Arizonas POV„Danke fürs Mitnehmen.“
„Kein Problem, Teddy. Es ist das Mindeste was ich tun konnte, nachdem ich die die halbe Na-“ ich brach mitten im Satz ab als ich Callie aus Shondas Office kommen sah.
„Rede mit ihr“, riet sie mir zum hundertsten Mal.
„Nein. Also, ja, aber nicht darüber. Ich weiß, ich hätte Erica nicht von mir aus erwähnen sollen, aber sie hat total überreagiert.“ Ich verschränkte demonstrativ die Arme vor meiner Brust. „Wenn sie sich dafür entschuldigen kann, dann werde ich mit ihr reden.“ Gegen meinen Willen starrte ich Callie an, als gäbe es nur diese eine Richtung in die ich gucken könnte.
„Und du warst nicht ehrlich zu ihr.“
„Natürlich war ich ehrlich“, ich sah Teddy entgeistert an.
„JoAnne?“
„Wa-? Ich konnte nicht glauben, was meine beste Freundin da gerade gesagt hatte.
„Oh Arizona, krieg dich wieder ein. Diese ganze Geschichte, dass du mit keiner Frau ausgehen willst, die keine Erfahrungen hat…die wird langsam echt alt. Und für Callie hast du sie ohnehin gebrochen.“ Sie sah mich eindringlich an. „Was ich damit sagen will ist, dass ich denke, dass sie es verstehen würde und ihr euch dann gestern Abend nicht angezickt hättet.“
„Wir haben uns nicht angezickt.“
„Richtig. Ihr hattet euren ersten richtigen Streit ohne in einer Beziehung zu sein“, neckte Teddy.
Demonstrativ drehte ich mich von ihr weg. Teddy konnte so unglaublich direkt sein. Und das letzte was ich jetzt hören wollte, war die Wahrheit. „Guten Morgen, Calliope“, sagte ich, als sie an uns vorbeiging.
„Es heißt immer noch Callie“, hörte ich sie zischen.
„Robbins!“, rief Shonda.
„Hast du was angestellt?“, fragte Teddy. Shondas Ton was ihr auch nicht entgangen.
„Nicht, dass ich wüsste…“
„Ich muss in die Maske. Bis gleich.“ Und schon war sie verschwunden.
Ich atmete kurz tief durch, dann begab ich mich auf den Weg in die Höhle des Löwen. Wenn ich gefressen wurde, naja…eine Sorge weniger. „Guten Morgen, Shonda.“
„Arizona“, sagte sie nur und hielt mit die Tür zu ihrem Büro auf.
„Ist etwas passiert?“
„Das würde ich gerne von dir wissen.“
„Ich…ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“
„Okay, fangen wir anders an. Wie laufen die Proben?“
„Gut! Wirklich gut. Ich meine, Calliope…“ ich stoppte kurz, „Callie ist wirklich eine fantastische Sängerin. Sie ist genau die Richtige als Zentrum für die Musical-Folge.“
„Das freut mich zu hören. Wie ist es für dich? Mit ihr zu üben?“
„Hervorragend. Sie hat viel Geduld mit mir.“
„Also kommt ihr gut miteinander aus?“
„Sollten wir nicht? Wir arbeiten seit gut zwei Jahren zusammen...“ Wenn ich doch nur ahnen könnte, auf was dieses Gespräch hinausläuft.
„Gut“, murmelte sie und dann passierte es. Sie drehte ihren Laptop in meine Richtung. Den Bildschirm zierte ein riesiges Bild von Callie und mir von unserem Date gestern Abend. Der Moment, in dem ich nach ihrer Hand gegriffen hatte- um ihr zu zeigen, dass die Rechnung auf mich geht- festgehalten von einem Paparazzi. Vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. Darüber stand es in großen Buchstaben „Heartbeat: Ist aus Sara & Jessica bereits Callie & Arizona geworden?“ Ich schluckte. „Möchtest du mir dazu was sagen?“
„Shonda, ich…wir waren Essen. Wir hatten beide gestern einen anstrengenden Tag und ich dachte, es wäre nicht so schlimm, wenn wir mal einen Abend nicht üben. Und…dürfen Freunde nicht zusammen in ein Restaurant gehen?“
Shonda antwortete nicht.
„Das ist zusammenhanglos. Ich wollte die Rechnung übernehmen…als Dankeschön, dass sie mir hilft. Mehr nicht.“ Ich stoppte mich erneut selbst, dieses Mal um den Wortwasserfall aufzuhalten.
„Freunde. Mehr nicht?“
„Mehr nicht“, antwortete ich und hoffte dabei nicht allzu betrübt zu klingen.
