"Hängst du immer noch über den Unterlagen?" Als Carla nach 20 Uhr noch nicht nach Hause gekommen ist, habe ich in der Holding angerufen. Die Sekretärin klang nicht gerade erfreut darüber, dass sie wegen meiner Süßen Überstunden machen muss. Klar, würde mir auch nicht anders gehen. Deswegen bin ich kurzerhand in die Holding gefahren um beide zu erlösen. Ich glaube, ihre Sekretärin war mir richtig dankbar, als ich sie einfach nach Hause geschickt habe.
"Wie du unschwer erkennen kannst…"
"Ich glaube, ich weiß wo dein Problem liegt…"
"An der unsauberen Handschrift von Elisabeth?"
"An deinen Gedanken die ständig um diesen Körper hier", ich fahre mit meinen Händen die Konturen meines Oberkörpers entlang, "kreisen und dir keine Ruhe lassen."
Carla lächelt. "Natürlich liegt es nur daran."
"An was denn auch sonst?"
"Stella, im Ernst, kannst du das entziffern?"
"Lass mal sehen." Ich stelle mich seitlich hinter sie, beuge mich vor und tue als würde ich auf das Blatt schauen. Tatsächlich aber haftet mein Blick an ihrem Gesicht. Gott, sie riecht so gut.
"Da sind die Buchstaben", lacht Carla als sie meinen Blick bemerkt.
"Natürlich." Ich versuche mich auf die Hieroglyphen zu konzentrieren. "Sag mal, hat sie schon einmal was von Computern gehört?"
"Normaler Weise macht sie ihre Arbeit sehr zuverlässig."
"So wie ich?"
"Nein. Du bist einmalig."
"Dankeschön."
"Ich hab keine Ahnung warum sie mir das auf den Tisch gelegt hat."
"Vielleicht wollte sie dich ärgern."
"Um zu verhindern, dass du Morgen wieder mit am Familientisch sitzt?"
"Das wäre dann wohl eher Ansgars Part gewesen."
"Auch wahr."
"Was hältst du davon, wenn du für heute Schluss machst, wir noch eine Kleinigkeit essen und ich dir anschließend eine verdiente Massage gebe."
"Klingt wirklich toll, aber ich denke, das wird nix. Die Unterlagen müssen morgen Vormittag fertig überarbeitet und unterzeichnet sein."
"Gut", meine ich, entledige mich meiner Jacke und hänge sie über ihren Chefsessel. "Was kann ich tun?"
"Was wird das, ist wohl die richtige Frage."
"Wenn du nicht zu mir und zum Essen kommen kannst, dann kommen das Essen und ich eben zu dir. Ich bestell jetzt Sushi für uns und während wir warten, nehme ich schon mal deine Anweisungen entgegen, was ich tun kann."
"Und dann?"
"Helf ich dir. Vielleicht hast du so noch die Chance, vor vier Uhr in der Früh ins Bett zu kommen."
"Hab ich dir schon gesagt, dass du einmalig und definitiv nicht zu ersetzen bist?"
"Ja und nein. Aber es ist schön, dass du so denkst. Vergiss es nur nicht."
Ich bestelle unser Essen und gleich darauf machen wir uns daran den Berg Papier auf ihrem Schreibtisch den Gar aus zu machen. Leichter gesagt, als getan, wenn man keine Ahnung hat. Und dann noch Elisabeths kaum lesbare Schrift. Da hilft nur Zähne zusammenbeißen und nicht aufgeben. Ab und zu ein kleiner Kuss erleichtert die Arbeit zumindest ein bisschen. Und in Carlas Nähe scheint eh alles viel leichter von der Hand zu gehen. Gegen Mitternacht sind wir fertig.
"Puh, geschafft."
"Ohne dich säße ich immer noch hier."
"Aber du hast mich ja."
"Danke."
"Wenn du noch öfter Danke sagst, fange ich an zu glauben, ich hab dir das Leben gerettet, also pass auf", scherze ich.
"Du hast zumindest meinen Schlaf gerettet."
"Also, dann, wenn ich bitten darf." Ich halte ihr den Parker hin und warte dass sie hineinschlüpft. "Nanu? Willst du nicht Heim?"
"Das was zu Hause auf mich warten würde, ist ja bereits hier. Wozu also die Eile?"
"Zum Beispiel um ins Bett zu kommen?"
"Aber das was im Bett auf mich warten würde, könnte ich auch hier habe. Wozu also warten?"
Jetzt dämmert mir worauf sie hinaus will.
_________________ “If you live to be a hundred, I want to live to be a hundred minus one day so I never have to live without you.” https://www.fanfiction.net/s/8764822/1/Two-In-A-Million
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