One year ago today …
Das Tagebuch der Rebecca von Lahnstein
- Teil 8 -
Liebes Tagebuch,
wo war ich gestern stehengeblieben? Wo stehe ich? Wer bin Ich? Ja, so in etwa geht es mir heute, und ich kann mir nicht helfen, ich bekomme das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Auch wenn es ein Grinsen auf dem Drahtseil ist, für heute … ist mir das egal. Dass ich heute mit Kopf und Kater vom Feinsten aufgewacht bin, stört mich nicht im Geringsten. Das war es wert. Mehr als das. Ich bin … ich weiß es nicht, ich schwebe irgendwie. Ich finde gar keine Worte für das, was ich fühle, was ich denke. Es fühlt sich alles an wie ein Traum. Ein Traum, der zu schön ist, als dass er wahr sein könnte. Aber okay, ich muss mich jetzt mal konzentrieren, um der Reihe nach alles hier festhalten zu können. Gestern, Eröffnung No Limits, Party, Marlene bei mir in der Orangerie, sie will, dass ich mitkomme, ich will nicht … ja, also Marlene hat mich immer weiter in die Enge gedrängt. Es läge also doch an ihr, und wenn sie mir irgendwann auf die Füße getreten wäre, so täte ihr das leid. Nachdem mir blöderweise so ein Spruch rausgerutscht ist nach dem Motto, warum soll ich denn unbedingt dabei sein, sie würde doch sowieso den ganzen Abend mit Tristan rumknutschen, hab' ich gerade noch so eben die Kurve gekratzt und es darauf geschoben, dass ich mich als ewiger Single unter diesen ganzen Paaren da eben nicht wohl fühle. Letztendlich ging's dann aber erst so richtig los, und ich hab' einmal mehr gemerkt, dass man gegen eine solche Diva mit einem solchen Dickschädel und einer solch unwiderstehlichen Anziehungskraft ohnehin keine Chance hat, wenn die erst mal alles in die Waagschale wirft, was sie zu bieten hat. Ja klar, dann wäre es ja richtig, mich hier zu Hause auf dem Sofa zu verkrümeln, und nicht rauszugehen, und es seien doch so viele Singles auf der Party und - im Gegensatz zu ihr - hätte ich doch sogar doppelte Auswahl: Männer UND Frauen. Die Krönung zum Schluss: Madame setzt sich doch tatsächlich einfach aufs Sofa neben mich und sagt, gut, dann bleibe sie eben auch hier. Kehrt mir demonstrativ den Rücken zu, steht auf, holt sich eine Zeitschrift, blättert seelenruhig darin herum und zieht das Ganze tatsächlich durch. Hallo, geht's noch?
Ich wollte nicht, ich wollte wirklich nicht. Und ich habe alles getan, um mich nach Kräften zu wehren, aber irgendwann habe ich … meine Lage einmal mehr als hoffnungslos eingeschätzt. Marlene hat einfach keine Widerrede geduldet, und ich konnte schließlich nicht zu lassen, dass sie ihre eigene Party verpasst. Auch wenn das Erpressung vom Feinsten ist, ich habe aufgegeben, und konnte ihr gegenüber einmal mehr mein "Nein" nicht halten. Es ist egal, was falsch oder richtig ist, denn manchmal im Leben ist es schlichtweg aussichtslos, sich zu wehren. Also bin ich dann doch mitgegangen auf die Eröffnungsparty des neuen No Limits. Kapitulation vor der Diva, der atemberaubendsten Diva der Welt, der schönsten blonden Zicke auf Erden … ja ähm, also so könnte man das auch betiteln. Was danach in der letzten Nacht noch alles passiert ist, hat dem Fass dann den Boden final ausgeschlagen, jetzt bin ich endgültig verloren, soviel kann ich sagen. Mit Denken ist sowieso nichts mehr.