„Gut. Versteh mich nicht falsch, Arizona“, begann sie und schien dann nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich weiß, dass du und Jessica eine große Gemeinsamkeit habt. Das ist toll, wirklich. Ich habe damit keine Probleme. Sonst hätte ich dich nicht an Bord von Heartbeat gelassen. Aber das ist nur meine Meinung. Und der Sender…ist da nicht so offen. Sollte da irgendetwas sein…zwischen dir und Callie oder Teddy oder Cristina-“ Ich unterbrach sie mit einem leichten „Ew“ und einem Nasekreuseln. „Ich würde es lieber erst von dir hören. Das ist alles was ich sagen will. Ich halte meine Hand schützend über euch alle- ohne Ausnahme. Aber das kann ich nur, wenn ich weiß, was los ist. Beim Ericas Rauswurf war ich machtlos.“
„Shonda, es gibt keinen Grund-“
Dieses Mal wurde ich unterbrochen. „Arizona, ich bin vielleicht nicht immer am Set dabei, aber ich bin nicht blind. Du und Callie, ihr habt beide genau gleich reagiert, als ich euch das Foto gezeigt habe.“ Sie lächelte mich an.
„Wir sind nur Freunde“, sagte ich erneut.
„Auch diesen Satz habe ich heute schon ein paar Mal gehört.“
Ich seufzte.
„Du kannst jetzt gehen. Du musst gleich in die Maske.“
Ich bedankte mich, als hätte der Schuldirektor mich vor drei Wochen Nachsitzen bewahrt. Aber um ehrlich zu sein, genauso fühlte es sich an.
Callies POV„Kann ich kurz mit dir reden?“
„Ah? Teddy? Klar, komm rein.“
„Es geht um Arizona…“
„Warum um den heißen Brei herum reden, wenn du direkt mit der Wahrheit rausrücken kannst, was?“ Ich fühlte die Wut in mir aufsteigen und musste mich daran erinnern, dass vor mir nur Teddy stand und nicht Arizona.
„Darf ich“, fragte sie und ich nickte, bevor sie sich in den Stuhl mir gegenüber setzte. „Callie, ich will ehrlich mit dir sein. Auch wenn es Arizonas Aufgabe wäre dir das alles zu sagen. Aber du hast sie gestern ziemlich mies behandelt.“
„Sie ist also direkt zu dir gerannt? Hätte ich mir denken können.“
„Sie ist nicht zu mir gerannt. Ich kenne Arizona seit Jahren, manchmal fühle ich einfach, wenn es meiner besten Freundin schlecht geht.“
Ich nickte leicht.
„Arizona ist…anders. Sie ist nicht der Typ Frau, die nur auf einen One Night Stand aus ist. Nicht mal auf zwei Nächte. Arizona ist…sieh mal, jeder hier weiß, was mit Erica passiert ist. Und jeder hier weiß, was zwischen Dir und Erica gelaufen ist. Nicht im Detail, aber jeder hat gesehen wie es dir ging, als sie gehen musste. Und neben Erica…nun, da sind Sloan und Karev und George.“
Sie sah mich an, als müsste ich verstehen was sie mir sagen wollte.
„Okay, es geht nicht anders.“ Teddy biss sich auf die Unterlippe und sah nervös hin und her. „Arizona geht normalerweise mit niemandem aus, der keine Erfahrungen hat.“
„Ich hab Erfahrungen“, warf ich dazwischen und erntete dafür einen vielsagenden Blick von Teddy.
„Ich denke, du hast genau verstanden was ich meine.“
Ich nickte.
„Pass auf, das ist etwas, was Arizona dir selbst erzählen sollte. Dafür musst du gewillt sein ihr zuzuhören, ohne sie zu verurteilen.“ Teddy erhob sich und ging Richtung Tür.
„Worüber soll ich mit ihr reden?“, fragte ich schließlich als ich den inneren Kampf irgendwie ausgefochten hatte.
„JoAnne“, sagte sie leise und verließ die Garderobe.
„Wer zum Teufel ist JoAnne?“, murmelte ich.
„Hast du jemanden aufgerissen?“, fragte Mark.
Wann war er gekommen? „Was?“
„JoAnne? Wer ist sie?“
„Keine Ahnung.“
„Wieso sagst du den Namen einer Frau, die du nicht kennst?“
„Arizona…“
„Oh, da liegt der Hase begraben, alles klar. Torres-“
„Nein!“, unterbrach ich ihn.
