Hallo Ihr Lieben! Ich hoffe, ihr verbringt schöne Pfingsten! Danke für die guten Wünsche !
Ich bin inzwischen wieder zu Hause und möchte den nächsten Teil posten, aber vorher habe ich nochmal das Bedürfnis mich für den, naja, sagen wir mal, "langen Spannungsbogen" der Geschichte zu entschuldigen. Jaja, es wird höchste Zeit, dass Kalinda mal aus ihrer Narkose aufwacht, aber mir war die Treue zu den Figuren wichtiger als der Spannungsbogen. Zum Glück ist die Beziehung von Alicia und Kalinda so besonders, dass ich mich vollständig auf das berufen kann, was die Serie bietet und da gar nichts Neues erfinden muss. In dieser FF geht es aber darum, eine weitere Ebene einzuführen, und das braucht ein paar Voraussetzungen: Alicia braucht Informationen und damit einen Wink mit dem Betonpfeiler (am besten mehrere), und Kalinda braucht eine Situation, die ihre Fassade zum Bröckeln bringt. Was ja gerade der Fall ist. Und dann sind die beiden Figuren auch reif, wieder aufeinander losgelassen zu werden .
(Übrigens, ohne es euch aufdrängen zu wollen, möchte ich nochmal kurz anmerken, dass das zweite Einführungsvideo ("Give me one reason to stay here") sich auch auf das bezieht, worum es u.a. in diesem Abschnitt Geschichte geht: In der letzten Szene der dritten Staffel packt Kalinda ihre Sachen wieder aus und rückt sich einen Sessel zurecht, um zu warten... )
Alicia stand gedankenverloren in ihrer Küche und spülte aus Versehen zum dritten Mal dieselbe Schüssel. Auf nichts konnte sie sich richtig konzentrieren, ständig fing sie eine Sache an und vollendete sie dann nicht, weil sie schon mit der nächsten beschäftigt war. Der Abend zog sich in die Länge wie ein zähes Kaugummi und zwischendurch ertappte sie sich immer wieder, wie ihre Gedanken in Richtung Krankenhaus wanderten. Zu Zach und Grace mochte sie sich nicht gesellen, denn die Fernsehserie, die die beiden nebenan sahen, war ihr schon immer auf die Nerven gefallen. Und auf die Akten, die sich auf ihrem Esstisch stapelten, würde sie sich auch nicht konzentrieren können. Ob Owen vielleicht Zeit hatte, sie ein bisschen abzulenken? Alicia zog den Stopfen aus der Spüle und sah zu, wie das Wasser langsam durch den Abfluss sickerte. Ihr jüngerer Bruder hatte bisher immer irgendetwas auf Lager gehabt, was sie von ihren Gedanken abbringen konnte. Einen Versuch war es also wert.
Glücklicherweise hatte Owen tatsächlich Zeit, und sie verabredeten sich für um 21:30 Uhr im „Strongbow“. Letzteres wäre nicht unbedingt Alicias Wahl gewesen, aber Owen liebte die irische Kneipe, und da er ihr schließlich ein Gefallen tat, durfte er auch die Örtlichkeit wählen. „Bruce ist sowieso gerade in Boston“, erklärte er, als sie sich zur Begrüßung umarmten. „Und im Fernsehen laufen nur heterosexuelle Beziehungsdramen ohne Realitätsbezug.“
„Wieso Bruce?“ Alicia setzte sich zu ihrem Bruder an die Bar. „Was ist mit Matthew?“
„Matthew ist längst Geschichte.“ Er machte eine abfällige Handbewegung.