Als wir im No Limits ankamen und ich erst mal wirklich begeistert war von dem, was sie und mein Bruder da auf die Beine gestellt haben, sind wir als erstes Tanja und Sebastian über den Weg gelaufen, die sich offensichtlich - mal wieder - gestritten hatten, und Tanja meinte nur in der ihr so eigenen süffisanten Art, Marlene solle sich nicht wundern, wenn die Schlagzeilen Morgen ein wenig anders ausfallen würden als sie es erwartet. Ich wollte gar nicht erst wissen, was dahinter steckte, auch wenn wir das natürlich alle noch erfahren sollten: Tanja hatte sozusagen die Pooleröffnung vorgezogen und Sonja aus Eifersucht kurzerhand in denselben befördert. Typisch Tanja! Marlene wurde dann direkt von Tristan auf die Tanzfläche gezogen. Da stand ich also, wie abgeholt und nicht bestellt, und hab' mir erst mal ein Glas Champagner genehmigt, zur Beruhigung. Das ging dann eine Weile so weiter, bis Christian mir das wievielte Glas Champagner auch immer es war aus der Hand nahm und meinte, ich könne mich dafür später bei ihm bedanken. Na toll, nicht mal betrinken kann man sich hier in Ruhe, dachte ich mir. Als wenn ich einen Aufpasser brauche. Da ist Olli schon weg, und was hat man davon? Er beauftragt Christian, ein Auge auf mich zu haben, solange er nicht hier ist. Ich war ehrlich hellauf begeistert! Christian wollte mich dann auch direkt mitziehen, weg von hier, weil er natürlich mitbekam, dass ich mir die ganze Zeit Tristan und Marlene frontal reingezogen habe, wie sie glücklich und ausgelassen tanzen, flirten, sich küssen. Aber ich dachte eben, das ist vielleicht gar nicht so schlecht. Ich meine, warum nicht. Ablenkung hat nicht funktioniert. Betrinken geht nicht wegen der vielen Aufpasser. Also: Konfrontationstherapie. Ich meine, ich weiß, dass Marlene das alles nur freundschaftlich meint von wegen, ohne mich geht sie nicht auf die Party und jetzt, wo ich da bin, kann die Party erst richtig starten. Also gestern dachte ich das noch, heute bin ich da gar nicht mehr so sicher. Aber die Frage lautete gestern jedenfalls für mich, wie ich das wieder loswerde, wie ich diese Gefühle abschalten kann. Vielleicht ist das ja eine gute neue Taktik: Ich dachte mir, ich sehe mir Tristans und Marlenes Glück einfach so lange an, bis ich wieder ganz im Hier und Jetzt angekommen bin. Wenigstens fällt es mir rein technisch leicht, weil ich kann sowieso nirgendwo anders hingucken als immer zu ihr, das ist wie ein … Magnet. Und alles andere, dachte ich mir, erledigt eben dein Freund Alkohol, wäre doch gelacht, haben andere vor mir auch schon geschafft. Vor Christian hab' ich dann auch noch behauptet, diese Konfrontation liefe super, und es mache mir fast nichts mehr aus. Ja, Lügen konnte ich auch noch nie! Also hab' ich schließlich eingewilligt bei Christian, dass es wohl besser wäre, jetzt nach Hause zu gehen …
Und natürlich … kam es anders. Denn so einfach ließ mich Marlene nicht entkommen. Stattdessen hat sie mich vehement auf die Tanzfläche gezogen, erneut gab es keine Chance zur Widerrede. Verweigern zwecklos. Ehrlich, ich glaube, so sehr wie sie sich manchmal auch ziert, wenn Marlene etwas wirklich will, dann hat sie diese … diese ganz besondere Gabe und intensive charismatische Wirkung, eben auch dieses alles zu bekommen. Wenn Marlene etwas will, dann nimmt sie es sich, komme, was da wolle, sage wer auch immer was auch immer. Ich kann heute nur sagen: in diesem Fall dem Himmel sei Dank. Denn was dann kam, war einfach … atemberaubend und unbeschreiblich. Ich habe alles um mich herum vergessen, es gab nur sie und mich. Dieser Tanz war alles, wie ich einen Tanz je hätte beschreiben können. Wir waren uns so nah, und es war absolut prickelnd und sexy. Heißer als heiß, heißer als alles, was ich bisher erlebt habe - ganz ehrlich, in diesem Moment hätte sie alles mit mir machen können, hätte ich alles mit ihr machen können. Es hat sich für mich angefühlt, als befände man sich in einem Feuer speienden Vulkan, aber in einem so geschützten Bereich, dass es nicht weh tut, sondern sich anfühlt wie Fliegen. Wie Achterbahn fahren, eine Achterbahn, die nur noch oben fährt und nie fällt. Wie Energie laden und nie verlieren. Wie sich von Funken tragen lassen, aber sich nicht daran verbrennen können. Wie mit dem Feuer spielen, und nichts kann passieren. Es klingt so albern, aber so war es. Genau so. Ich hätte sie auf der Stelle und vor allen anderen einfach … ähm ja, also es war heiß. Heißer als heiß.
