vonLahnstein hat geschrieben:
MeL hat geschrieben:
Was das Wort queer angeht, soweit ich mich da an das erinnere, was ich an der Uni dazu gelernt habe, soll es dafür gerade keine allgemeingültige Definition geben, sondern es ist irgendwie alles, was die gesellschaftlich vorherrschende Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit durchkreuzt. Insofern passt es gut als Sammelbegriff.
Hallo MeL
Ich hoffe, ich darf auch mal eben meinen Senf dazugeben
Meiner Auffassung nach ist der Begriff "queer" gerade in heterosexuellen Teilen der Gesellschaft so gut wie gar nicht bekannt, da er auch durch die Medien selten verwendet wird. In den Augen vieler Leute existieren nur Formulierungen wie "schwul", "lesbisch", "bi" und "trans", mit allem anderen kann man nicht viel anfangen.
Ich bin schwul mit überwiegend heterosexuellem Freundeskreis und würde aus eigener Erfahrung sagen, dass die oben genannten Begriffe direkt zugeordnet werden können, bei "queer" aber erst mal ein großes Fragezeichen entsteht, weil das Wort bzw. die genaue Bedeutung einfach nicht weitläufig bekannt ist.
Da kommt es dann vermutlich auch auf die Zielgruppe an. Menschen, die sich als LGBT+ identifizieren, werden damit vermutlich eher was anfangen können als andere Menschen.
Ansonsten sehe ich das wie Kim. Man
kann es gar nicht allen Menschen recht machen, wenn man da eine zusammenfassende Formulierung sucht, zumal viele Leute solche Begriffe leider noch immer mit Beleidigungen assoziieren (bin letztens erst auf ein Video eines YouTubers mit sehr hoher Abonnenten-Anzahl gestoßen, der das Wort "schwul" sehr eindeutig als Beleidigung/Anfeindung verwendet hat - und gerade jüngere Zuschauer lassen sich leider oft dazu verleiten, solche Assoziationen in ihren täglichen Sprachgebrauch zu übernehmen). Daher hängt es m.E. von der Zielgruppe eines Textes ab. Wenn man davon ausgehen kann, dass die meisten Leser mit dem Begriff etwas anfangen können, würde ich auch "queer" schreiben, einfach weil man damit alle verschiedenen Formen miteinschließt. Und ansonsten würde ich vermutlich tatsächlich auf die einzelnen Formulierungen wie "lesbisch", "schwul" etc. zurückgreifen. Klar bezieht man damit gewisse Varianten nicht ein, aber man sollte doch eigentlich auch meinen, dass die Menschen erwachsen genug sind, sich so etwas nicht so nahe gehen zu lassen.
(Erinnert mich an unsere Uni, wo - ebenso wie auch an anderen Unis - "Studentenwerk" in "Studierendenwerk" umbenannt wurde bzw. wird, weil man mit dem vorherigen Begriff Studentinnen ausschließen würde. Als wüsste nicht jeder, was damit gemeint ist.)
Hallo vonLahnstein,
ich habe diesen Beitrag ja eröffnet, um möglichst viele auch unterschiedliche Meinungen zu hören, insofern vielen Dank für deinen "Senf".
Mit der Zielgruppe hast du sicherlich Recht. Ich bin an Texte für die L-Mag ganz anders rangegangen als an meinen Artikel für die taz, wo ich die Abkürzung LGBTQ ausdrücklich erklärt habe. Bei meinen Blogtexten bin ich da etwas zwiegespalten, weil ich nicht gezielt nur für die Community schreibe, sondern hoffe, eine etwas breitere Gruppe an potenziellen Leserinnen und Lesern anzusprechen. Andererseits denke ich fast, dass, wer sich auf meinen Blog verirrt, dies wegen eines Artikels tut, in dem ein bestimmtes Thema adressiert wird, und dann wahrscheinlich auch mit den entsprechenden Begrifflichkeiten vertraut ist. Wer sich beispielsweise für Supergirls lesbische Schwester interessiert, kann wahrscheinlich auch mit dem Begriff queer etwas anfangen.
Was das Thema "Studentenwerk" vs. "Studierendenwerk" angeht bzw. allgemein die Verwendung geschlechtsneutralerer Bezeichnungen, da ist mir erst in den letzten Jahren aufgegangen, wie sehr mich die durchgängige Verwendung männlicher Formen in der deutschen Sprache, die ja bis vor einigen Jahren gang und gäbe war, tatsächlich geprägt hat. Mir ist das daran aufgefallen, welche Assoziationen ich hatte und immer noch habe, wenn ich z.B. eine englische Berufsbezeichnung lese, die in der Regel beide Geschlechter umfasst. Ich habe aber fast immer zuerst einen Mann vor Augen und bin einen kurzen Moment irritiert, wenn sich im Laufe des Textes herausstellt, dass es um eine Frau geht. Ein Beispiel: Die Person, um die es geht, ist "doctor". Ich übersetze das für mich mit "Doktor" oder "Arzt", beides die männliche Form. Dass es auch um eine Ärztin gehen könnte, weil der Begriff im Englischen beide umfasst, daran denke ich im ersten Moment meistens nicht. Das ist ein Problem der deutschen Sprache, in der wir so strickt zwischen den Geschlechtern trennen und ja auch unterschiedliche Artikel benutzen, während es im Englischen nur "a" oder "the" gibt, die übergreifend verwendet werden. Ich kann mir vorstellen, dass es mehr Leuten so geht. Insofern bemühe ich mich inzwischen meist um neutrale Bezeichnungen oder schreibe ausdrücklich beide Varianten (also z.B., wie oben, Leserinnen und Leser), weil ich möchte, dass Frauen nicht nur "mitgemeint" sind, sondern sich ausdrücklich angesprochen fühlen können.
Last but not least @alle: Ich freue mich total, dass hier so eine lebhafte Diskussion zu dem Thema entstanden ist. Auch wenn ich für mich noch keine Lösung habe, helfen mir alle eure Gedanken dazu auf jeden Fall weiter.
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Ich sehe Serien und schreibe darüber. Hier geht's zu meinem Blog:
Da findet sich übrigens auch eine
Übersicht queerer Frauenfiguren in deutschen Serien