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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:06 
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Teil 362:

Marie suchte sich einen ruhigen Platz an einem der hinteren Tische im No Limits, wo sie sich erschöpft auf einem Stuhl niederließ, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass Jonas und Sophie weiterhin friedlich in ihrem Kinderwagen schliefen. Die junge Mutter starrte betrübt vor sich hin, bis eine vertraute Stimme sie aus ihren Gedanken riss „hey, das ist ja mal eine schöne Überraschung. Wieso versteckst Du Dich denn hier hinten in der Ecke, ich hätte Euch beinahe nicht gesehen“ begrüßte die Clubbesitzerin ihre Freundin. Marie lächelte freudlos, obwohl es sehr schön war, Marlene zu sehen „ich denke, dass ich gar nicht gesehen werden wollte“ erwiderte sie ehrlich, was die andere stutzig machte „das klingt nicht gut. Ich nehme an, das bedeutet, dass Du nicht darüber reden willst, oder? Kann ich Dir denn irgendetwas Gutes tun? Magst Du was essen, oder soll ich Dir was zu trinken bringen lassen?“ Die Gefragte nickte „danke, ein Kaffee würde fürs Erste reichen“ erwiderte sie, da machte sich eines der Kinder bemerkbar „es wäre auch zu schön gewesen, wenn sie noch eine Weile geschlafen hätten“ bemerkte Marie resigniert und wollte aufstehen, doch Marlene bedeutete ihr sitzen zu bleiben „lass mal, ich mach das schon“ bot sie an und hob Sophie aus dem Kinderwagen. „Na, kleine Maus, magst Du mal mit mir in die Küche kommen und schauen, was da los ist?“ sagte sie und war verwundert, dass plötzlich ihre Frau vor ihr stand, als sie sich umdrehte „hey, was machst Du denn hier?“ fragte sie erfreut und gab Rebecca einen Kuss. Die Gräfin begrüßte lächelnd ihre Nichte „ich hatte gerade einen Termin und dachte, dass ich meine Mittagspause mit Dir verbringen kann. Aber wie ich sehe, bist Du schwer beschäftigt“ bemerkte sie und stellte fest, dass ihr der Anblick von Sophie, die sich gerade voller Begeisterung an Marlenes Haaren zu schaffen machte, gefiel. Die Blondine lachte „ich bin gleich zurück“ verkündete sie und flüsterte ihrer Frau noch etwas zu, die daraufhin nickte und sich zu Marie setzte, nachdem sie zuvor kurz den schlafenden Jonas betrachtete hatte „wir haben uns schon viel zu lange nicht gesehen“ stellte sie fest und bedachte die andere mit einem prüfenden Blick. Marie seufzte und war bemüht sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie diesen Zustand insgeheim bedauerte „wie geht es denn der kleinen Gräfin? Alles gut soweit?“ versuchte sie vom Thema abzulenken, doch die Brünette ließ es nicht zu „alles in Ordnung, aber mich würde viel mehr interessieren, wie es Dir geht? Und sag jetzt nicht gut, ich sehe doch, dass dem nicht so ist. Also, was ist los? Ist es wegen Emma, oder gibt es Probleme mit Sebastian?“ Maries Widerstand brach schneller als gedacht und als die erste Träne über ihr Gesicht kullerte, nahm die Gräfin sie wortlos in den Arm und ließ sie einfach eine Zeit lang weinen, bis ihre Freundin in der Lage war von ihren Sorgen zu berichten. Als Marlene wieder zu ihnen stieß, wirkte Marie noch immer ziemlich mitgenommen, aber auch ein Stück weit erleichtert „soll ich Euch noch einen Moment alleine lassen?“ erkundigte sie sich, was die beiden Frauen jedoch verneinten, woraufhin die Clubbesitzerin sich mit Sophie auf dem Schoss zu ihnen setzte. Marie holte ihren Sohn dazu, der inzwischen ebenfalls munter geworden war und schaute ihre Freundinnen dankbar an „jetzt weiß ich auch wieder, was mir gefehlt hat. Es tut gut, Euch um mich zu haben und Sophie fühlt sich anscheinend auch sehr wohl bei Dir“ stellte sie fest und lächelte der Blondine zu. Rebecca wandte sich grinsend an ihre Frau „ja, ich finde auch, dass Dir das sehr gut steht. Du solltest öfter ein Baby auf dem Arm tragen“ bemerkte sie „irgendetwas sagt mir, dass das schon bald der Fall sein könnte“ erwiderte Marlene lachend und holte sich einen Kuss von der anderen ab. Marie beobachtete die beiden Frauen und empfand ein wenig Wehmut, wenn sie an ihre eigene Beziehung dachte, die gerade alles andere als glücklich verlief „manchmal frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn ich damals nicht aufs Schloss gezogen wäre. Das Leben dort hat zwar sehr viele Vorzüge, aber hin und wieder fühlt man sich dort doch etwas verloren. Außerdem kommt es mir dort neuerdings noch leerer vor“ gab sie zu und seufzte erneut. Marlene warf Rebecca einen Blick zu, der eine gewisse Entschlossenheit vermittelte und sagte dann etwas, was die anderen beiden gleichermaßen überraschte „nun, das wird sich vermutlich bald ändern, wenn Rebecca und ich samt Mini-Flipper wieder nach Königsbrunn ziehen werden“ verkündete sie und klatschte zusammen mit Sophie in die Hände. Die Gräfin strahlte ihre Frau von der Seite an „soll das heißen, dass Du Dich entschieden hast? Und Du bist Dir auch ganz sicher?“ fragte sie aufgeregt „bin ich und Sophie freut es auch, wie man sieht“ erwiderte Marlene amüsiert und lachte, als Rebecca ihr vor Freude um den Hals viel. Auch Marie freute sich über die Neuigkeiten „das ist die beste Nachricht seit langem“ sagte sie und stand auf „darauf müssen wir anstoßen...mit O-Saft versteht sich“ fügte sie zwinkernd hinzu, bevor sie Jonas an seine Tante übergab und sich auf den Weg zur Bar machte. Rebecca war noch immer ganz aus dem Häuschen „wann hast Du das denn beschlossen?“ wollte sie wissen und versuchte lachend ihren strampelnden Neffen unter Kontrolle zu bekommen „meine Güte, er ist ein echtes Energiebündel.“ Marlene grinste „er ist eben auch ein Lahnstein und die haben bekanntlich alle eine Menge überschüssiger Energie“ witzelte sie und ging dann auf Rebeccas Frage ein „eigentlich hatte ich nie wirklich etwas dagegen zurück aufs Schloss zu ziehen, ich brauchte nur ein wenig Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen. Bei uns verändert sich gerade so Vieles, dass es mir manchmal etwas Angst macht, um ehrlich zu sein...aber letztlich ist es mir nicht wichtig, wo wir wohnen, sondern nur, dass wir zusammen sind. Eine Bedingung habe ich allerdings...“ Die Brünette sah sie gespannt an „welche denn?“ wollte sie wissen „wir brauchen mindestens ein Ankleidezimmer, ein Büro und außerdem bestehe ich darauf, dass alle Türen abschließbar sind. Ach ja, und ein zweites Bad wäre auch nicht schlecht“ erklärte sie und legte diesen ganz speziellen, leicht koketten Gesichtsausdruck auf, der Rebecca immer wieder daran erinnerte, dass sie eben doch mit einer kleinen Diva verheiratet war. „Das waren jetzt aber schon vier Bedingungen, meine Süße“ gab die Gräfin belustigt zu bedenken „nun ja, man darf sich niemals unter Wert verkaufen. Oberstes Gebot einer jeden Geschäftsfrau“ erwiderte die Blondine lächelnd. Rebecca rückte noch weiter zu ihr auf „Dein Wert steht ohnehin außer Frage, mein Engel, und selbstverständlich werden Deine Bedingungen erfüllt. Oder war das jemals anders?“ flötete die Gräfin, woraufhin Marlene sich zu ihr beugte „nichts anderes wollte ich hören.“ Rebecca lächelte glücklich „ich liebe Dich, weißt Du das eigentlich?“ flüsterte sie „ja, aber ich höre es trotzdem gerne“ erwiderte Marlene, überwand die letzten Zentimeter, die noch zwischen ihnen lagen und gab ihrer Frau einen innigen Kuss. Jonas und Sophie hatten etwas dagegen, dass sie keine Beachtung mehr fanden und signalisierten dies durch tatkräftiges herum Wirbeln mit ihren kleinen Armen „ich glaube sie wollen nicht, dass wir knutschen“ bemerkte Marlene grinsend „das liegt nur daran, dass sie noch nicht wissen, wie schön das ist“ erwiderte Rebecca und zwinkerte ihrer Frau zu. Marie war inzwischen zurückgekehrt und setzte sich wieder zu den Vieren „wann werdet Ihr den anderen eigentlich sagen, dass Ihr zurück aufs Schloss zieht? Und wisst Ihr überhaupt schon, wann das sein wird?“ Die Clubbesitzerin blickte wissend zu der Gräfin „wie ich meine Frau kenne, so schnell wie möglich“ mutmaßte sie, woraufhin Rebecca sie unschuldig ansah „das liegt nur darin begründet, dass ich von Tag zu Tag runder werde und ein Umzug deshalb lieber früher als später erfolgen sollte“ rechtfertigte sie ihre Ungeduld. Marlene verdrehte die Augen, was Marie zum Lachen brachte „also dem Schloss und seinen Bewohnern kann es nur gut tun, wenn Ihr wieder da seid, und wenn Ihr Hilfe braucht, dann wisst Ihr ja, wo Ihr mich findet“ sagte sie und hob ihr Glas „auf Euch drei, ich freue mich wirklich sehr über Eure Entscheidung.“ Die Frauen stießen lächelnd miteinander an und es entstand eine gelöste Atmosphäre, die es besonders Marie ermöglichte, ihre Sorgen für eine Weile zu vergessen.

Lukas dagegen saß noch immer wie versteinert auf der Lehne seines Sofas und starrte zur Tür, durch die Helena vor mehr als zwanzig Minuten geflüchtet war. Langsam wurde es offenbar zur Gewohnheit, dass sie vor ihm davon rannte, doch diesmal hatte er nicht das Verlangen gehabt sie aufzuhalten. Zu groß war der Schock, zu übermächtig war der Schmerz darüber, dass die Frau, die er von ganzem Herzen liebte ihn betrogen und anschließend einfach abserviert hatte. Sein Verstand arbeitete noch immer auf Hochtouren, doch mit Logik kam er hier nicht weiter, egal wie sehr er es auch versuchte, er verstand es einfach nicht. Das eben war nicht seine Helena gewesen, die Frau die gerade noch vor ihm gestanden hatte, hatte mehr einem Häufchen Elend geglichen, oder einer leeren Hülle, und ihre Worte waren die einer Fremden. Sein erster Impuls war es gewesen ihr nachzulaufen, doch er konnte es nicht. Lukas erhob sich und ging langsam zur Garderobe, um seine Jacke zu holen. Danach verließ er seine Wohnung, die ihm plötzlich viel zu eng vorkam und lief ohne ein wirkliches Ziel zu haben nach draußen. Es hatte angefangen zu regnen, was er jedoch kaum wahrnahm, obwohl seine Klamotten innerhalb von wenigen Minuten durchnässt waren. Ohne auf den Verkehr zu achten, überquerte er die Straße. Das letzte was Lukas sah, waren die grellen Scheinwerfer eines auf ihn zukommenden Autos, welches er zu spät bemerkt hatte.

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Verfasst: 24.09.2015, 17:06 


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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:08 
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Teil 363:

Die Frau hinter dem Steuer schrie entsetzt auf und trat erschrocken auf die Bremse, doch es reichte nicht mehr, um das Unglück zu verhindern. Das dumpfe Geräusch des Aufpralls war das Schlimmste, was sie jemals gehört hatte und sie würde es niemals mehr vergessen. Krampfhaft hielt sie das Lenkrad mit beiden Händen umschlossen, während der Regen weiter unaufhörlich gegen die Frontscheibe ihres Audis prasselte und ein Dauerrauschen in ihren Ohren verursachte. Erst die Stimme ihres Sohnes, der auf der Rückbank saß, riss sie aus ihrer Starre „Mama, Mama, da ist was vors Auto gelaufen! Vielleicht war es ein Hund, der jetzt verletzt ist. Wir müssen nach ihm sehen und ihm vielleicht helfen!“ rief der kleine Junge aufgeregt und schnallte sich ab. Seine Mutter drehte sich ruckartig zu ihm um „nein, schnall Dich sofort wieder an, Ben! Du bleibst im Auto und bewegst Dich nicht vom Fleck. Ich sehe nach, was passiert ist, aber Du bleibst hier und Du kommst auch nicht raus, das musst Du mir versprechen! Hast Du das verstanden?“ fragte sie nahe der Hysterie und erst als ihr Sohn etwas eingeschüchtert nickte und sich wieder anschnallte, öffnete sie die Tür und stieg mit zitterigen Beinen aus. Sie konnte bereits die Beine der am Boden liegenden Person erkennen und ging mit klopfendem Herzen um ihr Auto herum „oh mein Gott“ entfuhr es ihr geschockt, als sie den jungen Mann erblickte, der sich nicht mehr bewegte. Das Wasser auf der Straße vermischte sich bereits mit seinem Blut. Die junge Frau war der Panik nahe, brachte es aber dennoch irgendwie fertig einen Notruf abzusetzen und kniete sich anschließend neben den bewusstlosen Mann. Sie versuchte ihn anzusprechen und suchte nach irgendeinem Lebenszeichen, wobei ihr Tränen der Verzweiflung über das Gesicht liefen „können Sie mich hören? Bitte sagen Sie doch etwas...“ sagte sie immer wieder, bis ein anderer Autofahrer anhielt und ihr zu Hilfe eilte. Zum Glück war der ältere Herr deutlich ruhiger und tat das, was man tun konnte, bis der Rettungswagen eintraf „ich kann seinen Puls fühlen. Er lebt noch“ erklärte er schließlich, als er die Verzweiflung und blanke Panik in den Augen der Frau erkannte, doch auch das konnte die junge Mutter nicht trösten, die sich fühlte, als wäre soeben ihr ganzes Leben aus den Fugen geraten.

Marlene schaute gerade eine Castingshow im Fernsehen und verzog schmerzvoll das Gesicht, als eine der Kandidatinnen sich an den sehr hohen Tönen eines nicht weniger anspruchsvollen Songs versuchte „das musst Du aber noch üben, Schätzchen“ bemerkte sie leicht belustigt, während sie weiter die Füße ihrer Frau massierte, die sich auf dem Sofa ausgebreitet hatte und schon vor geraumer Zeit eingeschlafen war. Marlene betrachtete sie nachdenklich und fragte sich, wovon Rebecca wohl träumte, da sie sehr unruhig wirkte, und so wunderte sich die Blondine nicht, als sie einen Moment später wach wurde. Rebeccas Augen blickten sie direkt an und Marlene spürte instinktiv, dass etwas passiert war, wenngleich sie nicht wusste, worum es sich handelte „hast Du schlecht geträumt, oder hat der schiefe Gesang Dich aufgeweckt?“ fragte sie scherzend „weder noch“ erwiderte die Gräfin und setzte sich vorsichtig auf. Marlene schaltete den Fernseher aus und schaute die andere prüfend an „und warum wirkst Du dann so mitgenommen? Oder bilde ich mir das nur ein? Ich habe irgendwie das Gefühl, als wäre Dir gerade etwas Wichtiges klar geworden“ erklärte sie und bekam ein zaghaftes Lächeln zur Antwort „das wundert mich nicht, ich habe inzwischen akzeptiert, dass Du mich manchmal schneller durchschaust, als ich selbst“ sagte sie und griff nach Marlenes Hand „ich habe von meiner Mama geträumt. Das ist mir schon seit Ewigkeiten nicht mehr passiert...abgesehen von dieser Nahtoderfahrung nach dem Unfall damals, von der ich Dir erzählt habe.“ Marlene nickte „hat der Traum mit etwas Bestimmten zu tun, oder weshalb beschäftigt Dich das so?“ hakte sie nach „nein, eigentlich nicht, oder doch...ach, ich weiß auch nicht. Vielleicht liegt es an der Schwangerschaft. Seit ich weiß, dass ich ein Kind bekomme, denke ich sehr viel an sie und frage mich, wie es wohl wäre, wenn sie noch leben würde. Irgendwie stelle ich es mir schön vor, wenn man mit seiner Mutter über das reden kann, was einen während der Schwangerschaft beschäftigt und ich merke plötzlich, wie sehr sie mir immer noch fehlt“ gab sie zu und blickte ihre Frau unsicher an „das klingt ganz schön kitschig, oder? Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist, ich bin doch sonst nicht so rührselig.“ Marlene lächelte und rückte noch etwas näher an sie heran „ich denke, das ist ganz normal und geht den meisten werdenden Müttern so. Deine Mama gehört eben zu Deinem Leben dazu, auch wenn sie leider nicht mehr hier sein kann, aber durch Deine Gedanken und Träume wird sie immer ein fester Bestandteil bleiben. Und auch, wenn ich sie Dir als Ratgeberin natürlich nicht ersetzen kann, so weißt Du hoffentlich, dass Du mit mir auch über all das reden kannst, was Dich so beschäftigt. Außerdem gibt es da auch noch eine gewisse Schwiegermutter, die Dich sicher gerne an allen Weisheiten teilhaben lässt, die sie mit ihrem chaotischen Wolfsrudel gesammelt hat“ bemerkte sie und entlockte der Gräfin damit ein Lachen „da bin ich mir sicher und ich bin sehr froh, dass ich Euch habe. Vor allem Dich, Du chaotische Wölfin“ entgegnete sie und ließ ihren Kopf an Marlenes Brust sinken. So blieben sie eine ganze Weile schweigend sitzen, bis Rebecca aus heiterem Himmel etwas verkündete „ich weiß jetzt auch, welchen Namen ich unserer Tochter gerne geben möchte“ ließ sie die andere wissen und löste sich sanft von ihr. Marlene ahnte bereits um welchen Namen es sich handeln könnte, ließ die Brünette aber weiter reden „wenn Du nichts dagegen hast, würde ich sie gerne Madeleine nennen. Ich weiß, es ist ein bisschen altmodisch den Kindern die Namen der Großeltern zu geben, aber ich finde den Namen sehr schön und es fühlt sich einfach richtig an. Außerdem glaube ich, dass meine Mama sich sehr darüber gefreut hätte, und so bleibt sie wirklich immer ein Teil in unserem Leben und in dem ihrer Enkelin.“ Sie schaute ihre Frau abwartend an, die ein nachdenkliches Gesicht machte „Madeleine von Lahnstein. Ich finde, das klingt toll und natürlich bin ich damit einverstanden. Das ist eine sehr schöne Idee“ stimmte sie fröhlich zu und bekam dafür sogleich mehrere Küsse von der erleichterten Gräfin. Marlene beugte sich hinunter und legte beide Hände auf Rebeccas Bauch „hast Du das gehört, kleiner Mini-Flipper, ab heute heißt Du offiziell Madeleine“ sagte sie und platzierte einen sanften Kuss auf dem rundlichen Babybauch. Rebecca lachte und zog sie wieder zu sich nach oben „Du bist eine kleine Spinnerin, weißt Du das? Aber die süßeste und wunderbarste, die es gibt“ erklärte sie glücklich „sei froh, dass ich spinne, sonst hätte ich mich vermutlich niemals in Dich verliebt, Du kleiner Querkopf. Und dabei war das das Beste, was mir passieren konnte“ erwiderte sie lächelnd und suchte erneut die Lippen der anderen, um sich zärtlich mit ihnen zu vereinen.