„Was?“
„Lass es heute einfach, Mark.“
„Okay.“
„So einfach?“
„Du bist meine beste Freundin, Torres.“
„Hält dich sonst auch von nichts ab…“
Er wollte erst etwas sagen, ließ es dann aber und nahm mich stattdessen in den Arm. Hätte er das nur nicht getan. Der Damm bröckelte und alles was ich in mich reingefressen hatte, brach binnen Sekunden aus mir heraus. George. Erica. Arizona…Arizona.“
Arizonas POV„Du wolltest mit mir reden?“
„Ja“, kam leise von diesen wunderbar vollen Lippen.
Konzentrier dich, Arizona. „Worum geht’s?“
Sie sah auf ihre Füße. Calliope Torres war der letzte Mensch, den ich als schüchtern einstufen würde. April, manches Mal sogar Teddy, aber niemals Calliope.
„Shonda…ich denke, sie hat dir auch das Foto gezeigt?“
„Hat sie.“
„Ich…ähm…was hast du gesagt?“
„Dass wir als Freunde zusammen nett essen waren.“
„Okay. Das…“
„…hast du ihr auch gesagt, ich weiß.“
„Arizona?“
„Callie.“
Sie zuckte, wartete ein paar Sekunden und flüsterte dann etwas, was sie anhörte wie ‚Calliope‘, ich war mir aber nicht sicher.
Sie hatte mir noch kein einziges Mal heute in die Augen sehen können. Wir hatten keine Szene zusammen drehen müssen, das hatte es ihr leichter gemacht. „Gibt es sonst noch etwas?“
Sie schüttelte den Kopf, machte aber keine Anstalten gehen zu wollen.
„Ich kann keine Gedanken lesen“, sagte ich sanft. Ich wollte nicht mehr sauer sein.
„Wer ist JoAnne?“, fragte sie schließlich.
„Was?“ Teddy, schoss es mir durch den Kopf.
„Ist sie…deine Freundin? Ich meine, wolltest du wegen ihr immer gehen?“
„JoAnne? Meine Freundin? Callie…“
„Calliope“, sagte sie, dieses Mal laut und deutlich.
„Calliope“, wiederholte ich nur.
„Es…Teddy kam zu mir und jetzt wird sie mich umbringen, weil ich dir verraten hab, dass ich den Namen von ihr habe. Aber sie hat gesagt, dass ich mit dir reden soll. Nein, dass ich dir zuhören soll. Und hier bin ich. Bereit dir zuzuhören.“
„Wow. Kannst du noch ein bisschen schneller reden?“, fragte ich und lächelte. Es war schon irgendwie…süß. Noch ein Wort, was ich nicht unbedingt mit der heißen Latina in Verbindung bringen würde.
„Entschuldigung.“
„Ist schon okay. Du willst mir zuhören?“ Sie nickte. „Okay, dann lass uns irgendwo einen Kaffee trinken gehen.“
„Also“, begann ich. Callie drehte ihren Kaffeebecher nervös zwischen ihren Händen hin und her und sagt kein Wort. „JoAnne ist meine Ex.“ Als erste Reaktion entwich ihr die Luft, die sie eingehalten hatte. Sie wurde merklich entspannter. „Wir waren fast drei Jahre zusammen. Ich war ihre Erste…“
Ich spürte Callies Blick, sah sie aber nicht an, sondern lieber aus dem Fenster. Die fremden Menschen die an dem kleinen Café vorbeigingen, konnten nicht hören was ich sagte. „Wir hatten eine gemütliche Wohnung zusammen. Einen kleinen süßen Hund. Es war…irgendwie perfekt.“ Ich wagte einen Blick in Callies Richtung und fand warme braune Augen und darin etwas wie Mitleid. „Einen Abend kam ich früher nach Hause- ich hatte gerade mit der Schauspielerei angefangen und der Drehtermin fiel wetterbedingt und buchstäblich ins Wasser.“ Wir beide lachten kurz auf. „Zu Hause fand ich JoAnne mit unserem Nachbarn im Bett. Volle Action.“ Bei dem Gedanken daran, zog sich in mir noch immer alles zusammen. Nichts war so demütigend gewesen. Und ich wusste, dass Callie es verstand. Ich kannte die Geschichte von George, Callie und Izzie. „Die Trennung folgte auf dem Fuß, als sie mir sagte, dass ich ihr nie genügt habe, dass ich eben doch nur eine Frau sei. Das ist das Letzte was man hören will.“ Ich atmete kurz durch. „Da habe ich mir geschworen, dass ich mich nie wieder auf eine Frau einlassen werde, die…nun ja…nicht weiß, was sie will.“
Ich wich ihrem Blick aus. Als ich ein paar Minuten nichts mehr gesagt hatte erhob sie sich und brach die Stille: „Dann tut es mir leid, dass ich deine Zeit verschwendet habe.“
Ich griff nach ihrem Arm, als sie an mir vorbeigehen musste um zum Ausgang zu gelangen. Langsam glitt meine Hand in ihre. „Ich habe diese Regel für dich gebrochen, Calliope.“ Ich fühlte ihre Hand die meine fest umschloss. „Ich wusste viel über dich, bevor du mich geküsst hast und bevor ich dich gefragt habe, ob du mit ausgehen würdest.“ Ich traute mich nicht sie anzusehen.
