und sie wusste, dass er sie liebte. Er hatte mit Marlene abgeschlossen, er konnte endlich zulassen, dass sie mit seiner Schwester glücklich war.

Tristan hatte die Idee gehabt sie zu einem Ausflug zu entführen. Bella hatte darauf bestanden, dass sie mit ihrem Roller fuhren, denn sie war der Meinung, dass Tristan genauso ihre Welt kennen sollte wie sie die seine. So hatte er sich sehr zu seinem Leidwesen mit Bella auf deren Roller geschwungen – was nicht ohne viel Gelächter abgegangen war – und die beiden waren ein Stück weit rausgefahren um zusammen zu Abend zu essen in einem kleinen abgelegenen Restaurant. Es war sehr romantisch gewesen und sie hatten sich ständig nur verliebt angesehen. Auf der Rückfahrt hatte Tristan darauf bestanden, dass er fuhr und seine Freundin hatte ihm etwa widerwillig das Kommando über ihren heißgeliebten weißen Roller überlassen. Während der Fahrtwind ihr um die Nase wehte hatte sie jedoch schnell gemerkt, dass es doch keine so schlechte Idee war, ihn fahren zu lassen, denn so konnte sie sich an Tristans Rücken ankuscheln und sich einfach fallen lassen in Gedanken, einfach mal die Kontrolle abgeben was für die Rothaarige gar nicht so leicht war.

Auf einmal hatte Tristan den Roller angehalten - mitten auf einer einsamen Landstraße. Er hatte sich zu Bella umgedreht und sie direkt angesehen. „Warum hältst du?“, hatte sie gefragt. Sein Blick intensivierte sich. „Ich möchte dir etwas sagen“, begann er. Bella nickte kaum merklich. „Egal, was noch passiert und egal ob es mal zu einem Punkt kommt wo du Zweifel hast an mir, möchte ich, dass du dich an diesen Moment erinnerst.“ Bella lief es eiskalt über den Rücken. Sie war sich nicht sicher, ob dieser Satz von Tristan schon wieder etwas bedeuten sollte oder ob er es einfach nur sagte um den schönen Augenblick für immer festzuhalten. „Tristan, was möchtest du mir sagen?“, hatte sie gefragt, leicht verunsichert. Er nahm ihre Hände. „Bella, egal, was kommt, ich will, dass du weißt, dass ich dich liebe.“ „Aber das weiß ich doch“, flüsterte sie. „Ich liebe dich, vergiss das nie.“ Dann hatte er sich wieder umgedreht und war weitergefahren. Etwas in Bella war alarmiert.

Es gab etwas was er ihr nicht gesagt hatte, da war sie sich sicher.

Er wusste kaum was er tat als er ihre Nummer wählte. Nachdem sie sich gemeldet hatte, war er einen Moment sprachlos, denn er fühlte sich wie ein Erstklässler, der in seine Sitznachberin verliebt war. Ansgar hatte seit Lydias Auszug vermieden, Gefühle für eine Frau zu entwickeln. Die Sache mit Victoria war im Sande verlaufen bevor sie überhaupt wirklich in Gang gekommen war und Ansgar wusste, dass sein Jagdtrieb ihn dazu verleitet hatte, seiner ehemaligen Assistentin nachzustellen und nicht die Liebe zu ihr. Auch wenn er sie sehr schätzte und sie als Frau attraktiv fand, so war er nicht verliebt in sie gewesen. Das war ihm jetzt klar. Ihre Stimme klang unsicher als sie ihn nach dem Grund seines Anrufes fragte und das wiederrum machte Ansgar unsicher. „Ich.. ich möchte dich sehen“, brachte er dann schließlich schnell hervor, so als würde er Angst haben, wenn er es nicht schnell genug sagte, dass er es sich anders überlegte. „Ich würde dich auch gerne sehen“, erwiderte sie. Ansgar atmete fast unhörbar ein. „Morgen abend um acht Uhr im Schneiders?“, fragte er. „Ich bin da“, lautete die knappe Antwort. Dann hatte sie aufgelegt.

„Hören Sie zu, wir müssen die ganze Sache ablasen“, sagte er leise in den Hörer. „Ich kann Ihnen das wirklich nicht genau erklären, aber ich bin raus.“ Am anderen Ende der Leitung kam nicht die gewünschte Antwort. Nervös blies er den Rauch aus. Fechner wollte nicht eingehen auf ihn. Die beiden wollten den Deal durchziehen. Irgendwann schmiss er genervt das Handy an die Wand so dass es in mehrere Teile zersprang. „Verdammte Scheiße“, zischte er.

„Wie kann ich sicher sein, dass sie Wort halten?“, fragte sie in den Hörer. „Sieh an, ich WUSSTE doch, dass sie es sich anders überlegen“, kam die schwülstige Stimme vom anderen Ende der Leitung. „Beantworten Sie einfach nur meine Frage“, herrschte sie ihn an. „Sie haben mein Wort.“ „Das reicht mir nicht.“ „Dann vergessen Sie´s.“ Es knackte. Ricky Pflock hatte aufgelegt.

In der Dunkelheit saß eine verzweifelte Rebecca von Lahnstein mit dem Handy in der Hand und starrte vor sich hin. Wie weit war es mit ihr gekommen? Wie sehr hatte sie der Verlust ihres Arbeitsplatzes aus der Bahn geworfen, dass sie ernsthaft daran dachte, mit Pflock in die Kiste zu steigen. Langsam kullerte eine Träne aus ihrem Augenwinkel und lief ihre Wangen herab.

Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie nicht mehr sie selbst war. Leise, um Marlene nicht zu wecken, stand sie auf und zog sich einen Bademantel über. Dann verließ sie die Orangerie.

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BeitragVerfasst: 19.05.2013, 00:20 
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Kapitel 63: (Love ist he light) scaring darkness away

Ein nervöser Ansgar stieg die Treppenstufen im Schneiders herab und sah sich um ob er Irina schon irgendwo entdeckten konnte, doch alles was er sah war Tanja, die am Tresen lungerte und sich Champagner hinter die Binde goss. Ansgar fand, dass seine Ex-Frau nicht gut aussah, gar nicht gut. Das hatte bestimmt etwas mit Irinas Arbeit zu tun. Der Graf frohlockte, der Abend konnte nur gut werden.

Tanja hatte ihn nun gesehen und kam auf ihn zu, leicht schwankend. „Na, meine liebste Ex – Frau von allen, welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen, etwa deine Wurst?“, fragte Ansgar feixend. „Geh und laber einen Baum an aber lass mich in Ruhe“, fauchte sie ihn an jedoch nur mit der Hälfte ihrer gewohnten Bissigkeit. „Nana, wer wird denn so schlecht gelaunt sein?“, fragte er und verlieh seiner Stimme seinen so typischen zynischen Sing-Sang. „Ansgar – HAU AB“, fauchte sie erneut und betonte jeden einzelnen Buchstaben. Dieser hob abwehrend die Hände und ging fast tänzelnd zu einem der Tische im hinteren Bereich um auf Irina zu warten. Doch sie kam nicht, auch nicht um zwanzig nach acht. Ansgar sah alle zwei Minuten auf seine Uhr und wurde merklich nervöser und er merkte, wie viel es ihm ausmachte auch wenn er das nicht wirklich wollte.