Als Karsten im Krankenhaus ankam, war er so außer Atem, dass eine Schwester sich seiner annahm, weil sie befürchtete, dass er jeden Moment zusammenbrechen würde „geht es Ihnen gut? Haben Sie Schmerzen?“ erkundigte sie sich besorgt, doch er schüttelte nur den Kopf „mein Bruder...er hatte...da war ein Autounfall...ich muss sofort zu ihm...“ keuchte er sichtbar aufgewühlt. Die Schwester griff nach seinem Arm und führte ihn zu einem der Plätze im Wartebereich „Sie müssen sich erst mal beruhigen“ sagte sie mit sanfter Stimme und reichte ihm anschließend einen Becher Wasser „trinken Sie das und dann atmen Sie ein paar Mal tief durch.“ Karsten tat wie geheißen und wurde tatsächlich ein wenig ruhiger „danke“ erwiderte er leise und gab ihr den Becher zurück „können Sie mich jetzt bitte zu meinem Bruder bringen?“ Die junge Frau sah ihn mitfühlend an „wie ist denn sein Name?“ wollte sie wissen „Lukas...Lukas Berger“ entgegnete er und fühlte wie erneut Panik in ihm aufstieg „ich werde mich erkundigen. Warten Sie bitte hier, in Ordnung?“ Karsten nickte stumm und lehnte seinen Kopf gegen die Wand, doch kaum, dass er zur Ruhe kam, tauchten fürchterliche Bilder vor seinem geistigen Auge auf, weshalb er abrupt von seinem Platz aufsprang und anfing unruhig auf und ab zu laufen. „Herr Berger?“ hörte er eine männliche Stimme hinter sich und drehte sich um „ja, der bin ich! Wissen Sie, wie es meinem Bruder geht?“ fragte er und erkannte erst jetzt den Arzt wieder, dem er schon damals begegnet war, als er Rebecca von Lahnstein hatte besuchen wollen. Auch Ricardo wusste, wen er vor sich hatte, doch er war professionell genug, sich nichts anmerken zu lassen „ich habe Ihren Bruder operiert. Er hat großes Glück gehabt, dass sehr schnell Hilfe vor Ort war und befindet sich nicht länger in Lebensgefahr. Er wird ein paar Tage hier bleiben müssen, aber wie es aussieht, ist mit keinen langfristigen Schäden zu rechnen. Er befindet sich noch im Aufwachraum, aber Sie können zu ihm, wenn Sie möchten.“ Karsten schossen Tränen der Erleichterung in die Augen, als ihm bewusst wurde, dass er seinen Bruder nicht verloren hatte „ja, bitte. Ich möchte bei ihm sein, wenn er aufwacht“ erwiderte er und folgte Ricardo zu den Aufwachräumen.

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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:09 
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Teil 364:

Sebastian war gerade dabei sich seine Krawatte zu binden, als es an der Tür klopfte und Marie die Suite betrat „bist Du alleine?“ fragte sie und schaute sich suchend um „ja, bin ich. Schön Dich zu sehen“ erwiderte er und ließ von der Krawatte ab. Er ging auf sie zu und wollte sie küssen, doch sie wich zurück „ich dachte, dass Helena vielleicht hier wäre“ bemerkte sie und griff nach seiner Krawatte, um sie zu Ende zu binden. Der Graf kräuselte die Stirn „wieso sollte sie denn hier sein? Sie ist doch noch auf dieser Studienfahrt, oder nicht?“ hakte er nach und bewies damit einmal mehr, dass er gerade nichts um sich herum wirklich wahrnahm „nein, ist sie nicht. Sie ist seit gestern zurück und sie hat sich von Lukas getrennt. Ich wollte nach ihr sehen und habe mich gewundert, dass sie nicht auf ihrer Suite war, also dachte ich, dass sie vielleicht bei Dir ist.“ Sebastian ließ die Information sacken und blickte seine Freundin irritiert an „weiß Du auch, warum?“ wollte er wissen, woraufhin sie nur mit den Schultern zuckte „naja, das spielt auch eigentlich keine Rolle, sie wird schon ihre Gründe haben. Ehrlich gesagt ist es vielleicht sogar besser so, die Berger Brüder haben bislang nur Unglück über unsere Familie gebracht. Ich bin wirklich froh, wenn der Prozess endlich vorbei ist und wir dieses Kapitel abschließen können. Auch für Helena kann das ein Neuanfang sein, ich war von Anfang an skeptisch, ob das gut gehen kann mit Lukas und ihr. Immerhin hat sein Bruder unseren Bruder auf dem Gewissen, das kann man nicht einfach ausblenden, auch wenn man es sich noch so sehr wünscht. Schließlich war Tristan nicht irgendjemand, sondern ihr Zwilling. Die beiden waren unzertrennlich...bis dieser Mistkerl kam und alles zerstört hat“ erklärte er verbittert. Marie seufzte schwer, sie vermochte sich nicht einmal ansatzweise vorzustellen, wie ihr Freund reagieren würde, wenn er von Helenas Seitensprung mit Karsten wüsste. „Lukas ist ein feiner Kerl und er hat Deine Schwester sehr glücklich gemacht, aber das siehst Du natürlich nicht, weil Du immer noch zerfressen bist von Deiner Verbitterung Karsten Berger gegenüber. Genauso ist es doch mit diesem Sorgerechtsstreit. Du steigerst Dich da hinein, arbeitest wie ein Versessener daran, Tanjas Glaubwürdigkeit zu widerlegen und siehst nichts anderes mehr. Langsam erkenne ich Dich nicht mehr wieder, Sebastian. Deine Familie war Dir immer wichtig, aber im Moment droht hier wirklich alles auseinander zu brechen und Dich interessiert es nicht einmal. Unsere Beziehung geht langsam aber sicher vor die Hunde und Du registrierst es nicht. Merkst Du denn wirklich nicht, was gerade um Dich herum passiert?“ fragte sie aufgewühlt und diesmal war es ihr egal, ob sie ihm damit vielleicht Unrecht tat. Zu Vieles hatte sich angestaut, zu oft hatte er sie in letzter Zeit vor den Kopf gestoßen und ihr das Gefühl gegeben, außen vor zu stehen. Sebastian fuhr sich mit der Hand durch die Haare und starrte sie ungläubig an „findest Du das nicht etwas unfair? Mir vorzuwerfen, dass mir meine Familie nicht mehr wichtig ist. Für wen mache ich das denn alles? Ich will, dass der Mörder meines Bruders seine gerechte Strafe bekommt und ich kämpfe darum, dass man mir meine Tochter nicht weg nimmt! Was ist daran falsch? Es tut mir wirklich leid, dass Helena gerade Probleme hat, aber die habe ich auch und zwar zu genüge! Und anstatt mir eine Stütze zu sein und mir beizustehen, ziehst Du in eine andere Suite, kokettierst mit meinem Cousin und machst mir jetzt auch noch Vorwürfe. Vielen Dank, Marie, Du bist mir wirklich eine große Hilfe!“ schoss er nicht weniger aufgebracht zurück. Die Blondine konnte es nicht fassen und traute ihren Ohren kaum „ich habe wenigstens versucht Dir zu helfen und Dir den Rücken freizuhalten, während Du mich im Stich gelassen hast, als ich Dich an meiner Seite gebraucht hätte. Aber bitte, bieg es Dir ruhig so zurecht, wie Du es brauchst und stell mich als die böse Freundin hin. Hauptsache Du glaubst noch an das, was Du da von Dir gibst“ erwiderte sie und wandte sich von ihm ab „vielleicht sollte ich Rebecca und Marlene doch davon abraten wieder aufs Schloss zu ziehen...ach, das weißt Du ja sicherlich auch noch gar nicht. Macht nichts, denn selbst wenn sie schon hier wohnen würden, würdest Du es wahrscheinlich nicht mal mitbekommen.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen und schloss geräuschvoll die Tür hinter sich. Der Graf blieb verdattert zurück und fragte sich einmal mehr, wann sein Leben endlich wieder normale Züge annehmen würde, und ob es nach all dem Ärger überhaupt wieder so sein würde, wie zuvor.

Als Lukas an diesem Morgen erwachte, war das erste was er verspürte, ein fürchterlicher Durst. Er drehte vorsichtig den Kopf zur Seite und erblickte seinen Bruder, der an seinem Bett saß, den Kopf auf die Hände gestützt und der ihn aus geröteten Augen ansah „hey, da bist Du ja wieder“ bemerke Karsten erleichtert. Lukas wollte etwas antworten, doch bei dem Versuch kam nur ein merkwürdiges Krächzen heraus „möchtest Du etwas Wasser trinken?“ fragte der Ältere, woraufhin der andere nickte. Karsten füllte ein Glas mit Wasser und half seinem Bruder sich leicht aufzurichten, damit er davon trinken konnte „danke“ sagte Lukas und diesmal konnte man es gut verstehen. Karsten setzte sich wieder und legte seine Hand in den Nacken des Jüngeren „Du hast mir einen tierischen Schrecken eingejagt. Tu das bitte nie wieder, okay? Wie konntest Du denn einfach so auf die Straße laufen? Du bist doch sonst so vorsichtig“ wollte er wissen und erkannte den Schmerz in Lukas´ Gesicht „ich war einfach nicht bei mir...wegen Helena...“ Karsten wurde sofort hellhörig „wieso, was ist denn mit ihr?“ hakte er alarmiert nach. Lukas war anzusehen, wie schwer es ihm fiel, die Worte über die Lippen zu bekommen „sie hat mich...betrogen. Sie sagt, dass sie sich selbst nicht verzeihen kann...und dass ich was Besseres verdient habe als sie. Kannst Du Dir das vorstellen? Alles zwischen uns war gut...und dann fährt sie einfach weg...kommt wieder und macht Schluss, einfach so. Ich verstehe das nicht, ich verstehe das alles einfach nicht“ erklärte er mit brüchiger Stimme, während sich Tränen in seinen Augen sammelten. Karstens Herz setzte aus, als ihm die ganze Tragweite dessen, was er gerade erfahren hatte, bewusst wurde. Ekel und Wut stiegen in ihm auf, die sich gegen ihn selbst richteten und er schwor sich in diesem Moment, dass er es wieder gut machen musste. Das Schlimme war nur, dass er nicht wusste wie und dass er seinem Bruder nach wie vor nicht in die Augen sehen konnte, ohne sich dabei elend zu fühlen. Jetzt noch viel mehr, als zuvor. Lukas blickte ihn erschöpft an „wieso tut sie mir das an? Ich dachte sie liebt mich...so, wie ich sie liebe. Vom ersten Moment an habe ich gespürt, dass da was ganz Besonderes zwischen uns ist. Dass sie etwas Besonderes ist...ich kann mich doch nicht so geirrt haben“ sagte er verzweifelt. Karsten durchlitt Höllenqualen von denen sein Bruder nichts ahnte und versuchte irgendwie die Fassung zu wahren „Helena liebt Dich, das weiß ich. Gib nicht einfach auf. Ich bin mir sicher, dass Ihr das wieder hinbekommt“ erwiderte er und fühlte sich dennoch wie ein Verräter, obwohl er es wirklich ernst meinte. Lukas rieb sich die feuchten Augen und versuchte stark zu sein „ich bin froh, dass Du da bist“ sagte er und deutete auf die Schublade „und Du bist der erste, der sich auf diesem tollen Gips verewigen darf. Da drin liegt ein Stift. Aber keine blöden Sprüche, sonst gibt es Ärger“ mahnte er den anderen. Karsten kannte seinen kleinen Bruder gut genug um zu wissen, dass er gerade versuchte ihn davon zu überzeugen, dass er schon zurecht kam, damit er sich keine Sorgen um ihn machte. Ihm wurde erneut schlecht, wenn er daran dachte, was er getan und was er dadurch womöglich alles zerstört hatte und griff mit leicht zitterigen Fingern nach dem Stift, um seinem Bruder einen blöden Spruch auf das Gipsbein zu schreiben.

„Okay, und Du bist Dir auch nach wie vor ganz sicher, dass wir zurück zu Deiner durchgeknallten Familie aufs Schloss ziehen wollen? Wenn nicht, dann wäre jetzt der richtige Moment, um es noch zu verhindern...bevor ich die Nummer dieses Umzugsunternehmens wähle“ rief Marlene ihrer Frau zu, die noch dabei war sich anzuziehen. Als sie fertig war, kam sie aus dem Bad und blieb in der Tür zum Schlafzimmer stehen „also, ich bin mir sicher und wenn Du es Dir nicht anders überlegt hast, dann solltest Du da ruhig anrufen und einen Termin ausmachen“ erwiderte Rebecca und schickte ein „kann ich so gehen?“ hinterher, wobei sie sich einmal um die eigene Achse drehte. Marlene stand auf und ging lächelnd auf sie zu „das kommt ganz darauf an, wohin Du gehen willst und mit wem Du Dich triffst“ bemerkte sie und betrachtete ihre hübsche Frau „denn eigentlich siehst Du viel zu gut aus, als dass ich Dich alleine losziehen lassen könnte.“ Die junge Gräfin lachte „das ist gut, dann ist es genau richtig für das, was ich vorhabe“ erklärte sie zufrieden und gab der Blondine einen Kuss „sollte ich an dieser Stelle besser eifersüchtig werden?“ hakte Marlene nach und zog eine Augenbraue hoch. Rebecca lachte erneut und umfasste die Taille der anderen „Du bist zwar sehr süß, wenn Du eifersüchtig bist, aber nein, musst Du nicht. Juri und ich haben heute einen sehr wichtigen Geschäftstermin, von dem einiges abhängt. Und da kann es ja nicht schaden, wenn man seinem Glück ein wenig auf die Sprünge hilft und schon mal einen Teil seiner neuen Kollektion vorführt“ erklärte sie zwinkernd. Marlene grinste „Du bist ganz schön pfiffig, Frau von Lahnstein und wenn der Rest Eurer Kollektion nur halb so gut ist, wie das, dann wird Visions schon bald in jeder Munde sein. Du hast also meinen Segen, aber nur für heute und nur, wenn ich Dich nachher höchst persönlich aus diesen schicken Sachen heraus schälen darf“ bemerkte sie leicht anzüglich „DEAL“ bestätigte Rebecca amüsiert, gab ihr noch einen Kuss und machte sich dann auf den Weg zur Arbeit.

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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:15 
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Teil 365:

Helena, Ansgar und Marie saßen zusammen im Esszimmer, als Justus ein wenig verlegen den Raum betrat „verzeihen Sie bitte die Störung, aber Herr Berger wünscht dringend Gräfin Helena zu sprechen“ teilte er den Anwesenden mit „Lukas ist hier?“ fragte die Gräfin überrascht, da sie nicht damit gerechnet hatte, dass er sie so schnell aufsuchen würde, nachdem sie ihm das Herz gebrochen hatte. Der Butler schüttelte den Kopf „der andere Herr Berger“ erklärte er, woraufhin Helena die restliche Farbe aus dem Gesicht wich „sagen Sie ihm, dass ich nicht zu sprechen bin“ erwiderte sie knapp, aber Justus kam nicht mehr dazu, da Karsten sich an ihm vorbei drängte „was erlauben Sie sich?“ echauffierte der Butler sich und packte den Mann am Kragen. Karsten wusste, dass er nicht viel Zeit haben würde, um sich zu erklären und platzte direkt mit der Nachricht heraus „Lukas liegt im Krankenhaus! Bitte hör mir einen Moment zu, Helena.“ Die Brünette stand abrupt auf „lassen Sie ihn los, Justus! Sie können sich zurückziehen“ wies sie den Butler an, der daraufhin widerwillig das Feld räumte „was ist mit Lukas? Wieso ist er im Krankenhaus?“ Karsten machte ein betretenes Gesicht „er ist gestern von einem Auto angefahren worden, weil er einfach über die Straße gelaufen ist. Zum Glück kam schnell Hilfe...er hat einiges abbekommen, aber es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Zumindest was die körperlichen Verletzungen angeht...“ erklärte er und blickte Helena direkt in die Augen, die entsetzt die Hand vor den Mund geschlagen hatte. Ansgar verstand die Aufregung nicht „tja, beim nächsten Mal wird er wohl drei mal gucken, bevor er über die Straße geht“ bemerkte er leicht zynisch und fing sich dafür einen bösen Blick von Marie ein, die ehrlich betroffen war „das war mehr als unpassend. Ich glaube, wir lassen die beiden mal einen Moment alleine“ sagte sie und zog ihn mit sich nach draußen, da er keine Anstalten machte von selbst aufzustehen. Helena war noch immer ganz benommen von der Nachricht und wich dem bohrenden Blick ihres Gegenübers aus, indem sie den Kopf senkte „warum hast Du das getan? Wieso musstest Du Dich denn gleich von ihm trennen? Lukas ist fix und fertig, er versteht die Welt nicht mehr! Wie sollte er auch, wo Du ihm ja nur die halbe Wahrheit gesagt hast“ bemerkte er vorwurfsvoll, was die Gräfin wütend machte „glaubst Du, mir ist das leicht gefallen? Was hätte ich denn tun sollen? Ihm sagen, dass ich mit seinem Bruder im Bett war? Es reicht doch schon, dass ich unsere Beziehung zerstört habe, soll ich ihm jetzt auch noch seine Familie nehmen? Lukas hat doch nur noch Dich, willst Du wirklich, dass er es erfährt und uns beide danach hasst? Ich fühle mich schon elend genug, auch ohne Deine Vorwürfe! Du solltest froh sein, dass ich es ihm nicht gesagt habe, sonst hättest Du jetzt nämlich keinen Bruder mehr. Außerdem braucht Lukas Dich jetzt…mehr denn je.“ Sie wandte sich von ihm ab, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte, doch Karsten packte sie am Arm und zwang sie sich wieder umzudrehen „falsch, was er wirklich braucht, bist DU! Wie stellst Du Dir das denn vor? Soll ich ihn einfach immer weiter anlügen? Es ist einfach sich aus allem raus zu ziehen, Helena, aber ich kann das nicht. Ich muss ihm weiter ins Gesicht lügen, jeden verdammten Tag! Ich versuche ihn zu trösten, weil er darunter leidet, dass er Dich verloren hat, obwohl ich mit dafür verantwortlich bin. Weißt Du eigentlich, wie sich das anfühlt? Du kannst ihn nicht einfach so abservieren, das hat er nicht verdient! Bitte rede noch mal mit ihm...bitte, Helena, das bist Du ihm schuldig. Wir beide sind es ihm schuldig.“ Während seines Appells war sein Griff fester geworden, seine Augen fixierten die ihren, sie hatte keine Chance sich ihm zu entziehen „wir können es ihm nicht sagen...es wird ihm das Herz raus reißen, verstehst Du das denn nicht? Ich kann ihm das nicht antun. Wie soll ich es denn erklären? Ich weiß doch selbst nicht, wie es so weit kommen konnte. Wenn er erfährt, dass die beiden Menschen, denen er am meisten vertraut hat, ihn hintergangen haben, dann hat er niemanden mehr, Karsten. Willst Du das wirklich? Müssen wir seinen Schmerz noch größer machen, als er ohnehin schon ist? Mich wird er irgendwann vergessen...und dann wird er eine Frau finden, die ihn glücklich macht, wie er es verdient“ sagte sie mit erstickter Stimme, fast so, als bereiteten die Worte ihr Schmerzen. Tatsächlich war der Gedanke, dass eine andere Frau Lukas glücklich machen könnte, unerträglich für Helena, doch erschien es ihr als gerechte Strafe für das, was sie getan hatte „ich weiß nicht mehr, was richtig ist“ gab Karsten schließlich zu und ließ von ihr ab „ich weiß nur, dass ich will, dass mein Bruder wieder glücklich ist. Er liebt Dich, und wenn Du ihm begreiflich machen kannst, dass es...nichts zu bedeuten hatte, dann wird er Dir verzeihen. Du musst es wenigstens versuchen, Helena und egal, was Du ihm erzählst, ich werde Dir nicht dazwischen funken. Wenn es der einzige Weg ist, damit alles wieder gut wird, dann bin ich bereit zu schweigen.“ Helena sah ihn aus müden Augen an, und plötzlich hatte sie das Bedürfnis sich einfach in seine Arme zu werfen, doch sie tat es natürlich nicht „ich muss darüber nachdenken“ erwiderte sie leise und verließ ohne ein weiteres Wort den Saal.

