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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 29.07.2015, 12:55 
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6. Wiedersehen


Musiktipp: https://www.youtube.com/watch?v=4l3Zui99fvE (Led Zeppelin - Ten Years Gone)

Nach dem Konzert genehmigte sich Rebecca noch ein Glas Champagner im Foyer. Sie dachte an Marlenes Performance als Christine Daaé, die zusammen mit ihrem Verehrer, dem Phantom, ein fulminantes Duett gesungen hatte. Zehn volle Jahre war es nun her, dass sie damals mit Thore Hellström und Marlene mit ihrem Bruder Tristan geschlafen hatte. Kurz darauf hatte sie Düsseldorf verlassen, was das Ende ihrer Beziehung bedeutet hatte. Sicherlich, es war nicht alles perfekt gewesen zwischen ihnen, aber welches Paar konnte das schon von sich behaupten? Und wenn sie es taten, logen sie bestimmt. Sie und Marlene, das ging damals so tief, und im Nachhinein gab Rebecca sich selbst die Schuld daran, dass die Beziehung schließlich gescheitert war. Wie oft hatte Marlene ihr signalisiert, dass bei all der Arbeit, die Rebecca sich aufhalste, ihre Beziehung auf der Strecke blieb? Aber für Rebecca war die Beziehung zu Marlene zu etwas Selbstverständlichem geworden, und das war ein großer Fehler. Die stärkste Liebe schwächelt, wenn man sie nicht pflegt. Das wusste Rebecca. Waren ihre Seitensprünge nicht ein verzweifelter Aufschrei beider, um von jeweils anderen wieder wahrgenommen zu werden? Nein, sie hatten danach nicht ausführlich darüber gesprochen, ihre Beziehung für beendete erklärt.

Ein Raunen, das durch das Foyer ging, riss Rebecca aus ihren Gedanken. An einer der Türen bildete sich eine große Menschentraube, es gab Blitzlichtgewitter, Beifall. Rebecca streckte den Hals, um sehen zu können, wer da gerade den Raum betreten hatte. Mit einem Kribbeln im Bauch stellte sie fest, dass es Marlene war, die die Glückwünsche entgegennahm, geduldig die Fragen der Reporter beantwortete und ganz nebenbei sogar noch das ein oder andere Lächeln für die Fotografen übrig hatte. Ja, Marlene war in ihrem Element. Jetzt, im warmen Licht des Foyers sah sie sogar noch atemberaubender aus, als auf der Bühne, stellte Rebecca bewundernd fest. Das, und, dass Marlene glücklich war. Ja, sie gehörte auf die Bühne. Rebecca überlegte, ob sie vielleicht zu Marlene gehen sollte, sie beglückwünschen sollte, mit ihr reden sollte, mit ihr Wiedersehen feiern sollte. Aber die Zweifel waren groß, sehr groß. Was, wenn Sie sich nichts zu sagen hätten, sondern sich nur peinlich berührt anschweigen würden? Nein, Rebecca entschied sich dagegen. Zuviel Zeit war vergangen, und Marlene hatte augenscheinlich auch ein neues Leben begonnen. Rebecca prostete Marlene aus der Ferne zu, trank den letzten Schluck Champagner und stellte dann das Glas ab. Sie warf Marlene einen letzten Blick zu. „Mach’s gut, Marlene! Schön, dich wiedergesehen zu haben! Leb wohl“, dachte Rebecca, als sie sah, wie Marlene gerade ihr wunderschönes Lächeln aufsetzte. Sie drehte sich um, atmete durch, drängte ihre nostalgischen Gefühle zurück, und schritt langsam Richtung Ausgang. Sie hatte die Pforte schon fast erreicht, als sie merkte, dass die Natur ihren Tribut einforderte. Rebecca sah sich nach dem entsprechenden Hinweisschild um, und folgte den Pfeilen.

Rebecca richtete gerade ihr Kleid zurecht, als sie in ihrer Kabine innehielt. Die Tür war soeben aufgegangen, und jemand schritt, zumindest hörte es sich für die Stardesignerin so an, zum Waschbecken. Sie hörte ein schweres Durchatmen. Vielleicht brauchte diese Frau Hilfe. Vorsichtig öffnete Rebecca die Tür, und lugte hinaus. Rebecca konnte ihren Augen nicht trauen: Dort stand…sie. Die Frau im weißen Kleid mit den langen, blonden Haaren, die das Phantom auf der Bühne begehrt hatte. Aber ihr Lächeln, das sie ihren Anhängern zuvor mit einer Leichtigkeit par excellence präsentiert hatte, war verblasst. An seine Stelle war Müdigkeit getreten, vermischt mit Unsicherheit, und Schwäche. Rebecca konnte diese Mimik nach all den Jahren immer noch deuten. Sie hatte diesen Gesichtsausdruck damals so oft gesehen. Marlene hatte so viel durchstehen müssen, und hatte nach außen hin immer die Starke gegeben, die anderen noch eine Stütze war. Aber Rebecca, Rebecca konnte hier diese Maske schauen. Marlene hatte die Augen gesenkt. Rebecca öffnete langsam die Tür, trat hinaus, kam auf Marlene zu, und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. Marlene zuckte kurz zusammen, und ergriff dann die Hand. Sie hob den Blick, und schaute in den Spiegel, wer da zu ihr gekommen war. Wer ihr jetzt, in ihrem Moment der Schwäche die Hand reichte. Ihre Augen weiteten sich vor Verwunderung, als sie erkannte, wer da hinter ihr stand. Sie wirbelte herum, und schaute in die Augen, die ihr einst so vertraut waren.
„Rebecca?“, fragte Marlene ungläubig.
„Ist das ein Traum?“ Rebecca sah Marlene an und schüttelte den Kopf.
„Ich bin wirklich hier!“, antwortete Rebecca gedämpft.
„Rebecca!“, rief Marlene jetzt erfreut und umarmte ihre einstige Weggefährtin.
Rebecca schloss die Augen, und genoss die Marlenes Nähe. Sie sog Marlenes Duft ein. Es war ein Duft nach einem Hauch von Rosen, die sich sanft im Sommerwind wogten. Nach einigen Sekunden lösten sie die Umarmung. Marlene traute ihren Augen immer noch nicht.
„Was machst du hier?“, wollte Marlene wissen, ein Funkeln in den Augen.
Da war es wieder, ihr bezauberndes Lächeln.
„Ich lebe seit letzter Woche wieder in New York!“, erzählte Rebecca.
Marlene sah sie an.
„Wirklich? So richtig? Ich meine…“
Rebeccas Blick trübte sich etwas ein.
„Ja, ich habe Königsbrunn und Düsseldorf den Rücken gekehrt…“
Aber dann lächelte sie Marlene an.
„Ich habe deinen Auftritt gesehen. Gratulation! Es scheint richtig gut für dich zu laufen. Das freut mich für dich! Du kannst also wieder singen?“, wollte Rebecca wissen.
Marlene nickte.
„Seit fünf Jahren. Es ist viel passiert…“
„Wem sagst du das…“, dachte Rebecca.
Beide sahen sich glücklich an. Sofort hatten sie wieder diese Vertrautheit zwischen sich gespürt.
„Es ist so toll, dich wieder zusehen!“, stellte Marlene glücklich fest.
„Es ist auch toll, dich wieder zu sehen!“, gab Rebecca glücklich zurück.
Dann wurde sie aber besorgt.
„Marlene…was war das gerade?“, fragte sie, und nickte kurz zum Waschbecken, an dem Marlene gestanden hatte.
Marlene schüttelte lächelnd den Kopf.
„Nichts, ich brauche nur ab und zu einen Moment für mich. Das ist alles!“, versicherte sie Rebecca.
Rebecca sah sie misstrauisch an.
„Wirklich!“, unterstrich Marlene ihr Argument.

In diesem Moment klopfte es sanft an der Tür.
„Honey? Bist du da drin?“
Rebecca sah verwirrt zur Tür, aber Marlene hatte schon geantwortet.
„Ja, Brad, ich bin hier!“
Marlene checkte kurz ihr Make Up im Spiegel. Rebecca warf Marlene einen verwirrten Seitenblick zu. Bevor sie allerdings fragen konnte, ging die Tür auf, und ein großer, schlanker Mann mit dunklem, zurückgegeltem Haar sah sich vorsichtig in der Damentoilette um. Als er Marlene erblickte, hellte sich seine Miene auf.
„Da bist du ja, Honey!“
Er kam zu Marlene und umarmte sie.
„Das war ein großartiger Auftritt!“, komplimentierte er ihr.
Rebecca stand etwas deplatziert daneben.
„Danke, Sweetheart!“, entgegnete Marlene.
Die beiden küssten sich. Marlene trat einen Schritt zurück und stellte die beiden mit einer Handbewegung vor.
„Brad, das ist Rebecca von Lahnstein. Rebecca, das ist Bradley Malone…“
Bradley lächelte freundlich und reichte Rebecca die Hand, und, als sie ihm ihre reichte, gab er Rebecca einen charmanten Handkuss.

„…mein Mann.“


Zuletzt geändert von Kuroshitsuji am 29.07.2015, 14:27, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: 29.07.2015, 12:55 


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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 29.07.2015, 14:12 
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Kuroshitsuji hat geschrieben:
Musiktipp: [youtube]https://www.youtube.com/watch?v=4l3Zui99fvE[/youtube]


Flo, du musst bei dem Youtube-Link das "s" beim "https" löschen, dann wird das Video auch eingebettet. :wink:

So:
<youtube>http://www.youtube.com/watch?v=4l3Zui99fvE</youtube>
(Nur eben mit eckigen Klammern statt < und >.)
Oder eben den [youtube]-Befehl löschen, damit man auf den Link klicken kann und direkt zur Youtube-Seite des Videos weitergeleitet wird. :D


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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 29.07.2015, 14:26 
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Danke dir :danke: ich dachte noch, dass das irgendwie falsch aussieht :lol:


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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 08.08.2015, 17:32 
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Ich hab leider momentan keine Zeit, weiterzuposten. sorry. Habe seit Montag einen neuen Job und der hält mich ziemlich auf Trab. Wenn jemand will, kann er ab Kapitel. 7 meine FF gerne von drüben rüber holen. :danke:


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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:27 
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Kuroshitsuji hat geschrieben:
Ich hab leider momentan keine Zeit, weiterzuposten. sorry. Habe seit Montag einen neuen Job und der hält mich ziemlich auf Trab. Wenn jemand will, kann er ab Kapitel. 7 meine FF gerne von drüben rüber holen. :danke:

Danke!! :knuff:

7. Engel der Muse


Rebecca schaute leicht geschockt von Marlene zu Brad, der sich gerade aus seiner Verbeugung erhob. „Enchanté, Miss von Lahnstein!“, grüßte Bradley. „Ebenso, Mr. Malone!“, grüßte Rebecca überrumpelt, und zwang sich zu einem Lächeln. Wie jetzt, Marlene war verheiratet??? Und, was noch viel wichtiger war, warum hob sie das so aus den Angeln? „Nun gut, ich muss langsam los, ich muss morgen früh raus!“, entschuldigte sich Rebecca eilig. Sie reichte zuerst Brad die Hand. „Mr. Malone, schön, Sie kennengelernt zu haben!“ Sie wand sich Marlene zu, und umarmte sie hastig. „Marlene, es war schön, die wiedergesehen zu haben! Alles Gute!“ „Und jetzt nichts wie raus hier!“, dachte Rebecca bei sich. Irgendwie war es in dieser Toilette auf einmal ziemlich eng geworden. Sie hatte sich schon zum Gehen gewandt, und hatte schon die Hand auf der Klinke, als Marlene sie noch einmal zurückrief: „Rebecca!“ Rebecca schloss kurz die Augen, und, als sie sich vergewissert hatte, dass sie sich vollends unter Kontrolle hatte, drehte sich herum, sie lächelte Marlene an, die auf die zukam. „Hier…“ Sie hielt Rebecca eine weiße Visitenkarte hin, die sie lässig und elegant zwischen Zeige und Mittelfinger geklemmt hatte. Rebecca nahm sie entgegen. „Marlene Malone“, las sie in Gedanken. Dieser Name las sich so komisch. „Meld dich doch mal. Wir können zusammen einen Kaffee trinken gehen!“, schlug Marlene lächelnd vor. Rebecca sah sie lange an, und nickte schließlich. „Gerne, ich würde mich freuen!“ Mit einem letzten Lächeln verabschiedete sie sich von Marlene und bedachte auch Brad mit einem kleinen Lächeln, bevor sie die Tür öffnete und hinaus in den mittlerweile leeren Gang trat. Sie ging langsam, setzte einen Fuß vor den anderen und dachte über das eben zu Ende gegangene Treffen mit ihrer Exfreundin nach, und versuchte, es emotional einzuordnen, was ihr allerdings ziemlich schwer fiel. Als sie hörte, wie die Tür zur Damentoilette ins Schloss fiel, beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie schließlich fast rannte. Er draußen vor dem Opernhaus blieb sie stehen und rang nach Atem.

Marlene schaute nachdenklich auf die Tür, die sich langsam hinter Rebecca schloss. Sie hatte absolut nicht damit gerechnet, Rebecca wiederzusehen. Und gerade in einem ihrer schwachen Momente war Rebecca wieder in ihr Leben getreten, und mit ihr so viele Erinnerungen an ein anderes, längst vergangenes Leben. „Alles in Ordnung mit dir, Honey?“, fragte Bradley. Marlene wurde aus ihren Gedanken gerissen, blinzelte kurz, fokussierte sich wieder auf die Gegenwart, und drehte ihren Kopf, bis sie Bradley in die Augen sah. „Ja, Sweetheart, ich bin nur etwas überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, Rebecca noch einmal wiederzusehen…“ Bradley berührte Marlene liebevoll am Arm. „Sie scheint eine interessante Frau zu sein.“, stellte Bradley fest. „Das ist sie.“, versicherte Marlene ihm, überrascht, dass sie diese Aussage tätigte. „Das ist sie in der Tat.“ Marlene wurde plötzlich sehr beschäftigt. „Also, Sweetheart, wollen wir?“ Bradley nahm Marlenes Hand, und händchenhaltend machten sie sich auf den Weg nach Hause.
Marlene saß neben ihrem Ehemann in der Stretch Limousine und schaute in Gedanken versunken aus dem Fenster. Rebecca hatte gut ausgesehen, allerdings nicht so, wie Marlene sie in Erinnerung hatte. Die letzten zehn Jahre hatten Rebecca schon geprägt, das hatte Marlene sofort gemerkt, und gespürt, dass Rebecca einiges an Schmerzen erduldet haben musste. Dennoch: Sie hatte sich gefreut, Rebecca wieder zu sehen. Es war, wie eine alte beste Freundin, die man aus den Augen verloren hatte, nur noch viel intensiver. Sie hatte so viel von Rebecca wissen wollen, und doch die Worte nicht gefunden. Auch Marlene hatte nicht vergessen, wie glücklich sie zusammen gewesen waren, aber das war schon so lange vorbei, sie war jetzt glücklich verheiratet, war zurück in ihrem Traumberuf…

„Honey, woran denkst du?“ Marlene drehte den Kopf in die andere Richtung. Bradley sah sie liebevoll an. „An Rebecca!“, antwortete Marlene wahrheitsgetreu. „Wir standen uns einmal sehr sehr nahe, Bradley. Aber das ist schon so lange her…“ Bradley sah sie an. „Ich mache mir Sorgen um sie. Sie muss etwas Schmerzvolles erfahren haben!“ „Auf mich hat sie einen glücklichen Eindruck gemacht. Sie hat sich gefreut, dich wieder zu sehen!“, schilderte Brad seine Sicht der Dinge. Marlene nickte nachdenklich. „Ich habe mich auch gefreut, aber da ist irgendetwas, das schwer auf ihr lastet…“ „Das ist meine Frau, immer besorgt um andere!“ Bradley beugte sich zu Marlene herüber, und gab ihr einen liebevollen Kuss. „Deswegen habe ich mich in dich verliebt!“, hauchte er ihr entgegen. „Ich liebe dich auch!“, erwiderte Marlene diese Liebeserklärung mit einem weiteren Kuss. „Und wie wollen wir den Abend heute ausklingen lassen?“, fragte Bradley. Marlene lächelte ihn an. „Ich kann mir da schon etwas vorstellen!“ Bradley zwinkerte Marlene zu…

Rebecca hatte sich ein Taxi nach Hause genommen. Ihre Gedanken kreisten immer noch um Marlene und ihrem Ehemann. Sie sah so glücklich aus. Mit Verblüffen stellte Rebecca fest, dass ihr der Anblick von Marlene und Brad zusammen einen kleinen Stich ins Herz verpasst hatte, aber sie konnte sich absolut nicht erklären, warum. Zehn Jahre war es schon her, da konnten doch keine Gefühle mehr in Spiel sein, außer der Verbundenheit und Freundschaft. Oder? Rebecca schloss leise die Tür auf. Naomi hatte es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht, und las ein Buch. Als sie Rebecca erblickte, erhob sie sich, und nahm ihre Jacke. „Finn schläft tief und fest!“, flüsterte sie Rebecca zu. Dann sah sie Rebecca genauer an. „Alles okay bei dir?“ „Jaja, alles gut!“, redete sich Rebecca heraus. Naomi hob die Augenbrauen. „Naja…dann bis übermorgen.“ „Bis übermorgen!“, verabschiedete Rebecca Naomi an der Tür. Sie drehte sich um und ging langsam Richtung Bad. Sie brauchte jetzt unbedingt eine Dusche.

Als sie frisch geduscht aus dem Bad kam, stellte sie überrascht fest, dass sie nach diesem langen Abend absolut nicht müde war, im Gegenteil, sie war hellwach. Eine innerliche, euphorische Wachheit hatte sie ergriffen. Sie schaute auf die Uhr an der Wand. 00:47. Was sollte sie jetzt tun. Sie sah ihren Zeichenblock und –stift auf ihrem Schreibtisch liegen, und schon formten sich in ihrem Kopf mehrere Entwürfe, die unbedingt zu Blatt gebracht werden wollten. Sie zeichnete Entwurf um Entwurf, fast schon wie in Ekstase, und vergaß vollkommen die Zeit…

Marlene stand auf der Bühne der Met und sang ihren Part des Liedes, Rebecca trat auf sie zu, eine Gesichtshälfte unter einer weißen Maske, in schwarzem Umhang gehüllt, umgarnte sie, die beiden tanzten miteinander, immer heißer wurde der Tanz, immer ekstatischer, immer erotischer, während der letzten Takte lag Marlene in ihren Armen, die beiden sahen sich an, Verlangen in den Augen. Marlene hatte ihre Faust in den Saum von Rebeccas Umhang gekrallt. Langsam gaben sie sich der Anziehungskraft des Anderen hin, mit leicht geöffneten Lippen und geschlossenen Augen. Nichts wollten sie lieber, als die weichen Lippen des anderen auf ihren zu spüren… Plötzlich von irgendwoher ein Klopfen. „Honey?“ Klopfen. „Honey?“ Klopfen. „Honey?“ Phantom-Rebecca schaute verwirrt umher, woher das Klopfen den kommen konnte, bis die Szene um sie herum plötzlich verschwamm.

„Mami? Mami? Mami?“ Finn rüttelte am Oberarm Rebeccas, um sie zu wecken. Überfordert öffnete Rebecca die Augen und schaute umher…

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:30 
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8. Vergangenheit…Wird sie sie einholen?


„Mami? Mami? Mami?“

Rebecca schaute umher und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war. Sie rieb sich ächzend die Augen, gähnte herzhaft und streckte sich genüsslich, bevor sie sich auf die Seite legte und sich ihrem Sohn widmete. „Guten Morgen!“, grüßte sie ihn. „Ich dachte schon, ich bekomme dich gar nicht wach!“, sagte Finn leicht beleidigt. Er kniete auf dem Boden neben ihr, und schaute sie vorwurfsvoll an. „Ich habe Hunger!“ Rebecca setzte sich auf, und schaute auf die Uhr. 9:30. Und mit einem Schlag war sie hellwach. Sie hatte verschlafen. „Mist, Mist, dreimal Mist!“ Rebecca sprang auf, und rannte ins Bad. „Menno, ich darf nie in der Wohnung rennen!“, rief Finn ihr hinterher. Rebecca streckte ihren Kopf aus dem Badezimmer. „Du bist ja auch noch klein!“, erklärte sie ihm, und verschwand dann wieder im Bad. „Jaja, immer auf die Kleinen!“, Finn verschränkte die Arme vor der Brust. „Und was ist mit meinem Frühstück? Ich habe immer noch Hunger!“, rief er durch die verschlossene Badezimmertür. „Ich mache dir gleich was, versprochen!“, rief Rebecca zurück. Finn verdrehte die Augen. Mama konnte manchmal ziemlich chaotisch sein.