Um halb neun kam die Brünette endlich auf seinen Tisch zu. Sie wirkte total abgehetzt und warf mit Schwung ihre Clutch – Handtasche auf einen Stuhl. Ansgar zog die Augenbrauen hoch. „Es tut mir leid, ich habe keinen Parkplatz gefunden, heute ist die Hölle los“, sagte sie außer Puste. Ansgar konnte ihr nicht böse sein und stand auf um ihr einen Kuss zu geben. Er traute sich jedoch nicht sie auf den Mund zu küssen und so wurde ein halbherziges Bussi-Bussi daraus, was er für gewöhnlich verabscheute, er durch seine Tochter Kim jedoch gewohnt war.

Schuldbewusst sah Irina ihn an und legte sachte ihre manikürte Hand mit den langen French – Nägel auf seinen Arm. Allein die Berührung ihrer Hand entfachte in Ansgar ein Sturm der Gefühle, denen er sich kaum noch erwehren konnte. „Jetzt bist du ja da“, sagte er und in seiner Stimme klang Unsicherheit mit. „Ja, ich hatte schon Angst, dass du weg bist“, gab sie zurück. „Für gewöhnlich warte ich nicht so lange auf eine Frau, auch wenn sie so schön ist wie du“, gab er galant zurück, sich wieder fangend. „Aber Tanja hat mich ein wenig freudig gestimmt wie sie so total betrunken an der Bar hing. Ich wette mein Plan ist aufgegangen“, frohlockte Ansgar. Irina sah ihn entsetzt an. Tanja von Lahnstein war hier?! „Was – was hat sie gesagt?“, wollte die Brünette wissen. Ansgar beugte sich vor, linste einen Augenblick in Irinas großzügigen Ausschnitt und spielte dann mit seiner Zunge wie es seine Art war. „Nicht viel“, sagte er bedeutungsschwanger. „Viel interessanter ist, was ich zu Sebastian gesagt habe.“ Irina sah ihn aufmerksam, ängstlich an. „Na, ich habe ihm nahegelegt, dass ich seiner Frau eine schöne Speicherkarte zukommen lasse, auf der er – na, sagen wir mal, etwas unvorteilhaft aussieht.“ „Das hast du gemacht?“ Ihre Stimme war unsicher. „Na, hör mal, Schätzchen, das war doch unser Plan.“ „Dein Plan, es war dein Plan. Ich habe nur deinen Auftrag ausgeführt“, berichtigte sie. „Wie dem auch sei. Ich habe ihm gesagt, dass er nur eine Chance hat, dass ich seiner Frau nichts sage und das ist die Übertragung LCLs an mich.“

Irina sah ihn verdattert an. „Aber LCL gehört Tanja zumindest ein Stück weit, oder?“ „Tanja gehört genau die Hälfte. Die andere Hälfte wird von der Enterprise verwaltet. Diese andere Hälfte sollte in meinen Besitz.“ „Aber du bist doch eh schon der Chef von dem ganzen Kasten“, wandte Irina ein. „Ja, das ist wahr, ich bin der alleinige Geschäftsführer der Enterprise aber deswegen gehören Tanja dennoch 50 % der Anteile an LCL. Ich wollte eigentlich Sebastian noch soweit treiben, dass er auch die Anteile, die seiner Frau gehören, ihr irgendwie abluchst, wozu ist er Rechtsverdreher aber er ließ sich nicht auf irgendetwas ein, so dass ich annehme, die schlechte Laune Tanjas kommt daher, dass er ihr die Wahrheit über seinen Fehltritt mit dir gestanden hat. Na, gut, ich habe nicht wirklich erwartet, dass die Wurst zur Bad Wurst mutiert und sich von mir erpressen lässt. Dennoch konnte ich Unfrieden stiften.“

Irina sah ihn fassungslos an. „Deswegen musste ich mit Sebastian schlafen? Für „etwas Unfrieden"?“ Sie ließ die Karte zuklappen, die sie zum Gerichtaussuchen in der Hand gehalten hatte. Ihre Augen funkelnden Ansgar bitterböse an. Dieser blickte sie erstaunt an. „Das hast du doch gewusst, warum jetzt das Entsetzen?“ „Vielleicht hab ich mich doch in dir geirrt“, sagte sie leise und stand auf. Blitzschnell schoss er vor und griff nach ihrer Hand, hielt sie fest. „Du weißt, wie ich gestrickt bin, das wusstest du von Anfang an und du hast dich nicht gescheut das Geld zu nehmen. Warum machst du so einen Aufstand jetzt? Ich dachte, wir machen uns einen schönen Abend?“ Sein Blick wurde weicher und Irina setzte sich wieder hin. Jetzt! Jetzt war der Moment wo sie ihm die Wahrheit sagen konnte aber sie schaffte es nicht. Sie holte tief Luft und sah Ansgar an. „Ja, vielleicht hast du Recht. Ich habe mitgemacht. Und ja, ich bin eine Prostituierte aber ich bin auch die Assistentin von der Designerin von Tanja und ich möchte aufhören mit meinem – Job, also dem anderen.“ „Irina, ich denke, die Assistentin von Armanda bist du die längste Zeit gewesen oder was glaubst du? Dass Tanja dich noch weiter beschäftigen wird? Nachdem sie weiß was gelaufen ist mit Sebastian?“ Daran hatte Irina noch gar nicht gedacht. Sie schluckte. Das gehörte zum Deal. Sie mussten es so aussehen lassen als ob Irina die Sache durchgezogen hatte. Ihren Job war sie also los. „Aber ich habe mir schon etwas ausgedacht. Da Victoria Wolf mittlerweile Personalreferentin ist suche ich noch nach einer persönlichen Assistentin für mich.“ Er blickte sie direkt an. Irina wusste auf was er abzielte. „Und da hab ich an dich gedacht.“ „Ansgar, das.. das ist eine große Chance für mich. Ich danke dir. Aber meinst du nicht, dass etwas durchsickern könnte wegen dem was ich.. was ich vorher gemacht habe?“ Ansgar sah sie verständnislos an. „Das lass´mal meine Sorge sein“, sagte einfach nur und nahm ihre Hand. „Und jetzt lass uns zu Abend essen.“ Das Thema war für ihn erledigt.