„Wow, das lief echt super, oder? Der Typ hat uns regelrecht aus der Hand gefressen. Ich bin mir sicher, dass da soeben der erste Großkunde von Visions durch die Tür gegangen ist“ plapperte Rebecca munter drauf los, die sichtbar erleichtert war, ob des erfolgreichen Gespräches. Sie holte ein paar Gläser aus dem Schrank und bat Martha den Rest der Belegschaft zusammen zu rufen „darauf sollten wir unbedingt anstoßen“ verkündete sie fröhlich und boxte leicht gegen Juris Schulter, als dieser keine Reaktion zeigte „hey, Du alter Brummbär, jetzt freu Dich doch mal ein bisschen mit. Oder hast Du etwa Zweifel, dass wir den Zuschlag bekommen?“ Der Designer zuckte kurz zusammen, als ihm bewusst wurde, dass er seine Partnerin die ganze Zeit angestarrt hatte „ähm, was?“ fragte er irritiert und schaute sie etwas hilflos an „ob Du noch Zweifel hast? Mensch, Juri, was ist denn los? Du bist schon die ganze Zeit so...abgelenkt.“ Juri stand auf, um ein wenig Abstand zu gewinnen und versuchte seine verwirrenden Gefühle zu kontrollieren, die ihm zu schaffen machten, seit Rebecca am Morgen das Label betreten hatte. Sie trug eines der Kleider, was sie gemeinsam entworfen hatten und trotz ihrer Schwangerschaft, oder vielleicht auch gerade deshalb, sah sie umwerfend darin aus. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie jemals so gestrahlt hatte, ihre großen Augen leuchteten noch heller als sonst und alles an ihr erschien ihm plötzlich irgendwie anmutig. Er hatte sich kaum auf den Termin konzentrieren können, seine Blicke waren immer wieder abgeschweift, um die schöne Brünette zu beobachten, die voller Leidenschaft und Inbrunst von ihrer ersten gemeinsamen Kollektion sprach, und den potentiellen Kunden innerhalb kurzer Zeit für sich gewonnen hatte. Juri konnte es verstehen, an diesem Tag wäre wohl jeder Mann ihrem Charme und ihrer Ausstrahlung erlegen. Er fragte sich, woran es lag, dass Rebecca in letzter Zeit eine solche Leichtigkeit ausstrahlte und wollte ihr gerade antworten, als erneut dieses zauberhafte Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. Die junge Gräfin drückte ihm die Flasche Champagner in die Hand „kümmerst Du Dich bitte darum?“ sagte sie und lief ihrer Frau entgegen, die gerade zur Tür herein gekommen war. Marlene hielt eine einzelne Rose in der Hand, die sie unterwegs hatte auftreiben können „und, was habe ich gesagt? In dem Outfit war alles andere nur noch Formsache“ flötete sie „Du solltest nicht von Dir auf andere schließen, mein Schatz“ erwiderte Rebecca amüsiert. Sie umarmte die Blondine und gab ihr einen Kuss „für mich? Das ist ja süß“ sagte sie, als Marlene ihr die Rose reichte „falsch, DAS ist eine Blume. Süß bist nur DU“ konterte die Blonde grinsend, was Juri dazu veranlasste die Augen zu verdrehen. Er schüttelte mit Absicht die Champagner Flasche, was dafür sorgte, dass der Korken mit ziemlich viel Schmackes Richtung Decke flog. Die beiden Frauen zuckten erschrocken zusammen „na, das habe ich aber auch schon eleganter gesehen“ bemerkte die Clubbesitzerin „tja, ich bin eben Designer und kein Barkeeper“ brummte er und stellte die Flasche auf den Tisch. Inzwischen waren auch die anderen Mitarbeiterinnen erschienen und ließen sich von Rebecca auf Stand bringen, die die Gelegenheit nutzte, um sich zu bedanken „ohne Euch wäre das alles nicht möglich gewesen und ich weiß, dass wir gemeinsam noch sehr viel mehr schaffen werden. Heute sind wir einen entscheidenden Schritt weiter gekommen, und nach der großen Fashion Show wird sich zeigen, ob Visions mit den führenden Modelabels mithalten kann. Wir sind guter Dinge und möchten Euch unseren Dank aussprechen, für Euer Engagement, Eure Zeit und für Euer Vertrauen“ erklärte sie und hob ihr Glas in die Höhe. Die Anwesenden klatschten erfreut in die Hände und ließen sich den Champagner schmecken „Du hättest ruhig auch ein paar Worte verlieren dürfen“ flüstere die Gräfin ihrem Partner zu „wieso, Du hast doch alles gesagt“ entgegnete er gewohnt knapp, was Rebecca zum Lachen brachte. „Hab ich Dir eigentlich schon mal gesagt, dass ich sehr gerne mit Dir zusammen arbeite? Und das, obwohl Du echt ein komischer Kauz bist“ foppte sie ihn, was Juri tatsächlich ein leicht verschämtes Lächeln entlockte „nö, hast Du nicht. Aber es war mir trotzdem klar“ bemerkte er betont cool und ließ sein Glas gegen ihres klirren, wobei er ihr einen Moment zu lang in die Augen sah. Zwar fing er sich recht schnell wieder, doch Marlene hatte die beiden beobachtet, und ihr gefielt nicht, was sie sah. Sie schloss zu ihnen auf und nahm Rebecca zur Seite „was dagegen, wenn ich Dich jetzt mit nach Hause nehme? Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir zwei einen Deal und Du hast Deinen Teil noch nicht eingelöst“ sagte sie leise, aber gerade laut genug, dass Juri es hören konnte. Sie glaubte zu erkennen, dass er die Zähne etwas zu fest aufeinander presste, aber vielleicht bildetet sie sich das auch nur ein. Rebecca trank schnell ihren Orangensaft aus und lächelte schelmisch „als ehrliche Geschäftsfrau stehe ich natürlich zu meinem Wort“ säuselte sie, drückte Juri einen flüchtigen Kuss auf die Wange und nahm die angebotene Hand ihrer Frau. Sie verabschiedeten sich von den anderen, bevor sie gemeinsam das Label verließen, und auch Juri zog sich zurück, um in Ruhe über das nachzudenken, was gerade mit ihm passierte. Er kam schnell zu dem Entschluss, dass es nicht gut war und doch fühlte es sich auf sonderbare Weise richtig an. Er holte seine Geldbörse aus der Tasche, zog etwas aus dem hinteren Fach und betrachtete stumm das Bild, das er seit einigen Wochen immer bei sich trug.

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Teil 366:

Sie klopfte zaghaft an die Tür mit der Zimmernummer 112, während ihr Herz aufgeregt pochte und ihre Hände erneut anfingen zu zittern. Viele Minuten hatte sie nun schon vor der Tür gestanden und schließlich allen Mut zusammen genommen, den sie aufbringen konnte, um den schweren Schritt zu gehen. Denn obwohl alle ihr immer wieder versichert hatten, dass sie keine Schuld an dem Unfall traf, konnte sie nicht aufhören sich Vorwürfe zu machen. Der Schreck saß noch immer spürbar tief und sie fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sie jemals wieder Auto fahren konnte, ohne von diesem unguten Gefühl begleitet zu sein. Als sie ein dumpfes „herein“ hörte, drückte sie langsam die Klinke herunter und betrat vorsichtig den Raum „entschuldigen Sie bitte die Störung...“ sagte sie leise „ist es in Ordnung, wenn ich eintrete?“ Lukas setzte sich auf und schaute sie irritiert an „natürlich...aber Sie sehen nicht aus, wie eine Schwester“ stellte er fest, woraufhin sie leicht verschämt lächelte „nein, leider bin ich auch keine“ erwiderte sie und stellte sich zu ihm ans Bett. Sie hielt einen Blumenstrauß in den Händen und deutete auf die leere Vase, die auf dem Besuchertisch stand „darf ich?“ erkundigte sie sich, was er mit einem Nicken bestätigte „danke, das ist sehr nett“ bemerkte er und ahnte inzwischen, was es mit der freundlichen Besucherin auf sich hatte. Die junge Frau schien ganz froh darüber zu sein, dass sie sich mit den Blumen beschäftigen konnte, denn als sie wieder vor ihm stand, wirkte sie plötzlich sehr unsicher „es tut mir leid, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt...ich bin wirklich unhöflich“ erklärte sie und reichte ihm zögerlich die Hand. Lukas ergriff sie ohne zu zögern und schenkte ihr ein warmes Lächeln „es ist nicht Ihre Schuld“ sagte er und erkannte die Bestürzung in ihrem Gesicht, das genauso müde wirkte, wie er sich selbst fühlte. Die junge Frau seufzte, es wunderte sie nicht, dass er sie sofort durchschaut hatte, das schlechte Gewissen stand ihr wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben „es ist nett, dass Sie das sagen, aber ich bin gefahren und ich habe zu spät reagiert. Vielleicht habe ich mich zu sehr von meinem Sohn ablenken lassen, oder ich war nicht konzentriert genug...Jedenfalls bin ich hier, um mich bei Ihnen zu entschuldigen und ich bin wirklich sehr erleichtert, dass Ihnen nicht noch Schlimmeres passiert ist. Also es ist natürlich schon schlimm genug, aber ich meine, es hätte ja noch sehr viel böser ausgehen können...als ich Sie da liegen sah, auf dem Boden...und überall war Blut...es tut mir wirklich fürchterlich leid...“ wiederholte sie aufgewühlt ihre Entschuldigung und fasste sich benommen an den Hals, wo sie ihren schneller werdenden Pulsschlag fühlen konnte. Lukas setzte sich auf den Rand seines Bettes und schüttelte den Kopf „ich bin es, der sich entschuldigen muss“ sagte er und begegnete ihrem überraschten Blick „ich bin über die Straße gelaufen, ohne auf den Verkehr zu achten. Es war dunkel, es hat geregnet und ich trug dunkle Klamotten. Sie hatten keine Chance mich rechtzeitig zu sehen und dann noch zu reagieren, das hätte niemand fertig gebracht. Es war unverantwortlich von mir, denn Sie hatten ein Kind im Auto und abgesehen davon, dass auch Sie hätten verletzt werden können, sollte ein Kind nicht Zeuge eines solchen Unfalls werden. Dafür möchte ich Sie um Verzeihung bitten und ich hoffe, dass Sie meine Entschuldigung annehmen können.“ Die Brünette nickte und wagte ein zaghaftes Lächeln „natürlich kann ich das...wenn Sie im Gegenzug auch meine Entschuldigung annehmen“ erwiderte sie und Lukas erkannte, wie wichtig es für sie war „das würde ich gerne, aber ich fürchte, das geht leider nicht“ erklärte er, und musste lachen, als er ihr entsetztes Gesicht sah „jedenfalls nicht, was den Unfall angeht, aber dass Sie sich immer noch nicht vorgestellt haben, ist wirklich ein starkes Stück. Wenn Sie das sofort nachholen, bin ich allerdings bereit es noch einmal zu entschuldigen.“ Aus dem Entsetzen wurde Erleichterung und die junge Frau atmete hörbar aus, als sie ihm erneut die Hand gab „Katja Fink“ stelle sie sich vor „Lukas Berger, sehr angenehm“ erwiderte er mit einem Zwinkern und brachte sie damit zum Lachen. Es war eine regelrechte Befreiung für die junge Mutter, die nicht erwartet hatte, dass der Tag eine solch gute Wendung nehmen würde „danke“ sagte sie leise, da ging die Tür auf und ein kleiner Junge stürmte ins Zimmer „Mama, ich habe gerade einen Mann gesehen, der nur ein Bein hatte!“ berichtete er aufgeregt und klammerte sich an seine Mutter. Lukas merkte, dass der Kleine sein Gipsbein anstarrte und grinste „also ich habe zum Glück noch beide Beine, das eine ist nur gut verpackt“ bemerkte er und kramte den Stift aus der Schublade hervor „hast Du Lust, mir was auf den Gips zu malen?“ Ben schaute fragend zu seiner Mutter auf „mach ruhig, Du kannst doch so schön malen“ ermutigte sie ihren Sohn, der sich daraufhin voller Begeisterung ans Werk machte.

Rebecca erwachte an diesem Morgen mit einem Lächeln, denn das erste was an ihre Ohren drang, war die weiche Stimme ihrer Frau, die wie so oft ein Lied nach dem anderen anstimmte, während sie duschte. Zehn Minuten später kam sie in ein Handtuch gewickelt ins Schlafzimmer und setzte sich zu der Gräfin aufs Bett „guten Morgen, meine Schöne“ sagte sie und hauchte der anderen einen zarten Kuss auf die Lippen „das wollte ich auch gerade sagen“ erwiderte Rebecca grinsend und zog sie wieder zu sich, um das Ganze zu wiederholen. Marlene griff nach den Händen der anderen, die bereits dabei waren sich einen Weg unter das Handtuch zu suchen „ich war gerade duschen“ merkte sie an, was die Brünette mit einem Schulterzucken abtat „ich noch nicht. Und wenn Du lieb bist, darfst Du mir dabei später Gesellschaft leisten“ raunte sie und ließ sich nach hinten sinken, wobei sie ihre Frau mit sich zog. Marlene lachte „Du bist unersättlich. Liegt das eigentlich auch an den Hormonen?“ fragte sie und diesmal stoppte sie Rebeccas Hände nicht „nein, ich glaube eher, das liegt an meiner betörenden, unwiderstehlichen Ehefrau“ ließ sie die Blondine wissen und öffnete das Handtuch. Marlene legte sich vorsichtig auf sie, nahm Rebeccas Hand und führte sie zum Kopfkissen, wo sie auf etwas Hartes stieß „was ist denn da unter dem Kissen?“ bemerkte sie irritiert und hielt ein paar Sekunden später einen Bilderrahmen in der Hand. Rebecca hatte ihn am Abend zuvor unter dem Kissen verschwinden lassen, als Marlene ins Schlafzimmer gekommen war und sah sich nun dem forschendem Blick selbiger ausgesetzt, deren blaue Augen sie wachsam musterten „möchtest Du vielleicht darüber reden?“ fragte sie mit sanfter Stimme, doch die Gräfin hatte anderes im Sinn „fühlt sich das so an, als wollte ich reden?“ erwiderte sie, schmiss den Rahmen auf die andere Bettseite und setzte zu einem Kuss an, doch Marlene spielte nicht mit. Sie entzog sich der anderen und band das Handtuch wieder richtig um „vielleicht wird es langsam Zeit, dass Du mal damit anfängst. Rebecca, seit er gestorben ist, haben wir kaum darüber gesprochen und auf dem Friedhof waren wir auch schon Ewigkeiten nicht mehr. In weniger als zwei Wochen ist der Prozess und ich weiß, dass Du Angst davor hast, aber es wird nicht besser, wenn Du es weiter ignorierst. Warum versteckst Du dieses Bild von Tristan und Dir unter dem Kopfkissen, anstatt mir zu sagen, was Dir durch den Kopf geht?“ wollte sie wissen und nahm das Foto wieder an sich „es ist keine Schande zuzugeben, dass man seinen Bruder vermisst.“ Die junge Gräfin seufzte „nein, aber es ändert auch nichts, oder?“ erwiderte sie abwehrend „das nicht, aber es tut Dir vielleicht gut. Und außerdem fände ich es ganz schön zu wissen, was in Dir vorgeht“ ließ Marlene sie wissen, doch Rebecca reagierte trotzig, wie immer, wenn sie nicht über etwas reden wollte, obwohl es ihr nachweislich zu schaffen machte „was soll mir denn daran gut tun? Mein Bruder ist tot. Er kann seine Kinder nicht aufwachsen sehen, kann nicht miterleben, dass seine kleine Schwester schwanger ist und er kann mir nicht mehr mit seinem Zynismus und seinen fürchterlich nervigen und manchmal arroganten Sprüchen auf die Nerven gehen. Tristan ist weg und er kommt nicht wieder, ganz egal, wie oft ich an ihn denke, oder wie sehr ich ihn mir zurück wünsche. Und an all dem ist nur dieser verfluche Karsten Berger schuld! Ich hoffe, dass er ins Gefängnis muss für das was er getan hat und ich hoffe, dass ich ihn danach nie wieder sehen muss!“ Sie atmete schwer nach ihrem Gefühlsausbruch, der nicht geplant war und konnte nicht verhindern, dass ihr Tränen in die Augen stiegen „siehst Du, das ist der Grund, warum ich nicht darüber reden will, ständig fange ich an zu heulten. Diese Schwangerschaft macht mich total weinerlich...wie soll das denn erst vor Gericht werden? Ich habe keine Lust mich da vor allen zur Idiotin zu machen“ sagte sie und blickte ihre Frau verzweifelt an „ich weiß nicht, ob ich das schaffe, Marlene.“ Die Blondine nahm Rebecca in die Arme und streichelte sanft ihren Nacken, was eine beruhigende Wirkung auf die Gräfin hatte „niemand wird Dich für eine Idiotin halten. Und außerdem bin ich bei Dir, die ganze Zeit. Du schaffst das. Wir schaffen das. Wir beide zusammen“ flüsterte sie und sah der anderen fest in die Augen „okay?“ Rebecca nickte und vergrub ihr Gesicht an Marlenes Hals, wobei ihr Blick wieder auf das Bild fiel. Für einen kurzen Moment erschien es ihr so, als würde Tristan ihr zulächeln, um ihr zu sagen, dass sie aufhören sollte, sich so viele Gedanken zu machen „mach Dich locker, das wird schon werden“ hörte sie ihn sagen und fing erneut zu weinen an.

