Kapitel 25: Bier Nummer 5 (habe den Teil mit Andi extra so flachsig geschrieben)
Schlaftrunken fiel Andi über die Bierflaschen, die am Boden lagen, die er am gestrigen Abend getrunken hatte und achtlos fallengelassen hatte. „Mist“, fluchte er vor sich hin, konnte sich grade noch so aufrappeln, sonst wäre er der Länge nach hingeknallt. Bella war nicht nach Hause gekommen. Er sah es weil ihre heißgeliebte Lederjacke fehlte. Sofort bescherte Andis Gehirn ihm Bilder in Großformat und HD Qualität, Bilder von Tristan und Bella, wie sie übereinander her fielen, und wie seine heimliche Liebe danach selig verstrahlt lächelnd in den Armen des Grafen Großkotz einschlief. Er hätte am liebsten die Bierflaschen genommen und sie an die Wand gedonnert, alle einzeln, aber er beherrschte sich. Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass es drei Uhr durch war, noch dreieinhalb Stunden bis der Wecker klingeln würde. Am liebsten wäre Andi ins Bett gegangen, hätte die Decke über den Kopf gezogen und wäre liegengeblieben bis er verschimmelt wäre. Es erschien ihm fast unmöglich, am Morgen mit Bella auf der Arbeit zusammenzutreffen und so zu tun als wäre alles paletti. Aber wozu war er Chef dieses Unternehmens? Andi beschloss, den Wecker auszustellen und genau das zu tun was ihm vorschwebte: Er nahm sich noch eine Bierflasche aus dem Kühlschrank und verzog sich in sein Zimmer. Dort öffnete er die Flasche mit den Zähnen, weil das allemal cooler aussah als einen Flaschenöffner zu bedienen und setzte die Pulle an. Nachdem er das Bier fast auf ex ausgetrunken hatte, warf er auch die Flasche auf den Boden und legte sich ins Bett. Doch er konnte nicht schlafen, seine Gedanken wanderten ständig zu Bella. Es war lange her seitdem er das letzte Mal verliebt gewesen war, und wie immer war es nicht gut ausgegangen. Er und Helena hatten einfach nicht zusammen gepasst, auch wenn Andi die Gräfin wirklich geliebt hatte - wenn auch auf Fritzsche Art und Weise - aber seine Gefühle waren echt gewesen. Das war jetzt bei Bella nicht anders. Er wusste auch genau was es war, dass ihn an seiner Mitarbeiterin und WG-Genossin anzog: Es war das Natürliche, Lebendige, Widerspenstige, dass sie redete wie ihr der Schnabel gewachsen war, dass sie offen und ehrlich war, dass sie sowohl ein Kumpel als auch Geliebte sein konnte. Noch dazu fand er sie einfach heiß, das konnte er nicht leugnen. Sie war keine Schönheit im klassischen Sinne so wie es Helena gewesen war, aber sie hatte eine unheimliche Ausstrahlung. Wenn sie ihre roten Locken nach hinten warf, oder wenn diese um ihr Gesicht tanzten wenn sie sich aufregte, oder wenn sie ungläubig ihre großen blaugrünen Augen aufriss; stets hatte sie etwas fast kindliches, naives an sich, was ihn ungeheuer anzog. Auf der anderen Seite konnte sie fluchen was das Zeugs hielt, sie konnte arbeiten wie ein Kerl, war sich für nichts zu fein, hatte keine Angst, sich dreckig zu machen wie so viele andere Frauen, und sie hatte eindeutig Talent in dem was sie tat.
Andi konnte es nicht leugnen, dass er erst seine Schwierigkeiten damit gehabt hatte, dass eine Frau einen handwerklichen Beruf ausübte, denn da kam der Macho in ihm zum Vorschein, und außerdem hatte er sich so an das Leben als Freundes einer waschechten Gräfin gewöhnt, dass es für ihn zuerst einmal seltsam vorkam. Doch nach und nach hatte er sich Hals über Kopf verliebt in Bella, und das Problem war, dass es immer schlimmer und schlimmer wurde, je mehr sie sich zu Tristan hingezogen fühlte. Andi spürte seine Felle davonschwimmen, und er konnte nicht tun, einfach nichts.