Rebecca hörte nicht zu. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Marlene bemerkte es nicht, da sie aufgeregt drauf los plapperte, da sie zu einem Casting für eine Fernsehproduktion eingeladen gewesen war, das sehr gut gelaufen war. Die Brünette dachte an die vergangene Nacht, in der sie draußen vor der Orangerie gesessen hatte und vor sich hin geweint hatte. Still und heimlich. Sie hatte in den Himmel geschaut und hatte in Gedanken mit ihrem Papa geredet, ihn um Hilfe gebeten, auch wenn sie wusste, dass es vergeblich war. Marlene redete und redete und schien nicht im Geringsten zu merken, was in ihrer Freundin vor sich ging. Auf einmal stand Rebecca mit einem Satz auf. Die Bonde sah sie überrascht an. Rebecca öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber. „Marlene, Marlene, immer nur Marlene. Ich kann´s nicht mehr hören! Es dreht sich nicht alles nur um dich aber das merkst du nicht, oder? Ich halt das nicht mehr aus!“ Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ eine völlig entsetzte Marlene zurück.

Ansgar und Irina hatten grade das Dessert hinter sich als plötzlich jemand hinter sie trat, jemand, der offensichtlich zu viel getrunken hatte, viel zu viel. „Ach, da sind Sie ja, Sie Flittchen“, rief sie aus und sah Irina an. Diese stand auf weil sie Angst bekam vor Frau von Lahnstein. Sie war sich unsicher ob das nun zum Spiel gehörte oder ob es echt war. Tanja griff sie am Ärmel und sah sie von oben herab an. Mit ihren extrem hohen Stillettos war sie noch ein Stück größer als die kleine, zierliche Irina. „Du verdammtes Miststück, hast meinen Mann gefi**t und jetzt machst du dich an Ansgar ran.“ Zu Ansgar gewandt sagte sie: „Ansgar, du lässt dich doch wohl nicht im Ernst auf so eine – eine..“ ihr fehlten die Worte, der Alkolhol forderte seinen Tribut. Doch sie kam auch nicht weiter, denn Ansgar war aufgesprungen und hatte Tanja am Arm gepackt. „Lass mich los!“, schrie sie ihren Ex-Mann an, der sehr fest zugegriffen hatte. „So redest du nicht mit meiner Freundin!“, zischte er. „Was kann sie dafür, dass deine Wurst seinen Zipfel nicht in der Hose lassen kann?“ Blitzschnell hatte Tanja den Champagner vom Tisch genommen und Irina den Inhalt des Glases ins Gesicht geschüttet. Diese zuckte zusammen. „So, jetzt reichts!“ Ansgar riss Tanja von Irina weg und schob sie brutal in Richtung Ausgang. Tanja wehrte sich erstaunlicherweise nicht stark und als sie mit Ansgar den Ausgang erreicht hatte war es als würde sie plötzlich stocknüchtern sein. Sie sah ihn hämisch an und sagte völlig ohne Lallen: „Viel Spaß noch mit deiner Nutte.“ Sie hinterließ einen Ansgar, der völlig perplex dastand. Irgendetwas war hier seltsam. Er wusste nur noch nicht was.

„Ich habe Angst“, gestand sie ihm. „Wovor?“ „Davor, dass du mir nicht alles gesagt hast.“ Die Rothaarige sah ihn prüfend an, Ängstlichkeit lag in seinem Blick. „Du brauchst keine Angst haben, hörst du?“ „Hab ich aber. Ich will dich nicht verlieren, nicht noch einmal.“ „Das wirst du nicht, niemals.“ Ein Blick in seine Augen, die sie so ehrlich anblickten, genügte und sie nickte. „Du weißt, dass du mir alles sagen kannst, alles.“ „Ich weiß das, Bonnie.“ Dann versunken die beiden in einem innigen Kuss und vergaßen alles um sich herum.

Als Ansgar zu Irina zurückkam fand er sie weinend vor. Er nahm an, dass es wegen Tanjas Auftritt war und konnte nicht ahnen was sie wirklich beschäftigte. Ansgar konnte sehr schlecht eine Frau weinen sehen und er gab ihr etwas unbeholfen seine noch sauberere Serviette. Doch Irina konnte nicht aufhören zu weinen. Der Graf stand auf und legte etwas linkisch einen Arm um die Polin, zog sie an sich. „Hör mal, vergiss was Tanja gesagt hat. Sie war betrunken. Das wagt die nicht noch einmal.“ Irina sah mit tränenüberströmten Gesicht zu Ansgar auf. Wieder überlegte sie, ihm die Wahrheit zu sagen aber sie schaffte es nicht als sie an seine breite Brust geschmiegt war und sein Rasierwasser einatmete, seinen Herzschlag spürte, kräftig und etwas schneller als normal. Sie liebte ihn und sie wollte ihn nicht verlieren. Sie hoffte, dass Tanja von Lahnstein sich an die Abmachung halten würde. Vorsichtig ließ sie zu, dass Ansgar sie zu sich hochzog. Achtlos warf er drei Hundert – Euro – Scheine auf den Tisch und nahm Irinas Clutch und ihren magentafarbenen Mantel. Dann führte er sie nach draußen. Es war noch reichlich frisch an diesem Frühjahrsabend und so legte Ansgar Irina den Mantel über und drückte sie an sich. Irina, die seit Jahren keinen Mann mehr an sich herangelassen hatte außer für Sex auf Bezahlung fühlte sich so unglaublich geborgen und schmiegte sich an ihn. Es fühlte sich so verdammt gut und richtig an mit Ansgar. Langsam fand sie ihre Sprache wieder. „Danke“, flüsterte sie und sah ihn unter tränenverhangenen Wimpern an. Ansgars Herz zog sich zusammen bei ihrem Anblick und wieder einmal spürte er was er eigentlich nicht wahrhaben wollte, etwas wie ein tiefes Gefühl von Zuneigung. „Wofür?“ „Dafür, dass du mich verteidigt hast“, gab sie leise zurück. „Ich meine, aus der Sicht von Tanja kann ich das schon verstehen, ich bin eine Nutte und ich habe ihren Mann verführt.“ „Sie hat nicht das Recht so mit dir zu reden!“, schoss es aus Ansgar heraus. Irina sah ihn verwirrt an.

„Warum? Was ist es?“, wollte sie wissen. „Was meinst du?“ „Was ist es, dass du dich auf jemanden wie mich einlässt? Ist es weil es mal was Neues ist, Pretty Woman reloaded, das Mädchen von der Straße gerät an einen mächtigen Mann und er holt sie aus dem Sumpf, gibt es dir was, dass du dich wie der geiler Macker fühlen kannst? Was ist es, Ansgar?“ Sie sah ihn immer noch intensiv an. Ansgar fühlte etwas in seinem Magen durcheinanderwirbeln. Er wusste keine Antwort, zumindest keine, die er ihr geben wollte. „Ansgar, ich meine es ernst. Was ist es? Warum ich?“ War es der Alkohol oder waren es ihre grünblauen Augen, die noch immer vor Tränen schwammen? Oder war es die heimliche Sehnsucht nach Liebe in ihm, die ihn antrieb? Er schaute sie nicht an als er den Mund öffnete um etwas zu erwidern.