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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:19 
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Teil 367:

Es war ein warmer Frühlingstag, die Sonne suchte sich ihren Weg durch die immer dünner werdende Wolkendecke und ließ den Schlosspark, dessen Bäume und Pflanzen wunderschöne Blüten trugen, auf märchenhafte Weise erstrahlen. Die Vögel zwitscherten unaufhörlich und es roch nach frisch gemähtem Rasen, ein Duft, den Helena schon immer geliebt hatte. Die Gräfin saß an einem ihrer Lieblingsplätze und blickte auf den Brunnen, dessen Wasser leichte Wellen schlug, nachdem sie zuvor einen Stein hinein geworfen hatte. Schweigend beobachtete sie, wie sich die Oberfläche des Wassers langsam wieder beruhigte und schmiss erneut einen Stein hinein „warum setzt Du Dich nicht?“ fragte sie, ohne sich umzudrehen, denn sie hatte die Anwesenheit des anderen längst gespürt. Ihr Bruder grinste, bevor er sich neben sie auf die Stufe setzte und ebenfalls auf die Wasseroberfläche blickte „wird das jemals aufhören?“ wollte er wissen, und meinte damit ihre besondere Verbindung, die nicht erklärbar, aber immer schon spürbar gewesen war „nein, niemals“ erwiderte die Brünette und warf einen weiteren Stein in den Brunnen. Tristan nickte beruhigt, denn nichts konnte ihm mehr Angst machen, als der Gedanke, dass er jemals die Verbindung zu seiner Zwillingsschwester verlieren könnte „was ist es, das Dich quält?“ fragte er, woraufhin Helena ihm ihr Gesicht zu wandte „wie kommst Du darauf, dass mich etwas quält?“ Tristan deutete auf das Wasser, welches noch immer mit den Nachwirkungen des Steinwurfs zu kämpfen hatte „so bist Du in letzter Zeit auch. Unruhig, mit Dir selbst nicht mehr im Einklang und irgendwie erschüttert“ stellte er fest. Helena betrachtete ihren Bruder nachdenklich und erkannte einmal mehr, wie sehr sie ihn liebte, besonders in Momenten wie diesen, in denen er es schaffte, ihren Gemütszustand zu erfassen und mit wenigen Worten das auszudrücken, was in ihr vorging. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte diese Gabe ihr Angst gemacht, und manchmal hatte es sie sogar gestört, dass Tristan sie teilweise besser kannte, als sie selbst, aber heute war sie dankbar dafür. Es war ein Geschenk, und sie beide hatten gelernt, es als solches anzunehmen und es zu schätzen „ich habe etwas Schreckliches getan, Tristan. Und ich weiß einfach nicht, wie ich weiter machen soll. Ich habe den Mann betrogen, den ich liebe. Und dann habe ich ihn verlassen, aus Angst, ihm jemals die Wahrheit sagen zu müssen. Und Dich habe ich auch verraten, als ich mich mit Karsten Berger eingelassen habe“ erklärte sie leise und senkte beschämt den Kopf, weil sie sich nicht traute ihm länger in die Augen zu sehen. Der junge Graf umfasste sanft ihr Kinn und brachte sie dazu, ihn wieder anzublicken „es gibt keinen Grund sich zu schämen, nicht vor mir, Helena. Du weißt wer ich bin, und Du weißt, dass ich schon Vieles getan habe, worauf ich nicht stolz bin. Aber es gibt eines, auf das ich immer stolz sein werde, und das bist Du und die Tatsache, dass ich immer ein Teil von Dir sein werde. Ganz egal was Du getan hast, oder was Du noch tun wirst, es ändert nichts zwischen uns“ erwiderte er mit weicher Stimme und strich ihr liebevoll eine Haarsträhne zur Seite „nicht weinen, es wird alles gut.“ Die Augen der Gräfin füllten sich dennoch mit Tränen „aber woher weiß ich denn, was richtig ist, wenn alles in mir der reinste Widerspruch ist?“ wollte sie verzweifelt wissen, da deutete ihr Bruder erneut auf das Wasser, dessen Oberfläche inzwischen vollkommen ruhig war „wenn Du soweit bist, wirst Du es wissen. Dann wird auch in Dir wieder Ruhe einkehren. Aber vorher musst Du Dich von Deiner größten Last befreien, damit sie Deine Entscheidung nicht beeinflusst.“ Er stand auf, griff sich den größten Stein, den er finden konnte und zog seine Schwester zu sich nach oben. Anschließend öffnete er ihre Hand, legte behutsam den Stein hinein und legte seine eigene Hand um die von Helena „wir sind immer zwei, vergiss das nicht. Nichts was Du tust, wird daran jemals etwas ändern. Hab bitte keine Angst mehr davor“ sagte er und im nächsten Augenblick holten sie beide aus und warfen den Stein gemeinsam ins Wasser. Helena verstand die Botschaft, Tristan hatte dafür gesorgt, dass sie ihr schlechtes Gewissen, das sie wegen ihres vermeintlichen Verrats an ihm plagte, abgeworfen hatte. Symbolisch mit dem Stein, den sie gemeinsam und für alle Zeit auf dem Grund des Brunnens versenkt hatten. Mit einem erleichterten Lächeln drehte sie sich wieder zu ihm um, weil sie ihn in die Arme schließen wollte, doch Tristan war nicht mehr da. Sie lief durch den Park, rief immer wieder seinen Namen, doch er antwortete nicht. Und dann stand sie plötzlich vor einem Grab. Ängstlich näherte sie sich dem Stein, dessen Aufschrift vor ihren Augen verschwamm, weil die Tränen ihren Blick verschleierten. Helena wischte sich durchs Gesicht, sie wollte es nicht lesen, wollte nicht daran erinnert werden, dass ihr Bruder tot war, und dass er nie wieder mit ihr am Brunnen sitzen würde, außer in ihren Träumen...

Und dann wachte sie auf, mit klopfendem Herzen und stellte fest, dass sie tatsächlich geweint hatte. Helena setzte sich langsam in ihrem Bett auf, es dauerte eine ganze Weile, ehe sie sich gefangen hatte und wieder in der Realität angekommen war. In einer Realität ohne Tristan. Sie griff nach dem Bild, das auf ihrem Nachttisch stand und betrachtete es aufgewühlt, sie hatte schon oft von ihrem Bruder geträumt, aber noch nie hatte sich ein Traum so echt angefühlt. Als wäre Tristan tatsächlich bei ihr gewesen. Helena seufze schwer und fuhr mit den Fingerspitzen über das Foto „wenn Du mir doch bloß ein Zeichen geben könntest, damit ich weiß, dass Du noch immer bei mir bist“ flüsterte sie traurig. Nach ein paar Minuten stellte sie das Bild zur Seite und war fest entschlossen, heute keinen Fuß vor die Tür zu setzen, da nahm sie ein leises Kratzen wahr. Sie glaubte schon es sich nur eingebildet zu haben, da hörte sie es erneut und stand schließlich doch auf, um der Sache nachzugehen. Nachdem sie zunächst im Bad nachgeschaut hatte, lief sie zurück und öffnete die Eingangstür ihrer Suite, doch auch dort war niemand zu sehen „seltsam“ murmelte sie und wolle die Tür bereits wieder schließen, da hörte sie ein Geräusch und blickte erschrocken nach unten. „Jonas, was machst Du denn hier?“ fragte sie überrascht und nahm ihren Neffen auf den Arm „wo ist denn Deine Mama?“ Sie blickte sich irritiert um und entdeckte schließlich Sebastian, der aus seiner Suite gestürzt kam und der sehr erleichtert wirkte, als er die beiden entdeckte „Gott sei Dank, da ist er ja! Ich war etwas länger im Bad, um mich um Sophie zu kümmern und habe ihn solange auf der Decke liegen lassen. Anscheinend hatte ich die Tür nicht ganz zugemacht...ist er etwa bis zu Dir gekrabbelt?“ Helena zuckte mit den Schultern „es scheint fast so“ erwiderte sie und gab Jonas einen Kuss auf die Stirn „wenn Du willst, kümmere ich mich um ihn, während Du Sophie und Emma fertig machst“ bot sie an, was ihr Bruder dankend annahm, der ein wenig überfordert war mit drei Kindern, obwohl er Marie versichert hatte, dass es kein Problem für ihn war, sich ein paar Stunden am Morgen um sie zu kümmern. Als Helena mit Jonas in ihrer Suite war, konnte sie nicht anders, als auf das Bild ihres Bruders zu starren „ich glaube, Dein Papa hat mir gerade ein Zeichen geschickt“ flüsterte sie ihrem Neffen zu, obwohl sie zugeben musste, dass das ziemlich verrückt klang. Trotzdem musste sie plötzlich lächeln und fühlte sich sehr viel besser und stärker, als noch wenige Minuten zuvor „was meinst Du, Jonas? Machen wir beide uns jetzt hübsch und besuchen den Onkel Lukas im Krankenhaus?“ Der kleine Junge brabbelte munter vor sich hin, was Helena lachend als Zustimmung interpretierte. Natürlich waren ihre Probleme noch lange nicht gelöst, aber zum ersten Mal seit langer Zeit hatte Helena das Gefühl, dass sie wieder klar sehen konnte, und dass Tristan ihr noch genauso nahe war, wie früher.

Bei Marlene und Rebecca kehrte langsam Abschiedsstimmung ein, denn ihr Umzug und die damit verbundene Rückkehr nach Königsbrunn rückten immer näher und ließen die beiden Frauen leicht nostalgisch werden „erinnerst Du Dich noch, dass wir uns damals fürchterlich gestritten haben, weil ich hinter Deiner Geheimniskrämerei weiß Gott was vermutet habe? Dabei hattest Du uns heimlich diese Wohnung hier gesucht, um mich damit zu überraschen“ sinnierte die Blondine mit einem Lächeln im Gesicht. Rebecca war in Gedanken noch immer bei dem Gespräch, was sie am Morgen über Tristan geführt hatten, doch nun musste auch sie lachen „und ob ich das noch weiß, Du hast mir eine riesige Szene gemacht und mir unterstellt, dass ich eine Affäre hätte. Ich werde niemals Dein Gesicht vergessen, als Dir klar wurde, dass es sich dabei um den Makler handelte“ erinnerte die Gräfin sich grinsend. Marlene zog eine Grimasse „wie gut, dass Dir so etwas niemals passieren würde, nicht wahr?“ zog sie ihre Frau auf, die ihr daraufhin die Zunge raus streckte „natürlich nicht“ erwiderte sie gespielt unschuldig und biss in ihr Brötchen. Marlene tat es ihr gleich, bis ihr einfiel, dass sie Rebecca noch bezüglich Juri und seines merkwürdigen Verhaltens ansprechen wollte „was ist? Warum guckst Du denn plötzlich so ernst?“ hakte Rebecca nach, doch dann schaute sie auf die Uhr und stand von ihrem Platz auf „Mist, schon so spät, ich muss dringend los“ verkündete sie und gab ihrer Frau einen Kuss „oder musst Du noch was Wichtiges loswerden?“ Die Blondine schüttelte den Kopf „nein, das kann warten. Ich wünsche Dir einen schönen Tag“ sagte sie „dito, bis heute Abend“ erwiderte die Gräfin und küsste die andere erneut, bevor sie eilig die Wohnung verließ.

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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:21 
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Teil 368:

„Ich muss jetzt leider gehen, Sebastian passt auf die Kinder auf, aber er muss gleich in die Holding zu einem Termin“ erklärte Marie und umarmte Lukas zum Abschied „danke, dass Du da warst, das hat mich sehr gefreut“ erwiderte er und widmete sich wieder seiner Fachzeitschrift, nachdem Marie gegangen war. Als es keine zwanzig Minuten später erneut an der Tür klopfte, rechnete Lukas eigentlich damit, dass sein Bruder ihn besuchen würde, doch als er stattdessen die Gräfin erblickte, ließ er die Zeitschrift sinken und blickte sie zögerlich an. Tausend Gedanken stürzten auf ihn ein, während sein Herz augenblicklich schneller schlug „hast Du Dich in der Tür geirrt, oder wie komme ich zu der Ehre?“ fragte er leicht verbittert. „Wenn sie Dich besucht, heißt das, dass Du ihr nicht egal bist. Vielleicht ist es ja doch noch nicht vorbei“ schoss es ihm durch den Kopf, wofür er sich am liebsten selbst geohrfeigt hätte, denn wenn dem so wäre, hätte Helena ihn schon viel eher aufgesucht „Du bist ein Idiot“ dachte er und konzentrierte sich wieder auf seine Ex-Freundin, die noch kein Wort gesprochen hatte. Sie trug Jonas bei sich und sah wunderschön aus, was ihm beinahe den Rest gab „darf ich mich setzen?“ fragte sie, was Lukas mit einem Nicken beantwortete, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte „wie geht es Dir?“
„Bestens“ erwiderte er trocken und versuchte seinen Groll zu zügeln „ich frage mich allerdings immer noch, was Du hier willst? Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, hast Du mit mir Schluss gemacht. Falls das also ein Anstandsbesuch sein soll, kann ich darauf verzichten, Du bist mir nichts schuldig.“ Er wandte sich verletzt von ihr ab, womit das Gespräch beendet war, doch Helena war nicht hergekommen, um so leicht aufzugeben „das hat nichts mit Anstand zu tun, sondern damit, dass ich mir Sorgen um Dich mache. Als ich erfahren habe, dass Du im Krankenhaus bist, wäre ich am liebsten sofort zu Dir geeilt, aber ich habe mich nicht getraut, nachdem ich Dich so sehr verletzt habe. Ich kann verstehen, dass Du fürchterlich enttäuscht und wütend bist, das wäre ich an Deiner Stelle auch, aber Du sollst wissen, dass ich unendlich erleichtert darüber bin, dass Dir nicht noch Schlimmeres passiert ist. Wenn Du nicht mehr da wärst...das könnte ich nicht ertragen, Lukas. Du bist zu einem der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden. Ich will Dich nicht verlieren“ erklärte sie ehrlich und um Fassung bemüht. Lukas traute seinen Ohren kaum und blickte sie verständnislos an „dann hast Du aber eine verdammt komische Art mir das zu zeigen, oder ist es normal, dass Du die Menschen betrügst, die Dir angeblich so wichtig sind? Vor zwei Tagen trennst Du Dich aus heiterem Himmel von mir und jetzt fällt Dir ein, dass Du mich doch nicht verlieren willst? Erkläre mir das, Helena, ich verstehe es nämlich nicht! Warum das alles? Wieso hast Du mit einem anderen geschlafen und wer war dieser Kerl? Hat er Dir was gegeben, was Dir bei mir gefehlt hat? Sag es mir bitte, damit ich wenigstens versuchen kann, es zu verstehen“ forderte er sie aufgebracht auf. Helena bemühte sich ihm in die Augen zu sehen, was ihr in Anbetracht der Halbwahrheiten, die sie ihm gleich auftischen würde, alles andere als leicht fiel „ich weiß, das klingt jetzt abgedroschen, aber das hatte wirklich nichts mit Dir zu tun. Du hast nichts falsch gemacht, es war ganz alleine meine Schuld, weil ich...schwach war. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, als ich mich auf ihn eingelassen habe...mir ist so etwas vorher noch nie passiert, das musst Du mir bitte glauben“ erklärte sie aufgewühlt und mit schlechtem Gewissen „wer ist er?“ verlangte Lukas zu wissen, der sie aufmerksam beobachtet hatte. Die Brünette senkte den Blick „jemand von der Uni, Du kennst ihn nicht...“ log sie und hoffte, dass er nicht noch weiter nachhaken würde „hast Du Gefühle für ihn?“ wollte er wissen, denn allein die Vorstellung zerriss ihn innerlich. Helena hob den Kopf „nein, es war nur...es hatte nichts zu bedeuten“ stammelte sie, doch Lukas war nicht überzeugt „und wieso kannst Du mir dann nicht in die Augen sehen?“ fragte er „weil ich mich schäme“ gestand sie und setzte sich Jonas wieder richtig auf den Schoß, dem es langsam zu langweilig wurde. Eine Zeit lang schwiegen beide, bis Lukas wieder das Wort ergriff „es ist besser, wenn Du jetzt gehst. Ich brauche etwas Zeit für mich“ sagte er und die Gräfin akzeptierte es, auch wenn sie gerne noch bei ihm geblieben wäre „darf ich Dir etwas aufschreiben?“ Sie deutete auf sein Bein, nach kurzem Zögern nickte er skeptisch und nahm ihr für einen Moment Jonas ab „wer sind denn Katja und Ben?“ erkundigte sie sich, während sie anfing zu schreiben „die Frau, der ich vors Auto gelaufen bin und ihr Sohn“ erklärte er knapp, aber Helena war froh, dass er überhaupt mit ihr redete. Als sie fertig war, legte sie den Stift zurück auf den Tisch, nahm ihm Jonas ab und unterdrückte den Impuls ihn einfach zu küssen „dann gehe ich jetzt...Du kannst mich anrufen, wenn Dir danach ist...jederzeit, ganz egal wann“ bot sie an und verließ schließlich schweren Herzens das Zimmer, als mit keiner Antwort mehr zu rechnen war. Lukas presste die Zähne zusammen und beugte sich nach vorn, um zu lesen, was sie auf den Gips geschrieben hatte „Du bist ein ganz besonderer Mensch. Ich liebe Dich. Helena.“ Er spürte, dass seine Augen wässerig wurden und ließ sich zurück aufs Bett sinken „ich liebe Dich auch“ flüsterte er und versuchte angestrengt an etwas anderes zu denken, als an Helena und ihre warmen braunen Augen, die ihn so oft voller Liebe angesehen hatten, doch er schaffte es nicht. In seiner Verzweiflung griff er zum Telefon, um seinen Bruder anzurufen und war froh, als dieser ihm versicherte, später noch vorbei zu kommen.

Marlene betrat mit gemischten Gefühlen das No Limits und setzte sich schweigend an die Bar, wo Josie und Jacky gerade ihre nächsten Schichten besprachen „jetzt müssen wir aufhören zu lästern, die Chefin ist da“ bemerkte die Brünette scherzhaft, doch die Clubbesitzerin zeigte keinerlei Reaktion. Während Josie sich in den Feierabend verabschiedete, zapfte Jacky ein Bier und stellte es vor Marlene ab „Du kannst trinken, oder mit mir reden, aber hör bitte auf so ernst zu gucken, das gibt nur Falten“ erklärte sie, was immerhin dafür sorgte, dass die andere kurz zu ihr auf schaute „ich mag kein Bier“ brummte die Blondine und schob das Glas von sich weg. Jacky grinste „ich weiß, das ist ja der Trick dabei. Du sollst Dich nämlich fürs Reden entscheiden, andernfalls hätte ich Dir ein Glas Champagner hingestellt“ foppte sie ihre Freundin, deren Mundwinkel ein leichtes Lächeln andeuteten „aha, geht doch. Das steht Dir eindeutig besser“ bemerkte die Brünette zufrieden, nahm das Bier und trank einen großen Schluck davon. Marlene blickte sie gespielt tadelnd an „Alkohol trinken während der Arbeitszeit? Ist das nicht ein Kündigungsgrund?“ fragte sie, woraufhin Jacky sich provokant zu ihr beugte „ich habe einen guten Draht zur Chefin“ flötete sie „und jetzt sag mir endlich, was Dir für eine Laus über die Leber gelaufen ist.“ Marlene seufzte „ach, es ist wegen dem geplanten Umbau. Im Prinzip sieht alles ganz gut aus, die finanzielle Lage des Clubs ließe eine vorübergehende Schließung zu und auch eine Kreditaufstockung scheint kein Problem zu sein“ teilte sie ihrer Mitarbeiterin mit „das klingt doch super! Worüber grübelst Du denn dann noch nach?“ Marlene machte ein geknicktes Gesicht „ich grübele darüber nach, wie ich das alles ohne Geschäftsführerin bewerkstelligen soll. Dana hat mir heute erzählt, dass sie die Möglichkeit hat zukünftig Reitstunden zu geben. Es ist zwar keine Vollzeitstelle, aber sie hatte ohnehin vor weniger zu arbeiten, um mehr Zeit für Lara zu haben und außerdem liebt sie die Arbeit mit Pferden. Für sie war der Job hier mehr ein Kompromiss, aber ich habe insgeheim gehofft, dass es ihr irgendwann auch mehr bedeuten würde. Jedenfalls wirft mich das um einiges zurück, denn ich brauche dringend jemanden, der neben mir Entscheidungen treffen kann und der mir ein bisschen den Rücken frei hält. Es kommt noch so vieles auf Rebecca und mich zu..., aber ich will den Umbau auch nicht weiter aufschieben, damit wir im Sommer die Wiedereröffnung feiern können, doch jetzt auf die schnelle irgendjemanden einstellen und ihm dann gleich so ein Projekt anvertrauen, das kommt auch nicht in Frage“ erklärte sie resigniert und trank nun doch etwas von dem Bier. Jacky verkniff sich ein Lachen, als sie sah, dass Marlene leicht angewidert das Gesicht verzog „was sagt denn Rebecca zu dem Ganzen?“ hakte sie nach „sie weiß es noch gar nicht, aber was soll sie schon groß dazu sagen?“ Die Brünette deutete zu einem der Tische „das kannst Du gleich heraus finden, sie sitzt dort drüben am Tisch“ bemerkte sie, woraufhin die andere sich verwundert umdrehte. Rebecca hatte sich gemeinsam mit Juri an einem der hinteren Tische niedergelassen, wo sie ihre Köpfe zusammensteckten und sich offenbar über etwas zu amüsieren schienen „lieber nicht, da störe ich sicher nur“ sagte Marlene hörbar missbilligend, was Jacky dazu veranlasste eine Augenbraue zu heben „eifersüchtig?“ Die Clubbesitzerin drehte sich wieder zu ihr um „darum geht es nicht, es ist nur alles so kompliziert und ich kann Juri einfach nicht einschätzen. Auf der einen Seite behauptet er, dass er mit dem Kind nichts zu tun haben will, aber dann sehe ich, wie vertraut er mit Rebecca umgeht und dass er sich in ihrer Gegenwart sehr viel offener zeigt, als anderen gegenüber. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass er mehr in ihr sieht, als eine Freundin und Geschäftspartnerin“ vertraute sie sich ihrer Freundin an, die einen Blick zu dem Tisch der beiden warf „ist das nicht normal, wenn man ein gemeinsames Kind erwartet? Ich meine, selbst wenn er es nicht will, aber irgendwie verbindet das ja trotzdem…“ gab sie zu bedenken, bereute es allerdings gleich wieder, als sie in Marlenes Gesicht sah „von mir aus kann er sich ihr verbunden fühlen, so viel er will, solange er die Finger von meiner Frau lässt. Ich habe echt keine Lust auf noch mehr Theater, davon hatten wir in den letzten Monaten wahrlich genug.“ Sie trank das restliche Bier aus und knallte das Glas auf den Tresen „so, so…und Du bist also nicht eifersüchtig? Also ich will ja nicht klugscheißen, aber es wäre vielleicht angebracht, wenn Du mit Rebecca über Deinen Verdacht redest“ riet sie der Blondine „das hatte ich auch vor, es hat sich nur noch nicht ergeben“ erwiderte Marlene und blickte noch einmal zu dem Tisch. Rebecca hatte ihre Frau inzwischen auch entdeckt und winkte sie zu sich „bleib cool und immer schön lächeln“ flüsterte Jacky Marlene zu, die seufzend von ihrem Platz aufstand und sich zu Rebecca und Juri gesellte.