Als Rebecca aus dem Bad kam, immer noch im Pyjama, aber wenigstens ansonsten fertig, stand Finn immer noch mit verschränkten Armen vor ihr. „Bin ja schon da, bin ja schon da!“, sagte sie entschuldigend. „Hilfst du mir beim Frühstückmachen?“, fragte sie ihren Sohn, während sie sich auf den Weg in die Küche machte. „Au ja!“, rief Finn erfreut und folgte seiner Mutter. Er freute sich, wenn er etwas tun konnte. Schon auf Königsbrunn hatte Frau Linse ihm immer kleine Aufgaben gegeben, und er war stolz gewesen, wenn er sie erfolgreich erledigt hatte. Also bereiteten die Beiden das Frühstück zu, und alberten gemeinsam…

Marlene erwachte vom Duft von frisch aufgebrühtem Bohnenkaffee, der ihr in die Nase stieg. Langsam öffnete sie die Augen. Bradley saß auf der Bettkante, ein Tablett mit Frühstück auf dem Schoss, und die Tasse Kaffee, die er Marlene unter die Nase gehalten hatte, in der Hand. „Guten Morgen, Honey!“ Er beugte sich zu Marlene herunter zu einem zärtlichen Gutenmorgenkuss. „Guten Morgen, Sweetheart!“, erwiderte Marlene mit einem Lächeln auf den Lippen. „Womit hab ich das verdient? Frühstück im Bett!“ „Du bist meine Frau, das reicht dafür doppelt und dreifach…ach was sag ich: milliardenfach!“ Bradley sah seine Frau an. Sogar verschlafen und zerknautscht war sie immer noch bezaubernd. Marlene linste auf die Zeitung, die auf dem Tablett lag. Bradley folgte ihrem Blick. „Ja, da sind Kritiken zu gestern drin. Ich habe sie bereits gelesen. Soll ich dir berichten, was drin steht, oder willst du es lieber selbst schwarz auf weiß lesen?“ Marlene sah ihren Mann an und dachte nach. „Lies sie mir vor, bitte!“, bat sie ihn dann. Bradley schlug die Zeitung auf und suchte die entsprechende Seite her. „Hier: …besonders der Auftritt der wieder einmal hinreißenden Marlene Malone überzeugte auf ganzer Linie. Mrs. Malone hat es wieder einmal geschafft, einen fulminanten, perfekt inszenierten Auftritt auf die Bretter zu bringen, die die Welt bedeuten. Dabei singt sie makellos, aber nicht ohne Widererkennungswert. Prädikat: Double M – Marlene Malone!“ Bradley schlug die Zeitung zu. Marlenes Lächeln war mit jedem Wort breiter geworden. “Erfolg auf ganzer Linie!”, meinte Bradley.

In dem einen kurzen Moment, den sie für sich hatte, nahm Rebecca ihr Tablet zu Hand und suchte nach Kritiken zum gestrigen Abend. Sie wollte wissen, was die Öffentlichkeit und die Medien von Marlene hielten – soweit sie das einschätzen konnte, war Marlene einsame Spitze gewesen gestern. Da, in der New York Times hatte sie eine Kritik gefunden… „Prädikat Double M – Marlene Malone“, flüsterte Rebecca stolz. Sollte sie…? Bevor ihre Zweifel zu stark wurden, suchte sich auf dem Wohnzimmertisch nach Marlenes Visitenkarte. Sie legte Entwurf um Entwurf weg – ihnen würde sie sich heute Abend widmen, wenn Finn im Bett war. Da, unter dem ganzen Papierchaos, lag sie. Rebecca nahm sie zur Hand. Sie tippte Marlenes Handynummer in ihr Handy ein. Sie öffnete die Nachrichtenapp und tippte eine SMS. „Hey. Congrats zu deiner Kritik in der NYT…“ Rebecca zögerte. „…Wollen wir uns heute Nachmittag vielleicht auf einen Kaffee treffen? XOXO, Rebecca“ Rebecca las sich die SMS noch einmal durch. „Finn? Kommst du mal bitte?“, rief sie. Finn kam aus seinem Zimmer. „Was ist denn? Ich spiele gerade mit den Autos!“, erklärte Finn beschäftigt. „Hast du Lust, heute Nachmittag Eis essen zu gehen? Ich würde mich mit einer alten Freundin treffen.“, fragte Rebecca. Finn sah sie an. „Einen großen Eisbecher?“, fragte er. „Ja!“ Rebecca schüttelte den Kopf. „Mit Sahne!“ „Auch mit Sahne, wenn du willst!“, versprach Rebecca. „Okay!“, meinte Finn. „War das alles?“ Rebecca grinste. „Ja, das war alles!“ Finn wuselte zurück in sein Zimmer. Rebecca drückte auf Senden, bevor sie Skrupel bekommen konnte.

Marlene hörte ihr Handy auf den Nachttischchen vibrieren. Sie nahm es zur Hand, und öffnete die Nachricht. Sie las sie aufmerksam durch. Rebecca wollte sie zum Kaffeetrinken treffen. „Brad, haben wir heute Nachmittag Termine?“, wollte Marlene wissen. Bradley war nicht nur ihr Mann, sondern auch ihr Manager. Bradley schaute in seinem Communicator nach. „Nein, der Nachmittag ist frei!“, stellte er fest. „Das war Rebecca. Sie würde sich gerne mit mir zum Kaffee treffen…“ „Sag zu. Ich muss sowieso ein bisschen Papierkram erledigen, da kann ich die Ruhe gut gebrauchen!“, riet Bradley ihr. „Okay!“. Marlene sagte Rebecca zu und freute sich auf den Nachmittag. Sie hatten sich so viel zu erzählen. Es war viel passiert…

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:36 
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9. Als Marlene Düsseldorf verließ…


„Bist du fertig?“, rief Finn seiner Mutter ungeduldig zu. „Gleich!“, versprach Rebecca. Sie stand vor dem Spiegel im Bad und versuchte, ein schönes Make Up hinzubekommen, was ihr allerdings nur mäßig gelang. Genervt seufzend schnappte sie mit spitzen Fingern nach einem Abschminktuch, und wischte sich das Make Up wieder aus dem Gesicht. Ein wenig Rouge, ein dezenter Lidstrich, das reichte.

Finn schüttelte den Kopf. Er würde nie verstehen, warum die Erwachsenen immer so viel Zeit im Bad verbrachten. Wenn überhaupt, dann war er selbst nur so lange im Bad, wenn es um ein Bad in der Badewanne ging, dann konnte er nicht lange genug im Bad sein. Aber sonst?

Marlene stand im Bad, und machte sich nachdenklich zurecht. Sie freute sich auf das Treffen mit Rebecca, keine Frage, aber Rebecca wiederzusehen hatte auch eine Kiste mit Erinnerungen geöffnet, und nicht alle davon waren gute Erinnerungen gewesen. Aber Marlene wischte diesen Gedanken beiseite. Nur einen Gedanken, den konnte sie nicht vergessen. Der Tag, an dem sie Düsseldorf das letzte Mal verlassen hatte…

Jetzt bin ich hier ganz alleine in der großen Wohnung. Ich sitze am Esstisch, an dem wir so viele Familienessen hatten, und lass die letzten Jahre bei einer letzten Tasse Kaffee noch einmal Revue passieren. Mein Gott, wie viel passiert ist. Das meiste davon war nicht gut, ja, aber ich bin immer wieder aufgestanden, hab mir den Staub von der Kleidung geklopft, und bin reifer und stärker weitergegangen.

Wenn ich mich zurückerinnere, missen möchte ich nicht viel. Alles das hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Das ganze fing an mit meiner Verlobung und meiner Ehe mit Hagen. Was war ich am Boden zerstört, als ausgerechnet meine eigene Schwester mir meinen Mann ausgespannt hat. Dann mein Erfolg als Lily Rose und meine Beziehung zu Tristan. Meine Vergewaltigung durch Alexander Rheinsberg. Ich wollte am liebsten sterben. Ja, und dann kam Rebecca. Ich wollte es lange nicht wahrhaben, aber am Ende hatten wir eine wirklich schöne Zeit zusammen. Wir mussten uns natürlich zuerst einmal Tristan vom Leib halten, der und tatsächlich beinahe umgebracht hätte. Schade, dass es mit Rebecca so zu Ende ging. Auch wenn es schon länger gekriselt hatte, das war die große Liebe.

Aber nicht nur bei meinen Beziehungen, auch bei meinen Berufen hat sich das Karussell kräftig gedreht. Musicaldarstellerin war einmal mein großer Traum, bis ich nicht mehr singen durfte, Model bei LCL, Empfangsdame bei LCL und und und…

Ich stehe auf und gehe noch einmal durch die leere Wohnung. Ich nehme Mamas Bild in die Hand. „Ach Mama!“, flüstere ich und in mir steigen die Tränen hoch. „Ich hoffe, du bist stolz auf mich. Danke dir, für alles. Du warst für unser Rudel immer die Stütze. Ich hoffe, ich konnte dir gerecht werden.“ Auf dem Weg zur Tür sehe ich mich noch einmal um, die Erinnerungen begleiten mich. Ich schnappe mir meinen Rollkoffer und schließe die Tür hinter mir...


Marlene nahm ihre Jacke von der Garderobe, schlüpfe hinein, und ging dann in Brads Büro. „Ich bin dann weg, Sweetheart!“, Marlene gab ihm von hinten einen Kuss auf die Wange. „Viel Spaß, Honey!“, meinte Brad und lächelte ihr zu. „Ihr habt euch doch bestimmt einiges zu erzählen…“ „Ja, auf jeden Fall. Bis später! Und viel Spaß mit dem Papierkram!“ Marlene grinste frech. „Na vielen Dank auch!“, meinte Brad gespielt beleidigt. Mit einem letzten Schulterklopfen verließ Marlene die gemeinsame Wohnung.