„Ich dachte, Matthew wäre der Knaller?“
„Das war er auch.“ In Owens Stimme lag eine Spur von Bedauern. „Aber es hat sich ausgeknallt.“
„Na, das war ja ein kurzes Feuerwerk…“ Alicia machte dem Barkeeper ein Zeichen, um ein Guinness zu bestellen. „Bist du okay, Owen?“
„Ja, klar.“ Er lächelte tapfer. „Feuerwerke sind immer zeitlich begrenzt.“
„Und Bruce?“
„Bruce ist…“ Er machte eine Grimasse. „… Bruce.“
Alicia klopfte ihm auf die Schulter. „Du findest schon noch den Richtigen…“
„Oh, ich warte lieber noch ein Weilchen“, protestierte er lachend. „Bruce ist ganz okay.“ Er stieß mit ihr an, als sie ihr Guinness und er sein Kilkenny bekommen hatte. „Und was lässt dich nicht schlafen?“, fragte er, als er sein Bier wieder abgestellt hatte. „Du siehst furchtbar aus, wenn ich das anmerken darf.“
„Ja, entschuldige.“ Alicia sah an sich herunter. „Ich bin heute Mittag in einen sintflutartigen Regenguss geraten.“
Er warf ihr einen Blick zu, der besagte, dass sie gar nicht erst zu versuchen brauchte, ihm etwas vorzumachen. „Hat es wieder was mit Will zu tun?“, hakte er nach. „Von wegen du bist durch mit der Sache. Ich weiß doch, dass…“
„Nein, es hat nichts mit Will zu tun“, unterbrach sie ihn unwirsch. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, mit Owen den Abend zu verbringen. Schließlich wollte sie sich ablenken und nicht über die Komplikationen ihres Lebens diskutieren.
„Na, da sind wir ja schon mal einen Schritt weiter.“ Seine Miene hellte sich auf. „Ein neuer Lover? Diesen Blick hast du nur, wenn es etwas mit einem anderen Mann zu tun hat.“
„Nein, hat es nicht.“ Alicia schüttelte frustriert den Kopf. Sie hatte Owen noch nie viel von ihrer Arbeit erzählt und verspürte wenig Lust, jetzt damit anzufangen. „Ich würde ziemlich weit ausholen müssen“, wandte sie ein. „Lass uns lieber über etwas anderes sprechen. Wie gefällt es dir inzwischen in Chicago?“
„Hör mal, Alicia.“ Er stand auf, um seinen Barhocker näher an ihren zu rücken. „Du bist viel zu verschlossen. Irgendwann kriegst du nochmal ein Magengeschwür.“ Mit einem Schwung setzte er sich zurück auf seinen Hocker. „Nun erzähl schon, was los ist. Wir haben doch jetzt den ganzen Abend Zeit.“
Alicia seufzte. „Ich möchte nicht, dass Zach und Grace davon erfahren…“
„Geht klar, großes Indianerehrenwort.“ Er hob zwei Finger. „Du weißt doch, wie verschwiegen ich bin.“
„Ha!“ Verschwiegenheit gehörte wahrlich nicht zu Owens Stärken, das wussten sie beide. Auf der anderen Seite würde Alicia eh den ganzen Abend an Kalindas Zustand denken müssen, also konnte sie ihm auch gleich von ihr erzählen. „Kannst du dich erinnern, dass Zach dir erzählt hat, Peter habe mich auch noch mit jemand anderem betrogen?“
„Klar erinnere ich mich daran.“ Owen hob die Augenbrauen. „Ist das etwa noch aktuell? Ich sage dir, der Mann hat dich einfach nicht verdient…“
„Nein, es ist nicht mehr aktuell.“ Alicia schüttelte den Kopf. „Aber ich sagte ja, dass ich länger ausholen muss…“
„Okay, geht klar.“ Er setzte eine entschlossene Miene auf. „Ich werde dich nicht mehr unterbrechen.“
Und dann erzählte Alicia. Von ihren ersten Arbeitstagen bei Lockhart & Gardner, von Kalinda, von ihrem guten Arbeitsverhältnis, von dem Bruch vor über einem Jahr, von ihrer beider Bemühungen, wieder aufeinander zuzugehen, und von den Ereignissen der letzten Tage. Owen hörte, ganz gegen seine Gewohnheit, schweigend zu und unterbrach sie nur ein einziges Mal, um ein weiteres Bier zu bestellen. Besonders die letzten zwei Tage wollte er ganz genau beschrieben haben.