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Teil 369:

Knapp eine Woche später und in aller Früh, erhielt Sebastian einen Anruf, der ihn aus seinem ohnehin unruhigen Schlaf riss. Er öffnete die müden Augen und erblickte als erstes den zarten Körper seiner Tochter neben sich, die letzte Nacht in seinem Bett geschlafen hatte. Damit sie nicht ebenfalls aufwachte, griff er schnell nach seinem Handy „von Lahnstein“ brummte er leise und war schlagartig hellwach, als er die Stimme seiner Ex-Frau vernahm „ich muss Dich sprechen“ ließ sie ihn ohne Begrüßung wissen. Der Graf schnaubte „mir ist völlig egal, was Du willst. Weißt Du eigentlich, wie spät es ist?“ erwiderte er barsch und legte auf. Er hatte keinen Nerv auf Tanja und außerdem gab es heute Wichtigeres zu tun, als sich mit ihr herum zu streiten, doch die Blondine sah das offenbar anders, denn das Handy klingelte erneut „was willst Du von mir?“ fragte er ungehalten und schlich leise aus dem Schlafzimmer, um Emma nicht zu wecken „wage es nicht noch einmal einfach aufzulegen, es sei denn Du willst auch Deine letzte Chance darauf, Deine Tochter weiterhin aufwachsen zu sehen, verlieren“ mahnte sie kühl, was Sebastians Alarmglocken schrillen ließ „was soll das bedeuten?“ Tanja grinste in sich hinein, sie wusste, dass ihr Ex-Mann nur noch ein Nervenbündel war, weil es für ihn nichts Schlimmeres gab, als die Angst, noch ein Kind zu verlieren. Sie hatte in den letzten Wochen einiges getan, um genau diese Angst zu schüren und nun war der Zeitpunkt gekommen, sie für ihre Zwecke zu nutzen „komm in mein Büro, dann sage ich Dir, was Du tun kannst, um weiterhin ihr Vater zu sein. Vielleicht muss es gar nicht zu diesem Prozess kommen, Sebastian. Das hängt ganz alleine von Dir ab“ erklärte sie, und noch bevor er antwortete, wusste sie, dass er nicht ablehnen würde „ich bin in einer Stunde bei Dir“ entgegnete er, bevor er auflegte. Tanja lächelte zufrieden, denn bald schon würde sie nicht nur eine große Sorge weniger haben, sie konnte zeitgleich der angeschlagenen Beziehung ihres Ex einen weiteren Schlag versetzen, der tief sitzen würde „zwei Fliegen mit einer Klappe, das wird ein guter Tag“ flüsterte sie, stand auf und blickte aus dem Fenster nach draußen, wo sie einen der Männer entdeckte, die seit geraumer Zeit zu ihrem Schatten geworden waren.

„Bist Du soweit, meine Süße?“ fragte Marlene und lehnte sich an den Rahmen der Badezimmertür, während sie ihre Frau dabei beobachtete, wie diese sich fertig machte „keine Ahnung, das hat eh keinen Zweck mehr. Ich fühle mich einfach nicht wohl, egal was ich anziehe. Können wir nicht einfach zuhause bleiben?“ erwiderte sie und setzte sich seufzend auf den Badewannenrand. Marlene lief auf sie zu und ging vor ihr in die Hocke „Du siehst wunderschön aus, es gibt keinen Grund sich unwohl zu fühlen“ versuchte sie Rebecca zu ermutigen „ist es denn angemessen gut auszusehen, wenn wir gleich bei meiner Familie am Tisch sitzen, während sich alle betreten ansehen und traurig sind wegen Tristan? Vielleicht sollte ich doch besser etwas Dunkles anziehen“ gab sie zu bedenken. Die Blondine erhob sich und zog die andere zu sich hoch „das ist doch Unsinn, Rebecca. Wir gehen nicht zu einer Beerdigung, sondern werden gemeinsam mit den anderen an Tristan denken und sein Grab besuchen. Glaubst Du denn, dass er es gut gefunden hätte, wenn wir zu diesem Anlass alle schwarz tragen? Also ich denke nicht, und Du weißt das auch, wenn Du endlich mal damit aufhören würdest, Dir so viele Gedanken zu machen. Tristan hätte gewollt, dass wir fröhlich sind und er hätte ganz schön Augen gemacht, wenn er Dich so sehen könnte“ erklärte sie lächelnd und legte ihre Hände auf Rebeccas rundlichen Bauch „das hier ist das Leben und das ist etwas Wundervolles. Und jetzt lass uns aufbrechen, die anderen warten sicher schon.“ Die junge Gräfin nickte „Du hast ja Recht...was würde ich nur ohne Dich tun?“ bemerkte sie und gab der anderen einen zarten Kuss „das frage ich mich schon lange“ erwiderte Marlene neckisch und handelte sich dafür einen Knuff in die Seite ein „Frechheit“ sagte Rebecca gespielt empört, bevor sie gemeinsam mit ihrer Frau die Wohnung verließ.

Mittags saßen schließlich alle versammelt an dem großen Lahnstein-Esstisch und warteten nur noch auf Sebastian, der mit etwas Verspätung eintraf und zunächst seine kleine Schwester begrüßte „wie geht es Dir? Alles in Ordnung mit meiner Nichte?“ erkundigte er sich „ja, es ist alles bestens. Die letzten Untersuchungen waren alle positiv, Mady scheint die Turbulenzen der ersten Wochen gut überstanden zu haben“ erwiderte sie zufrieden. „Mady?“ wiederholten Sebastian und Helena wie aus einem Mund und schauten ihre Schwester fragend an „ach ja, das wisst Ihr ja noch gar nicht. Marlene und ich haben beschlossen, dass wir sie Madeleine nennen wollen. Naja, genau genommen, habe ich es mir gewünscht und meine Frau hatte zum Glück keine Einwände“ klärte sie die Anwesenden auf. Der Graf lächelte „das finde ich wirklich schön, unsere Mutter hätte sich sicher darüber gefreut und sie wäre sehr stolz auf Dich“ sagte er sichtlich bewegt „mir gefällt es auch“ stimmte Helena zu und schenkte der Jüngeren ein Lächeln. Sebastian ging zu seinem Platz und setzte sich nach kurzem Zögern neben seine Freundin. Er fühlte sich noch immer hilflos und wusste nach dem heutigen Tag erst recht nicht, wie er ihr wieder näher kommen konnte. Dabei vermisste er sie sehr und wünschte sich nichts mehr, als endlich wieder glücklich mit ihr zu sein „schön, dass Du da bist“ flüsterte er ihr zu, woraufhin sie ihn von der Seite her ansah „wo sollte ich denn sonst sein?“ erwiderte sie leise und legte ihre Hand auf seine. Es war nur eine kleine Geste, die eigentlich nichts Besonderes zwischen zwei Menschen war, die sich liebten und doch trieb sie Sebastian in diesem Moment beinahe Tränen in die Augen „was ist los mit Dir?“ hakte sie besorgt nach „ich...ach nichts weiter, ich bin heute einfach etwas sentimental“ erklärte er und riss sich anschließend wieder zusammen. Er erhob sein Glas und schaute in die kleine Runde „schön, dass Ihr heute alle hier seid. Und jetzt lasst uns anstoßen. Auf Tristan und darauf, dass wir noch immer eine Familie sind, auch wenn wir schwere Zeiten hinter uns, und vielleicht noch vor uns haben. Wenn es darauf ankommt, halten die Lahnsteins zusammen. Das war schon immer so, und wird auch so bleiben“ sagte er mit einem gewissen Stolz in der Stimme und blickte zu seinem Cousin, der sich heute freiwillig und ohne zu murren zu ihnen gesellt hatte „nicht wahr, Ansgar?“ Der Graf nickte „Amen. Ich hoffe, dass der gute Tristan da oben ein paar heiße Engel um sich hat. Die werden ihn schon beschäftigen und dafür sorgen, dass er seine buckelige Verwandtschaft nicht allzu sehr vermisst“ bemerkte er mit einem Augenzwinkern und entlockte der Mehrheit der am Tisch befindlichen Personen damit tatsächlich ein Lächeln „auf Tristan“ wiederholten die anderen und schwelgten während des Essens gemeinsam in Erinnerungen.

Als die Geschwister später gemeinsam mit Marlene und Marie am Grab ihres Bruders standen, griff Rebecca nach Helenas Hand „möchtest Du noch einen Moment alleine mit ihm sein?“ fragte sie leise, was die andere mit einem zaghaften Nicken bestätigte. Rebecca nahm ihre Schwester in den Arm „wir machen noch einen kleinen Spaziergang. Lass Dir ruhig Zeit“ flüsterte sie „danke“ erwiderte Helena und lächelte die andere liebevoll an. Marlene umarmte ihre Schwägerin ebenfalls und ergriff Rebeccas Hand „geht Ihr noch ein Stück mit uns?“ wollte sie von Sebastian und Marie wissen „ich kann leider nicht, ich habe noch einen Termin“ erwiderte die Blondine und wandte sich an ihren Freund „sehen wir uns später?“ Der Graf nickte und war überrascht, als sie ihm einen zärtlichen Kuss gab, bevor sie den Friedhof verließ „es wird auch langsam Zeit, dass Ihr Euch wieder zusammen rauft“ bemerkte Rebecca und boxte ihren Bruder gegen die Schulter, der etwas verlegen wirkte „ich begleite Euch, noch ein bisschen frische Luft kann schließlich nicht schaden“ erklärte er und machte sich dann gemeinsam mit ihnen auf den Weg. Helena blieb zurück und legte eine einzelne Rose auf den Grabstein ihres Bruders „ein ganzes Jahr...“ sagte sie leise und plötzlich überkam sie wieder eine große Sehnsucht. Nach Tristan, aber auch nach Lukas, von dem sie seit ihrem Besuch im Krankenhaus nichts mehr gehört hatte „ich habe mir selbst alles kaputt gemacht. Jetzt weiß ich, wie Du Dich oft gefühlt haben musst...manchmal kann man sich selbst nicht mehr verstehen...“ Sie wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und betrachtete schweigend das Grab, als sich hinter ihr eine vertraute Stimme bemerkbar machte „vielleicht können wir ja gemeinsam versuchen es zu verstehen.“ Helena drehte sich abrupt um und blickte Lukas verwundert an, der mit zwei Krücken vor ihr stand „was machst Du denn hier? Ich dachte Du wärst noch im Krankenhaus...“ erwiderte sie „nein, ich bin schon seit zwei Tagen wieder zuhause und ich dachte mir, dass ich Dich hier finden würde...und dass Du vielleicht nicht alleine sein willst heute.“ Er machte noch zwei Schritte auf sie zu, während Helena kaum fähig war sich zu bewegen „hast Du Lust einen Kaffee mit mir zu trinken?“ fragte er, ehe er es sich anders überlegen konnte „ich...ja, natürlich. Sehr gerne sogar“ erwiderte die Gräfin und konnte kaum glauben, dass er tatsächlich hier war. Sie blickte noch einmal zum Grab ihres Bruders, bevor sie sich umdrehte und sich neben Lukas stellte „ich muss nur kurz den anderen Bescheid geben, damit sie nicht auf mich warten“ erklärte sie „okay, ich humpel dann schon mal vor“ bemerkte er und brachte sie damit zum Lächeln. Helena sah ihm erleichtert hinterher und plötzlich hatte sie Hoffnung, dass sich doch noch alles zum Guten wenden könnte.

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BeitragVerfasst: 24.09.2015, 17:22 
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Teil 370:

Ein wenig außer Atem erreichte Marie das Schneiders, wo sie mit Kommissar Kramer verabredet war, der bereits an einem der Tische saß „entschuldigen Sie bitte die Verspätung, aber ich war noch auf dem Friedhof“ erklärte sie und reichte ihm die Hand „kein Problem, ich bin auch gerade erst angekommen und habe auch leider nicht viel Zeit. Auf meinem Schreibtisch stapeln sich die Fälle und das ausgerechnet jetzt, wo wir quasi chronisch unterbesetzt sind“ klagte er „aber das soll nicht Ihr Problem sein, wenngleich ich leider keine erfreulichen Nachrichten für Sie habe.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause und schien zu überlegen, wie er es ihr möglichst schonend beibringen konnte, doch Marie kam ihm zuvor „lassen Sie mich raten? Sie kommen in meinem Fall nicht weiter und gedenken deshalb ihn ruhen zu lassen, genauso wie damals, als mein Freund und ich von diesem Schläger angegriffen wurden“ bemerkte sie hörbar angesäuert und blickte ihm herausfordernd in die Augen. Kramer seufzte schwer, er hasste diese Art von Gesprächen, die ihn stets in eine Zwickmühle brachten, da er die Wut und Enttäuschung der betroffenen Personen nachvollziehen konnte, aber gleichzeitig gab es Dinge, gegen die er einfach nicht ankam und diese Dinge waren zumeist inoffizieller Natur, was ihm selbst mächtig gegen den Strich ging. Im Falle von Marie Lichtenberg war es jedoch besonders unangenehm, da sowohl ihr eigenes Leben, als auch das ihrer Kinder mehrfach in Gefahr gewesen war „hören Sie, Frau Lichtenberg, ich kann Sie ja verstehen und wenn es in meiner Macht stünde, würde ich solange weiter machen, bis ich denjenigen gefunden habe, der für das verantwortlich ist, was Ihnen und Ihren Kindern angetan wurde. Leider läuft es selten so, wie wir es uns wünschen und glauben Sie mir, auch für einen Gesetzeshüter gibt es nichts was mehr deprimiert, als ein ungelöster Fall. Ich weiß, es ist sicher nur ein schwacher Trost für Sie, aber wir können mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der Täter noch einmal zurückkehren wird. Sie und Ihre Kinder befinden sich also nicht länger in Gefahr“ versuchte er sie zu besänftigen. Marie stieß verächtlich die Luft aus „deprimierend? Das ist wohl kaum die richtige Bezeichnung dafür, dass meine Kinder entführt wurden und niemand dafür zur Rechenschaft gezogen wurde, geschweige denn, dass man von Sicherheit reden kann! Die Verantwortliche läuft frei herum und terrorisiert weiterhin meine Familie! Und weil sie es so verdammt schlau anstellt, kommt sie immer wieder damit durch! Soll ich Ihnen mal sagen, wie satt ich es habe, dass Tanja von Lahnstein mir ungestraft das Leben zur Hölle machen darf? Sie haben mir damals bestätigt, dass Sie ein ungutes Gefühl bei ihr haben, und Sie haben mir versprochen, dass Sie dem nachgehen werden!“ regte sie sich auf und konnte sich nur mit Mühe beherrschen. Kommissar Kramer wirkte geknickt „leider reicht es nicht aus einen Verdacht zu haben, wir müssen es beweisen, und das können wir nun mal nicht. Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich im Moment nicht mehr für Sie tun kann, aber sollten wir jemals neue Hinweise erhalten, die auf eine Mitschuld von ihr hindeuten, werde ich den Fall neu aufrollen, das verspreche ich Ihnen“ sagte er und reichte ihr versöhnlich die Hand, doch Marie ergriff sie nicht „ich denke nicht, dass ich noch mal etwas auf Ihre Versprechungen geben werde“ erwiderte sie abwehrend, bevor sie aufstand und wütend das Schneiders verließ. Kramer murmelte etwas Unverständliches, legte einen Geldschein auf den Tisch und verließ dann ebenfalls das Restaurant. Eine dritte Person, die nur einen Tisch weiter gesessen und alles mit angehört hatte, nahm ihre dunkle Brille ab und machte ein nachdenkliches Gesicht „wirklich sehr interessant“ flüsterte sie und bestellte sich noch einen Espresso.

Rebecca und Marlene nutzen unterdessen den Nachmittag, um die ersten Umzugskartons zu packen, wobei sie feststellen mussten, dass sie in den wenigen Jahren Unmengen an Klamotten angehäuft hatten „gehörte zu meinen Bedingungen nicht auch, dass wir ein Ankleidezimmer bekommen?“ bemerkte die Blondine, während sie sich am Kopf kratze und skeptisch den Kleiderhaufen betrachtete, der auf dem Bett lag „als ob ein Ankleidezimmer für Dich ausreichen würde“ erwiderte die Gräfin grinsend. Marlene schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an „als ob Du weniger Klamotten hättest, Frau Stardesignerin. Und wenn demnächst noch Deine Umstandsmode hinzukommt, wirst Du mich glatt ausstechen“ foppte sie ihre Frau „das zählt nicht, ich kann schließlich nichts dafür, dass dieser Bauch immer dicker wird. Außerdem kommen die Sachen sofort weg, wenn die Kleine auf der Welt ist, so schnell kannst Du gar nicht gucken.“ Marlene lachte, schmiss den Karton vom Bett und zog Rebecca zu sich „tatsächlich? Du bist ganz schön eitel, Frau von Lahnstein, weißt Du das eigentlich? Dabei ist Dein Babybauch total sexy…genauso wie alles andere an Dir“ raunte sie und bedeckte Rebeccas Hals mit sanften Küssen „hey, was soll das denn werden? Wir haben noch jede Menge zu tun…und außerdem ist das Bett belegt…“ erwiderte die Brünette halbherzig, obwohl sie nichts gegen eine kleine Pause einzuwenden hätte. Marlene blickte ihr neckisch in die Augen, wandte sich dem Bett zu und beförderte kurzerhand sämtliche Kleider zu Boden „jetzt ist es frei“ verkündete sie, ließ sich darauf nieder und fing an sich äußerst lasziv die Bluse aufzuknöpfen. Rebecca betrachtete sie kopfschüttelnd „ist Dir eigentlich klar, dass das jetzt alles gebügelt werden muss?“ fragte sie amüsiert, während sie langsam auf ihre Frau zuging „Justus wird sich bestimmt sehr gerne darum kümmern, schließlich bist Du seine heimliche Lieblingsgräfin“ erklärte die Blondine grinsend. Rebecca lachte, drückte Marlene sanft aufs Bett und beugte sich über sie „ich zeige Dir jetzt mal, wer meine Lieblingsgräfin ist…“ säuselte sie, verschloss die Lippen der Blonden mit einem leidenschaftlichen Kuss und ließ ihre Hände suchend an Marlenes Körper hinab gleiten.