„Hier bin ich. Bringen wir es hinter uns.“ Ihre Stimme war fest und sie sah ihn herausfordernd an.

Das was er sagte, zog ihr den Boden unter den Füßen weg, ließ sie innerlich taumeln.

„So schnell hätte ich nicht mit dir gerechnet!“

„Weil ich dich liebe.“

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BeitragVerfasst: 19.05.2013, 22:30 
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Kapitel 64: Take my hand, I trust your word

„Erst die Aufnahme!“, verlangte Rebecca. Pflock sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „So läuft das Spiel nicht“, gab er zurück. „Erst die Aufnahme.“ Ihre Stimme blieb fest. „Ich kann es dir gerne vorspielen.“ Ricky Pflock ging zu seinem Computer und kurze Zeit später hörte Rebecca eindeutig ein Telefongespräch zwischen zwei Männern bei dem es darum ging, dass man ihr die Entwürfe entwenden würde. Es stimmte also wirklich. „So und jetzt zu deinem Part“, sagte er zu ihr und näherte sich ihr mit schmierigem Grinsen. „FASSEN Sie mich mich nicht an!“, herrschte Rebecca Pflock an und ihre Halsschlagader trat hervor so sehr regte sie sich auf. „Hey, hey, hey. Das klang aber eben noch anders.“ „Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde es mit Ihnen tun? Lieber bleibe ich mein Leben lang arbeitslos!“ Sie spuckte die Wörter fast aus. Pflock lachte gehässig. „Ich könnte dich rehabilitieren.“ „Ich SCHEIß drauf!“ Und damit drehte sich Rebecca von Lahnstein um und ging hoch erhobenen Kopfes aus Pflocks Büro.

Ungläubig sah Irina Ansgar an. Hatte er es gesagt? Hatte er es wirklich gesagt? Ich liebe dich? Er, Ansgar von Lahnstein? Sie brachte kein Wort hervor. Er sah sie jetzt an. Seine Augen waren dunkel, unergründlich, geheimnisvoll und doch lag so viel in ihnen. „Wie kannst du mich lieben? Warum mich, warum ich? Ich bin doch nur…“, sie kam nicht weiter. Ein Blick in seine Augen ließ sie verstummen. Wann immer sie geglaubt hatte, Ansgar von Lahnstein wäre ein widerliches arrogantes Arschloch, der zu nichts anderem fähig war als Menschen zu vernichten, so wurde ihr in diesem Augenblick klar, dass das alles Fassade war, eine Mauer um ihn herum, die kaum jemand zuvor eingerissen hatte. „Mir ist egal, was du bist“, flüsterte er jetzt und konnte kaum glauben, dass er es war der diese Worte aussprach. „Du hast etwas in mir ausgelöst und ich kann dir nicht mal sagen was es war. Als ich die Aufnahme sah von dir – von dir und Sebastian…“ Irina schluckte hart. „Da habe ich gewusst, dass du mir etwas bedeutest weil es mir verdammt noch mal wahnsinnig gemacht hat, dich mit ihm zu sehen.“ „War das der Grund? Weil du eifersüchtig warst?“ „Ich weiß es nicht. Ich wusste ja, es ist dein Job und ich selbst hatte dich auf ihn angesetzt aber als ich dann…“ Ansgar sprach nicht weiter. „Als du mich mit Sebastian gesehen hast, hat es dir etwas ausgemacht?“, vollendete Irina den Satz für Ansgar. Dieser nickte. „Ich wollte dich für mich allein. Ich wollte nicht, dass du mit anderen Männern ins Bett steigst, nicht mehr.“ Die Dunkelhaarige sah ihn an und nahm seine Hand. „Du hast mich für dich allein“, flüsterte sie.

Ansgar zog sie näher zu sich heran und Irina sah das Funkeln in seinen Augen trotz der Dunkelheit. Er war eine ganze Ecke größer als sie, die nur gute 1,60 war, und so beugte er sich ein Stück zu ihr runter. Sein Gesicht näherte sich dem ihren, seine Hände hielten die ihren gefasst und dann war er ganz dicht vor ihr, so dicht, dass sie seinen Atem auf sich spürte. Irinas Herz klopft wie wild. Er sah von ihren Augen auf ihren Mund und wieder zurück zu ihren Augen, die ihn wie paralysiert anblickten. Es war als könnte man die Spannung zwischen ihnen messen, so aufgeladen war die Luft. Als Ansgars Mund auf Irinas landete, seine Lippen unendlich zart die ihren streiften, schloss sie die Augen. Als Ansgar sich wieder ein Stück von ihr löste, öffnete sie die Augen erneut und sah seinen Blick auf ihrem. Es war ihr als würde ihr Herz im Staccato Rhythmus hämmern, ihr Puls raste und ihr Magen vibrierte. Die Art, wie er sie ansah, war unglaublich. Sehr lange hatte sie kein Mann mehr so angesehen. Die Worte kamen fast automatisch aus ihrem Mund. „Ich liebe dich, Ansgar“, flüsterte sie ganz leise, so dass man es kaum hören konnte. Für einen kurzen Moment schaute er ihr noch einmal in die Augen, dann hielt sie es nicht mehr aus und schloss sie. Wieder spürte sie seinen Mund auf ihrem, doch diesmal fordernder. Seine Zunge drängte sich zwischen ihre Lippen und spielte mit der ihren. Seine Hände zogen sie fest an sich und dann drängte er sie immer weiter zurück zu seinem Auto, dass vor dem Schneiders im Halteverbot stand, sie immer weiter küssend.

Sie konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen, nach Königsbrunn, zu Marlene. Sie musste sich dringend entschuldigen. Sie hatte ihr Unrecht getan. Rebecca wollte nichts anderes als zu ihrer Süßen, sie in den Arm nehmen und mir ihr den Rest des Abends verbringen. Doch als sie die Tür zur Orangerie aufschloss und Marlene rief, gab es keine Antwort. Statt dessen lag auf dem Tisch vor der Couch ein Zettel. „Ich brauch eine Auszeit. Bin für ein paar Tage bei meinen Eltern. Marlene.“ Rebecca ließ sich auf das Sofa nieder mit der Nachricht in der Hand. Marlene war abgehauen. Sie war so sauer auf sie, dass sie nicht hier bleiben konnte, hier bei ihr. Rebecca spürte, wie ihr die Tränen kamen. Sie konnte es ihrer Freundin nicht verdenken, dass sie gegangen war. Sie hatte der Sängerin viel zugemutet. Erst die Sache mit Ludwig und Rebeccas Trauer, dann hatte Marlene die Unzufriedenheit ihrer Freundin ausgehalten weil diese ihren Job verloren hatte und jetzt hatte sie sie auch noch angemacht es würde sich alles um sie drehen. Rebecca war so ungerecht zu Marlene gewesen. Und jetzt war sie gegangen. Alles in der Dunkelhaarigen war wie elektrisiert. Sie wäre am liebsten sofort zu ihrer Freundin gefahren und hätte sie um Verzeihung gebeten, doch sie wusste, es würde zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn machen. Wieder liefen Rebecca die Tränen über das Gesicht. Sie hatte alles falsch gemacht. Einfach alles. Dabei wollte sie nichts sehnlicher als in Marlenes Armen liegen und ihr sagen wie sehr sie sie liebte. Die Gräfin ließ sich bäuchlings aufs Sofa fallen und griff nach dem Kissen und legte ihren Kopf darauf. Dann ließ sie ihrer Trauer freien Lauf.