„Und deine Kollegin hatte wirklich schon gekündigt, aber dann das von Will versprochene Geld nicht abgeholt?“, fragte er nach.
„Genau.“ Alicia nippte an ihrem Guinness.
„Und sie hat zu Hause erst ihre Sachen eingepackt und dann wieder ausgepackt?“
„Es sieht alles danach aus, aber genau wissen wir es nicht. Es macht irgendwie keinen Sinn.“
„Na klar macht das Sinn.“
„Wieso?“ Alicia ließ verblüfft ihr Bier sinken. „Was meinst du denn?“
„Naja, du hast doch gesagt, dass sie am Abend vor ihrem Verschwinden nochmal in dein Büro gekommen ist, richtig?“ Alicia nickte. „Und dass es für deine Kollegin ungewöhnlich war, nochmal in deinem Büro vorbeizuschauen anstatt dir am Feierabend wie sonst durch die Glasscheibe kurz zuzunicken, nicht wahr?“ Alicia nickte wieder. „Also sollte das eigentlich ein Abschied sein. Und dann hast du ihr aber etwas gesagt, als sie zu dir kam, habe ich recht?“
„Das habe ich dir doch gerade erzählt.“ Alicia runzelte die Stirn. „Dass dieser unbekannte Mann mehrfach angerufen hat und sich sogar bei mir zu Hause gemeldet hat, obwohl ich ihm nicht gesagt habe, wie ich heiße, geschweige denn, wo ich wohne. Und ich habe sie gefragt, ob der Mann gefährlich ist. Und Kalinda hat das bestätigt. Und dann ist sie schließlich damit herausgerückt, dass der Anrufer ihr Ehemann ist.“ Sie warf einen kurzen Blick auf ihr Handy, um sich zu versichern, dass es nichts Neues gab. Die Klinik hatte ihre Nummer für den Fall, dass sich Kalindas Zustand verschlechtern sollte, aber glücklicherweise blieb alles ruhig. „Und wo ist da jetzt für dich der Sinn?“
Owen schüttelte den Kopf über seine begriffsstutzige Schwester. „Oh Mann, Alicia. Dafür dass du ständig mit irgendwelchen Kriminalfällen zu tun hast, ist deine Leitung manchmal ziemlich lang.“ Er legte seinen Arm um sie. „Es liegt doch klar auf der Hand: deine Kalinda hat sich deinetwegen umentschieden.“
Alicia sah ihn mit großen Augen an. Ihr lag der Protest auf der Zunge, aber gleichzeitig fiel ihr der Sessel in Kalindas Wohnung ein, von dem Cary angenommen hatte, dass Kalinda darin bei der Wohnungstür gesessen hatte, um auf jemanden zu warten. Hatte sie wirklich, wie Cary vermutet hatte, ihre Tasche voller Sachen wieder ausgepackt und darauf gewartet, dass sie gefunden wurde? Aber das hieße ja…
„Sie hat ihr Leben für dich riskiert“, sagte Owen ernst. „Als sie von dir gehört hat, dass ihr Mann wusste, wer du warst, hat sie ihren Plan geändert.“
Alicia stützte ihren Kopf in die Hände. Ihr fiel kein Argument ein, um Owens Theorie zu widerlegen. Ob es sich wirklich so abgespielt hatte? War Kalinda ihretwegen in Chicago geblieben? Nicht dass es vorher jemals notwendig gewesen wäre, aber noch nie hatte jemand sein Leben für sie riskiert. Und vermutlich würde es auch nie jemand tun. Außer Kalinda.
„Deswegen ist es fast ein bisschen gerecht, dass du ihr jetzt das Leben gerettet hast“, lächelte Owen. „Wenn du mich fragst, ich finde das ungeheuer romantisch...“ Seine Stimme nahm einen schwärmerischen Klang an.
