Hey Heidi
! Vielen Dank für deine Eindrücke zu dem Film und auch dafür, dass du uns diese so differenziert gegeben hast. Ich glaube, so wie dir ging es so manchen Leuten um mich herum im Kino. Als ich im Kino saß, sind zwei junge Frauen nach einer halben Stunde gegangen (warum auch immer) und die ältere Frau neben mir sagte laut und vernehmlich "Na, das nenne ich konsequent."
Ich glaube, dass viele Menschen mit dem Film nicht viel anfangen können und nicht zuletzt ist eine immer wiederkehrende Kritik, der Film sei "zu kühl". Irgendwo hat ein Kritiker über den Film geschrieben: Cate Blanchett ist überwältigend, der Film extrem langatmig, die Filmmusik zum Einschlafen, und Rooney Mara nervt.
Die Befürworter wiederum zetern, dass diejenigen, die den Film als "kühl" und "distanziert" erleben würden, ihn einfach nur nicht richtig verstanden hätten. Das finde ich eine ziemlich arrogante Haltung, ehrlich gesagt. Wir können doch alle fühlen, was wir wollen und entweder uns gefällt etwas, oder eben nicht.
Nichtsdestotrotz vermute ich, dass es in erster Linie die Elemente des so genannten "Kunstfilms" sind, die ein Befremden hervorrufen können. Der Film bricht mit normalen Sehgewohnheiten und wie ich deinen Schilderungen entnehme, bist du bei dem Film irgendwie "draußen" geblieben und er hat keinen Bezug zu dir herstellen können. Das ist ja nicht selten bei Kunstfilmen so, weil sie sperriger sind, oft viel Symbolik haben, und vor allen Dingen auch ein anderes Tempo. Und wenn ich als Zuschauerin keinen Bezug herstellen kann, dann "schaue ich jemandem nur beim Handwerk zu", wie du sagst. Und dann kommt mir Vieles albern, überdramatisiert und unauthentisch vor.
Für mich ist dieser Film wie eine Ansammlung von impressionistischen Gemälden, von denen man sich entweder verzaubert fühlt oder befremdet. Ich kann ganz bestimmt von mir sagen, dass der Film mich "gekriegt" hat. Und ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber ich kann trotzdem nur nochmal betonen, dass es sich lohnt, das Original zu sehen, weil die Synchronstimmen noch mehr Distanz in den Film bringen und das "Außen-Vor-Bleiben" fördern.
(Ich habe gesehen, dass es den Film inzwischen (in mehreren Teilen) auf youtube zu sehen gibt, aber ich werde den Link hier nicht posten, weil ich es unmöglich finde, einen Film, der noch in den Kinos läuft und noch nicht mal als DVD auf dem Markt ist, auf youtube zu setzen. Ich wundere mich, dass da noch nicht reagiert worden ist.)
Zitat:
am schlechtesten fand ich, glaube ich, die szene mit ihrem anwalt
Die beiden Szenen mit dem Anwalt gehören zu meinen absoluten Lieblingsszenen - besonders die zweite. Es war der Moment, wo ich mich am liebsten vor Cate Blanchett auf die Knie gesunken wäre und "danke, danke, danke" gerufen hätte. Manche schauspielerischen Leistungen sind einfach nicht von dieser Welt und ich kann nur nochmal sagen, dass die Synchronstimmen das nicht transportieren. Ein Soap-Element habe ich da überhaupt nicht verspürt und erlebe mich gerade in dieser Beziehung eigentlich eher empfindlich. Aber verstehe mich bitte nicht falsch, ich will auf keinen Fall alles auf die Synchronstimmen schieben. Unsere Resonanzen auf den Film unterschiedlich und das ist auch gut so. Wie wäre die Welt, wenn alle alles gleich sehen und empfinden würden
.
Zitat:
eine bemerkenswerte kampagne für den film
Was meinst du damit? Ich wünschte, der Film hätte das Budget gehabt, eine "bemerkenswerte Kampagne" zu starten, aber als Independent-Movie geht das ja leider nicht. An dieser Stelle bin ich tatsächlich komplett anderer Meinung. Ich glaube überhaupt nicht an eine "bemerkenswerte Kampagne", sondern der Film hat sich meiner Meinung nach ganz allein und aus eigener Kraft in die Herzen der Zuschauer_innen und Kritiker_innen gespielt (oder auch nicht), unabhängig davon, dass Carol Blanchett und Rooney Mara natürlich "Zugpferde" sind.