Bella war bereits eingeschlafen als ein leises Handyklingeln sie aus dem Schlaf riss. Es war Tristans Handy. Sie schaute neben sich. Tristan schlief tief und fest. Ganz leise stand Bella auf und griff nach dem Telefon. Es hatte inzwischen aufgehört zu läuten. Mit dem Gerät in der Hand ging Bella ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Hastig schaute sie im Protokoll wer angerufen hatte. Es war eine ihre unbekannte Nummer. Sie wusste nicht was sie tat als sie auf Rückruf drückte. Es klingelte kurz und dann meldete sich eine tiefe Männerstimme. „Na, endlich Lahnstein“, sagte der Angerufene. Bella war so geschockt, dass sie auf dem Touchdisplay den Hörer auf „rot“ schob. Was hatte sie getan? Sie hatte Tristan nicht vertraut und in seinem Handy spioniert. Anderseits, was war das für ein Kerl und wieso rief er Tristan noch zu so später Stunde an. Bella kam es in den Sinn, dass es sich wohlmöglich um einen Drogendealer handeln konnte. Sie war sich nicht sicher, ob ihr Freund noch Koks konsumierte. Je länger sie darüber nachdachte um so wahrscheinlicher kam ihr dies vor. Sie ging leise wieder zurück in Tristans Suite, legte das Handy wieder auf seinen Nachttisch und legte sich wieder schlafen.

Irina wurde an die kalte Autokarosserie gepresst als Ansgar sie weiter stürmisch küsste und sie bei seinem BMW angelangt waren. Er machte noch keinerlei Anstalten, den Wagen zu entriegeln und mit ihr einzusteigen. Sein Körper war sehr dicht an ihrem und sie konnte fühlen, wie die Erregung in ihr stärker wurde. Der Umstand, dass sei weder vor noch zurück kam, machte sie ziemlich an. Ansgars Zunge drängte sich weit in ihren Mund und Irina spürte, er konnte kaum noch an sich halten. „Ich will dich“, stieß er hervor um sie dann erneut leidenschaftlich zu küssen. Die Dunkelhaarige hörte das leise Klicken des Entriegelns des Wagens und schon schob Ansgar sie auf den Beifahrersitz und ließ mit einer geübten Bewegung den Sitz in die hinterste Position fahren. Die Autotür schloss sich und dann war Ansgar über ihr. Es war eng in dem Auto aber das machte beiden nichts aus, denn ihre Gier nach einander war extrem. Der Umstand, dass der Wagen fast direkt bei Charlie Schneiders Restaurant vor der Tür stand war ihnen egal. Ansgars Hände fuhren unter Irinas Bluse und fingen an, diese aufzuknöpfen. Sie fröstelte, jedoch nicht vor Kälte. Sie spürte wie ihr Oberteil von den Schultern gestreift und kurz darauf ihr Rock hochgeschoben wurde, hörte das metallische Klicken eines Gürtels, der geöffnet wurde, kurz darauf das Rascheln des Stoffes einer herabrutschenden Hose und sie hörte Ansgars leises Stöhnen. Sie öffnete kurz die Augen, sah ihn an. Sein Blick gab ihr den Rest. Wie oft hatte sie in die Augen von Männern geschaut, die scharf auf sie waren, wie sehr war ihr diese Art zu schauen verhasst gewesen weil sie es für Geld getan hatte, immer nur für Geld, die ganzen letzten Jahre. Sie hatte es kaum noch ertragen. Jetzt war alles anders. Auch Ansgar wollte sie, begehrte sie aber es fühlte sich gut an, richtig. Sie sah neben seiner Lust noch etwas anderes und das waren Gefühle. Wie sehr hatte sie sich danach gesehnt, es kaum noch zu hoffen gewagt, dass es ihr noch einmal passierte. Auch wenn sie erst Anfang 30 war, so hatte sie einfach zu viel erlebt im Leben, die Hoffnung fast aufgegeben, dass es für sie so etwas wie Glück gab.

Als er in ihr war stöhnte sie leise auf. Es war als würde ein Feuerwerk der Gefühle in ihr explodieren. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit ihm schlief aber das erste Mal, dass sie es so intensiv fühlte. Sein Geständnis hatte sie total umgehauen. Nie hätte sie erwartet, dass er es aussprechen würde, nicht mal, dass er es wirklich fühlte hätte sie erwartet. Irina presste Ansgar noch fester an sich, so dass er noch tiefer rutschte. Ihre Hände krallten sich in seine Haare was ihn leise aufstöhnen ließ, denn sie hatte sehr fest zugegriffen. „Du machst mich verrückt“, raunte er in ihr Ohr und küsste sie dann erneut heftig. Lange hielt Ansgar nicht mehr durch, denn er hatte einiges getrunken und die etwas ungewöhnliche Umgebung potenzierte sein Verlangen noch zusätzlich. Wie oft hatte Irina die Männer über sich erlebt wie sie ihren Höhepunkt hatten und stöhnend und keuchend über ihr zusammengefallen waren. Sie hatte es gehasst. Und doch wusste sie, dass ein Mann kaum verletzbarer war als in diesem Augenblick. Sie fühlte sich jedes Mal so unheimlich erhaben über die Kerle, die sie aufgesucht hatten. Fast taten sie ihr leid, weil sie es anscheinend nicht anders bekommen konnten als durch sie. Sicher, es gab die Ansgar von Lahnsteins, die es nur aus Spaß machten aber sehr viele Männer hatten einfach keine andere Möglichkeit. Irina hatte bei ihrem Job irgendwann die Achtung vor den Männern verloren.

Als Ansgar kam war es anders. Sie fühlte sich nicht überlegen oder verachtete ihn sogar dafür. Dennoch wusste sie, dass es nicht leicht sein würde, einen Mann zu lieben, ihm zu vertrauen, denn das musste sie erst wieder lernen. Außer Atem strich er sich die Haare, die ihm in die Stirn gefallen waren, aus dem Gesicht. Er atmete einmal tief ein und lies die Luft stoßweise heraus. Dann sah er ihr erneut in die Augen und seine Finger strichen ihr über das Gesicht. Er lächelte. Vorsichtig erwiderte sie sein Lächeln. „Das war sehr schön“, flüsterte er.