„Owen!“ Alicia bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick.
„Wieso denn, was denn?“, verteidigte er sich. „Das nennt man Liebe, Alicia. Ich sage dir, diese Kalinda ist megamäßig verknallt in dich. Ist sie hetero oder…?“
„Was soll das, Owen!“, fiel Alicia ihm ärgerlich ins Wort. Sie fühlte sich etwas überfordert von der unerwarteten Richtung, die der Gesprächsverlauf genommen hatte. Die Sache war viel zu ernst, um hier mit irgendwelchen pubertären Spielchen aufzuwarten. Aber das war typisch Owen. Am besten, sie ließ die Sache jetzt auf sich beruhen und sie sprachen über etwas anderes. „Weißt du eigentlich, dass Zach seine erste Freundin hat?“, fragte sie und bestellte sich noch ein Bier. „Ich mag sie sehr gern, und wir haben sie auch schon zu uns zum Essen eingeladen.“
„Jetzt versuch nicht, vom Thema abzulenken“, beharrte Owen. „Denk doch mal nach, Alicia. Wenn du bereit wärst, alles, was du dir aufgebaut hast, hinter dir zu lassen und dir woanders ein völlig neues Leben aufzubauen, dann bräuchtest du sicher einen ziemlich triftigen Grund dafür. Zum Beispiel, dass dein Leben in Gefahr ist.“
„Ja, ich weiß“, seufzte Alicia. Auch wenn Kalinda offenbar immer dafür gesorgt hatte, jederzeit ihre Zelte abbrechen zu können, so konnte es ihr trotzdem nicht leichtgefallen sein, ihr Leben in Chicago hinter sich zu lassen.
„Na also“, nickte Owen, sehr zufrieden mit seiner Beweisführung. „Und welcher noch triftigere Grund fällt dir ein, wenn du dich dann doch umentscheiden würdest?“
„Owen, ich bin nicht eine von deinen Studentinnen.“ Alicia verdrehte die Augen. „Und das Leben ist anders als deine grammatikalischen Formeln. Du kennst Kalinda überhaupt nicht. Sie… sie…“, Alicia gestikulierte in der Luft herum, „sie tut diese Dinge… Sie ist eben… Kalinda.“
„Aha“, sagte Owen, wenig überzeugt.
Immerhin ließ er von dem Thema ab, und sie sprachen den Rest des Abends über andere Sachen. Letztlich war Alicia doch froh, dass sie Owen angerufen hatte, denn nur wenige Menschen konnten Dinge beim Erzählen so unterhaltsam ausschmücken wie er. Und so ging der Abend doch wesentlich schneller herum als Alicia befürchtet hatte. Gegen Mitternacht brachen sie auf, Alicia hatte am nächsten Morgen eine Verhandlung und hoffte, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, um ihren Mandanten angemessen vertreten zu können. Zu Hause machte es der Alkohol glücklicherweise möglich, dass sie wider Erwarten schnell einschlief, auch wenn sie schon ab fünf Uhr morgens wieder kerzengerade im Bett lag.
Um sechs Uhr stand sie schließlich auf, um ihre Unterlagen für die anstehende Verhandlung zu sichten und weckte anschließend die Kinder. Grace und Zach war nicht entgangen, dass ihre Mutter sich um irgendetwas Sorgen machte, und sie erzählte ihnen beim Frühstück, dass eine Kollegin von ihr im Krankenhaus lag. Dass es sich dabei um Kalinda handelte, behielt sie für sich.