Rebecca ging mit Finn an der Hand durch die Straßen von New York zu dem vereinbarten Café. Sie sah immer wieder konzentriert auf das Navi in ihrem Handy, ob sie auch wirklich den richtigen Weg genommen hatte. „Hast du dich etwa verlaufen?“, fragte Finn Rebecca. „Nein, nein, wir sind gleich da.“, versicherte Rebecca ihm. „Nur noch um diese Ecke dort!“ Finn nickte. „Mama, was ist das für eine Freundin, die du hier treffen willst?“ Rebecca sah zu Finn. „Sie heißt Marlene. Ich habe kennengelernt lange bevor ich mit Papa zusammengekommen bin.“ Finns Blick trübte sich ein, als Rebecca Tim erwähnte. Auch Rebecca versetzte der Gedanke an Tim einen Stich. „Wie dem auch sei, du wirst sie mögen…“ Finn nickte. „Und bekomme ich wirklich meinen Rieseneisbecher?“ Rebecca grinste. „Aber selbstverständlich, versprochen ist versprochen!“

Marlene ging durch die Straßen und bereitete sich auf das Treffen mit Rebecca vor. Es konnte durchaus sein, dass sie über Dinge reden mussten, die unangenehm werden könnten. Aber trotzdem: Sie freute sich. Sie bog um die Ecke. Dort, am Ende des Blocks, war das Eckcafé, das sie Rebecca vorgeschlagen hatte. Sie blieb kurz stehen, machte sich bereit, atmete kurz durch, und schritt dann über den Gehweg, auf das kleine, gemütliche Café zu…

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:38 
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10. Die verlorenen Jahre


Als Marlene durch die altmodische Tür ins Innere des Cafés trat, erfasst sie sofort eine Welle der Gemütlichkeit. Die Wände waren in warmen, intensiven, aber nicht aufdringlichen Farbtönen gestrichen, die Einrichtung erinnerte an das England der 20er Jahre. Marlene schaute sich um. Rebecca saß mit dem Rücken zu ihr an einem Tisch im Eck, an einem der Fenster. Marlene grinste uns trat auf die zu, aber je näher sie dem Tisch kam, desto langsamer wurden ihre Schritte: Rebecca war nicht alleine. Ihr gegenüber saß ein kleiner Junge – Marlene schätzte ihn auf 5 Jahre. Sie zögerte kurz, besann sich dann aber, und trat zu Rebecca und dem Jungen. „Hey!“, meinte sie, und lachte den Jungen an, bevor sie sich, nicht minder lachend, Rebecca zuwendete, die, als sie ihre Stimme gehört hatte, sich zu ihr umdrehte. „Hallo Marlene!“ Rebecca grinste breit, stand auf, und umarmte Marlene lange und innig. “Hast du gut hergefunden?”, fragte Marlene skpetisch. Rebecca sah sie an. „Ja, schon. Zumindest mit Navi war das kein Problem!“ Sie machte eine kurze Handbewegung zu ihrem Handy hin, dass neben ihr auf dem Tisch lag. Marlene sah den Jungen neugierig an. Rebecca folgte ihrem Blick. „Achso, ich muss dir ja jemanden vorstellen. Marlene, das ist Finn, mein Sohn!“, meinte Rebecca stolz. In Marlene begann es, zu arbeiten. Rebecca hatte einen Sohn? Sie sah den Jungen etwas unsicher an, als der sich erhob, und zu ihr kam. „Wow, bist du aber schön. Du siehst aus, wie ein Engel.“ Marlene lachte ungläubig. „Wow, du bist ja süß. Vielen Dank für das Kompliment! Ich bin dir Marlene, und wie heißt du?“, fragte sie den Jungen interessiert. Der Junge sah mit Knopfaugen zu ihm herauf. „Ich bin Finn.“ „Finn. Das ist ein schöner Name.“ Die drei setzten sich, und Finn widmete sich wieder seinem Rieseneisbecher mit Extra Sahne. Marlene und Rebecca beobachteten den Jungen eine Zeit lang beim Eisessen. „Also…“, begann Marlene. Sie wusste nicht genau, wie sie die Frage formulieren sollte. „Also bist du…?“ Rebecca sah sie an. „Ich bin Witwe. Seit zwei Monaten um genau zu sein!“, erklärte sie traurig. „Oh, das tut mir leid.“ „Mein Papa ist bei einem Fototermin vom Dach gefallen.“ Rebecca und Marlene wirbelten herum und sahen Finn überrascht an. Finn sah wie in Trance auf seinem Eisbecher, wo das Eis langsam schmolz und zu einem bunten Gemisch wurde. Marlene wand sich Finn zu, und streichelte ihm den Arm. „Vermisst du den Papa denn?“, frage sie einfühlsam. „Ja, jeden Tag.“, gab Finn zu. Marlene schaute unsicher zu Rebecca, die sie überfordert ansah, bemüht, gegen die Tränen, die vergossen werden wollten, anzukämpfen. „Weißt du, meine Mama ist auch tot. Sie ist bei einem Autounfall gestorben.“ „Wirklich?“, wollte Finn wissen. „Ja, aber das ist schon lange her.“ „Vermisst du sie manchmal immer noch?“ Marlene sah ihn an. „Jeden Tag.“ Nun flüsterte Finn. „Ich weine manchmal, wenn ich an ihn denke.“ Marlene flüsterte genauso. „Das macht nichts. Man darf weinen. Aber irgendwann, wenn du an ihn denkst, wirst du lächeln, auch, wenn es ein bisschen wehtut.“ „Wirklich?“ Marlene nickte. Dann sah sie zu Rebecca, die den beiden einfach nur zugeschaut hatte. „Magst du Kuchen?“, fragte Marlene Finn schließlich. „Au ja!“ Marlene deutete zur Kuchentheke, die ein paar Schritte entfernt die leckersten, süßesten Kuchen anzubieten hatte. „Dann darfst du dir ein Stück aussuchen, okay? Wenn du einen gefunden hast, der dir schmeckt, rufst du mich, okay?“ „Okay!“, willigte Finn ein, erhob sich, und wuselte zur Theke. Marlene wand sich wieder Rebecca zu, die Finn nachdenklich hinterher sah. „Das war da erste Mal, dass er über Tim geredet hat, seit er tot ist.“, meinte Rebecca. Nun kullerten ihr zwei Tränen das Gesicht herunter. „Hey!“, Marlene legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter, und legte ihre Stirn an Rebeccas. „Hey!“ Marlene zog Rebecca in eine Umarmung. Rebecca schloss die Augen, und genoss den Trost, den Marlene ihr spendete. Das tat so gut, so unfassbar gut. „Danke dir!“, bedankte sich Rebecca und wischte sich schnell das Gesicht trocken. „Marlene!“, rief Finn schließlich. „Er mag dich!“, stellte Rebecca fest, und ein Lächeln fand seinen Weg zurück in Rebeccas Gesicht. „Tja, scheint ja in der Familie zu liegen!“, entgegnete Marlene augenzwinkernd.

Als Marlene mit Finn an der Hand an den Tisch zurückkam, hatte Rebecca sich wieder beruhigt und ihre Tränen getrocknet. Gleich hinter ihnen kam die Bedienung, und brachte drei Kuchenstücke. „Er hat sich Strawberry Cheesecake ausgesucht.“, berichtete Marlene. Finn schwang sich wieder auf seinen Stuhl, ließ die Füße baumeln, und löffelte, bzw. gabelte seinen Kuchen. „Und, wie ist es dir in den letzten zehn Jahren ergangen?“, fragte Rebecca, während sie den Kuchen aßen. „Naja, am Anfang habe ich hier und da ein wenig gearbeitet. Aber irgendwie war es nicht das, was ich wollte. Ich wollte wieder singen, auf die Bühne. Der Wunsch ist immer stärker und stärker geworden…“ „Wenn du dir was in den Kopf gesetzt hast, konnte dich noch nie einer davon abbringen!“, warf Rebecca dazwischen. „Eben.“ Marlene nickte. „Aber ich dachte, Ricardo meinte damals, dass das ein zu hohes Risiko wäre, wenn du dich operieren lässt.“ „War es auch, aber hier waren sie auf dem Gebiet schon ein bisschen weiter, und irgendwann dachte ich mir, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ „Im Krankenhaus, an dem Tag, als ich entlassen werden sollte, habe ich Bradley kennengelernt. Ich hatte absolutes Sprechverbot, und er fand es wohl unglaublich lustig, sich mit einem Block und einem Stift zu unterhalten.“, erzählte Marlene. „Er sagte ich sei ein wenig wie Arielle, die Meerjungfrau“. Marlenes Blick wurde träumerisch. „Also hast du dein Glück gefunden!“, stellte Rebecca fest. Sie stockte innerlich kurz. Das klang ziemlich buttrig, zumindest in ihren Ohren. Hoffentlich hatte Marlene das nicht bemerkt. „Ja, ich bin glücklich, aber es ist manchmal auch stressig…“ Ihre Stimme verlor sich kurz und ihr Blick glitt über die Straße draußen. Schließlich riss sie sich zusammen. „Und bei dir? Was war in Düsseldorf so los? Tanja hat mir nur ab und zu so kryptische Mails geschrieben, und irgendwann kam gar nichts mehr.“ Rebecca erinnerte sich an die letzten zehn Jahre zurück, und wurde nachdenklich. Sie beugte sich zu Finn runter. „Willst du vielleicht Musik hören? Das ist doch bestimmt langweilig, was wir reden, oder?“ Finn nickte. Rebecca fischte aus ihrer Handtasche Finns iPod und reichte ihn ihm. „Die letzten zehn Jahre waren schlimm. Nachdem wir die Bergs losgeworden waren, mussten wir erst einmal sparen, sparen, sparen. Es wurden viele Arbeitsplätze gestrichen, überall. Auf dem Schloss, bei LCL, einfach überall. Es ist fast ironisch, aber dieses eine Mal haben wir alle zusammengearbeitet.“ Rebecca schnaubte und schüttelte sarkastisch lächelnd den Kopf. „Dieser ständige Kampf. Dieser Druck. In dieser Zeit hätte ich fast zum zweiten Mal jemanden verloren, weil ich nur LCL im Kopf hatte.“ Sie sah Marlene schuldbewusst an, die aufmunternd lächelte. „Vergeben und vergessen!“, meinte sie beiläufig. „Wir waren alle am Rande des Zusammenbruchs… und dann… vor etwa sieben Jahren, ist Elisabeth, die unsere Familie so tapfer geführt hatte, zusammengebrochen und war tot. Herzversagen!“, fügte Rebecca hinzu. „Mist.“, stieß Marlene aus. Rebecca nickte. „Am Anfang gab es natürlich das üblich Gerangel um den Thron, du kennst meine Mischpoke ja.“ Marlene nickte. „Nur zu gut! Aber was war das mit Sebastian? Tanja meinte nur, er verhielte sich komisch.“ Rebecca erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen. „Sebastian ist wahnsinnig geworden. Keine Ahnung, was oder vielleicht auch wer dahintersteckte. Auf jeden Fall hörten wir nachts irgendwann einen lauten Schrei. Emma. Tim ist aufgestanden, und ist in ihr Zimmer gerannt. Ich habe selbst erst nichts unternommen, ich hatte immerhin ein Neugeborenes zu beaufsichtigen.“ In Rebecca stieg die gleiche Panik auf, wie damals. Marlene hing an ihren Lippen. „Ich bin mit Finn in unserer Suite auf und abgelaufen, ich muss ihn wohl geweckt haben. Ich hatte solche Angst. Auf einmal, Gerangel, Männerstimmen. Kim hat geschrien. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten, ich bin den Stimmen nach, mit Finn auf dem Arm. Die Stimmen kamen aus Emmas Zimmer.“ Rebecca machte eine Pause, und atmete durch. „Es war so schlimm. Ansgar, Tristan und Tim hatten Sebastian zurückgedrängt, Kim, total verstört, hatte die schreiende Emma auf dem Arm, und hielt ihren Kopf fest an sich gepresst. Die Kleine sollte nicht sehen, dass ihre Mutter…“ Rebecca atmete jetzt schwer. Marlene legte ihre beruhigend eine Hand auf den Unterarm. „Auf dem Boden lag ein blutverschmiertes Messer. Er muss wohl zu Emma ins Zimmer sein…und Tanja ist…dazwischen…und…“ Sie brach ab. Die Erinnerung hatte sie ziemlich aufgewühlt. Marlene nahm Rebecca noch einmal in den Arm. Es tat ihr so leid, was ihre einstige Weggefährtin alles erlebt hatte. Marlene löste die Umarmung erst, als Rebecca sich regte. Rebecca fuhr sich fahrig durch das Gesicht und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Aber dann lächelte sie Marlene an. „Hast du das von Kim gehört?“

