"Unser Schwesterchen ist ja so still heute Morgen. Lange Nacht gehabt?", stichelt Ansgar.
"Ansgar, du weißt doch, wenn es um die Liebe geht, kann Carla die ganze Nacht auf den Beinen bleiben", gibt Tanja am Frühstückstisch sitzend und demonstrativ ihr Ei köpfend, ihren Senf dazu.
"Es tut mir leid, meine Lieben, aber im Gegensatz zu euch habe ich, haben wir, wenigstens ein Liebesleben."
"Und das mal wieder mit einer Angestellten, wie mir zu Ohren gekommen ist." Sie blickt verachtend in meine Richtung. "Und wie man auch sehen kann."
"Tanja, ehrlich gesagt interessiert es mich nicht im Geringsten, was dir zu Ohren kommt, oder vor die Linse läuft und was nicht. Ich an deiner Stelle würde nur mal nachhorchen, mit wie vielen seiner Angestellten dein Mann schon sein Vergnügen hatte."
"Vor meiner Zeit."
"Wenn du meinst."
"Carla, es ist doch allgemeine bekannt, dass Ansgar und Tanja nur wegen Hannes den Bund der Ehe geschlossen haben. So etwas kann doch gar nicht lieben", entgegnet Leo.
"Nur Natalie…und selbst die ist dir davon gelaufen."
Ganz kurz kann man sehen, wie Tanja von Lahnstein Ansgar aus den Augenwinkeln bitterböse anfunkelt.
Ansgar schluckt kräftig und es sieht aus als würde er Carla am Liebsten ins Gesicht springen. "Nun, wenigstens habe ich dieses Pack nicht zu uns an den Frühstückstisch geholt."
"Frau Mann…Stella ist kein Pack!", entfährt es Carla laut. Sie schaut zu mir rüber, lächelt einfach nur süß und überspielt anschließend ihre Wut. "Finde dich damit ab. Stella wird von nun an öfters hier sitzen."
"Wer's glaubt", spottet Ansgar.
"Es mag sein, dass du viele Dinge vergisst, aber ich denke dir ist nicht entfallen, dass ich hier das sagen habe. Und wenn dich Stellas Anwesenheit stören sollte, nun, dann weißt du ja wie es uns mit Tanja ergeht."
Ich erhebe mich. "Sie entschuldigen mich, ich habe zu arbeiten."
"Stella, bleib bitte. Du hast ja nicht einmal zu Ende gefrühstückt."
"Danke Carla, aber ich denke, ich störe hier nur." Kann mir nochmal jemand sagen, warum ich diesem Frühstück zugestimmt habe? Ich wusste doch, dass ich die erste Frau bin, die Carla mit an den Familientisch nimmt. Erstaunlicher Weise allerdings, trinkt Elisabeth still ihren Kaffee.
"Wenn hier jemand stört, dann diese zwei Gestalten in schwarz", bestätig Leo woraufhin Ansgar seine Serviette etwas zu kraftvoll auf den Teller knallt, als das man hätte denken können, er sei satt.
Aber auch er kann mich nicht aufhalten. Meine Arbeitszeit würde ohnehin in drei Minuten beginnen. "Vielen Dank, aber ich denke, es ist besser so."
"Aber deinen Teller kannst du stehen lassen", meint Carla, als ich selbst abdecken will.
"Oh, natürlich." Verlegen stelle ich mein Geschirr wieder ab, blicke die schönste Frau auf Königsbrunn sehnsüchtig an und verlasse dann den Raum.
"Was sollte das heute Früh?"
"Ich verstehe nicht was du meinst." Carla gibt die Unschuld in Person.
"Du wusstest, dass Ansgar sich provoziert fühlt durch meine Anwesenheit. Warum hast du mich gebeten, mich zu euch zu setzen."
"Du warst lediglich dort, wo du hingehörst."
"Ganz weit unten durch Spott und Beleidigung?"
"An meiner Seite."
"Aber Carla, verstehst du nicht? Durch solche unnötigen Provokationen machst du es nicht besser. Im Gegenteil, du gibst Ansgar noch mehr Gründe, uns- MICH- zu schikanieren. Ich dachte, das ist was du nicht wolltest."
"Er sollte sich schnellstmöglich damit abfinden, dass du zu mir gehörst. Und auch er wird es nicht schaffen, dass ich dich noch ein Mal verstecke oder nicht zu uns stehe." Sie tritt hinter mich und beginnt meine Nackenmuskeln zu lockern. "Entspann dich. Oder willst du dir von Ansgar sagen lassen, wie du zu leben hast?"
"Nein. Aber…"
"Scht…", sie dreht mich zu sich um und legt mir ihren Zeigefinger auf die Lippen. "Keine", sie zieht mich näher zu sich und flüstert, "Widerrede." Ihr Gesicht nähert sich meinem. Sie schließt die Augen. Ihre sanften Lippen locken so wunderbar. Ich gebe nach, schließe auch meine Augen und lasse den Kuss zu.
"Wenn du gedenkst so etwas öfter zu tun, würde ich mir gerne vorher frei nehmen?"
"Weil du dich nicht mehr konzentrieren kannst?"
"Weil ich dich danach überall küssen und leben will", flüster ich ihr ins Ohr.
"Mhmm…klingt verlockend."
"Aber du bist der Boss und ich habe zu arbeiten."
Carla zieht eine Schnute und schaut mich mit großen Augen an. "Muss das wirklich sein?"
"Aber natürlich! Oder willst du dass hier alles drunter und drüber geht?"
"Ja!"
"Und willst du, dass wir Ansgar noch mehr Anlässe geben?"
"Nein…"
"Na also. Husch husch, ab in die Holding!"
Gespielt beleidigt schlürft Carla davon. Es ist so schön, wenn ihre Fassade bröckelt und hinter der starken und disziplinierten Chefin des Lahnstein-Imperiums die anmutige Frau zum Vorschein kommt. Die Frau, die ganz normal menschliche Reaktionen zeigt und nicht immer mit Bedacht reagiert. Gott, wie ich diese Frau liebe.
_________________ “If you live to be a hundred, I want to live to be a hundred minus one day so I never have to live without you.” https://www.fanfiction.net/s/8764822/1/Two-In-A-Million
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