Bevor Alicia das Haus verließ, rief sie im Northwestern Hospital an und erfuhr von der kleinen Schrumpeligen, dass Kalinda noch auf der Intensivstation lag. Sie musste also die Nacht durchgestanden haben. „Können Sie mich mit der Intensivstation verbinden?“, fragte Alicia aufgeregt. Sie war so erleichtert über die gute Nachricht, dass sie vergaß, der Schrumpeligen zu erklären, dass sie von Professor Winter eine Auskunfts- und Besuchserlaubnis bekommen hatte. Folgerichtig verweigerte diese zunächst die Weiterschaltung, doch als das Missverständnis aufgeklärt war, stellte sie Alicia bereitwillig auf die Intensivstation durch. Dort erfuhr Alicia, dass Kalindas Werte sehr zufriedenstellend waren und die Ärzte vermutlich noch am selben Morgen die Entfernung des Beatmungsgerätes veranlassen würden.
Um ihrer Freude Luft zu machen, schickte Alicia Owen eine SMS mit der guten Nachricht und verließ dann in Windeseile ihr Haus, um rechtzeitig zum Gericht zu kommen. Owen schrieb zurück, dass er sich mit ihr freue und es nicht erwarten könne „die kleine Heldin kennenzulernen“. Er konnte es einfach nicht lassen, aber Alicia war zu glücklich, um sich darüber aufzuregen.
Im Nachhinein war Alicia dankbar, dass sie den frühen Morgen dazu genutzt hatte, sich noch einmal auf den Prozess vorzubereiten, denn es ging um eine recht knifflige Angelegenheit. Ihrem Mandanten, ein Direktor einer großen Bank in Chicago, wurde vorgeworfen, vorsätzlich Unterschriften gefälscht zu haben, um sich persönlich zu bereichern. Er wies jedoch jeglichen Vorwurf von sich und hatte Lockhart & Gardner gebeten, ihn zu verteidigen. Eigentlich hatte Will den Fall übernehmen sollen, doch durch seine halbjährige Zwangspause war der Fall auf Alicias Schreibtisch gelandet. Nach Durchsicht der Unterlagen und Rücksprache mit Kalinda war Alicia zu der Überzeugung gelangt, dass ihr Mandant entgegen seiner Beteuerungen schuldig war. Doch heute im Gerichtssaal war sie dermaßen in Form, dass sie die gegnerische Partei in Grund und Boden argumentierte. Mit dem Ergebnis, dass der Richter schon nach drei Stunden zu dem Schluss kam, dass die Beweise gegen den Angeklagten bei weitem nicht ausreichten, um dessen Schuld zweifelsfrei nachzuweisen.
Alicias Mandant wusste gar nicht, wie ihm geschah und lud sie in seinem Überschwang gleich zum Abendessen ein. Aber Alicia winkte lächelnd ab. „Lassen Sie es sich eine Lehre sein“, flüsterte sie ihm zu und dann ließ sie den verdutzten Mann im Gerichtssaal stehen.
Alicias Sieg hatte sich blitzschnell in der Kanzlei herumgesprochen, so dass eine Menge Kollegen ihr auf die Schulter klopften, als sie bei Lockhart & Gardner ankam. Gerade hatte sie sich in ihr Büro begeben, da winkte Diane ihr zu und machte deutlich, dass sie zu ihr herüberkommen solle.