Marlene lächelte sie an. „Der Zwerg schreibt mir zwar auch nur selten, aber das wichtigste bekomme ich mit. Ich bin so stolz auf sie!“ Rebecca grinste stolz. „Ja, sie hat echt viel gelernt. Sie hat echt ein Händchen dafür. Ich war so stolz auf die, dass sie den Nachwuchspreis gewonnen hat. Die wird ihren Weg gehen!“ Rebeccas Handy vibrierte. Sie schaute drauf. Eine Nachricht von Tristan. Rebecca linste auf die Uhrzeitanzeige. „Oh mein Gott, schon so spät?“ Sie schaute zur Seite auf Finn, der auf seinem Stuhl eingeschlafen war. Den Kopf auf den verschränkten Händen abgelegt. Auch Marlene hatte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy gefischt. „Oh mein Gott, ich habe ganz die Zeit vergessen!“, Marlene sah Rebecca an. „Ich auch! Ich auch!“, versicherte Rebecca. „Ich sollte wohl langsam mal nach Hause und schauen, was mein Mann macht.“ Rebecca nickte. „Du bist eingeladen!“, eröffnete sie Marlene und winkte der Bedienung. Marlene aber schüttelte den Kopf. „Das geht auf mich!“ Sie bezahlte bei der Bedienung, während Rebecca sanft Finn weckte. „Hey, Kleiner Mann. Aufwachen!“ Finn hob verschlafen den Kopf, und rieb sich die Augen. „Schon aufstehen, Mama?“ „Nein, Finn, wir gehen nach Hause!“ Finn blickte sich um. Sie waren ja immer noch im Café. Er sah Marlene, die sich gerade die Jacke anzog, stand auf, und überraschte Marlene, indem er sie umarmte. „Du bist nett. Ich mag dich!“ Marlene wurde rot. „Ich…ich mag dich auch!“ Sie strubbelte Finn durchs Haar. Rebecca schaute die beiden zufrieden an. Draußen vor dem Café umarmten sich Rebecca und Marlene. „Wir schreiben uns?“, fragte Marlene hoffnungsvoll. Rebecca nickte. „Klar, wir schreiben uns!“

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:46 
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11. Nach dem Treffen


Marlene drehte sich im Gehen noch einmal um, und winkte Rebecca und Finn zum Abschied noch einmal lächelnd zu. Dann schritt sie langsam in Richtung Zuhause.

Der Kleine ist so süß. Er hat anscheinend viel von seinem Vater, aber auch Rebeccas Art schlägt hier und da durch. Und er hat ihre Augen, ihre wunderschönen, tiefen Augen. Rebeccas Augen spiegeln all die Schicksalsschläge wieder, die sie einstecken musste. Sie konnte so etwas schon damals nicht vertuschen. Sie hat in den letzten zehn Jahren viel durchmachen müssen. Ich kann verstehen, dass sie aus Düsseldorf wegwollte. Mir ging es damals ja auch nicht anders. Sie sieht mitgenommen aus. Es ist aber auch bestimmt kein Zuckerschlecken, als frisch verwitwete, alleinerziehende Mutter und Stardesignerin von heute auf morgen alle Zelte abzubrechen und woanders, wo ganz anders, noch einmal neu anzufangen. Das Gespräch heute mit ihr war wunderschön. Es war, als ob die letzten zehn Jahre nicht gewesen wären…Halt, was rede ich denn da? Vor zehn Jahren waren wir noch ein Paar, und jetzt bin ich verheiratet, und Rebecca ist eine Witwe mit Kind. Wir sind einfach nur zwei Freundinnen, die miteinander unbeschwert über alte Zeiten geredet haben. Da sind keine Gefühle mehr, oder?

Rebecca hatte Finn bei der Hand genommen, und schaute Marlene hinterher. Als Marlene sich noch einmal umdrehte, und ihnen zuwinkte, winkten auch Rebecca und Finn ihr noch einmal zu. „Mama? Ich bin müde!“, sagte Finn zu ihr. Rebecca sah zu ihm herunter. „Wir gehen ja jetzt auch nach Hause, dann kannst du schlafen!“, versicherte Rebecca ihm. Sie sah Marlene immer noch hinterher.

Marlene ist noch genauso atemberaubend schön wie damals. Heute Nachmittag war es, als ob die letzten zehn Jahre nicht stattgefunden hätten. Nicht, dass ich sie missen möchte, aber zwischen uns war gleich wieder diese alte Vertrautheit, die wir mit zwei One Night Stands zerstört haben. Es war so schön, wieder mit ihr reden zu können, sie zu spüren, sie zu…Oh mein Gott, Rebecca, was ist nur los mit dir? Erst träumst du von Marlene, und jetzt solche Gedanken?...Nein, das darf nicht sein, oh bitte, Gott, nein, nicht schon wieder dasselbe Chaos wie damals. Marlene ist jetzt sogar verheiratet! Glücklich verheiratet! Und Bradley scheint echt ein wundervoller Ehemann zu sein! Schlag dir solche Gedanken am besten gleich wieder aus dem Kopf! Du hast momentan genug andere Sorgen. Du musst dich in deiner neuen Arbeit beweisen, musst Finn helfen, sich zurechtzufinden, und und und…

Finn zog Rebecca an der Hand. „Gehen wir endlich, Mama?“, quängelte er ein bisschen. Wenn er müde wurde, konnte er das richtig gut, sonst war das eher nicht so seine Art. „Ja“, antwortete Rebecca träumerisch. Dann riss sie sich mit aller Gewalt aus ihren Gedanken, verstaute sie ganz hinten in ihrem Gehirn, wo sie verstauben konnten (zumindest redete sie sich das ein). „Wir gehen jetzt!“

Rebecca sah noch einmal sehnsüchtig über die Schulter zu der Ecke, um die Marlene soeben gebogen war…

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BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:49 
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12. Einladung zum Abendessen


Marlene sperrte die Tür zu ihrem und Bradleys gemeinsam Haus auf. Sie schloss die Tür hinter sich, und hängte ihre Jacke an die Garderobe. „Sweetheart?“, rief sie. „Im Büro!“, kam es von oben. Marlene machte sich auf den Weg, die breiten Treppen hinauf. Sie betrat Bradleys Büro. „Entschuldige, Sweetheart, wir haben ganz die Zeit vergessen!“ Sie trat hinter Bradley und umarmte ihn. Brad streichelte ihren Arm. „Das macht nichts, da konnte ich mal in Ruhe den ganzen Papierkram erledigen! Was es wenigstens schön?“ Marlene dachte nach. „Ja, war es. Wir haben so viel geredet. Es war einfach schön, jemandem aus meinem früheren Leben zu begegnen.“ Marlene lächelte selig. Bradley sah sie an. „So gelöst warst du schon lange nicht mehr!“, stellte er fest. „Es war einfach so schön, mal einen Nachmittag nicht an irgendwelche Termine denken zu müssen, das hat mir gut getan.“ „Lad sie doch für nächste Woche mal zum Abendessen ein!“, schlug Bradley vor. Marlene war skeptisch. „Ich weiß nicht. Vielleicht bekommt sie keinen Babysitter für ihren Sohn.“ „Sie hat ein Kind? Sie kann den Kleinen doch mitbringen.“ Marlene sah Bradley an. „Na gut, ich ruf sie morgen an und frage sich.“

Am Nachmittag des nächsten Tages kam Rebecca aus der Firma gut gelaunt nach Hause. Die Besprechung war richtig klasse verlaufen, die Vorbereitungen für dich nächste Kollektion lief auf Hochtouren. Sie wurde von Naomi begrüßt, die gerade das Mittagsgeschirr von sich und Finn abwusch. „Rebecca, du hast ja gute Laune!“ Rebecca grinste über das ganze Gesicht wie ein Honigkuchenpferd. „Ja, es läuft gerade richtig klasse!“ Sie ging in Finns Zimmer, und begrüßte ihn. Finn war gerade damit beschäftigt, seinen Comic zu lesen. Sie unterhielt sich mit Naomi ein bisschen über ihren Tag in der Firma. „Ich habe heute mit Finn ein bisschen Lesen geübt. Er lernt ziemlich schnell und ist total interessiert.“, erzählte Naomi. Rebecca grinste stolz. „Sein Englisch wird auch immer besser.“, fügte Naomi hinzu. Sie sah zur Uhr. „Wenn du mich nicht mehr brauchst, würde ich dann gehen. Da ist noch ein bisschen Brokkoli im Topf.“ Rebecca verzog das Gesicht. „Also, Finn hat er geschmeckt, so, wie ich ihn zubereitet habe. Du solltest ihn erst einmal probieren, young lady!“, scherzte Naomi. „Bis übermorgen!“. „Bis übermorgen, und danke dir!“. Rebecca begleitete Naomi noch zur Tür, und verabschiedete sie dort noch einmal. Als sie die Tür geschlossen hatte, ging sie ins Bad und rief nach Finn. „Ja?“, kam es zurück. „Ich hab das Badewasser für dich laufen, in zwanzig Minuten geht’s ab in die Wanne, okay? Ich ruf dich dann!“ „Okay!“, kam es von Finn zurück. In dem Moment klingelte das Handy in Rebeccas Handtasche. Rebecca fischte danach, konnte es aber nicht erreichen. Deswegen leerte sie kurzerhand die Handtasche auf dem Wohnzimmertisch aus, und griff nach ihrem Handy. „Marlene calling“ stand da auf dem Display. In Rebecca machte sich sofort eine freudige Wärme breit. Sie nahm das Gespräch an, und ließ sich auf das Sofa sinken. „Marlene, schön, dass du anrufst. Was gibt’s?“, fragte Rebecca. „Hallo Rebecca. Ich wollte dich für nächste Woche zu uns zum Abendessen einladen. Das heißt dich und deinen kleinen Romeo.“ „Wow, ähm, danke, gerne!“, stockte Rebecca. Innerlich verfluchte sie sich. Flüssig sprechen konnte sie wohl gerade nicht wirklich. Marlene redete weiter. „Passt es nächste Woche Dienstag bei dir?“, wollte sie wissen, und wartete darauf, dass Rebecca entweder zu- oder absagte. „Dienstag? Dienstag passt prima!“, antwortete sie. „Gut, dann um 6, damit es nicht zu spät wird?“. „Perfekt, ich freue mich!“, äußerte Rebecca. „Wir uns auch!“, entgegnete Marlene. Rebecca stockte. „Wir“, nicht „Ich“. Aber sie wischte es weg. Natürlich „wir“. Marlene war verheiratet. „Und, wie war dein Tag?“, fragte Marlene. „Super!“, antwortete Rebecca und die beiden tauschten sich über ihren Tag aus, bis...

