17.
Am nächsten Tag sollten wir uns wieder treffen. Die Blicke sollten noch magischer sein. Dieser Ausbruch war mehr als nur ein Zeugnis, einer Zuneigung – sondern das Abbild zweier Menschen, die sich nach etwas sehnten. Nach etwas Besseren. Ein Mensch, der riskierte, für einen anderen drauf zu gehen.
Als ich zurück auf meine Zelle kam, schlug mir das Herz bis zum Hals, ich konnte nicht glauben, was ich in dieser Nacht erlebte. Ich konnte nicht glauben, dass es einen Menschen gab, der sich für einen anderen Menschen so opferte. Niemand hatte uns gesehen, ich hätte genauso gut einfach verschwinden können, doch ich habe nicht eine Sekunde daran gedacht, sie zu verraten, so zu hintergehen. Ich wollte sie nicht schuldig sprechen und von niemand anders, schuldig sprechen lassen. Mein Bett war kalt. Nur das Schnaufen von Elke. Noch immer schlug mein Herz stärker als alles andere, stärker, als die Flügel eines Vogels vor einer wütigen Katze. Ich weiß nicht ob sie die Kette bemerkt hat. Aber das war nicht wichtig. Auch ihr war dieses materielle Gut nicht wichtig. Wichtiger war, dass wir uns in einem Moment, der bezaubernder nicht sein konnte, hielten. Der eine den anderen Stützte. Und in dieser Nacht beschloss ich, dass erste Mal seit ich hier- in diesen Hallen meinen Lebenstag beschritt, nicht aufzugeben und zu kämpfen, denn ich war unschuldig, das wurde mir bewusst in dieser heiligen Nacht mit diesem Engel an meiner Seite. Ich war unschuldig. Ich wollte frei sein, Dinge tun für welche ich Leidenschaft verspürte. Ich wollte frei sein. Und ich wollte sie an meiner Seite wissen. Ich wollte ihr genau das zurückgeben, was sie für mich opferte und riskierte.
[center]
[/center]
Heute kam ein Brief von Ben, in dem er mir von einem Jungen erzählte, den er traf. Besser einen Jungen, der ihn vor einigen Wochen aufgesucht, hatte. Einen Jungen, der - wie er schreibt, schöner nicht sein konnte. Schöner, reiner und lebenslustiger in seinem Herzen, als alle Menschen die ihm zuvor begegneten. Ben erzählte, dass dieser Junge, eine gewisse Gabe mit sich trug und das er von mir wusste. Ben hatte lange Zeit, nicht daran geglaubt, dass er mir helfen konnte. Was sollte er tun, er hatte keine Ahnung von Gesetzen, er wusste nicht was passiert war. Sicher glaubte er mir, dass ich meinen Vater nicht getötet hatte. Aber was sollte er tun, ohne einen Anhaltspunkt, ohne Beweise, die den wahren Mörder entlarvten. Es verging viel Zeit! Er traute sich nicht den Brief aufzusetzen, den ich nun hier in meiner Hand hielt. Er versuchte ein wenig herumzuschauen, in sich hineinzuhören, sich zu erinnern an mich und meinen Charakter, an meine Eigenschaften. An die Menschen in meiner Umgeben. An Menschen die mir etwas Schlechtes wollten. Und eines Nachts wachte er auf. Nass geschwitzt, verfolgt von seinen Träumen.
Er traf sich oft mit diesem Jungen, in der Hoffnung auf Unterstützung und Hilfe. Sie unterhielten sich, versuchte Dinge zu ergründen, die Ben allein, nicht hätte schaffen können. Er war begeistert von diesem Jungen, der mehr Mut besaß, als alle Menschen zusammen. Ein Junge, der sich für ein fremdes Schicksal einsetzte, welches ihn nichts anging und welches er noch weniger kannte.
Warum er dies tat, wusste Ben nicht. Er wusste nur, dass dieser Junge sein einzige Möglichkeit war, herauszufinden, was mit meinem Vater wirklich gesehen war.
Irgendjemand hatte diesen Jungen geschickt. Um zu helfen, dass ein unschuldiger Mensch wieder frei sein durfte.
Zuletzt geändert von KunstL am 26.12.2009, 14:54, insgesamt 2-mal geändert.