Sie hielt es nicht mehr aus. Sie wusste, sie sollte Marlene in Ruhe lassen aber es ging nicht. Sie musste sie anrufen. Es klingelte lange, doch niemand ging ran. Rebecca schaute auf die Uhr. Es war halb elf. Nervös wählte sie die Nummer der Wolfs. Ein verschlafener Thomas ging an den Apparat. „Hier ist Rebecca, ich weiß, es ist spät, aber kann ich bitte Marlene sprechen? Es ist wichtig.“ „Marlene?“, kam es nuschelnd aus dem Hörer. „Rebecca, Marlene ist nicht hier. Ist was passiert?“ Rebecca ließ den Hörer sinken. Entsetzten machte sich in ihr breit, Entsetzen und Angst.

„Ich habe nicht mit Sebastian geschlafen“, schoss es aus Irina hervor.

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BeitragVerfasst: 20.05.2013, 15:27 
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Kapitel 65: Alone in the dark (part one)

Wo war Marlene? Wieso war sie nicht bei ihren Eltern so wie sie es geschrieben hatte? Rebecca verabschiedete sich von Thomas, der ihr noch viele Fragen stellen wollte aber sie würgte ihn schnellstmöglich ab. Dann drückte sie die Kurzwahl ihrer Freundin. Es ging nur die Mailbox ran. Wütend warf Rebecca das Handy auf den Boden. Sie war eigentlich mehr wütend auf sich selbst denn auf Marlene und eigentlich hatte sie eine Scheißangst. Es musste etwas passiert sein! Marlene würde doch nicht einfach so abhauen und selbst wenn, dann hätte sie nicht geschrieben, dass sie bei ihren Eltern wäre. Nur was sollte Rebecca tun? Sollte sie sie suchen? Vielleicht war sie einfach auch auf dem Weg zu ihren Eltern im No Limits versackt. Sie wählte die Nummer der Kneipe. Josie ging ran. Die Nachfrage ob Marlene zu Gast gewesen ist wurde negativ beantwortet. Wo konnte sie dann sein? Ob sie in ein Hotel gegangen war, damit Rebecca sie nicht bei ihren Eltern überraschen konnte? Das wäre eine Möglichkeit. Aber so schlimm war doch ihr Streit nicht gewesen oder doch? War es möglich, dass schon länger etwas in Marlene schwelte? Dass sie nur nichts gesagt hatte? Stand schon länger etwas zwischen ihnen? Rebecca wurde aus ihren Gedanken gerissen denn ihr Handy piepte. Eine Sms! Marlene! „Rebecca, suche nicht nach mir. Ich bin nicht bei meinen Eltern. Ich musste raus von allem hier. Bitte gib mir die Zeit, dich ich für mich brauche. Marlene.“ Langsam ließ Rebecca das Handy sinken. Erneut machte sich Wut in ihr breit. Bei allem Verständnis für ihre Freundin hatte sie das Gefühl, dass sie sie im Stich ließ. Warum konnten sie nicht reden wie sonst auch immer? Die Dunkelhaarige war einfach nur noch traurig, wütend und traurig. Sie kickte ihr Handy zurück auf den Boden und zog sich dann aus. Sie wollte nur noch schlafen, nicht mehr denken müssen.

Ansgars Lächeln erstarb. Er sah sie irritiert an, sich fragend ob er sie richtig verstanden hatte. „Wie – du – du hast NICHT mit Sebastian…?“, begann er. Irina sah zu Boden. „Aber ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen!“ Ansgar konnte nicht glauben, was sie ihm erzählte. Irina beschloss, nicht länger zu lügen und sah den Grafen gradeheraus an. „Nein. Ich habe es nicht getan. Ich konnte es nicht.“ Ihre Hand wanderte zu der Ansgars und wollte sie fassen aber er schüttelte sie ab. „WIE? Moment mal, du KONNTEST es nicht? Hab ich richtig gehört? Ich habe dir 3000 Euro gegeben damit zu mit meinem Cousin schläfst und du KONNTEST es nicht?“ Irina sah ihn weiterhin fest an. „Ich habe so viele Ehen zerstört und ich hatte auf einmal Bedenken.. außerdem war ich schon verliebt in dich..“, setzte sie zu einer Erklärung an. „DAS hättest du dir VORHER überlegen sollen und nicht NACHDEM du mein Geld genommen hast! Und auf einmal mehr oder weniger wäre es doch nicht angekommen, es war dein verdammter JOB, Männer flachzulegen und den hattest du schon vorher!“, herrschte Ansgar sie an. „Es tut mir leid“, sagte Irina und spürte wie die Tränen kamen. Sie hatte gewusst, dass er so reagieren würde aber insgeheim hatte sie gehofft, dass sie ihm wenigstens erklären konnte warum. „Weiß du was? MIR tut es leid. Und weißt du was? Dass ich dir vertraut habe! Ich hätte es wissen müssen. Aber was erwarte ich auch von einer – einer NUTTE! Und jetzt raus!“ Irina sah ihn geschockt an. Sie war unfähig etwas zu sagen. Sie wusste, er war maßlos enttäuscht von ihr. Alles, was sie jetzt noch sagte, würde nichts bringen, es würde nur dazu führen, dass er sie noch übler beleidigte. So nahm sie ihre Tasche, zog ihren Rock runter und stieg aus dem Auto jedoch nicht ohne ihn noch einmal angesehen zu haben. In diesen einen Blick legte sie alles: Enttäuschung, Trauer, Wut über seine Äußerung aber auch Resignation. Ansgars Gesicht war eiskalt, abweisend und doch war sich Irina sicher, dass er nur einfach seine Fassade wieder hochgezogen hatte, seine Mauer wieder aufgebaut hatte. „Es tut mir leid, ich wollte das nicht“, war alles was sie noch hervorbrachte, dann schloss sie die Autotür.