„Mama!“

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:52 
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13. Unter Uns


„Mama!“ Rebecca fuhr herum. „Marlene, warte mal eine Sekunde, bitte!“, sprach sie in ihr Handy, stand auf, und folgt der Stimme ihres Sohnes, die sie im Bad zu lokalisieren glaubte. Sie stand vor dem Bad und traute ihren Augen nicht. „Marlene, ich muss Schluss machen…Mein Badezimmer steht unter Wasser!“ Rebecca legte auf, und sah mit ungläubigen Augen, wie das Bad unter Wasser stand. Finn stand neben ihr und schaute sie die ganze Szene an. „Ich dachte, du wolltest mir rufen?“, fragte er. Rebecca bedachte ihn mit einem bösen Blick, krempelte sich flink die Hose hoch, zog ihre Socken aus, und watete durch den See, der sich in ihrem Badezimmer gebildete hatte, zur Badewanne, drehte den Wasserhahn zu, und zog den Stöpsel. Finn grinste. „Klasse, unser eigener Swimming Pool!“ „Haha!“, meinte Rebecca trocken, bewaffnete sich mit einem Lappen und einem Eimer, und begann, das Wasser aufzuwischen. „Also fällt das Bad heute aus?“, fragte Finn. „Nein, das wird nur auf später verschoben!“, sagte Rebecca außer Atem. Das Wasser musste so schnell wie möglich aufgewischt werden. Nicht, dass es nach unten durchsickerte und beim Nachbar dann durch die Decke regnete. Sie hatte ganz die Zeit vergessen, und in Nullkommanichts war die Wanne vollgelaufen. Genervt ächzend wrang sie Lappen um Lappen in den Eimer aus. Finn lachte hinter ihr. „Ich finde das gerade wenig lustig!“, meinte Rebecca barsch. „Tut mir leid, Mama, aber ich stelle mir gerade vor, wie Justus das gerade macht, und das Bild, Justus in seinem Butlerjäckchen und Hochwasserhosen, ich einfach zum Totlachen komisch!“ Auch Rebecca musste lachen, als sie sich dieses Bild gerade vorstellte. „Na, wenigstens haben wir unseren Humor nicht verloren!“, stellte die fest.

Etwas überrumpelt saß Marlene auf dem Sofa, und ließ das Handy sinken. Anscheinend gab es bei Rebecca Chaos. Marlene lächelte. Was da wohl passiert sein mag? Sie versuchte sich vorzustellen, wie Rebecca hektisch von A nach B rannte, um das Chaos, welcher Art auch immer, wieder unter Kontrolle zu bringen, und sie konnte sich ein Lachen nicht unterdrücken. In dem Moment kam Bradley mit zwei Tassen Kaffee zu ihr, und reichte ihr eine. „Danke, Sweetheart!“, bedanke sich Rebecca. „Und, was hat sie gesagt?“, wollte Bradley wissen. „Sie hat zugesagt. Für Dienstag um sechs Uhr!“, antwortete Marlene glücklich. „Wunderbar!“, freute sich Bradley. „Ich koche!“ Bradley rieb sich die Hände. Er liebte es, zu kochen.

Eine halbe Stunde später war das Bad wieder trocken und begehbar. „Ich bin nur kurz unten und frage bei unserem Nachbarn, ob etwas durchgesickert ist, okay?“, meldete sich Rebecca bei Finn ab, der das ganze stumm abnickte. Rebecca nahm sich ihren Schlüssel, und stieg die Treppe nach unten. Sie klingelte an der Türe. Ein groß gewachsener, blonder Mann öffnete die Tür mit einem Lächeln auf den Lippen. „Hallo, schöne Frau. Was kann ich für sie tun?“ „Regnet es bei ihnen zufällig?“, fragte Rebecca zusammenhanglos. Der Mann sah sie mit seinen grünen Augen an, dann schaute er nach oben, wie als ob er in den Himmel schauen wollte. „Öhm, nein, zurzeit nicht.“, stellte er fest, und sag Rebecca dann wieder verständnislos an. Rebecca lachte überfordert auf. „Entschuldigung, ich bin Rebecca von Lahnstein, ich wohne seit Kurzem über Ihnen, und mir ist die Badewanne übergelaufen, deswegen frage ich.“ Der blonde Mann verstand und lächelte Rebecca an. „Wollen Sie nicht einen Moment hereinkommen und nachsehen?“ Rebecca nickte und der blonde Mann gab den Weg frei. Rebecca ging an ihm vorbei, und stand in einem steril wirkenden Flur. „Ich bin übrigens Steve Clarkson, angenehm.“ Er gab Rebecca die Hand, die sie schüttelte. Er führte Rebecca in die Wohnung. „Möchten Sie etwas trinken?“, bot er ihr an. „Nein, danke, ich habe nicht viel Zeit, mein fünfjähriger Sohn ist alleine oben.“ „Sie haben einen Sohn?“, fragte Steve. „Ja“, antwortete Rebecca. „Finn. Mein Ein und Alles.“ Steve nickte. „Und der Vater?“ Rebeccas Blick trübte sich kurz ein, was Steve sofort bemerkt hatte. „Verzeihen Sie, ich wollte nicht neugierig sein.“, entschuldigte er sich. „Nein, nein, kein Problem!“, entgegnete Rebecca. „Mein Mann ist vor etwas mehr als 2 Monaten verstorben.“ „Das tut mir Leid!“, drückte Steve sein Mitleid aus. Rebecca nahm diese Beileidsbekundung mit einem flüchtigen Lächeln an und schaute dann nach oben an die Decke. „Gut, bei Ihnen scheint nichts passiert zu sein. Da hatte ich wohl noch einmal Glück im Unglück.“ Sie blickte wieder Steve an. „Dann will ich sie mal nicht weiter stören!“, meinte sie und machte sich daran, die Wohnung zu verlassen, als Steve sie fragte: „Wollen Sie vielleicht mit mir essen gehen?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:53 
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14. Dinner No. 1


„Äh…“ Rebecca wusste nicht, was sie auf diese Frage antworten sollte. Wollte Steve sie auf ein Date ausführen, jetzt schon? Sie kannten sich – wie lange? – 10 Minuten? Steve ließ wohl gar nichts anbrennen. „Ich würde gerne, aber…“ „Aber?“, fragte Steve nach. „Geht das nicht ein bisschen schnell?“, fragte Rebecca vorsichtig. „Schnell?“, fragte Steve nach, als habe er sich gerade verhört. „Ja, ich meine, wir kennen uns noch nicht mal eine halbe Stunde, und schon…“ „Nun ja, ich verschwende eben nicht gerne meine Zeit.“ Steve grinste sie geheimnisvoll an. „Steve, es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber ich glaube, ich bin noch nicht bereit für eine neue Liaison, tut mir leid!“ Rebecca versuchte, den Korb, den sie Steve geben wollte, so elegant wie irgend möglich zu verpacken. Steve grinste. „Jetzt verstehe ich! Von mir haben sie nichts zu befürchten!“ Rebecca sah ihn verwirrt an. „Befürchten?“ Steve nickte, und hob die linke Hand. Rebecca schaute verwirrt, bis sie etwas glitzern sah. „Sie…sie sind verheiratet?“, fragte Rebecca vorsichtig. „Ja, aber zurzeit Strohwitwer…“, erklärte Steve freundlich. „Das heißt also, sie wollen ein Abenteuer mit mir, während ihre Frau verreist ist??? Also, das ist…“ Rebecca war in Begriff, sich in Rage zu reden, als Steve sie mit erhobener Hand dazu anhielt, ruhig zu sein. „Nein, nein, sie verstehen mich vollkommen falsch, Rebecca.“ Er drehte ihr kurz den Rücke zu und nahm einen Bilderrahmen zur Hand. Dann kam er auf Rebecca zu, die ihn erwartungsvoll ansah. „Ich wollte mit Ihnen zu Abend essen, weil ich Sie interessant finde, aber nicht so, wie sie denken. Ich finde Sie als Mensch interessant, nicht als Frau!“ Während er das sagte, gab er ihr den Bilderrahmen. Rebecca schaute das Foto an. Darauf waren zwei Männer in maßgeschneiderten Anzügen zu sehen, die sich innig umarmten und küssten. Einer davon war Steve. Sie sah zu Steve auf, der ihr zulächelte. „Sie…sie sind verheiratet. Mit…mit einem Mann.“ Rebecca stotterte. Steve lachte kurz. „Ja, das bin ich. Ich hatte noch nie ein Tête-à-Tête mit einer Frau. Sie haben also wirklich nichts vor mir zu befürchten!“ Rebecca wurde rot im Gesicht. „Tut mir leid, dass ich Ihnen unterstellt habe, Sie…“, begann sie, aber Steve schnitt ihr das Wort ab. „Als Entschädigung lassen Sie sich von mir bekochen, versprochen?“, bot Steve an. „Wollten Sie nicht eigentlich mit mir essen gehen?“, fragte Rebecca. „Ja, aber ich denke, es wird schwer für Sie sein, einen Babysitter zu finden, oder? Und so haben Sie alles in der Nähe, für einen etwaigen Notfall. Also, sagen Sie zu?“ Rebecca sah ihn an, und nickte. Steve klatschte in die Hände. „Wunderbar! Heute ist Freitag… Sagen wir, morgen um sieben Uhr?“ Rebecca dachte kurz nach, und nickte dann. „Okay!“, sagte sie schließlich zu. „Ich freue mich.“

