Neuss
Zauberhaftes Kinder-Theater
VON DAGMAR KANN-COOMANN - zuletzt aktualisiert: 08.11.2010
Neuss (NGZ) Das "Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen" feierte gestern am Rheinischen Landestheater Premiere. Mit tollen Schauspielern erzählt es überzeugend vom Fürchten und mutig Sein.
Katharina Dalichau (Prinzessin) und Roman Konieczny (Der Jüngste) überzeugen auf der Bühne.
Foto: Björn Hickmann/Stage Picture
Abends vor dem Einschlafen erzählt er seinem älteren Bruder am liebsten Geschichten von den ungeheuren Dunkeltieren, die nachts alles holen, was aus der Bettdecke herausschaut. Und wenn sein Bruder sich dann fürchtet, dann wird er, der Jüngere, fast ein bisschen neidisch. Denn wie es ist, sich zu gruseln, das hat er noch nie erlebt. Und doch wünscht er sich nichts mehr, als dieses sonderbare Gefühl kennenzulernen, bei dem einem ein bisschen kalt wird um die Nase und "das Herz plötzlich rennt".
Kleines Meisterwerk
Das "Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen", mit dem das Rheinische Landestheater ab sofort mit Charme und Magie junge Zuschauer ab sechs Jahren ins Reich der dunklen Wälder, verzauberten Königsschlösser und mutigen Herzen entführt, hat einfach alles, was man sich nur wünschen kann: Aus der flotten und modernen Bühnenfassung von Katharina Schlender hat Regisseurin Edda Klepp ein dichtes kleines Meisterwerk voller Abenteuer, Spaß und Weisheit geschaffen. Mit packendem und entdeckungsreichem Bühnenbild, buchstäblich märchenhaften Kostümen, zauberhafter Musik und tollen Schauspielern erzählt es überzeugend vom Fürchten und mutig Sein, viel mehr aber noch davon, die eigenen Fragen und Sehnsüchte ernst zu nehmen.
Dabei ist es allein schon verblüffend und sehenswert, wie Bühnenbildnerin Lea Tenbrock mit großen Holzelementen eine magische Welt geschaffen hat, die sich in großer Einfühlung analog zur kindlichen Fantasie bewegt, in der sich Regale und Kinderbetten durch ein wenig Lichtwechsel in einen finsteren Wald oder ein Königsschloss verwandeln, und man in Schränken oder Bäumen Gesichter und Monster erkennen kann – aber nicht muss.
Mit wunderschönen Kostümen aus Samt, Seide und leuchtenden Farben, einem König in purpurrotem Samt und weißem Hermelin kommt Tenbrock zudem kindlicher Vorstellungskraft angenehm entgegen. Zauberhafte Musik, dezent und leicht, dennoch atmosphärisch dicht und immer pointierend als gestalterisches Element des Erzählens, hat Robin Jurmann für die Inszenierung komponiert und arrangiert.
Mal fürchterlich, mal spaßig aber nie einschüchternd bevölkern die Schauspieler Katharina Dalichau, André Felgenhauer, David Gerlach und Christiane Nothofer die gruselige Märchenwelt der Katzenmonster, Galgengespenster und Untoten, in der nach bestandenen Prüfungen dem Mutigen das Glück in Form der Königstochter winkt. Roman Konieczny ist einfach großartig als junger Abenteurer, zeigt mit Brillanz, großer Natürlichkeit und jungenhaftem Charme einen sympathisch-plausiblen Charakter, der sich auf seinem Weg nicht von der Meinung anderer abhalten lässt, die ihn für ein bisschen dumm halten und der am glücklichen Ende genau das bekommt, was er ersehnt hat, allerdings dennoch nicht die Angst vor Dunkeltieren.
Quelle: ngz-online.de