Sie rannte und rannte doch sie konnte ihn nicht abschütteln. Er war schneller als sie und dann hatte er sie, packte zu! Sie schrie auf, wollte seinem brutalen Griff entkommen, doch er presste sie gegen eine Hauswand. „NEIN!“ Gellend hallte ihr Schrei durch die Dunkelheit. „NEIN!“

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BeitragVerfasst: 01.06.2013, 22:28 
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Kapitel 66: Broken Dreams

Klirrend zerbarst die Karaffe an der Wand, die Scherben flogen in alle Richtungen, Reste von Whiskey verteilten sich auf dem Boden, mischten sich mit dem zerbrochenen Glas. „Justus!! JUSTUUUUUUS“, schrie Ansgar und der Butler erschien in Windeseile pflichtbewusst. „Graf Ansgar, was darf ich für Sie tun?“ „Noch mehr Whiskey, aber sch-schn-schnell“, nuschelte Inhaber von Lahnstein Enterprises und Justus Stiehl bemerkte, dass sich sein Chef kaum noch auf den Beinen halten konnte. Missbilligend aber auch etwas besorgt sah er Ansgar an. „Mit Verlaub, meinen Sie nicht, es tät Ihnen gut, wenn ich Ihnen statt des Whiskeys einen Tee brächte?“, wagte er zu sagen. Ansgar sah ihn an, seine hochgezogene Augenbraue streifte fast die Decke des Schloss als er sagte: „Mit Verlaub – Sie dürfen NICHT! Ich will meinen Whis – Whiskey und zwar pronto!“ Mit einer wedelnden Handbewegung scheuchte er Justus in Richtung Tür. So weit kam es noch, dass ihm das Personal sagte was er zu tun hatte. Insgeheim wusste er jedoch, dass Justus Recht hatte. Er war bereits stark angetrunken und jedes weitere Glas könnte ihn ins Koma befördern. Doch das war ihm egal. Er wusste nicht einmal ob er sich betrank weil sein Plan, Tanja und Sebastian auseinander zu bringen um Tanja besser unter Kontrolle zu haben, gescheitert war oder ob es dem Umstand geschuldet war, dass er von Irina enttäuscht worden war. Sein Verstand versuchte, an ersteres zu glauben, doch im Grunde seines Herzens wusste er, dass Version zwei wahrscheinlicher war, so sehr er sich auch dagegen wehren wollte.

Als Justus mit einer neuen Karaffe kam, schenkte sich Ansgar sofort nach. Die Bilder kamen im Sekundentakt in sein Gehirn. Irina und er im Schneiders, er sah sich, wie er diese vor Tanja verteidigte, Irina und er auf der Straße vor Charlies Lokal, er sah ihren Gesichtsausdruck noch vor sich, sah wie sie ihn ungläubig ansah, als er ihr seine Gefühle offenbarte. Als die Flashbacks von der Szenerie im Auto aufflackerten, versuchte er, dagegen anzukämpfen, doch es gelang ihm nicht. Sie hatte so schön ausgesehen. Er wusste, dass Irina mit Hunderten, wenn nicht gar Tausenden Männern geschlafen hatte, weil es ihr Job war aber er wusste auch, dass es für sie seit Jahren das erste Mal war, es mit einem Mann zu tun, den sie nicht verabscheute oder der ihr gleichgültig war. Er hatte das in ihrem Gesicht gesehen. Und dann sah er ihr Gesicht als er sie beschimpfte, sie Nutte nannte und sie aus dem Auto warf. Ansgar stürzte den Rest des Getränks herunter, doch immer noch waren die Bilder omnipräsent in seinem Gehirn. Warum hatte er ihr nicht zugehört? Sie hatte doch gesagt, sie konnte es nicht, konnte nicht mit seinem Cousin ins Bett gehen, weil sie bereits in ihn, Ansgar, verliebt gewesen war. Statt ihr zuzuhören, hatte er sie beleidigt und sich mal wieder alles zunichte gemacht was er mühsam aufgebaut hatte. Doch Ansgar von Lahnstein konnte nicht aus seiner Haut, zu oft war er enttäuscht worden, immer grade dann, wenn er bereit war, die Mauer, die ihn umgab, einstürzen zu lassen. So war es auch dieses Mal und so würde es immer sein. Er war der geborene Einzelgänger und vielleicht wollte er auch nichts anderes sein.

Rebecca schreckte schweißgebadet hoch. Marlene! Was war mit Marlene? Auf einmal hatte sie ein verdammt ungutes Gefühl. Sie nahm ihr Handy vom Nachttisch und las die SMS erneut. Irgendetwas war faul, irgendetwas stimmte nicht. Sie hatte Angst um ihre Freundin. Rebecca schlug die Bettdecke zurück und verharrte. Was sollte sie tun? Wo sollte sie sie suchen? Mitten in der Nacht? Langsam deckte sie sich wieder zu. Sie hatte keine Wahl. Sie musste mit dem was Marlene ihr geschrieben hatte, zufrieden sein. Vielleicht brauchte sie doch nur etwas Abstand. In der Gräfin keimte der ungute Gedanke, dass Pflock vielleicht etwas zu ihrer Freundin gesagt hatte. Hatte er wohlmöglich bei Marlene angerufen um ihr zu sagen, dass sie, Rebecca, auf sein schmieriges Angebot eingehen wollte? Das hatte Rebecca nie vorgehabt. Sie hatte nur geblufft, um so herauszufinden, ob es wirklich einen Beweis gab. Die Brünette starrte die verbleibenden Stunden bis zum Morgengrauen die Decke an und fühlte sich so einsam wie noch nie in ihrem Leben. Die Tränen bahnten sich immer wieder den Weg über ihren zarten Wangen. „Marlene“, flüsterte sie in die Dunkelheit hinein. „Wo bist du? Bitte lass mich nicht allein.“

Irina wusste nicht wie sie nach Hause gekommen war. Sie hatte einen Black – Out obwohl sie nicht viel getrunken hatte. Immer und immer wieder sah sie Ansgars hasserfüllten Blick auf sich als sie ihm offenbarte, dass sie nicht mit Sebastian geschlafen hatte. Warum hatte sie nicht ihren Mund gehalten? Sie hätte es nicht sagen dürfen. Doch andererseits wollte sie eine Beziehung mit Ansgar nicht sofort auf Lügen basierend aufbauen. Das ging einfach nicht. Irina schloss die kleine Wohnung unter dem Dach eines alten Mietshauses auf, die Tür öffnete sich knarrend. Sie ging hinein und warf ihre Handtasche achtlos auf den Boden, bemerkte nicht, dass ihr Handy aus der Tasche rutschte und in der Ecke liegen blieb. Sie sah sich in der Wohnung um. Billige Möbel standen im Wohnzimmer, die Küche hatte sie vom Vormieter übernommen, sie war teilweise abgestoßen, das Badezimmer war kein und alt und im Schlafzimmer schimmelte die Tapete. Irina warf sich aufs Bett und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, hier rauszukommen, ein für alle Mal. Es war nicht nur das Geld was sie an Ansgar angezogen hatte, gewiss nicht aber es war eben auch das Geld, die Macht. Sie konnte es nicht leugnen. Sie hatte viel Geld verdient als Prostituierte, doch dieses Geld war niemals für sie gewesen wie Ansgar vielleicht dachte, ihr vorwerfen konnte. Sie hatte das alles nicht für sich selbst getan. Doch wie sollte Ansgar ahnen, was Irinas Hintergrund war, wie konnte er auch nur ansatzweise Verständnis für sie aufbringen wenn sie sich ihm nicht offenbarte? Doch Irina hatte im Leben schon viel verloren, doch eines hatte sie sich stets bewahrt: ihren Stolz.