Ein wenig verlegen und nach den richtigen Worten suchend, saßen Helena und Lukas sich gegenüber, während der Kellner die zwei Kaffee vor ihnen abstellte „Latte Macchiato, genau wie damals…“ erinnerte die Gräfin sich „manche Dinge ändern sich zum Glück nicht“ bemerkte Lukas und verrührte die beiden Getränkeschichten miteinander. Helena spürte die Traurigkeit, die aus seinen Worten klang und fühlte sich augenblicklich schlecht „es tut mir alles so schrecklich leid, Lukas. Ich weiß, dass ich Dich sehr verletzt habe und dass das eigentlich nicht wieder gut zu machen ist. Aber an meinen Gefühlen für Dich hat sich nichts verändert, auch wenn Du mir das jetzt vielleicht nicht glaubst“ erklärte sie, wobei sie ihr Glas mit beiden Händen fest umschlossen hielt, fast so, als könnte sie sich daran festhalten. Lukas sah sie schweigend an, es fiel ihm schwer ihr so nah, und gleichzeitig doch weit entfernt von ihr zu sein „der Gedanke, dass Du Sex mit einem anderen Mann hattest, ist nicht leicht zu ertragen, aber er ist nicht das, was mir am meisten zu schaffen macht“ gestand er und schien nicht zu wissen, wohin mit seinen Händen, weshalb er sie ebenfalls um sein Glas legte „was ich nicht ertragen kann ist der Gedanke, dass es Dir etwas bedeutet haben könnte und dass ich womöglich nicht der einzige bin, dem Dein Herz gehört. Wenn wir beide noch eine Chance haben möchten, dann muss ich das wissen, Helena. Denn ehrlich gesagt halte ich Dich nicht für jemanden, der einfach so Sex hat, ohne dass es dabei um mehr geht. Abgesehen davon, dass ich mich dann fragen müsste, ob Dir das nicht bei nächster Gelegenheit wieder passiert, denn ich bin nicht bereit Dich zu teilen…das kann ich nicht...und ich will es auch nicht.“ Die Gräfin rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum „Lukas, ich…“ setzte sie an, doch sie wurde unterbrochen „antworte bitte nicht zu schnell. Ich will, dass Du ehrlich zu mir bist, auch wenn es vielleicht nicht das ist, was ich hören möchte. Wenn ich Dir wieder vertrauen soll, musst Du mir sagen, was in Dir vorgeht und warum es passiert ist, sonst macht das alles keinen Sinn. Das mit uns ist etwas Besonderes für mich, Helena, ich habe es von Anfang an gespürt, schon als ich Dir zum ersten Mal begegnet bin, und ich möchte nicht, dass es vorbei ist. Aber wenn Du mich noch einmal anlügst, oder nicht ehrlich zu mir bist, dann gibt es keine Zukunft mehr für uns, das muss Dir klar sein…“ ließ er sie innerlich aufgewühlt wissen und griff zögerlich nach ihrer Hand. Helena stiegen Tränen in die Augen, und einen Moment lang schien sich alles zu drehen, einschließlich ihr selbst. Ihr war bewusst, dass dieser Augenblick der entscheidende war und dass es kein Zurück mehr geben würde, wenn sie sich dafür entschied, Lukas weiterhin einen Teil der Wahrheit vorzuenthalten. Den schmerzhaftesten Teil, dessen Folgen sie sich nicht auszumalen getraute. Doch tat sie es wirklich nur, um ihn zu schützen, oder waren ihre Motive am Ende weitaus weniger edel und sie log, weil sie egoistisch war und ihn einfach nicht verlieren wollte? Vielleicht war es eine Mischung aus beidem, und nun war der Zeitpunkt gekommen, an dem sie wählen musste. Entweder sie schwieg, was eine lebenslangen Lüge nach sich ziehen würde, oder sie war ehrlich und riskierte dadurch alles zu verlieren. Der hoffnungsvolle Blick aus den vertrauten Augen des Mannes, den sie von ganzen Herzen liebte, machte ihr die Entscheidung nicht leichter, doch Helena hatte sich bereits entschieden.

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BeitragVerfasst: 02.10.2015, 10:27 
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Teil 371:

Noch während Marlene nach unten lief, knöpfte sie ihre Bluse zu und richtete sich das lange blonde Haar, welches beim spontanen Liebesspiel mit Rebecca durcheinander geraten war und öffnete schließlich leicht abgehetzt die Tür „Du?“ entfuhr es ihr überrascht und wenig begeistert, wie sie selbst feststellen musste. Juri wich ihrem stechenden Blick aus, irgendetwas daran machte ihn nervös „komme ich ungelegen?“ fragte er, was sie nur allzu gerne bejaht hätte, wenn nicht ihre Frau in diesem Moment zu ihnen gestoßen wäre, die ähnlich zerzaust aussah, wie Marlene „hey, was treibt Dich denn hier her?“ erkundigte sie sich gut gelaunt „willst Du nicht rein kommen?“ Wie auf Kommando trat Marlene einen Schritt zur Seite, um ihn herein zu lassen und als Juri in der Wohnung stand, fielen ihm sofort die vielen Kartons auf „zieht Ihr aus?“ wollte er verwundert wissen und spürte plötzlich einen Anflug von Panik in sich aufsteigen. Er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen und wandte sich schnell Rebecca zu, nachdem er erneut Marlenes blauen Augen begegnet war, die ihn misstrauisch musterten. Sie wusste es, das spürte er und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie es Rebecca erzählen würde und dann hatte er ein echtes Problem. Die junge Gräfin wunderte sich zwar über die sonderbare Stimmung, dachte aber nicht weiter darüber nach und bot ihrem Freund etwas zu trinken an „wir ziehen zurück zu unserer Familie aufs Schloss und falls Du denkst, dass das da alles an Kartons ist, solltest Du lieber nicht in die anderen Räume gucken“ bemerkte sie grinsend und reichte ihm ein Glas Wasser, welches Juri in einem Zug austrank „danke“ entgegnete er und schaute wieder zu den Kartons „selbst Ihr werdet es wohl kaum schaffen, auf einem Schloss in Platznot zu geraten.“ Rebecca blickte ihn amüsiert an „da kennst Du meine Frau aber schlecht“ ließ sie ihn wissen, doch Marlene schien darüber nicht lachen zu können „ich glaube nicht, dass Juri sich tatsächlich für unsere Platzprobleme interessiert, oder? Du bist doch sicher wegen was anderem hergekommen“ stellte sie etwas unfreundlich fest. Die Brünette runzelte die Stirn „was ist denn plötzlich mit Dir los? Das war doch nur Spaß“ sagte sie und wandte sich wieder an den Designer „also, was verschafft uns denn nun die Ehre?“ Juri bereute inzwischen, dass er hergekommen war und wusste beim besten Willen nicht, welcher Teufel ihn dabei geritten hatte „ich...es war nur...eine spontane Idee, weil ich gerade in der Gegend war. Aber ich will Euch gar nicht länger stören“ erklärte er ausweichend und wollte zur Tür gehen, doch Rebecca hielt ihn zurück „nun mal langsam. Bist Du Dir ganz sicher, dass es keinen anderen Grund gab? Falls es um Madeleine geht...“ Sie merkte zu spät, dass ihr der Name ihrer Tochter über die Lippen gekommen war und schaute ihn etwas betreten an „Madeleine?“ wiederholte er irritiert, während seine Augen zu ihrem Bauch wanderten und dann verstand er es. Die junge Gräfin nickte „das ist der Name meiner verstorbenen Mutter, Madeleine von Lahnstein. Marlene und ich waren uns schnell einig, dass wir die Kleine so nennen wollen, aber falls es noch einen Namen gibt, der Dir gefällt, können wir auch über einen Doppelnamen nachdenken. Vielleicht möchtest Du auch, dass sie den Namen von Deiner Mutter bekommt?“ fragte sie vorsichtig nach, doch Juri reagierte nicht. Marlene wurde es langsam zu bunt, sie verstand nicht, warum ihre Frau diesen Kerl permanent mit Samthandschuhen anpackte „warum sollte es ihn denn interessieren, wo er doch nichts mit dem Kind zu tun haben möchte? Oder hat sich daran etwas geändert? Ansonsten wüsste ich nicht, warum wir noch einmal über einen anderen Namen nachdenken sollten“ bemerkte sie hörbar angefressen, was ihr einen verständnislosen Blick der anderen einbrachte „nimm es mir bitte nicht übel, Marlene, aber vielleicht ist es besser, wenn Du mich einen Moment mit Juri alleine sprechen lässt.“ Sie hatte es kaum ausgesprochen, da wusste sie schon, dass sie es besser nicht getan hätte, aber Marlene zuckte nur mit den Schultern „wie Du meinst, ich wollte eh noch ins No Limits, um nach dem Rechten zu sehen“ erwiderte sie eingeschnappt und ging zur Tür „jetzt warte doch mal, so habe ich das nicht gemeint. Bleib bitte hier...ich denke doch nur, dass es Juri leichter fällt, wenn er mit mir alleine ist“ flüsterte sie. Marlene zog eine Grimasse „ja, da bin ich mir sicher“ entgegnete sie knapp „was soll das denn jetzt wieder heißen? Was ist denn auf einmal mit Dir los?“ wollte Rebecca wissen, doch sie bekam keine Antwort mehr darauf „wieso? Ich mache doch nur das, worum Du mich gebeten hast. Ich gehe und lasse Euch alleine.“ Während die Gräfin sich noch fragte, weshalb ihre Frau derart überreagierte, verließ diese die Wohnung und zurück blieb ein Juri, der sich jetzt noch sehr viel unwohler in seiner Haut fühlte „das war nicht nötig. Es gibt nichts zu klären. Der Name ist schön...und ich muss auch schon wieder los“ verkündete er, was Rebecca wütend werden ließ „na toll, jetzt ist Marlene schon gegangen und Du machst trotzdem wieder dicht. Was soll das alles, Juri? Ich bin mir sicher, dass Du nicht ohne Grund hergekommen bist. Warum sagst Du mir nicht einfach, was los ist? Du weißt doch, dass Du mit mir reden kannst.“ Juri seufzte und blickte zu Boden, er konnte ihr jetzt nicht in die Augen sehen, nicht, ohne sich endgültig zu verraten „ich wollte einfach nur sehen, wie es Dir geht, weil doch heute der Todestag von Deinem Bruder ist, das ist alles“ log er, denn die Wahrheit konnte er ihr nicht sagen, es würde nur zu noch mehr Problemen führen und er wusste, wie gefährlich zu viel Aufregung für Rebecca und das Kind sein konnte. Die junge Gräfin versuchte abzuschätzen, ob sie ihm glauben konnte und kam zu dem Entschluss, dass ihr nichts anderes übrig blieb. Sie hatte sich etwas anderes von seinem unerwarteten Besuch erhofft, aber es sollte wohl einfach nicht sein „das ist sehr nett von Dir, aber wie Du siehst, geht es mir gut“ erwiderte sie enttäuscht und ärgerte sich, dass sie deshalb auch noch Marlene vertrieben hatte.

Helena und Lukas waren in der Zwischenzeit in seiner Wohnung angekommen, wo er die Krücken abstellte und in die Küche humpelte „möchtest Du vielleicht noch was trinken?“ fragte er, weil er nervös war und irgendetwas tun musste, um sich abzulenken. Dass Helena ihn darum gebeten hatte her zu fahren, weil sie nicht in dem Café darüber hatte sprechen wollen, machte ihm Angst, denn es konnte nur bedeuten, dass das, was sie zu sagen hatte, nicht angenehm sein würde. Jedenfalls war das seine Vermutung und ihr ernster Gesichtsausdruck bestätigte dieses Gefühl „ich möchte nichts trinken. Komm bitte wieder her und setze Dich zu mir, ja?“ erwiderte sie, was er nach kurzem Zögern auch tat. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob er es wirklich wissen wollte „es steckt doch mehr dahinter, oder? Du hast Gefühle für den Kerl, stimmt´s?“ mutmaßte er und blickte sie ängstlich an „liebst Du ihn?“ Allein die Frage schmerzte ihn, doch er musste sie stellen, denn von ihr hing ab, ob sie noch eine Zukunft haben würden und Lukas wusste, dass er nicht würde damit leben können, wenn ihr Herz nicht ihm allein gehörte, sondern auch einem anderen. Helena vergrub ihr Gesicht in den Händen und atmete schwer, es war noch sehr viel schwerer, als sie es sich vorgestellt hatte, doch es gab kein Zurück mehr, sie musste ihm ihren ganzen fürchterlichen Betrug beichten und ihm damit wissentlich das Herz brechen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie sich zuletzt derart schuldig gefühlt hatte, abgesehen von der Fahrerflucht, die sie einst begangen hatte. Lukas deutete ihr Schweigen als Bestätigung für seinen Verdacht „also doch...“ sagte er leise und sackte in sich zusammen, aber dann endlich reagierte sie und schüttelte den Kopf „nein, das ist es nicht...Ich liebe nur Dich, aber ich war so schrecklich durcheinander und wusste nicht mal warum. Es klingt sicher verrückt, aber erst nachdem es passiert ist war mir klar, dass es nicht das ist, was ich geglaubt habe und wovor ich Angst hatte. Ich wünschte es wäre mir schon früher klar geworden, aber es hat mich einfach in Beschlag genommen, es war wie ein anderes Ich, das ich gar nicht sein wollte. Ich kann es nicht besser erklären, ich wünschte einfach, es wäre niemals geschehen, aber ich kann es leider nicht mehr rückgängig machen.“ Sie wischte sich die Tränen weg und versuchte sich zusammenzureißen „aber wenn das so ist, warum dann das Zögern? Wieso hast Du mir nicht gleich gesagt, was los ist und warum bist Du einfach abgehauen, ohne Dich zu melden? So wirklich verstehen kann ich es immer noch nicht“ ließ er sie wissen und reichte ihr ein Taschentuch. Helena konnte es nicht mehr ertragen, sie wollte nur noch, dass es endlich vorbei war, dieses quälende Gefühl, das sie langsam aber sicher aufzufressen drohte „ich konnte es nicht, weil...weil der Mann, mit dem ich...“ Sie machte eine kurze Pause, weil ihre Stimme zu versagen drohte, doch dann sprach sie aus, was so unerklärlich war „weil es Karsten war“ sagte sie leise und als er nicht reagierte, sah sie sich genötigt noch deutlicher zu werden „ich hatte Sex mit Deinem Bruder...und ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich dafür schäme.“ Bei Lukas kamen die Worte zwar an, aber er schien sie nicht begreifen zu können, oder aber er wollte es nicht „was redest Du denn da? Das würdest Du nicht tun. Und Karsten, er würde niemals...mit meiner Freundin...nein, das würde mein Bruder mir nicht antun, niemals!“ erwiderte er fast schon empört darüber, dass sie so etwas behaupten konnte, doch dann wurde es zur traurigen Gewissheit „es tut mir so unendlich leid, Lukas...“ beteuerte Helena und hätte ihn gerne tröstend in den Arm genommen, aber sie wagte es nicht. Das Gesicht ihres Freundes war wie zu Stein erstarrt, es hatte sichtbar an Farbe verloren, seine Augen wirkten gläsern und schienen durch sie hindurch zu gucken. Helena war auf alles gefasst gewesen, auf Wut, auf Hass oder auf einen regelrechten Gefühlsausbruch, doch Lukas sagte nur ein einziges Wort, und er sagte es mit einer Ruhe, die ihr mehr Angst machte, als wenn er sie angeschrieben hätte „verschwinde.“

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BeitragVerfasst: 02.10.2015, 10:27 
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Teil 372:

Eine gute Stunde später erreichte Rebecca das No Limits, wo sie sich bei Jacky als erstes nach ihrer Frau erkundigte „hey, ist Marlene noch hier?“ wollte sie wissen, woraufhin die Gefragte nickte „sie sitzt in ihrem Büro und schmollt.“ Die Gräfin zog verwundert eine Augenbraue hoch „das klingt so, als wärst Du bestens informiert“ bemerkte sie „nicht wirklich, aber sie war verdammt kurz angebunden und das ist eigentlich nicht ihre Art. Was haste denn wieder angestellt?“ fragte sie amüsiert. Rebecca bedachte sie mit einem empörten Blick „wieso wieder? Und warum gehst Du einfach davon aus, dass ich was angestellt habe?“ erwiderte sie, was die andere erst recht zum Lachen brachte „och, nur so ne wage Vermutung. Habe ich denn Recht?“ Die Brünette seufzte resigniert und setzte sich auf den Barhocker „vielleicht ein kleines bisschen, aber eigentlich habe ich gar nichts gemacht…ich wollte nur verhindern, dass es wieder Stress zwischen Marlene und Juri gibt, aber natürlich ist das komplett nach hinten losgegangen. Dabei hatten wir wirklich einen ganz schönen Tag heute,…bis Juri vor der Tür stand. Ab da ist die Stimmung plötzlich gekippt, obwohl er gar nichts gemacht hat, aber Marlene war auf einmal total dünnhäutig und als ich sie dann gebeten habe, mich kurz mit ihm alleine reden zu lassen, ist sie wütend abgerauscht. Manchmal glaube ich, dass sie doch noch ein Problem mit der Schwangerschaft hat, oder damit, dass Juri der Vater des Kindes ist. Vielleicht war es naiv von mir zu glauben, dass wir einfach so glücklich werden können, auch zu dritt, und Marlene ist am Ende doch unglücklich deswegen“ erklärte sie bedrückt und wunderte sich im nächsten Moment darüber, dass sie sich ausgerechnet Jacky anvertraute „sorry, ich weiß gar nicht, warum ich Dir das erzähle. Du willst das sicher gar nicht wissen.“ Jacky faltete das Trockentuch zusammen und legte es zur Seite „schon gut, das gehört quasi zu meinem Tagesgeschäft. Barkeeper und Hobbypsychologe, diese beiden Jobs sind auf Dauer irgendwie nicht voneinander zu trennen“ ließ sie die andere augenzwinkernd wissen, während sie noch überlegte, wie offen sie Rebecca gegenüber sein konnte, ohne Marlene zu übergehen „okay, eines kann ich Dir sagen, Marlene hat ganz sicher kein Problem mit der Schwangerschaft, im Gegenteil, sie freut sich sehr auf Euer Baby, das hat sie schon mehr als einmal betont. Ich denke, wenn Du noch mal in Ruhe darüber nachdenkst, wirst Du wissen, was das eigentliche Problem ist. Denn im Grunde ist es ziemlich offensichtlich.“ Sie bedachte die Gräfin mit einem vielsagenden Blick und reichte ihr einen frischen Milchkaffee „den kannst Du Marlene ins Büro bringen, dann spare ich mir den Weg.“ Rebecca nahm die Tasse entgegen und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte, es war leichter gewesen Jacky nicht zu mögen, aber langsam gingen ihr die Gründe dafür aus „danke“ erwiderte sie und machte sich auf den Weg zum Büro ihrer Frau, obwohl sie immer noch nicht genau wusste, was in Marlene vorging, aber sie hatte vor, es heraus zu finden.

Als Marie das Schloss betrat, wurde sie bereits erwartet „darf ich Sie bitten, mir zu folgen?“ fragte Justus gewohnt höflich und mit einem leicht spitzbübischen Lächeln im Gesicht, welches die Blondine stets dazu brachte, ebenfalls zu lächeln „ich nehme mal an, dass Sie mir nicht mehr verraten dürfen?“ entgegnete sie, woraufhin er stumm nickte, bevor er sich in Bewegung setzte. Marie lief ihm nach und wurde zu einem Saal geführt, den sie bislang noch nicht kannte „wie wäre es mit einem kleinen Tipp?“ versuchte sie es erneut, doch der Butler ließ sich nicht beirren „bedaure, aber meine Lippen sind versiegelt“ erwiderte er und blieb vor einer großen Tür stehen „außerdem befinden wir uns bereits am Ziel.“ Er machte eine leichte Verbeugung und ließ sie zurück „daran werde ich mich nie gewöhnen“ murmelte Marie, die sich jedes Mal komisch vorkam, wenn die Bediensteten so taten, als sei sie eine Prinzessin. Sie atmete noch einmal durch und öffnete schließlich die Tür „was ist denn hier los?“ fragte sie überrascht, während sie sich in dem stilvoll dekoriertem Saal umsah, der von unzähligen Kerzen erleuchtet wurde, die eine warme, sehr romantische Stimmung erzeugten. Mitten im Raum befand sich ein festlich gedeckter Tisch „guten Abend, schöne Frau“ begrüßte Sebastian seine Freundin und ging mit einem Strauß roter Rosen auf sie zu „schön, dass Du da bist.“ Er gab ihr einen sanften Kuss und reichte ihr die Blumen „womit habe ich das denn verdient?“ fragte sie noch immer überwältigt von dem Anblick, der sich ihr bot „Du hast noch viel mehr verdient dafür, dass Du mich in den letzten Wochen ertragen hast. Ich weiß, was ich Dir zugemutet habe und ich möchte mich bei Dir entschuldigen. Außerdem möchte ich danke sagen, weil Du trotzdem immer da warst und…einfach nur, weil es Dich in meinem Leben gibt und weil Du mich glücklich machst“ erklärte er lächelnd. Marie gingen seine Worte runter wie Öl, sie waren Balsam für ihr Herz „und ich bin froh, dass ich Dich endlich wieder habe“ sagte sie erleichtert, legte die Rosen zur Seite und begab sich in seine Arme. Der Graf sog den vertrauten Duft ihres Shampoos ein und drückte sie fest an sich „ich habe für uns gekocht, es gibt drei Gänge“ ließ er sie wissen, woraufhin sie ihn erstaunt ansah „DU? Ganz alleine?“ hakte sie nach und erkannte an seinem Grinsen, dass dem offenbar nicht so war, aber das spielte keine Rolle „Sie überraschen mich immer wieder, Graf Lahnstein“ bemerkte sie amüsiert. Sebastian löste sich sanft von ihr und sah sie zufrieden an „wie schön, dass ich das doch noch schaffe“ erwiderte er und blickte zu dem Tisch „ich glaube, das Essen wird langsam kalt.“ Die Blondine zuckte mit den Schultern „Essen kann man warm machen“ stellte sie fest und knöpfte sein Hemd auf „sehr gutes Argument“ bestätigte Sebastian grinsend, bevor er ihr Shirt auszog und beide in einem leidenschaftlichen Kuss versanken. Marie vergaß für einen Moment ihre Wut auf die Polizei und den Hass, den sie für Tanja empfand. In diesem Augenblick zählten nur Sebastian und sie, mit ihm zusammen fühlte sie sich wieder stark und sie wusste, dass sie mit seiner Hilfe auch Tanja irgendwann das Handwerk legen würde. „Du hast mir gefehlt“ flüsterte sie ihm zu „Du mir auch“ erklärte er leise und verschloss ihren Mund mit seinen Lippen, während sie sich gemeinsam zu Boden gleiten ließen, wo sie ihrer Sehnsucht nacheinander freien Lauf ließen.