„Gut gemacht, Alicia. Herzlichen Glückwunsch“, sagte Diane lächelnd, als Alicia ihr Büro betrat. Aber schon wurde ihr Gesicht ernster. „Gibt es Neuigkeiten von Kalinda?“
„Zum Glück hat sie die Nacht überstanden“, berichtete Alicia und bemühte sich nicht, ihre Erleichterung zu verbergen. „Der Professor sagte, dass sei schon die halbe Miete. Außerdem scheinen ihre Werte sehr zufriedenstellend zu sein.“
„Gott sei Dank.“ Diane atmete auf. „Liegt sie noch auf der Intensivstation?“
„Sie wird wohl noch länger beobachtet werden müssen“, erklärte Alicia. „Um ehrlich zu sein, wollte ich um Erlaubnis bitten, mir zwei Stunden frei zu nehmen, damit ich im Krankenhaus vorbeifahren kann.“
Diane neigte den Kopf zu Seite und schaute durch die Glaswände hindurch zu den Stapeln von Papier auf Alicias Schreibtisch. „Ich gehe davon aus, dass du dafür heute Abend länger bleiben wirst?“
„Selbstverständlich.“
„Dann steht dem nichts im Wege.“ Diane beugte sich wieder über ihre Unterlagen. „Falls sie bei Bewusstsein ist, richte ihr unsere Grüße aus. Wir denken alle an sie.“
„Das werde ich.“ Alicia verließ eilig Dianes Büro. Eigentlich wollte sie noch bei Cary vorbeischauen, um ihn zu fragen, wie es ihm geht, aber die Sekretärin Courtney informierte sie, dass er Will zum Prozess begleitet hatte. Also legte Alicia Cary eine kurze Notiz auf seinen Schreibtisch und ging zu den Aufzügen, um zurück zum Parkdeck zu gelangen. Um diese Uhrzeit dauerte es immer ewig, bis ein Fahrstuhl ihr Stockwerk erreicht hatte, und Alicia drückte dreimal ungeduldig auf den Knopf, wohlwissend, dass das die Sache nicht beschleunigen würde. Während sie notgedrungen bei den Aufzügen wartete, hörte sie Courtney und zwei andere Sekretärinnen in deren Büro über Kalinda sprechen. Alicia hatte schon gemerkt, dass Kalindas Gesundheitszustand heute Tagesgespräch war. Wahrscheinlich hatte Cary von ihrer Aktion gestern berichtet.
„Es wäre ein großer Verlust für die Kanzlei, wenn Kalinda es nicht schaffen würde“, hörte Alicia Elizabeth sagen. „Ich mag sie irgendwie, aber es soll nicht gut um sie stehen.“
„Ach, Kalinda ist zäh“, widersprach ihr Wendy. „Die schafft das.“
„So zäh wie sie tut, ist sie nun auch wieder nicht“, gab Courtney zu bedenken. „Manchmal ist das bestimmt auch Fassade.“
„Wie meinst du das?“, fragte Wendy. „Kalinda kriegt das hin. Oder hast du schon mal gesehen, dass die irgendwas erschüttert hat?“
„Ja, das habe ich“, antwortete Courtney, und Alicia hörte, wie sie sich eine Tasse Kaffee eingoss. „Irgendwann, es ist schon länger her, da habe ich sie mal aus dem Büro von Alicia Florrick kommen sehen. Ich weiß nicht, die beiden müssen sich irgendwie gestritten haben oder so was. Jedenfalls war Kalinda weiß wie eine Wand und ich dachte, die kippt jeden Moment um. Irgendwie hat sie’s bis zum Fahrstuhl geschafft und ist da drinnen bestimmt zusammengebrochen.“
„Unsere Kalinda? Ach was, das hast du dir eingebildet“, rief Wendy ungläubig.
„Wenn ich es dir doch sage…“, verteidigte sich Courtney.
„Doch, das kann ich mir schon vorstellen“, kam ihr Elizabeth zur Hilfe. „Die hockt doch ständig bei Alicia Florrick rum. Die anderen Anwälte beschweren sich schon lange, dass Mrs. Florrick nur mit dem Finger zu schnippen braucht und…“ Den Rest des Satzes bekam Alicia nicht mit, weil sie den Fahrstuhl betreten hatte und sich die Türen hinter ihr schlossen. Die Stirn nachdenklich in Falten gelegt, fuhr sie hinunter zum Parkdeck. Sagte Courtney die Wahrheit? Alicia hatte immer gedacht, sie wäre die einzige gewesen, die damals die Fassung verloren hatte. Ohne dass sie es wollte, drängten sich Alicia Owens Worte vom gestrigen Abend auf, und sie schob sie sofort wieder zur Seite. Aber die Fragen blieben. Warum war Kalinda anders zu ihr als zu anderen Menschen? Weshalb setzte sie ihr Leben für sie aufs Spiel? Wer war sie für Kalinda?
To be continued....