Die Tränen kamen und sie hielt sie nicht auf. Auf ihrem Nachttisch lag eine alte „Glanz und Gloria“ auf dem Ansgar von Lahnstein in seiner üblichen arroganten Art und Weise abgebildet war. Irina griff nach der Zeitschrift und blickte auf das Bild des Grafen. Die Tränen tropften auf das Bild von Ansgar und nach kurzer Zeit war das Deckblatt durchgeweicht. Wütend riss Irina die vorderste Seite des Magazins ab und zerteilte es in viele kleine Stücke, formte einen Papierklumpen daraus und warf diesen mit einem Schrei gegen die Wand. Währenddessen klingelte ihr Handy im Hausflur vor sich hin, doch sie hörte es nicht.

„Was hast du vor?“, fragte Bodo seinen Komplizen? „Ich weiß es noch nicht. Aber Lahnstein ist ausgestiegen, der hat kalte Füße bekommen?“ „Wegen seiner Alten?“. „Weichei halt“, gab Fechner zurück. „Gut, den brauchen wir auch nicht.“, fügte er dann noch hinzu. „Hauptsache, der Alte ist noch mit an Bord und der – geht über Leichen, da kannste Gift drauf nehmen.“ Er spuckte aus und grinste Bodo an. „Pflock hat ja auch keinen Erfolg gehabt bei der kleinen Gräfin.“ „Du hast doch nicht ehrlich erwartet, dass die mit ihm f…. oder? Nicht doch die liebe kleine Rebecca?“ Er grinste hämisch. „Und wir beide, wir holen uns jetzt ein großes Stück vom Kuchen. Das was der Schnösel da gezahlt hat, war doch nichts.. Peanuts..“ „Ja, jetzt geht die Luzie richtig ab“, bestätigte Bodo und steckte sich eine Zigarette an. “Die Show kann beginnen.“

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Kapitel 67: Sitting on a powder keg

Sie rannte und rannte. Es gab kein Entkommen. Vor ihr eine Steinmauer, hinter ihr der Atem des Mannes, der immer näher und näher kam. Es gab kein Entkommen.

„Was verschweigst du mir?“ Es war nur diese eine Frage aber sie hing in der Luft wie zweitausend Kilogramm Eisen. Er sah sie still an, einfach nur an, sagte kein Wort. Dann – fast wie in Zeitlupe – streckte er die Hand nach ihr aus, wollte sie an sich ziehen. Sie wehrte sich, sie wollte jetzt nicht in den Arm genommen werden. Sie wollte eine Antwort. „Tristan! WAS VERSCHWEIGST DU MIR?“

Mechanisch zog Irina sich aus, mechanisch ließ sie Teil für Teil auf den Boden wandern und mechanisch ließ sich dann auf dem Kunden nieder, der nichts von ihrer innerlichen Abneigung spürte, denn sie war Profi, hatte gelernt, sich äußerlich nichts anmerken zu lassen. In jeder Sekunde, die nun folgte, dachte sie an Ansgar, wünschte sich in jedem Moment, in dem sie Sex mit dem Kunden hatte, dass es Ansgar wäre, der unter ihr lag.

Die Unterlagen, die er durchzusehen hatte, wurden nicht weniger. Er konnte sich kaum konzentrieren, immer wieder wanderten seine Gedanken ab zu einer kleinen dunkelhaarigen Person mit dunklen samtigen Augen. „VERDAMMT!“, schnauzte er und fegte mit einem Wisch einen Stapel Papiere von seinem Schreibtisch. „KAFFEE, Dröge, aber schnell!“, pflaumte er die Empfangsdame an, die den Fehler machte, ihren Kopf zur Tür hinein zu stecken. Ihr Blick war vernichtend aber sie wusste, sie legte sich besser nicht mit Graf Lahnstein an wenn sie ihren Job behalten wollte.

„Ich weiß gar nicht was du meinst“, wich er ihr aus. Statt einer Antwort deutete sie nur auf sein Handy. „Dann schau mal wer dich zuletzt angerufen hat“, sagte sie dann. „Du gehst an mein Handy? Ich dachte, wir vertrauen uns?“ „Vertrauen? DU sprichst von Vertrauen? Ausgerechnet du?“ „Ja. Ich. Ich spreche von Vertrauen. Und du vertraust mir nicht.“ „Wie soll ich dir bitte vertrauen? Sag mir das? Du bekommst mitten in der Nacht Anrufe, sagst mir nicht wer es ist und dann soll ich dir vertrauen? Ich finde, du machst es dir ein bisschen einfach, meinst du nicht?“ Sie funkelte ihn an und ihre roten Locken sprangen um ihr Gesicht. Tristan streckte eine Hand nach ihr aus. „Alles was du wissen musst, ist, dass ich dich liebe. Ich finde, das reicht.“ „Das reicht MIR aber nicht!“ Wütend knallte sie ihm das Telefon vor die Füße und lief dann aus seiner Suite.

Sekundenlang stand Tristan einfach nur so da, spürte die Angst in sich hochkriechen, die Angst, dass er das was er mühsam aufgebaut hatte, wieder verlieren würde. Das durfte er nicht zulassen. Er drehte sich abrupt um und riss die Tür auf. Er wollte sie nicht verlieren. „Bella! Warte!“

„Bitte Ricardo, ich würde dich nicht fragen wenn ich es nicht wirklich brauchen würde“, insistierte Rebecca. Dr. Mendes sah die Dunkelhaarige zweifelnd an. „Du weiß, ich bin Neurochirurg und kein Psychiater und nur ein solcher sollte dir diese Tabletten verschreiben.“ „Ricardo, ich möchte nicht zu einem Psychiater. Alles, um was ich dich bitte ist mir zu helfen. Ich muss endlich wieder schlafen können. Ich habe das Gefühl, alles bricht um mich zusammen. Erst Papa, dann meine Arbeit, die verloren habe, dann ist jetzt auch noch Marlene…“ Sie konnte nicht weiterreden, die Tränen kamen und kurz darauf warf sie sich Ricardo an den Hals und weinte bitterlich. Ihr Freund strich ihr beruhigend über den Rücken und wusste, dass er sie nicht im Stich lassen konnte. „Ich helfe dir“, flüsterte er.

„Was wollen Sie?“, knurrte er in den Hörer. „Ich habe Ihnen gesagt, dass unsere Zusammenarbeit beendet ist.“ „SIE haben das gesagt, ja. Wir jedoch haben dem nicht zugestimmt“, kam es aus dem Hörer. „Was heißt das jetzt?“ Seine Stimme klang eher gelangweilt, denn beeindruckt. „Eine Million in bar bis morgen früh oder wir lassen den Laden hochgehen.“

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