Marlene brummte nur ein knappes „herein“ als es an der Tür klopfte, ohne dabei aufzuschauen und bemerkte Rebecca erst, als diese vor ihrem Schreibtisch stehen blieb „was machst Du denn hier? Ist Deine geheime Unterhaltung mit Juri etwa schon beendet?“ Rebecca ließ sich von ihrem Zynismus nicht beeindrucken und reichte ihr die Tasse „ich bringe Dir einen Kaffee“ sagte sie „und das Gespräch mit Juri war weder geheim, noch hat es stattgefunden. Er ist nämlich direkt nach Dir gegangen.“ Marlene nahm die Tasse und stellte sie vor sich auf den Tisch „das ist aber sehr bedauerlich, dann konntest Du ihn ja gar nicht mehr davon überzeugen, doch noch Verantwortung für das Kind zu übernehmen“ erwiderte sie gereizt „ist es das, was Du mir vorwirfst? Dass ich mir einen Vater für Madeleine wünsche? Was ist daran denn bitte so falsch, kannst Du mir das vielleicht mal erklären?“ Sie schaute in die blauen Augen ihrer Frau, die heute besonders stark funkelten „daran ist nichts falsch, aber Du musst auch nicht so tun, als ginge es nicht ohne ihn. Wir sind bisher sehr gut ohne Juri Adam zurecht gekommen und das werden wir auch in Zukunft. Ich habe es einfach satt, dass er ständig Thema ist und dass Du ihn behandelst, als sei er ein rohes Ei. Juri ist erwachsen, er kann seine eigenen Entscheidungen treffen und er weiß sehr genau was er will!“ erklärte sie, wobei sie den letzten Teil des Satzes besonders betonte. Rebecca runzelte die Stirn „was willst Du denn damit sagen? Reden wir jetzt noch von dem Kind, oder was soll diese Anspielung?“ verlangte sie zu wissen, woraufhin Marlene einen tiefen Seufzer ausstieß „was? Könntest Du mir bitte endlich verraten, worum es hier geht? Ich habe keine Lust auf Ratespielchen.“ Die Clubbesitzerin stand von ihrem Platz auf und ging um den Tisch herum zu der Gräfin „ich weiß nicht, wie Juri zu dem Kind steht, aber dafür weiß ich umso besser, wie er zu Dir steht“ erwiderte sie „aha, und wie steht er zu mir?“ fragte die Brünette leicht genervt, weil sie nicht verstand, worauf die andere hinaus wollte. Marlenes Gesicht wurde plötzlich sehr ernst, und für einen kurzen Augenblick glaubte Rebecca Angst in ihren Augen erkannt zu haben „Juri ist in Dich verliebt. Und wenn er Dich haben könnte, würde er sicher auch gerne seine Rolle als Vater einnehmen“ sagte Marlene und es klang nicht wie eine Vermutung, sondern wie eine Tatsache. Rebecca starrte sie mit offenem Mund an, doch ein Wort wollte ihr nicht über die Lippen kommen „was ist? Hast Du keine Meinung dazu?“ hakte die Blondine ungeduldig nach, doch Rebecca musste sich erst einmal setzen und das Gehörte sacken lassen, bevor sie dazu auch nur irgendetwas sagen konnte.

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BeitragVerfasst: 02.10.2015, 10:29 
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Teil 373:

Rebecca war inzwischen wieder aufgestanden und tigerte unruhig vor Marlenes Schreibtisch auf und ab „woher weißt Du das überhaupt? Hat Juri Dir gegenüber etwas angedeutet?“ wollte sie wissen und blieb vor der anderen stehen „natürlich nicht, oder glaubst Du, dass er das ausgerechnet mir auf die Nase binden würde?“ Die Gräfin sah ihre Frau irritiert an „ja, und woher weißt Du es dann? Verdammt, Marlene, jetzt lass Dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“ sagte sie aufgebracht „reg Dich bitte nicht so auf, das ist nicht gut für Dich“ erwiderte die Clubbesitzerin besorgt, die sich bereits fragte, ob es eine gute Idee gewesen war, Rebecca mit ihrem Verdacht zu konfrontieren. Die Brünette verdrehte die Augen „es geht mir gut, okay, aber ich möchte jetzt gerne eine Antwort auf meine Frage haben“ bemerkte sie ungeduldig, woraufhin Marlene seufzend nachgab „es gibt keine Beweise dafür, falls Du das meinst...aber ich weiß einfach, dass es so ist. Ich habe Juri in letzter Zeit beobachtet, wenn ich ihm begegnet bin und vorhin stand es ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Er sucht Deine Nähe, Rebecca, deshalb war er heute da und sobald er mit Dir zusammen ist, benimmt er sich ganz anders, als er es sonst tut. Er ist viel offener und weniger wortkarg...und außerdem sieht er Dich mit diesem Blick an...das gefällt mir nicht, und deshalb war ich vorhin auch so verärgert. Ich will einfach nicht, dass er Dir ständig auf die Pelle rückt und anfängt sich in unser Leben einzumischen.“ Rebecca ließ das Gesagte sacken und atmete anschließend hörbar aus „das ist alles? Und ich dachte schon, dass ich mir ernsthaft Sorgen machen müsste“ erklärte sie erleichtert „wie bitte? Was soll das denn heißen? Hast Du mir gerade nicht zugehört?“ erwiderte die Blondine verärgert und verschränkte die Arme vor der Brust. Die junge Gräfin legte ihre Hände auf Marlenes Arm und versuchte sie mit einem Lächeln zu besänftigen „doch, natürlich habe ich Dir zugehört, aber ich glaube, dass Du Dich da in was verrannt hast. Juri und ich sind einfach nur gute Freunde, das ist alles und dass er mir inzwischen vertraut und sich mir gegenüber öffnet, war ein langer Weg. Du musst Dir keine Sorgen seinetwegen machen, er will nichts von mir, jedenfalls ganz sicher nicht DAS“ bekräftigte sie, doch Marlene gab sich damit nicht zufrieden „und ich glaube, dass Du Dich täuschst und es einfach nicht sehen willst, weil es nämlich alles noch komplizierter machen würde, als es ohnehin schon ist. Ich weiß wovon ich rede, Rebecca, bei Jacky und mir war es doch das gleiche...und wenn man nicht aufpasst, dann steht man am Ende vor unlösbaren Problemen. Du musst mit ihm reden...oder ich mache es, wenn Du Dich nicht traust.“ Die Gräfin fuhr erschrocken herum „was? Nein, bloß nicht! Ihr beide streitet doch nur wieder und das hilft erst recht niemandem. Ich finde wirklich, dass Du übertreibst. Dabei hast Du gar keinen Grund eifersüchtig zu sein, Du weist doch, dass ich nur Dich liebe und dass das mit Juri niemals passiert wäre, wenn Tanja uns damals nicht dieses Zeug in die Getränke gemischt hätte. Komm schon, Marlene, lass es gut sein, bitte. Wenn ich Juri damit konfrontiere, macht er am Ende nur wieder dicht und ich habe dann den Ärger...schließlich arbeiten wir zusammen, jeden Tag“ gab sie zu bedenken und blickte ihre Frau flehend an. Marlenes Gesichtsausdruck ließ vermuten, dass sie nicht einverstanden war und genau so kam es auch „wenn Du nicht möchtest, dass wir beide deswegen dauerhaft Ärger haben, dann wirst Du nicht drum herum kommen. Ich mache ja wirklich eine Menge mit und versuche mich mit der Situation zu arrangieren, aber irgendwo hört es einfach auf. Und wenn ich das Gefühl habe, dass Juri meiner Frau schöne Augen macht und sich am Ende womöglich in den Kopf setzt, dass es vielleicht doch ganz schön wäre eine eigene Familie zu haben, dann ist dieser Punkt definitiv erreicht! Also wirst Du nun mit ihm reden, oder nicht?“ verlangte sie zu wissen. Rebecca erkannte, dass sie aus der Nummer nicht heraus kam, wenn sie weiteren Ärger vermeiden wollte und ihr wurde bewusst, dass Marlene tatsächlich sehr eifersüchtig zu sein schien „okay, ich rede mit ihm, auch wenn ich noch keine Ahnung habe, wie ich das anstellen soll. Aber was ist, wenn er es bestreitet? Dann ändert das auch nichts, wir sind kein Stück weiter und haben trotzdem Ärger“ bemerkte sie etwas resigniert „es einfach zu ignorieren ist aber nun mal keine Alternative“ erwiderte die Blonde und legte ihre Arme und Rebeccas Taille „Du bist manchmal echt eine harte Nuss, weißt Du das eigentlich?“ Marlene nickte „das muss man auch sein, wenn man mit Dir verheiratet ist“ stellte sie fest und gab der Brünetten einen sanften Kuss „wo wir das nun geklärt haben, kannst Du ja auch wieder mit mir nach Hause kommen. Da warten nämlich noch unzählige Kartons auf uns...und ein großes, weiches Bett“ säuselte Rebecca grinsend. Marlene lachte „also das mit dem Bett klingt gut, aber die Kartons müssen bis morgen warten. Ich bin nämlich Hunde müde“ erwiderte sie „schade eigentlich, ich dachte ich könnte Dich noch zu einem gemeinsamen Schaumbad überreden. Das soll ja sehr Schlaf fördernd sein, habe ich gehört.“ Als sie das Lächeln in Marlenes Gesicht sah, wusste Rebecca, dass das Schlimmste erst mal überstanden war und wünschte, sie hätte auch das Gespräch mit Juri bereits hinter sich.

Es war noch früh an diesem Morgen, als Lukas seine Küche betrat, um sich einen Kaffee aufzusetzen. Nach Helenas Geständnis mit Karsten geschlafen zu haben, hatte er die ganze Nacht wie paralysiert in seiner Wohnung gesessen, in den Fernseher gestarrt, ohne auch nur ein bisschen davon wahrzunehmen und ein Bier nach dem anderen getrunken, bis ihm schlecht geworden war. Irgendwann war ihm dann der Gedanke gekommen zu seinem Bruder zu gehen, doch er hatte es nicht getan, was rückblickend betrachtet wohl auch besser war. Eine Begegnung mit Karsten in seiner gestrigen Verfassung wäre wahrscheinlich in einer Tragödie geendet. Bei dem Gedanken an seinen älteren Bruder, fingen Lukas´ Hände an zu zittern „mein Bruder...“ sagte er leise und wurde erneut von seinen Gefühlen übermannt. Seine Gesichtsmuskeln spannten sich an, die Glaskanne in seiner Hand bebte, während Wut und Schmerz in ihm tobten und ihn beinahe wahnsinnig werden ließen „verdammter Verräter!“ schrie er und warf die Kanne mit voller Wucht gegen die Wand, wo sie geräuschvoll zerschellte. Lukas nahm sich seine Krücken, griff im Vorbeigehen nach dem Schlüssel und verließ entschlossen seine Wohnung. Er musste zu ihm, wollte es aus seinem Mund hören und er wollte, dass es Karsten genauso schlecht ging wie ihm, wenn er mit ihm fertig war.

Als Marie an diesem Morgen erwachte, waren ihre beiden Kinder bereits frisch gewickelt und krabbelten auf der Decke herum, die vor dem Bett ausgebreitet war „Ihr seid ja schon fertig“ sagte sie und setzte sich zu ihnen auf den Boden. Sie gab Jonas einen Kuss auf den Hinterkopf, der mal wieder nicht gewillt war, sich auf den Arm nehmen zu lassen und setzte sich stattdessen Sophie auf den Schoß „Dein Bruder mag schon jetzt nicht mehr mit mir schmusen“ erklärte sie lächelnd und streichelte durch die blonden Haare ihrer Tochter „wenn er nicht möchte, stelle ich mich gerne zur Verfügung“ bemerke Sebastian, der in der Tür stand und die drei beobachtete. Marie warf ihm einen verliebten Blick zu, sie hatte die Unbeschwertheit zwischen ihnen lange vermisst und obwohl sie sehr glücklich über den Wandel war, fragte sie sich noch immer, woher dieser kam „wenn Du Dich weiter so gut führst, stehen Deine Chancen nichts schlecht“ erwiderte sie und klopfte mit der Hand auf die Decke, woraufhin er sich neben sie setzte „danke, dass Du die beiden schon fertig gemacht hast. Wo ist eigentlich Emma?“ Sebastians Lächeln verschwand und Marie versuchte ihn zu trösten „Du wirst sie nicht verlieren, hörst Du? Ich weiß, dass Du Angst davor hast, dass Tanja mit irgendwelchen miesen Tricks oder Lügen das Gericht manipulieren wird, aber so einfach ist das nicht. Du bist ein wunderbarer Vater, das kann jeder bestätigen, der Dich kennt. Tanja dagegen steht ziemlich allein da. Sie darf damit nicht durchkommen, nicht schon wieder...“ erklärte sie und griff nach seiner Hand „ich habe mich gestern mit Kommissar Kramer getroffen. Sie haben den Fall vorerst geschlossen. Ist das nicht unglaublich? Wir müssen nachher unbedingt den Privatdetektiv anrufen, er soll noch weitere Leute auf Tanja ansetzen. Wenn die Polizei einfach aufgibt ist das ihre Sache, aber ich werde nicht eher aufhören, bis ich weiß, wer noch an der Entführung meiner Kinder beteiligt war, und wer auf mich geschossen hat. Kannst Du nicht noch mal mit Kramer reden, oder besser gleich mit seinem Vorgesetzten? Du kennst doch bestimmt Leute an den richtigen Stellen, die Einfluss darauf haben, wann eine Ermittlung eingestellt wird.“ Ihre grünen Augen sahen ihn hoffnungsvoll an, doch der Graf konnte es nicht ertragen und senkte den Blick „Marie, da ist noch etwas, was ich Dir sagen muss...es geht um Emma...und auch um Tanja und die Ermittlungen“ erklärte er mit leiser Stimme. Ein merkwürdiges Gefühl ergriff Besitz von Marie, die ihre Tochter noch ein bisschen fester an sich drückte „was meinst Du damit? Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun?“ fragte sie unsicher „Tanja hat ihren Antrag zurück genommen und verzichtet auf das alleinige Sorgerecht für Emma. Aber dafür hat sie etwas von mir verlangt...“ erwiderte er bedrückt. „Was hast Du gemacht?“ wollte sie wissen und eine böse Ahnung beschlich sie, noch ehe er es ausgesprochen hatte „ich habe dafür gesorgt, dass die Ermittlungen gegen Tanja eingestellt werden und ich habe auch die Privatermittler von dem Fall abgezogen. Ich weiß, dass ich mit Dir hätte reden sollen, aber sie hat mir keine Zeit gelassen darüber nachzudenken und nur so konnte ich verhindern, dass sie mir Emma für immer wegnimmt“ gestand er kleinlaut und blickte in das fassungslose Gesicht von Marie, die sich fühlte, als hätte man ihr gerade den Boden unter den Füßen weggezogen.

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BeitragVerfasst: 02.10.2015, 10:30 
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Teil 374:

„Das hast Du nicht getan! Sag mir, dass Du das nicht wirklich getan hast, Sebastian!“ rief Marie aufgebracht, nachdem sie Sophie abgesetzt hatte und von der Decke aufgesprungen war. Der Graf stand ebenfalls auf und blieb resigniert vor ihr stehen, er konnte ihren vorwurfsvollen Blick kaum ertragen „was hätte ich denn tun sollen? Sie hätte mir sonst meine Tochter weggenommen, Marie, für immer! Selbst wenn dieser Prozess anders ausgegangen wäre, dann hätte sie eben einen anderen Weg gefunden...zur Not hätte sie einfach das Land mit Emma verlassen. Ich konnte das nicht zulassen, kannst Du das nicht wenigstens ein kleines bisschen verstehen?“ versuchte er sein Verhalten zu rechtfertigen. Das Gesicht der Blondine war vor Wut verzerrt und wären Jonas und Sophie nicht im Raum gewesen, wäre sie wohl komplett ausgerastet „ich soll verstehen, dass Du einer Kindesentführerin und Mörderin dabei hilfst ihre Taten zu vertuschen? Weißt Du eigentlich noch, was Du da tust? Was zum Teufel ist bloß in Dich gefahren? Hast Du schon vergessen, was für eine höllische Angst wir um die Kinder hatten und dass ich nur wegen Darius überhaupt noch am Leben bin? Wie konntest Du Dich darauf nur einlassen und mich derart hintergehen? Ich fasse es nicht, ich fasse das einfach nicht!“ ließ sie ihn wütend wissen und holte die Tragetaschen für ihre Kinder. Sebastian ging ihr nach und griff nach ihrem Arm, doch sie schlug ihn weg „Marie, bitte, hör mir doch kurz zu! Ich glaube nicht, dass Tanja wirklich hinter der Entführung steckt. Sie mag ja zu vielem fähig sein, aber zwei Babys entführen und einen Mord in Auftrag geben, das bringt selbst sie nicht fertig, und außerdem war Emma damals bei ihr! Ich will doch auch, dass die Kerle gefasst werden und dafür werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, aber das mit Tanja war eine Sackgasse. Jonas und Sophie geht es gut, sie sind in Sicherheit und sie sind bei uns. Dasselbe wünsche ich mir für Emma...wir sind doch eine Familie, wir fünf und jetzt kann uns das auch keiner mehr nehmen“ erklärte er eindringlich, doch seine Freundin wollte davon nichts hören. Sie legte Jonas und Sophie nacheinander in ihre Tragetaschen und erst als sie fertig war, wandte sie sich wieder an Sebastian „glaubst Du eigentlich selber an das, was Du da sagst? Natürlich steckt Tanja mit drin, oder warum sonst verlangt sie von Dir, dass Du die Polizei zurück pfeifst? Das tut niemand, der eine reine Weste hat und Emma war von Anfang an ihr Druckmittel, weil sie ganz genau wusste, dass wir ihr auf der Spur sind! Du erzählst mir was von Sicherheit, aber was bitte ist die wert, so lange Deine kranke Ex-Frau frei herum läuft und ihre Spielchen spielt? Es ist einfach unfassbar, wie sehr sie Dich immer noch beherrscht und wie sie es geschafft hat, Dich zu manipulieren. Bei allem Verständnis dafür, dass Du Angst um Emma hast, die habe ich auch, Sebastian. Aber Jonas und Sophie sind ja nur meine Kinder, da kann man schon mal ein Auge zu drücken und irgendeinen dreckigen Kuhhandel machen, der dafür sorgt, dass ihre Entführer ohne Strafe davon kommen, was? Damit bist Du eindeutig zu weit gegangen und es ist mir völlig egal, ob Du es nur getan hast, weil Du Tanja für unschuldig hältst! Es steht Dir nicht zu einfach den Richter zu spielen und über Recht und Unrecht zu entscheiden. Ich werde dabei nicht mitspielen und ich werde noch heute das Schloss verlassen.“ Der Graf riss entsetzt die Augen auf und packte seine Freundin an den Schultern „bitte tu das nicht! Lass uns in Ruhe darüber reden, wir finden schon eine Lösung. Ich wollte Dich nicht hintergehen, ich war einfach nur verzweifelt und hatte schreckliche Angst meine Tochter zu verlieren. Bitte, Marie, es tut mir leid...“ flehte er, doch Marie schüttelte nur traurig den Kopf „ich habe auch Angst, Sebastian. Seit der Entführung komme ich nicht zur Ruhe, weil ich ständig mit der Angst lebe, dass man mir Jonas und Sophie noch einmal wegnehmen könnte. Meine einzige Hoffnung war, dass man die Verantwortlichen findet und dann kommst Du und lässt Dich auf einen Deal mit Tanja ein. Du handelst mit dem Leben meiner Kinder und jetzt erwartest Du, dass ich dafür auch noch Verständnis habe? Es mag Dir nicht richtig bewusst gewesen sein, aber das macht es für mich nicht weniger schlimm. Vielleicht fragst Du Dich mal, wie es im umgekehrten Fall gewesen wäre, wenn Emma damals entführt worden wäre.“ Sie blinzelte ein paar Tränen weg und nahm die beiden Taschen mit ihren Kindern zur Hand „Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen...ich habe vielleicht einen Fehler gemacht, aber ich liebe Euch, Ihr seid doch meine Familie“ versuchte er ein letztes Mal sie zu erreichen, aber es war vergebens „das hättest Du Dir überlegen sollen, bevor Du uns wegen Tanjas Erpressung verraten hast“ erwiderte sie enttäuscht, bevor sie die Suite verließ und ein verstörter Sebastian zurück blieb, der erst jetzt wirklich begriff, was er mit seinem Verhalten angerichtet hatte.