Am nächsten Tag klingelte Rebecca pünktlich um sieben Uhr an der Wohnungstür direkt unter ihr. Finn stand neugierig neben ihr. Steve öffnete ihr, leger gekleidete in Jeans und einem weißen Hemd. „Das seid ihr ja!“ Er ging in die Knie und sah Finn an. „Du bist also der kleine Badewannenkapitän?“, fragte er grinsend. „Ich bin Finn!“, stellte sich Finn brav vor. „Ich bin Steve!“ Steve reichte Finn die Hand, und der schüttelte sie. Steve kam wieder hoch, und begrüßte dann Rebecca mit einem Handkuss. „Schön, dass du da bist!“ Er trat zur Seite, und bat die beiden mit einer ausladenden Geste in seine Wohnung. Er führte die beiden zum gedeckten Tisch. „Zuerst gibt es eine Spargelcremesuppe. Als Hauptgang dann Rigatoni Napoli – die Tomatensoße habe ich selbst gemacht – und als Nachspeise Mousse au Chocolat.“ „Lecker!“, rief Finn begeistert. Steve grinste. „Einen habe ich wohl schon einmal überzeugt!“

Die drei aßen und unterhielten sich. Steve konnte anscheinend gut mit Kindern umgehen, und bespaßte Finn den ganzen Abend, bis dieser schließlich auf seinem Stuhl eingeschlafen war. „Das Essen war ausgezeichnet, Steve, aber ich glaube, ich sollte jetzt wieder nach oben gehen!“, äußerte Rebecca mit einem Blick auf Finn. „Aber kann ich dich vielleicht noch zu einem Glas Rotwein bei mir einladen?“, schlug Rebecca vor. Steve dachte kurz nach und sah sich um. Überall stand noch das Geschirr herum. Aber dann hatte er eine Entscheidung getroffen. „Klar, warum nicht?“ Rebecca nahm Finn sanft auf ihren Arm, bedacht darauf, dass er nicht aufwachte, und die beiden gingen nach oben in Rebeccas Appartement. Nachdem Rebecca Finn schließlich hingelegt hatte, kam sie mit einer Flasche Rotwein, zwei Gläsern und einem Flaschenöffner zurück ins Wohnzimmer. „Setz dich doch!“. Rebecca zuckte mit dem Kopf in Richtung Sofa. Steve ließ sich darauf sinken, und wartete, bis Rebecca ihm ein Glas Rotwein reichte. „So, und jetzt erzähl mir doch ein bisschen von dir? Was arbeitest du?“, wollte Rebecca wissen. „Ich bin Anwalt.“, antwortete Steve. „Und du bist verheiratet?“, fragte Rebecca weiter. „Ja, Paul und ich haben uns vor achtzehn Jahren auf dem Kollege kennen- und liebengelernt.“ „Wow, achtzehn Jahre. Das ist schon eine beachtliche Zeit.“ Steve nickte. „Ja. Wir hatten auch unsere Krisen, aber irgendwann haben wir gemerkt, dass diese Krisen unserer Liebe nichts anhaben können, weil sie stärker ist. Wir haben lange darüber geredet, wie wir uns unsere Beziehung vorstellen. Das wichtigste ist, dass man offen zueinander ist, miteinander redet. Dann kann man sich alles verzeihen…“ Rebecca lächelte nachdenklich und nickte. „Oh, du bist in Gedanken. Darf ich dich fragen, ob du schon einmal in so einer Situation warst?“ Rebecca sah ihn lange an. Sie kannten sich doch kaum, aber sie fühlte, sie konnte Steve vertrauen. „Ja, vor zehn Jahren, meine damalige Partnerin und ich haben uns auseinandergelebt, und schließlich haben wir uns gegenseitig betrogen, und die Beziehung dann beendet.“ Steve sah Rebecca an. „Aber das ist nicht das Ende der Geschichte, oder?“, hakte er nach. Rebecca machte einen gequälten Gesichtsausdruck. Sie stand auf, ging zum Fenster, und schaute in die sternenklare Nacht. „Ich habe sie hier in New York wiedergetroffen, vor ein paar Tagen, und…“ „Und bist du dir nicht sicher, ob oder was du noch für sie empfindest, hab ich Recht?“ Rebecca nickte stumm. Marlene ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf. Sie empfand mehr als nur Freundschaft für Marlene, aber war das, was sie empfand, stark genug, um um Marlene zu kämpfen? Steve stand auf, und kam zu Rebecca. „Rebecca, du musst dir darüber unbedingt klar werden. Vielleicht bietet sich dir eine Chance. Und wenn du sie nicht nutzt, wirst du es bereuen!“

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 18:55 
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15. Kleider machen Leute…


„Honey, kommst du mal bitte?“ Marlene sah unruhig auf die Uhr. 10:15 Uhr. Sie war schon den ganzen Tag total hibbelig. Genervt warf sie das Geschirrtuch auf die hochwertig Arbeitsplatte, zog sich die Gummihandschuhe von den Händen, und warf sie hinterher. Sie machte sich auf den Weg durch die große Wohnung zu Bradleys Arbeitszimmer. „Was ist denn?“, fragte sie, ein wenig zu schroff. Bradley sah sie nur an. Er wusste, dass Marlene manchmal ein bisschen impulsiv sein konnte. „Ich würde gerne mit dir die Termine der nächsten Tage durchgehen“, wagte er sich vorsichtig nach vorne. Marlene ließ sich genervt auf den Stuhl gegenüber von Brad sinken. „Ich höre.“ Und sie ließ sich von Bradley mit ihren nächsten Terminen berieseln. Sie nickte nur an den richtigen Stellen wie ein Roboter. Aber sie fühlte sich einfach müde. Bradley wollte ihre Karriere vorantreiben, das ehrte ihn, aber Marlene kam sich manchmal vor wie eine Marionette, die ein Spielzeugmännchen, dem man den Schlüssel in den Rücken stecken musste, um es aufzuziehen, damit es tanzte. „Das wäre es dann vorerst für den nächsten Monat.“ Bradley überprüfte noch mal in seinem Communicator, ob er auch wirklich alle Termine genannt hatte. „Gut!“, meinte Marlene. „Dann gehen wir das an.“ Sie erhob sich, und drehte sich herum. Dieses Büro drückte ihr aufs Gemüt. Sie war gerade dabei, das Büro zu verlassen, als sie abrupt stehen bleib, als sie Bradleys Stimme vernahm. „Ist alles okay mit dir?“ Marlene drehte sich herum, und sah ihn an. Man musste ihr doch ansehen, wie es ihr ging. Was sollte also diese Frage? Marlene nickte nur. „Ja, wo soll denn bitte nicht okay sein?“ Sie drehte sich um, und ging aus dem Büro.

Rebecca wuselte hektisch in der Wohnung umher. Finn saß auf der Couch und malte. „Was sagst du? Was soll ich anziehen?“ Rebecca hielt ein paar Outfits in der Hand, und sah Finn überfordert an. Finn stand auf, und durchwühlte Rebeccas Auswahl. „Das da!“ Er hatte eine dunkle Bluse ausgewählt. Sie war dunkel grau und mit schwarzen Rüschen besetzt, die ein dezentes Highlight der Bluse darstellten. Rebecca sah ihn skeptisch an. „Bist du dir sicher?“ Finn nickte nur, und wand sich dann wieder seiner Zeichnung zu. Rebecca sah die Bluse nachdenklich an. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie dieses Oberteil gekauft hatte, aber nun gut. Das Oberteil hatte sie schon mal, nun stand Rebecca vor der Qual der Wahl, das passende Beinkleid zu finden. „Ich bin doch Modedesignerin!“, mahnte sie sich innerlich. „Ich müsste doch wissen, was dazu am perfektesten passen würde.“ Nach einigem Hin und Her wählte sie eine einfache Jeans, in der sie sich am wohlsten fühlte, und dazu schwarze, matte Ballerinas. Wenn sie sich schon in des Löwen Höhle begeben würde, dann würde sie sich wenigstens in ihrer Haut wohlfühlen.

Marlene stand vor dem Kleiderschrank und wusste nicht, was sie heute Abend anziehen sollte. Sonst war sie in der Auswahl ihrer Garderobe immer ziemlich selbstsicher gewesen, aber irgendwie hatte diese Selbstsicherheit wohl entschieden, heute blau zu machen. Schließlich griff sie nach einem weißen Top. Sie entfaltete des, und hielt es sich vor dem Spiegel an den Körper. Sie wusste gar nicht, dass sie so ein Top besaß, auch, wenn sie keine Ahnung hatte, woher sie es hatte. „Ja“, dachte sie. „Das ziehe ich an.“ Sie wusste nicht, warum, aber plötzlich kamen in ihr Bilder aus der Vergangenheit hoch wie Blitze. Sie und Rebecca in der Orangerie. Sie küssten sich, sie liebten sich, sie… Marlene kniff die Augen zusammen. Sie zählte innerlich bis fünf, und danach öffnete sie die Augen wieder, und die Bilder waren wieder verschwunden. Vergangen war Vergangen. Sie legte das weiße Oberteil zur Seite, und suchte sich eine passende Jeans aus. Danach sah sie unruhig auf die Uhr. Noch vier Stunden…

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 Betreff des Beitrags: Re: Marbecca - Ten Years Gone
BeitragVerfasst: 10.11.2015, 19:04 
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16. Dinner No. 2


