„Soso, Carla ist also verliebt.“
„Verliebt würde ich das vielleicht nicht unbedingt nennen“, entgegne ich.
„Wie denn? Immerhin war dir eine Affäre nicht genug und du bist vor Eifersucht aus dem Hotel geflohen, weil eine andere Frau sie geküsst hat.“
„Und sie sich hat küssen lassen! Da gehören immer zwei dazu.“
„Das mag ja sein, Carla. Aber ich darf dir doch trotzdem sagen, dass deine Reaktion ein bisschen vorschnell war. Vor allem weil du- wie du selbst sagst- sie nicht aus deinem hübschen Köpfchen bekommst.“
„Aber was soll ich tun?“
„Ruf sie an!“ Von allen Vorschlägen die Sarah hätte machen könne, war das wohl der sinnfreiste. Ich konnte doch nicht einfach nach über zwei Monaten anrufen und so tun, als wäre nichts gewesen. „Oder hast du Angst?“ Spott liegt in ihrer Stimme.
„Das ist lachhaft!“
„Wenn es so lachhaft ist, kannst du ja ohne Weiteres zum Hörer greifen und sie anrufen.“ Ich sehe zu meinem Handy. „Na los, ich warte“, schiebt Sarah hinterher.
„Um ehrlich zu sein, wäre ich dabei lieber allein.“
„Das könnte dir so passen. Nur damit du wieder kneifen kannst und wir weiterhin einen Trauerkloß am Esstisch sitzen haben.“ Ich hader immer noch mit mir selbst. „Na los, geb dir einen Ruck.“
Ich nehme mein Handy, suche ihren Namen im Kontaktmenü und drücke auf „wählen“. „Der gewünschte Gesprächspartner…“ dringt eine weibliche Stimme in mein Ohr. „Mailbox“, sage ich achselzuckend zu Sarah.
„Und du hast vergessen wie man eine Nachricht hinterlässt?“
Sie hat ja irgendwie Recht. Ihr gegenüber werde ich das heute aber kein zweites Mal zugeben. Stattdessen betätige ich die Wahlwiederholung meine Handys. Erneut sagt mir die Dame, dass Stella momentan nicht erreichbar ist, ich aber eine Nachricht hinterlassen könne. Nach dem Signalton zögere ich erneut. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. „Hi Stella“, fange ich schließlich an, „ich bin es, Carla. Ruf mich doch an, wenn du Zeit hast.“
„Das wars schon? Keine Liebeserklärung?“
„Über die Mailbox? Sind wir hier in einer Daily Soap, wo Stella danach sofort in den Flieger steigt und kurz darauf vor meiner Tür steht?“
„Nein, aber freuen würdest du dich“, antwortet Sarah grinsend.
„Aber ändern tuts nichts“, sage ich, bevor ich von einem Klopfen unterbrochen werde. „Herein.“
Justus öffnet die Tür. „Gräfin Lahnstein, eine Dame steht in der Eingangshalle und möchte zu Ihnen. Ich habe bereits versucht ihr zu verklären, dass Sie arbeiten, aber sie sagt, es sei dringend.“
Augenblicklich fliegt mein Blick zu Sarah. Es kann unmöglich sein, dass… „Danke, Justus, sagen Sie dieser Dame bitte, dass ich gleich bei ihr sein werde. Ach, und führen Sie sie doch bitte in den Salon.“
„Sehr wohl, Gräfin.“ Justus schließt die Tür.
„Denkst du auch das was ich denke?“, fragt mich Sarah.
„Ich hatte die Hoffnung, aber realistisch betrachtet kann es gar nicht sein.
„Und wieso nicht? Es gibt meines Wissens nach nur ein Gut mir dem Namen von Lahnstein in Düsseldorf.“
Die Bluse! Blitzartig schießt mir in den Kopf, dass sie das Päckchen hier her hat schicken lassen. Und noch ehe ich weitere Schlüsse ziehen kann, bin ich durch meine Bürotür und lasse Sarah zurück.
„Justus, sagen Sie, hat die Dame Ihnen einen Namen genannt?“, frage ich als er mir vor dem Salon begegnet.
„Leider nein, Gräfin. Sie bestand vehement darauf, ihn nicht preiszugeben.“
„Wie schaut die Dame denn aus?“
„Bezaubernd“, schwärmt er. „Verzeihung, ich meine…“
„Schon gut, vielen Dank, Justus. Sie haben mir schon geholfen.“ Verdutzt lasse ich ihn stehen und trete in den Salon. Was ich sehe lässt mein Herz schneller schlagen. Vor dem „Mädchen am Fenster“ steht Stella und starrt gebannt auf das Gemälde. „Ein wirklich schönes Werk von Dali, finden Sie nicht?“
Sie zuckt zusammen und dreht sich um. „Carla“, sagt sie leise. Sie ist noch schöner geworden!
„Hallo Stella,“ versuche ich so neutral wie möglich zu sagen.
„Du hast mir gefehlt“, platzt es aus ihr heraus und sie umarmt mich.“
„Warum bist du hier?“
„Weil ich eine Erklärung möchte. Warum hast du London so plötzlich verlassen? Warum hast du dich nicht gemeldet?“
„Das habe ich!“, protestiere ich. „Vor 20 Minuten…“
„Wow! Nach zwei Monaten hast das endlich das Bedürfnis mir dein merkwürdiges Verhalten zu erklären. Ich bin beeindruckt.“
„Ach, und sich von dieser Frau einfach küssen zu lassen war netter, oder wie?“
„Was?“
„Na, diese Frau, in diesem Club!“
„Bist du deswegen so schnell aus London weg?“, fragt sie ungläubig. Ich nicke nur. „Gräfin Lahnstein, Sie haben sich also wegen eines Kusses auf das Niveau eines Teenagers herabgelassen?“
„Stella, bitte. Du hast diesen Kuss ganz offensichtlich sehr genossen. Ich dachte wir wären zusammen dahin gegangen um zusammen Spaß zu haben.“
„Soll ich dir sagen was ich denke? Ich denke, dass du eifersüchtig warst.“
„So ein Quatsch!“, werfe ich sofort dazwischen. Ich Hitzkopf, hab ich ihren Verdacht doch sofort bestärkt.
„Okay, ich nehme es zurück.“
„Danke.“
„Aber nur, weil du nämlich immer noch eifersüchtig bist!“
„Aber nur weil du zu mir gehören sollst!!“
_________________ “If you live to be a hundred, I want to live to be a hundred minus one day so I never have to live without you.” https://www.fanfiction.net/s/8764822/1/Two-In-A-Million
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