„Und Du bist Dir sicher, dass ich nicht doch lieber mit rein kommen soll?“ fragte Marlene erneut und streckte ihren Hals, um einen Blick in das Innere des Labels erhaschen zu können, doch von Juri war weit und breit nichts zu sehen „Marlene!“ ermahnte Rebecca ihre Frau und sah sie strafend an „ich habe Dir versprochen mit ihm zu reden, aber wann und wie ich das mache, das überlässt Du bitte mir, okay?“ Die Blondine seufzte „ist ja schon gut, ich sage nichts mehr. Ich wäre einfach gerne an Deiner Seite, falls Juri anders reagieren sollte, als man es erwarten kann“ erwiderte sie „worauf soll ich reagieren?“ erklang plötzlich eine Stimme und als die beiden sich umdrehten, stand unerwartet der Designer vor ihnen. Rebecca schaute ihn verdattert an „hey, da bist Du ja...tja, also ich wollte gleich etwas mit Dir besprechen, wenn Du einen Moment Zeit hast“ erklärte sie unsicher „geht es wieder um das Baby?“ hakte er misstrauisch nach und musterte die beiden skeptisch. Die Gräfin gab ihrer Frau ein Zeichen, woraufhin Marlene sich leicht widerwillig von ihr verabschiedete „ich bin im No Limit, wenn was ist“ flüsterte sie und gab der anderen demonstrativ einen Kuss, bevor sie sich auf den Weg machte. Die Gräfin wandte sich wieder ihrem Freund zu „lass uns rein gehen, ich möchte das nicht hier zwischen Tür und Angel besprechen“ sagte sie und ging voraus. Juri folgte ihr mit mulmigen Gefühl, irgendetwas sagte ihm, dass das alles nichts Gutes zu bedeuten haben konnte „okay, jetzt sind wir drin. Also, was ist los?“ fragte er betont lässig, damit sie nicht merkte, wie nervös er eigentlich war. Rebecca hatte sich hingesetzt, stand aber direkt wieder auf, weil sie es nicht an einer Stelle aushalten konnte „also das Ganze fällt mir nicht so leicht und es ist mir auch ziemlich unangenehm, aber ich muss Dich das leider trotzdem fragen...“ setzte sie an und druckste dann erneut herum „was musst Du mich fragen?“ hakte Juri nach, obwohl er es eigentlich gar nicht wissen wollte. Die Brünette atmete noch einmal tief durch und riss sich schließlich zusammen „es ist wegen uns beiden, also vielmehr wegen Dir...Marlene hat den Eindruck, dass Du möglicherweise mehr zwischen uns sehen könntest, als eine Freundschaft, und ich habe ihr versprochen, dass ich mit Dir rede. Und nur um das gleich vorweg zu nehmen...ich teile ihre Ansicht nicht, aber wenn an ihrem Verdacht doch etwas dran sein sollte und Du tatsächlich...Gefühle für mich haben solltest, dann musst Du keine Angst haben mir das zu sagen. Also was ich damit sagen will ist, es würde nichts zwischen uns ändern...niemand kann was für seine Gefühle und wenn man offen damit umgeht, dann...Ach, verdammt, das ist doch alles Käse! Es tut mir leid, dass ich Dir mit so was ankomme, aber für Marlene ist es wichtig und ich möchte ihr diese ganze Situation einfach so angenehm wie möglich machen. Also sag mir einfach, dass ich gerade totalen Unsinn quatsche und schon können wir wieder an die Arbeit gehen“ versuchte sie das ganze mit ein wenig Humor zu überspielen, doch Juri lachte nicht. Er saß einfach nur da, starrte vor sich hin und schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein „bist Du jetzt sauer? Weißt Du, das ist echt nicht böse gemeint von Marlene, aber für sie ist das alles auch nicht einfach. Wir hatten eine ziemlich schwere Krise bevor heraus kam, dass ich von Dir schwanger bin und kaum war die überwunden, musste sie die nächste Kröte schlucken, nachdem wir schon sicher waren, dass in dieser Nacht damals nichts passiert ist. Jedenfalls wünsche ich mir noch immer, dass wir drei eine Lösung finden, die für uns alle in Ordnung ist und dazu gehört nach wie vor, dass Du am Leben unserer Tochter Anteil nimmst. Warum bist Du gestern zu mir gekommen? Hatte das nicht vielleicht doch etwas mit dem Baby zu tun?“ wollte sie wissen und sah ihn abwartend an. Juri rutschte unruhig auf seinem Platz herum, seine Hände schwitzten und sein Herz klopfte ihm bis zum Hals „schon möglich“ erwiderte er zu Rebeccas Überraschung, die ihre Aufregung kaum verbergen konnte „was bedeutet das? Hast Du es Dir doch anders überlegt?“ Der Designer nickte zaghaft, immerhin konnte er damit vorerst verhindern, dass Rebecca von seinen Gefühlen für sie erfuhr „es ist kein Versprechen, aber ich würde gerne bei der nächsten Untersuchung dabei sein, wenn ich darf“ sagte er und empfand tatsächlich eine gewisse Vorfreude bei dem Gedanken daran, Rebecca zu ihrem nächsten Termin zu begleiten. Die junge Gräfin war überrascht, aber sie freute sich sehr über seine Entscheidung „natürlich darfst Du, das habe ich Dir immer gesagt“ erklärte sie und ging auf ihn zu „dann kann ich Marlene also sagen, dass zwischen uns alles geklärt ist und dass sie sich keine Sorgen mehr zu machen braucht?“ Sie blickte ihn aus ihren braunen Augen forschend an und als er nickte, schloss sie ihn erleichtert in die Arme „ich bin so froh“ flüsterte sie und Juri war es ebenfalls, wenn auch aus einem völlig anderem Grund. Er genoss die Nähe zu Rebecca und spürte, dass sich etwas in ihm veränderte. Und zum ersten Mal in seinem Leben erschien es ihm richtig, diese Veränderung zuzulassen, auch wenn er nicht wusste, wohin sie ihn am Ende führen würde.

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BeitragVerfasst: 02.10.2015, 10:32 
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Teil 375:

Karsten kam gerade aus der Dusche und trug nur ein weißes Handtuch um seine Hüften, als er zur Tür ging, um nachzusehen, wer ihn zu dieser frühen Stunde besuchte. Er warf einen Blick durch den Spion, erkannte seinen Bruder und öffnete grinsend die Tür „ich hoffe Du hast wenigstens Brötchen mitgebracht, wenn Du schon in aller Herrgottsfrühe hier auftauchst“ scherzte er, doch ein Blick in Lukas´ Gesicht ließ sein Lächeln auf der Stelle gefrieren. Etwas stimmte nicht, das war offensichtlich, und Karstens Herz blieb beinahe stehen, als sein Bruder auf ihn zukam, dicht vor ihm stehen blieb und nur ein einziges Wort sagte „warum?“
Der Ältere wich einen Schritt zurück, seine Gedanken rasten, und während er sich noch fragte, ob Lukas es tatsächlich wusste, wurde es zur schrecklichen Gewissheit „du hast es wirklich getan...Du hast mit Helena geschlafen“ stellte sein Bruder wie unter Schock fest, als hätte er bis gerade eben noch gehofft, dass es nur ein Missverständnis sei. Karsten sackte in sich zusammen, er hatte die ganze Zeit befürchtet, dass es so kommen würde und nun war er nicht nur ein Betrüger, sondern auch noch ein Lügner in den Augen seines Bruders. Er wäre am liebsten im Erdboden versunken, oder hätte sich in Luft aufgelöst, aber auch das hätte nichts an seiner Schuld geändert und an seinem Verrat. Er suchte noch immer nach Worten, während Lukas´ glasige Augen ihn wütend fixierten „gib mir gefälligst eine Antwort! Oder bist Du selbst dafür zu feige?“ zischte er den anderen an, der leicht zusammenzuckte, als er die Verachtung spürte, die ihm entgegen schlug. Karsten versuchte sich zusammenzureißen, aber er schaffte es nicht seinem Gegenüber in die Augen zu sehen, zu groß war die Angst, dass er Hass in ihnen erkennen würde „ich...ja, es stimmt“ gestand er mit gesenktem Kopf „ich weiß nicht, wie das passieren konnte...ich wollte nicht...es tut mir alles so schrecklich leid.“
Lukas starrte seinen Bruder an, der es immer noch nicht fertig brachte ihm in die Augen zu sehen und plötzlich setzte etwas in ihm aus. Er machte einen Schritt auf Karsten zu, packte ihn grob an den Schultern und drückte ihn gegen die Wand „sieh mich verdammt noch mal an, Du Mistkerl! Was tut Dir leid? Dass Du einfach mal so meine Freundin gevögelt hast? Oder dass Du mich eiskalt hintergangen und belogen hast?“ fuhr er den anderen an. Karsten spürte den zunehmenden Druck, der von Lukas´ Hand ausging, die nahe an seinem Hals lag und ihm das Atmen erschwerte „Lukas, bitte...es war nicht einfach so...ich konnte es nicht verhindern. Ich habe es versucht, das schwöre ich Dir...ich hasse mich selbst dafür“ beteuerte er und versuchte nach der Hand seines Bruders zu greifen, doch Lukas schlug sie weg. Er schien völlig neben sich zu stehen, erhöhte den Druck und sah ihn aus entsetzten Augen an „willst Du damit sagen, dass Du schon die ganze Zeit was von ihr wolltest?“ fragte er schockiert und als Karsten erneut den Blick senkte, wusste er, dass es so war. Für einen kurzen Moment ließ Lukas von seinem Bruder ab, der erleichtert nach Luft schnappte, doch nur wenige Sekunden später bekam er die Faust des anderen zu spüren, die ihn unvorbereitet und mit voller Wucht erwischte „Du elender Lügner, Du hast mich die ganze Zeit getäuscht und nur auf Deine Chance gewartet, damit Du sie mir wegnehmen kannst“ sagte er mit bebender Stimme und fing plötzlich an zu zittern. Karsten rappelte sich mühevoll auf und umfasste seine blutende Nase „nein, Lukas, so war das nicht...bitte lass uns in Ruhe darüber reden, ich kann Dir das erklären...Ich wollte Dir Helena niemals wegnehmen, das musst Du mir glauben. Außerdem liebt sie nur Dich, das weiß ich...“ erklärte er verzweifelt, machte es damit aber nur noch schlimmer, denn Lukas packte ihn erneut „halt Deinen Mund, ich will das nicht hören! Wenn sie nur mich liebt, warum hat sie sich dann mit Dir eingelassen? Wie oft habt Ihr es getrieben hinter meinem Rücken? Wie lange geht das schon?“
Karsten riss entsetzt die Augen auf, als er eine Bewegung hinter Lukas wahrnahm und versuchte ihn zu besänftigen „Lukas, bitte...lass mich los...die Kinder sind bei mir“ sagte er leise, da erklang auch schon die verschlafenen Stimme des kleinen Paul, der hinter den beiden stand und sich die müden Augen rieb „was macht Ihr denn da und warum seid Ihr so laut?“
Lukas wurde stocksteif und blickte seinen Bruder erschrocken an „es ist alles in Ordnung, mein Schatz. Der Onkel Lukas hat mir nur aufgeholfen, weil ich im Bad ausgerutscht bin. Geh wieder schlafen, ich wecke Euch, wenn das Frühstück fertig ist“ versuchte Karsten die brisante Situation zu entschärfen, aber Paul war schon auf seinen Onkel zugelaufen und klammert sich an ihn „bleibst Du auch zum Frühstück?“ fragte er und blickte lächelnd zu ihm auf. Lukas wurde schwindelig, er ließ seinen Bruder los und versuchte irgendwie seine Fassung wieder zu erlangen „heute nicht, mein Kleiner...ich habe keine Zeit“ erwiderte er wie in Trance, gab seinem Neffen einen Kuss auf die Stirn und verließ humpelnd die Wohnung, ohne sich noch einmal zu Karsten umzudrehen. Karsten wäre ihm gerne nachgelaufen, aber er hatte noch immer bloß ein Handtuch an, welches jetzt auch noch mit Blut verschmiert war und außerdem stand sein Sohn vor ihm, der etwas ängstlich wirkte „Papa, du blutest ja“ sagte er und lief Karsten in die Arme „das ist nur ein bisschen Nasenbluten, weil ich hingefallen bin. Das ist überhaupt nicht schlimm. Du kannst mir helfen, wenn Du möchtest und mir einen feuchten Waschlappen bringen. Ich ziehe mir in der Zwischenzeit was an und danach wecken wir Deine Schwester auf, okay?“ Anscheinend zeigten seine ruhigen Worte Wirkung, denn Paul lächelte wieder und nickte „okay, ich helfe Dir“ erklärte er „danke, mein Schatz, das ist lieb von Dir“ sagte Karsten, wuschelte ihm durchs Haar und stieß geräuschvoll die Luft aus, als sein Sohn im Badezimmer verschwunden war.

Marlene saß wie auf heißen Kohlen und schaute im Minutentakt auf ihr Handy, was Jacky dazu veranlasste es ihr abzunehmen „hey, was soll das?“ fragte die Clubbesitzerin angefressen „das ist nur zu Deinem Besten, Du machst Dich sonst noch bekloppt...und mich im Übrigen auch“ erklärte die Brünette und steckte es in die Tasche. Marlene schaute sie böse an, aber Jacky ließ sich davon nicht einschüchtern „Du kannst noch so böse gucken, das interessiert mich nicht. Ich mache Dir jetzt einen Tee, Du setzt Dich hin und dann erzählst Du mir mal, warum Du Dich eigentlich so verrückt machst. Ich meine, es ist doch im Prinzip völlig egal, was dieses Gespräch zwischen Rebecca und Juri ergibt, selbst wenn er was von ihr will...er hat doch eh keine Chance. Oder hast Du einen Grund etwas anderes zu denken?“ Sie sah ihre Freundin abwartend an, die sich seufzend an die Bar setzte und die Augen verdrehte „Du bist echt unmöglich, hat Dir das schon mal jemand gesagt?“ erwiderte Marlene resigniert „klar, ständig, aber ich kann damit leben“ konterte Jacky grinsend und stellte den Tee vor der anderen ab. Marlene merkte, wie ein Teil der Anspannung von ihr abfiel „ich weiß ja, dass Du Recht hast, aber es ist nicht so einfach...die beiden bekommen ein gemeinsames Kind...und ich kann diese Verbindung irgendwie nicht einschätzen...“ gab sie zu, wurde aber von Jacky unterbrochen „merk Dir was Du sagen wolltest und erzähl es Deiner Frau, sie kommt gerade auf uns zu“ ließ sie ihre Chefin wissen. Marlene drehte sich ruckartig um und sprang von ihrem Hocker „und? Was hat er gesagt?“ wollte sie ungeduldig wissen „bekomme ich vielleicht erst mal einen Kuss?“ erwiderte die Gräfin gespielt tadelnd und zog einen Schmollmund. Die Blondine kam der Bitte nach, gab ihr einen flüchtigen Kuss und sah sie abwartend an, was Rebecca zum Lachen brachte „also das mit dem Küssen müssen wir aber noch mal üben“ scherzte sie, aber als sie merkte, wie angespannt Marlene noch immer war, wurde sie wieder ernst „es ist alles in Ordnung, okay? Ich habe mit Juri gesprochen und er ist nicht in mich verliebt, wie ich es Dir gesagt habe“ klärte sie ihre Frau auf, doch so leicht war Marlene nicht zu überzeugen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte die Gräfin prüfend an „hat er das so gesagt? Oder hast Du es nur so interpretiert?“ Rebecca seufzte, ihr hätte klar sein müssen, dass Marlene es genau wissen wollte „ach, Marlene, jetzt lass es doch mal gut sein und vertrau mir einfach. Juri hat in keinster Weise durchblicken lassen, dass etwas an unserem Verdacht dran ist, aber dafür hat er etwas anderes gesagt“ verkündete sie fröhlich, was Marlene wiederum alarmierte „aha, und was?“ hakte sie skeptisch nach, während sie sich auf das Schlimmste gefasst machte. Rebecca nahm ihre Hand und lächelte sie zufrieden an „er möchte mich zur nächsten Vorsorgeuntersuchung begleiten. Ich glaube er freundet sich langsam mit seiner Rolle als Vater an. Ist das nicht toll? Pass auf, am Ende wird doch noch alles gut“ berichtete sie hörbar erleichtert und fiel Marlene um den Hals. Die Clubbesitzerin war sprachlos und wusste nicht, wie sie mit der Neuigkeit umgehen sollte, da kam ihr der Zufall zur Hilfe, denn sie erblickte ihre gemeinsame Freundin, die soeben den Club betrat „schau mal, da kommt Marie mit den Kindern“ sagte sie zu ihrer Frau, die sich aus der Umarmung löste und sich umdrehte. Je näher Marie kam, desto deutlicher wurde, dass etwas nicht in Ordnung war. Ihr Gesicht war blass und sie wirkte ziemlich aufgewühlt „hey, ist alles okay mit Dir?“ fragte Rebecca, als sie vor ihr zum Stehen gekommen war und die Zwillinge abgesetzt hatte „nein“ erwiderte Marie knapp und fing dann plötzlich an zu weinen. Die junge Gräfin sah Marlene erschrocken an und nahm ihre Freundin in den Arm „was ist denn los?“ wollte sie besorgt wissen, doch Marie war zu aufgelöst, um zu antworten. Marlene schnappte sich die Zwillinge und wandte sich an die beiden Frauen „kommt, wir gehen in mein Büro. Hier sind zu viele neugierige Blicke“ erklärte sie und wartete darauf, dass die beiden ihr folgten.

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