Bradleys Essenszubereitungen befanden sich in der Endphase. Marlene wuselte um ihn herum, und vergewisserte sich, dass alles perfekt war. Ja, sie wollte, dass es perfekt war. „Beruhige dich, es ist nur ein Abendessen!“, redete Brad auf sie ein. „Das weiß ich doch!“, gab Marlene zurück. „Was ist denn nur mit dir los?“, wollte Bradley wissen. „Ach nichts!“, erwiderte Marlene. Es klingelte. Marlene fuhr aufgescheucht herum und hastete zur Tür. Im Spiegel schaute sie noch einmal, ob ihr Make Up passte und ihr Haar, das sie zu einem Dutt zusammengebunden hatte, saß. Sie strich sich noch einmal das weiße Top glatt, atmete noch einmal durch und öffnete dann schwungvoll die Tür. Sie lächelte Rebecca und Finn entgegen. „Hallo ihr beiden!“ Marlene sah an Rebecca herunter, während die genau dasselbe tat. „Sie hat mein Oberteil an. Ich wusste gar nicht, dass sie es hatte.“, dachte Marlene und auch Rebecca dachte so ziemlich dasselbe. Aber das war jetzt unwichtig. „Kommt doch herein!“, lud Marlene Rebecca und Finn ein. Rebecca und Finn gingen an Marlene vorbei in die Wohnung, nachdem sie beide Marlene umarmt hatten. Rebecca drehte sich zu Marlene um. „Die hier hab ich euch mitgebracht, aus unserem Weinkeller zu Hause!“ Marlene nahm die Flasche Weißwein entgegen. „Danke sehr!“, bedankte sie sich. In dem Moment kam Bradley aus der Küchen. „Rebecca!“ Er trat zu Rebecca, reichte ihr die Hand, und gab ihr ein Küsschen rechts und ein Küsschen links. Dann wand er sich dem kleinen Finn zu. „Und du musst dann Finn sein, oder, Champion?“ Finn nickte. „Ich bin Brad. Freut mich sehr, dich kennenzulernen.“ Finn sah Brad interessiert an. „Das freut mich auch!“ Rebecca sah sich in der modern eingerichteten Wohnung um. „Schön habt ihrs hier!“, meinte sie anerkennend. „Danke!“, meinte Marlene schüchtern. „Es war uns wichtig, dass es gemütlich ist hier.“ „Unser kleines Liebesnest!“, erklärte Bradley stolz. Rebecca spürte für den Bruchteil einer Millisekunde ein Stechen in der Herzgegend, aber sie ignorierte es. „Wenn ihr euch schon einmal setzen wollt; ich habe die Vorspeise fast fertig!“ Marlene führte Rebecca und Finn an einen langen Holztisch, der bereits dem Anlass entsprechend eingedeckt war. Sie setzten sich, und warteten darauf, das Bradley die Vorspeise servierte.

Die vier unterhielten sich ausgelassen. Marlene und Brad erzählten, wie sie sich kennen gelernt haben, dieses Mal mit Bradley Sicht der Dinge. Wie sauer doch Marlene war, dass sie nicht mit ihm auf herkömmliche Art und Weise kommunizieren konnte. Rebecca grinste. Sie konnte es sich lebhaft vorstellen. Marlene, mit dick verbundenem Hals, noch leicht benebelt von der Vollnarkose, mit Edding und Block bewaffnet. Sie sah Marlene an, die peinlich berührt rot wurde. Wie süß Marlene doch war, die sonst so gestandene Frau wurde wieder zu einem kleinem Mädchen, das etwas angestellt hatte. „Und was machst du, wenn ich fragen darf?“, fragte Bradley höflich. „Ich bin Modedesignerin, seit kurzem bei einer jungen, aufstrebenden Firma hier in New York.“ Bradley nickte. „Marlene hat mir schon erzählt, dass du sehr talentiert bist.“ Nun war es an Rebecca, rot zu werden. „Ich gebe mein bestes.“ Marlene war das aber nicht genug. Warum stellte Rebecca ihr Licht immer noch so sehr unter den Scheffel? Sie wand sich an Bradley. „Sie musste sich alles hart erarbeiten. Sie wurde von allen belächelt, aber sie hat gekämpft, teilweise sogar gegen ihre eigene Familie, die sie unten gehalten hat.“ „Ach, Marlene“, tat Rebecca das mit einer Handbewegung ab. „Nein, Marlene hat Recht, du bist eine Kämpferin. Man sieht dieses Feuer in deinen Augen!“, pflichtete Brad Marlene bei.

Nach dem Essen nahm Rebecca noch einen Schluck Wein. „Bradley, das war perfekt!“ Bradley nahm das Kompliment mit einer verspielten Verbeugung an. „Ich werde es dem Chefkoch ausrichten!“ Marlene schlug Brad sanft auf den Arm. Dann richtete sie das Wort an Rebecca. „Soll ich dir die Wohnung zeigen?“ Rebecca nickte. Die beiden Damen erhoben sich. Bradley kam aus der Küche in den Essraum. „Und du, kleiner Mann,“ er ging vor Finn in die Hocke. „Hilfst du mir beim Abwasch?“ Finn sprang vom Stuhl. „Au ja!“ „Prima!“ Bradley und Finn gingen in die Küche, während Marlene Rebecca die Wohnung zeigte.

Musiktipp: Aleen – Endlos weit
(Marbecca-Fans kennen das Lied natürlich)


„…und das“ Marlene öffnete die Tür. „ist unser Schlafzimmer.“ Rebecca betrat das geräumige Schlafzimmer, das so gar nicht zu der modernen Einrichtung der restlichen Maisonette-Wohnung passte. Ein großer, breiter Schrank aus Massivholz, ein großer, altmodischer Schminkspiegel direkt neben der Tür, und, das Highlight, ein großes, bequem aussehendes Bett im Stile britischer Adelshäuser, verziert mit Samtvorhängen. „Wow!“ Rebecca drehte sich fasziniert um die eigene Achse, wie ein Kind, das in den verschneiten Himmel blickte. Dann sah sie Marlene an, die auf eine weitere Reaktion Rebeccas wartete. „Respekt, Marlene. Du hast es geschafft.“ Rebecca sah Marlene glücklich an. „Du hast es verdient!“ Marlene wippte verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Bist du glücklich?“, fragte Rebecca Marlene direkt. Sie hatte Marlenes kurzen Zusammentreffen bei ihrem Wiedersehen nicht vergessen. „Ja, schon, es ist nur manchmal ein bisschen viel auf einmal. Manchmal fühlt es sich nicht mehr an wie das, was ich machen will, sondern wie…nun ja…Arbeit!“ Rebecca nickte verstehend, und kam auf Marlene zu, um sie zu trösten. Das warme Deckenlicht warf einen verspielten Schatten auf Marlenes warmes, blondes Haar. Ein Wasserfall aus honiggoldenem Licht. Sie nahm Marlene in dem Arm, wollte ihr Trost und Kraft spenden. Sie löste sich aus der Umarmung, hielt Marlene aber an beiden Armen fest. Marlene sah sie dankbar an. „Ich kenne die Bluse, die du anhast!“, meinte Marlene schließlich. Rebecca sah sie überrascht an. „Und ich kenne dein Top.“ „Ist es nicht komisch, dass wir beide die ganze Zeit über ein Kleidungsstück vom jeweils anderen hatten, und dann auch noch vom selben, für uns so wichtigen Abend?“, fragte Marlene.

„Es tut mir so leid. Ich wollte dich wirklich nie verletzen!“, entschuldigte sich Marlene ehrlich. „Dann geh jetzt!“ Rebecca ließ Marlene stehen, ging auf die Tür zu. Marlene hielt sie fest. Rebecca fuhr herum, schaute Marlene an. Die schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht!“ Langes, konstant ansteigend quälenderes Warten – dieser Moment vor…

„Ja!“, meinte Rebecca mit sehr gedämpfter, fast hauchender Stimme. „Sehr komisch!“ Rebecca strich Marlene eine Strähne, die ihr ins Gesicht gefallen war, aus selbigem, und klemmte sie ihr hinter das Ohr. Dann fuhr sie ihr zärtlich mit der Hand durchs Gesicht. Marlene versuchte, es abzuwehren, versuchte, die Hand zu heben, aber ihr Körper rebellierte gerade gegen sie und gehorchte ihr nicht. Marlene konnte nur zusehen, wie Rebeccas Kopf auf sie zukam, leicht zur Seite geneigt, ihre Augen waren geschlossen, ihre Lippen leicht geöffnet. „Verdammt, Marlene, tu etwas, irgendetwas! Tu es jetzt! Mach schon, was stehst du da nur so herum?“, meldete sich Marlenes Kopf. „Lass es zu, Marlene, lass es einfach zu!“ Das war ihr Herz, aber warum war es dieser Meinung? Sie war doch glücklich verheiratet. Verheiratet mit Bradley Malone. Marlene Malone, das war ihr Name! Ihre Identität. Weiter kam sie mit ihrem inneren Kampf allerdings nicht, denn schon spürte sie Rebeccas Atem, und dann, nach Sekunden, die wie Äonen schienen, Rebeccas warme, zarte Lippen, die vorsichtig die ihren berührten, nicht zu viel verlangten, aus Angst davor, zurückgestoßen zu werden. Diese Berührung brachte Marlene wieder ins Diesseits zurück.

„Was wird das?“, fragte sie, gedämpft, aber sauer. Rebecca öffnete die Augen. Marlenes Stimme hatte auch sie per Schleudersitz aus dem Liebesnirvana zurück in die Realität befördert. „Tut…tut mir leid!“ Rebecca wich zurück. „Ich…ich sollte jetzt besser gehen!“ Rebecca wand sich schnell von Marlene ab, durchquerte schnellen Schrittes den Raum, war zur Tür hinaus, die Treppe hinunter, schon fast an der Tür…Halt! Finn! Sie ging noch einmal zurück, Finn war mit Brad beschäftigt. Verdammt, nun musste sie Marlenes Ehemann auch noch gegenüber treten. Sie ging in die Küche. „Es tut mir leid, Brad, aber ich habe ganz vergessen, dass ich morgen früh einen wichtigen Termin habe! Finn, komm, wir müssen los.“ Sie drückte Bradley kurz. „Sorry, und danke für das Essen!“ Sie nahm Finn an der Hand, und ging Richtung Tür. Bradley folgte ihr, half ihr in die Jacke, was sie überfordert zuließ. „Vielen Dank für den Abend!“, bedankte sich Brad. „Ja, es war sehr schön bei euch!“, verabschiedete sich Rebecca. Auch Finn verabschiedete sich von Brad. „Ich will mich aber noch von Marlene verabschieden!“, meinte er zu seiner Mutter. „Es tut mir leid, Schatz, aber wir haben keine Zeit mehr. Komm jetzt!“ Und sie und Finn machten sich auf den Weg nach Hause.

Oben stand Marlene am Fenster ihres Schlafzimmers und sah Rebecca hinterher, die sich schnellen Schrittes mit Finn an der Hand vom Haus entfernte. Finn musste fast rennen, um Schritt halten zu können. Verträumt berührte Marlene ihre Lippen an der Stelle, an der Rebeccas Lippen ihre berührt hatten. Warum zum Teufel war das passiert? Marlene hatte keine Ahnung, wie sie diesen Kuss einzuordnen hatte, sie wusste nur eines: Vergangenheit war nicht immer Vergangenheit. Von jetzt an würde nichts mehr so sein, wie es vorher war…

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