Callies POVIch fühlte ihre Finger in meiner Hand. Diese zierlichen Finger, perfekt manikürt. Ich wusste, unsere Hautfarben harmonierten wie Licht und Schatten.
„Würdest du bitte etwas sagen?“, hörte ich ihre Stimme.
„Du denkst, du weißt viel über mich?“
Sie zuckte kurz.
„Ich erzähle dir was über mich.“ Ich setzte mich zurück in den gemütlichen Sessel. Als ich ihre Hand losließ, fühlte ich eine merkwürdige Leere. „Meine Eltern sind katholisch. Durch und durch. Ich wurde katholisch erzogen. Als mein Vater mich und meinen ersten Freund beim Knutschen erwischt hat, hat er mich auf ein Mädcheninternat geschickt. Seine Ausrede war, dass es ein Musikinternat war, aber ich wusste den wahren Grund und hasste ihn dafür, dass er mich mit 15 dort alleine ließ.“ Ich suchte ihre blauen Augen und fand sie. Hell und klar wie immer. Es gab kein schöneres Blau für mich. „Richtig verliebt- mit Herzrasen und allem was dazu gehört- war ich das erste Mal mit knapp 17.“ Arizona riss die Augen auf. „Richtig, da war ich auf dem Internat. Sie hieß Sadie, oder heißt. Keine Ahnung. Es war erst nichts ernstes und dachte, dass passiert jedem mal. Mal ganz davon abgesehen hätte mein Vater eine Frau an meiner Seite niemals toleriert. Damals nicht und heute…“ Ich sprach nicht weiter. Einen Schritt vor und zwei zurück, das war ich. Aber nicht dieses Mal. Dieses Mal wollte ich nur nach vorne gehen. „Nach dem Internat habe ich ein Stipendium für die Juilliard bekommen. Ich hätte es nicht gebraucht. Mein Vater hat immer dafür gesorgt, dass wir auf die besten Schulen gehen. Eine kleine Spende hier, eine leichte Drohung da. Er ist ein Macher, ein Mann der Taten.“ Arizona leerte ihren Kaffeebecher und hörte mir gespannt zu. „Auf der Juilliard wollte ich neu anfangen. Hier wusste niemand, dass ich mich zu Frauen hingezogen fühlte. Nachdem Sadie das Internat verlassen musste- Alkoholmissbrauch- sagen wir, es ist nicht leicht, wenn alle denken, dass du ihnen an die Wäsche willst.“ Ich machte erneut eine Pause. Wow, Torres. Immer schön geschmeidig bleiben. „Alles lief prima. Ich flirtete mit den Jungs so wie alle anderen Mädels. Nur…es war nie das Gleiche für mich. Nach meinem Abschluss und ein paar Jahren am Theater kam ich hierher. Nach Seattle und zu Heartbeat. Ich lernte George kennen. George, mein George, der einzige Mann für den ich je wirklich Gefühle hatte. Ich muss dir nicht erzählen, was passiert ist. Ich nehme an, das stand alles in dem offenen Buch“, sagte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Sie nickte und ich fuhr fort. „Karev war…ein Ausrutscher. Ein dämlicher betrunkener Ausrutscher und ich kann mich nicht mal daran erinnern. Scheint also nicht sonderlich gut gewesen zu sein. Sloan…Sloan ist naja, Sloan. Er ist mein bester Freund. Und es war anders mit ihm als mit George oder Karev. Es ist trotzdem kein Vergleich zu…Frauen. Zu dir. Unser Kuss. Das waren Stromschläge. Das waren 1000 Volt direkt durch meine Adern.“ War ihr aufgefallen, dass ich Erica ausgelassen hatte? Ihrem Blick nach zu urteilen, ja. „Erica…sie war nach Jahren die erste Frau, aber sie war nicht die Erste. Und nur weil ich zwischendurch mit einem Mann verheiratet war, heißt das nicht, dass ich mir immer das Beste raussuche. Ich verliebe mich in Personen, nicht in Geschlechter. So, und jetzt bin ich fertig. Ich wollte nur, dass du das weißt.“
Soo, ein kleiner Einblick ins Innere