Teil 2
"Sophia, komm anziehen. Wir müssen Brötchen zum Frühstück holen"
"Nein, nicht anziehen"
"Sophia. Anziehen!"
"Nein, Stella machen"
"Stella ist nicht hier"
Mit großer Mühe gelang es Carla Sophia doch an zu ziehen und ging zu einer Bäckerei für Brötchen.
Es war still in der Straße. Die Straßen Maler von Place du Tetre kamen erst später in den Morgen.
Carla liebte diese Stadt und dieses Stadtteils, aber sie konnte noch nicht geniessen. Sie überlegte,
ob sie die richtige Entscheidung, alle Brücken hinter sich zu verbrennen, getroffen hatte.
Die Brötchen waren schnell gekauft. Sophia war in ihrem Kinderwagen und hatte schon ein Brötchen.
Carla wollte auch noch was Obst kaufen bevor sie zurück ging in die Wohnung.
Nach dem Frühstück spielte Sophia mit ihrer Puppe und Carla öffnete trotzt allen Widrigkeiten ihren Mailbox.
Keine Nachricht von Stella. Eine Nachricht von Leonard, in dem er wieder versuchte sie zu trösten. Auch eine
Nachricht von Elisabeth, aber die wollte sie noch nicht öffnen, weil es wahrscheinlich wieder ein Plädoyer
war um zurück zu kommen. Ansonsten nur einige Werbe-Emails. Sie zögerte. Nochmals einen Email
an Stella schicken, die wieder nicht beantwortet wurde. Nein, dazu hatte sie keinen Lust.
Sie packte ihr Handy. Nichts. Keinen verpasste Anrufe und keine SMS. Sie beschloss, mit Sophia in einen
Park zu gehen, wo sie mit anderen Kindern spielen konnte.
Während Sophia spielte saß Carla auf einer Bank die Sonne zu genießen. Jemand setzte sich neben ihr.
Sie blickte zur Seite und nickte zu dem älteren Mann der sich neben ihr setzte. Der Mann nickte zurück,
aber sagte nichts. Sie saßen schweigend neben einander. Wenige Augenblicke später öffnete der Mann
seine Tasche und zog ein Messer. Carla sah das Messer und wusste nicht, was zu tun ist. Ignorieren,
weglaufen, schreien, aber bevor sie eine Entscheidung nahm, sah sie, dass der Mann einen Apfel aus
seiner Tasche nahm und an fing mit dem Messer seinen Apfel zu schälen. Er bot ihr ein Stück an.
Sie sah den Mann an und sah süße braunen Augen die so sehr die Augen ihres Vater ahnten. Sie nahm
ein Stück Apfel und aß schweigend. Sophia sah sie an und winkte. Sie lächelte und winkte zurück.
"Ist das Ihre Tochter?"
"Ja, das ist Sophia"
"Was für ein süßes glückliches Mädchen und was für eine traurige Mutter hat sie"
Carla blickte zur Seite und sah, dass er ihr noch ein Stück Apfel geben wollte.
"Ich weiß, es geht mir nichts an, aber wenn Sie darüber reden wollen, ich kann sehr gut zuhören"
"Ach, wissen Sie, reden nützt nichts. Was passiert ist, ist passiert"
"Was ist dann passiert?"
"Ich habe mich durch die Umstände so vergiften lassen, dass ich damit die Frau, die ich so sehr Liebe
weggeschickt habe"
"Und es gibt keinen Weg zu ihr zurück?"
"Nein . Ich habe sie so verletzt. Ich habe die Tür hinter mir so hart zugeschlagen. Ich habe es zerstört.
Als ich bemerkte, was ich getan hatte, war es zu spät. Sie war weg"
"Hast du sie nicht mehr gefunden?"
"Nein. Ich ging zu ihre Wohnung. Habe sie angerufen. Ich habe es versucht per E-Mail. Ich habe ihre
Familie und Freunde kontaktiert. Niemand weiß, wo sie ist und sie beantwortet ihr Telefon und E-Mail nicht"
"Wie lange ist das her?"
"Es ist jetzt 6 Monaten her. Ich habe alles versucht. Sie lässt sich nicht finden"
Der Mann bot ihr ein Taschentuch, weil die Tränen über ihre Wangen liefen.
"Sie sind nicht von hier, höre ich"
"Nein, aus Deutschland. Schließlich beschloss ich zu gehen. Ich wollte raus aus die ganze Situation und versuchen
einen neuen Anfang zu machen. Abseits von allem und jedem. Stella ist sowieso nicht da, also was habe ich
da noch zu suchen"
"Familie und Freunde?"
"Familie, Bitte Sprich nicht von Familie. Damit hat allen Elend angefangen. Nein, das war genau der Grund endlich zu gehen"
"Was gehst du hier jetzt tun?"
"Das weiß ich noch nicht. Zunächst etwas Ruhe und dann werde ich sehen, was ich tun werde"
"Kennst du die Stadt?"
"Ja, ein wenig. Ich habe hier schon mal gelebt, als ich studierte"
"Was hast du studiert?"
"Kunstgeschichte"
"Interessant. Wirst du etwas damit machen?"
"Weiß ich noch nicht. Zunächst werde ich versuchen mein Leben wieder auf die Schienen zu bekommen"
"Das scheint ein sehr vernünftiger Vorschlag. Brauchen Sie Hilfe, hier ist meine Karte. Ich fand es angenehm,
mit Ihnen zu sprechen. Aus Wiedersehen"
Der Mann lief weg. Carla blickte auf die Karte. "Alain Marceau, Galerist"
Sie sah, wo der Mann hin war, aber er war verschwunden.
"Sophia, kommst du? Wir gehen nach Hause. Es ist Zeit für dein Nickerchen"
Während Sophia schlief, begann Carla einen Plan zu schreiben auf ihrem Laptop.
...
_________________ Our live begins to end the day we become silent about things that matter.
Martin Luther King
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