Eine einzelne Träne rann über sein Gesicht, die er sogleich ärgerlich wegwischte. Jetzt fing er schon an zu flennen wie eine Memme, das fehlte ihm auch noch. „Fritzsche, reiß dich zusammen“, ermahnte er sich selbst, dann spürte er, wie Bier Nummer fünf doch endlich Wirkung zeigte.
Drei Stunden zuvor:
„Du möchtest, dass ich bei dir übernachte?“, fragte Bella, wie um sich noch mal zu vergewissern. „Ja, sagte ich ja, oder hast du was an deinen bezaubernden Ohren?“, fragte er belustigt aber durchaus liebevoll und zupfte ihr an eben diesen. In Bellas Gehirn arbeitete es. Bei Tristan zu übernachten würde bedeuten, die ganze Nacht neben ihm zu liegen, und DAS wäre ihr Verderben. Dennoch konnte sie nicht anders als zu nicken. „Ja, es ist jetzt schon zu spät, um noch nach Hause zu fahren, ich würde ja nur alle aufwecken.“ Es klang nach einer Ausrede, um den Sachverhalt herunterzuspielen, und Tristan bemerkte es sofort. „Brauchst du eventuell noch eine schriftliche Bestätigung für die WG, dass es unmöglich war, dich um diese Uhrzeit noch mit dem Roller loszuschicken?“, witzelte Tristan, und Bella musste lachen. „Nee, echt, warte mal, ich kann das hochoffiziell machen, hier muss irgendwo noch ein Stempel rumliegen, so ganz altmodisch.“ Er grinste sie an und tat als würde er in dem Chaos auf dem Boden nach dem Stempel suchen. Bella lachte. "Geh ins Bett oder zieh dir wieder was an, sonst krieg ich gleich einen Lachkrampf“, sagte sie und hielt sich die Hand vor den Mund, weil es zu komisch aussah, wie Tristan immer noch unbekleidet vor ihr rumturnte. „Eben hat dir das durchaus noch gefallen“, gab er zu bedenken und zog eine Augenbraue hoch, wie es seine Art war. Der Tonfall seiner Stimme veränderte sich schlagartig wieder, was Bella beunruhigt zur Kenntnis nahm. „Ja, eben, da warst du auch mehr unter der Decke“, gab sie zurück, ihre Contenance nur mühselig wieder erlangend. „Hat dir mal jemand gesagt, dass du unverschämt bist, Bonnie?“ Bella grinste ihn breit an. „Wieso? Weil ich dir die Wahrheit sage?“, konterte sie. „Nen Adonis biste ja nun nicht grade.“ Sagst du doch jetzt nur weil du nicht in meine Hosen passen würdest“, ärgerte er sie zurück. Die Rothaarige hob beide Augenbrauen. „Was wird das jetzt? Begeben wir uns jetzt auf Kindergartenniveau zurück?“ „Wer ist denn damit angefangen? Du doch, indem du fadenscheinige Ausreden gesucht hast, um davon abzulenken, dass du nichts lieber tätest als die Nacht mit mir zu verbringen.“ Tristan schaute höchst amüsiert, aber Bella wusste, dass er Recht hatte. Sie ging plötzlich einen Schritt auf ihn zu und stieß ihn sachte rückwärst, so dass er aufs Bett zurückfiel. Damit hatte er nicht gerechnet, und sah einigermaßen bedröppelt aus der Wäsche, fing sich aber sogleich wieder. „Aah, verstehe, jetzt kann es dir auf einmal nicht schnell genug gehen, was?“ Er schlug auf die Bettdecke neben sich. „Halt die Klappe, Großmaul“, sagte Bella und verblüffte Tristan indem sie mit einem Satz ins Bett sprang und ihm eben diese Klappe mit einem Kuss versiegelte.
„So lasse ich mir gerne den Mund verbieten“, nuschelte er und küsste Bella sogleich wieder. „Nicht reden, Taten folgen lassen“, forderte ihn Bella auf. „Nur zu gern, Bonnie.“
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