Ich war danach so aufgeladen, das kann ich gar nicht beschreiben, also kam es einfach aus mir raus: Die Party sei noch nicht vorbei. Wir würden alle weiter bei mir in der Orangerie feiern. Tristan, Marlene, Kim, Emilio, Andi - alle waren sofort dabei. Nur Christian hatte natürlich Bedenken. Als ich mit ihm vorgefahren bin, hat er mich aufgezogen, ich solle doch noch ein paar Kerzen anzünden, bisschen kuschelige Musik auflegen und einfach alle nach Hause schicken, außer Marlene und überhaupt, was das hier werden solle. Ich war in dem Moment aber so positiv aufgeladen durch den Tanz mit IHR, dass ich einfach alle Bedenken über Bord warf und nur feiern, und jede Sekunde, die Marlene dabei ist, in mich aufsaugen wollte. Ich war in dem Moment aber so voller positiver nicht enden wollender Energie, durch den Tanz mit IHR, dass ich einfach alle Bedenken über Bord warf und nur feiern wollte, und jede Sekunde, die Marlene dabei ist, in mich aufsaugen wollte. Auf eine seltsame Art und Weise hätte ich die ganze Welt umarmen können. Auf eine seltsame Art und Weise habe ich mich gestern unbesiegbar gefühlt. Ich wollte weiter mit dem Feuer spielen, ich konnte mich nicht verbrennen. Wir haben also weiter getrunken, geraucht und alle durcheinander auf dem Sofa und Boden herumgelungert, die ganze Nacht durchgemacht. Christian hat mich zwischendurch immer wieder aufgezogen, aber ich habe einfach auf jede seiner spitzen Bemerkungen, ich tue mir damit keinen Gefallen und sowas, zurückgeschossen. Flippern kann ich schließlich, und echt, ich brauche keine 24/7 Gouvernante, auch wenn es gut gemeint ist! Bis Andi dann auf die glorreiche Idee kam, Flaschendrehen zu spielen. Also hieß es dann "Wahrheit oder Pflicht" - naja, warum auch nicht. Habe ich zuletzt gespielt, da war ich vielleicht 15 Jahre alt oder so, aber so what, bisschen Kind bleiben ist doch immer gut, und witzig ist es ja schon. Dachte ich erst, da wusste ich auch noch nicht, wohin das Ganze führen sollte …
Marlene war als erstes dran, und hat "Wahrheit" gewählt. Die Frage kam von Kim: "Gibt es etwas in deinem perfekten Leben, was dir noch fehlt?". Sie antwortet mit "Nichts", deutet auf Tristan, wir sollten uns nur diesen Mann anschauen, ob wir da wirklich glauben würden, dass da Wünsche unerfüllt blieben. In solchen Momenten trifft es mich. Trifft mich was auch immer, ohne jegliches Recht, getroffen zu werden. Eifersucht ist eines der schlimmsten Gefühle, die ich kenne, und erst jetzt weiß ich, was Eifersucht überhaupt ist. Irgendwann haben wir Andi bei "Pflicht" die Fingernägel pink lackiert, damit muss der Ärmste nun einen ganzen Tag lang herumlaufen. Dann war ich dran, und habe auch "Pflicht" genommen. Christian meinte noch, ich dürfe bei Andi doch keine Pflicht nehmen und hat die Hände überm Kopf zusammen geschlagen. Auch Emilio meinte, das sei ein Fehler. Aber da war es zu spät. Andi wollte einen Zuschlag von Marlene und mir, nach dem heißen Tanz von der Party. Erst dachten wir, wir müssten nun hier tanzen, aber nein, Andi hatte sich was anderes in den Kopf gesetzt: Wir sollten uns küssen! In dem Moment war das lustige Spiel mit dem Feuer für mich schlagartig vorbei. Auf einmal war sie wieder da, die Angst, mich zu verbrennen. So stark wie nie zuvor. In einer Sekunde. Innerhalb von einer einzigen Sekunde bin ich in eine Art Schockstarre verfallen, mein Herzschlag hat sich gefährlich beschleunigt, und ich habe gedacht, ich müsse sterben - eine schlimmere Situation hätte nicht passieren können. Eigentlich war ich mehr paralysiert, stand da, habe auf den Boden gestarrt und wusste absolut überhaupt gar nicht, wie ich reagieren soll. Ich soll Marlene küssen. Tristan ist im Zimmer. Und noch andere Leute. Alle werden merken, was los ist. Was mit mir los ist. Wie lang das schon geht. Was ich empfinde. Nichts mehr werde ich kontrollieren können. Nichts mehr wird danach sein, wie es war. Instinktiv habe ich noch versucht, es abzuwiegeln, unterstützt von Christian, wir meinten, das sei doch jetzt albern und es sei auch schon spät, einige müssten doch zum Brunch schon wieder im No Limits sein. Aber Andi hat drauf bestanden, als Rache für seine pinken Fingernägel, und Emilio ebenfalls, der laut Kim schon vorhin auf der Party nicht seine Augen von Marlene und mir beim Tanz lassen konnte. Als dann auch noch Marlene mehr oder weniger sofort drauf einstieg, sie hätte kein Problem damit, und mich irgendwie herausfordernd angefunkelt hat, hatte ich keine Chance mehr, dieser Situation zu entkommen. Vor allem, habe nur ich diesen Unterton in ihrer Stimme gehört? Es klang fast, als … flirte sie mit mir. Bin ich mittlerweile verstandsmäßig so daneben, dass ich von Halluzinationen verfolgt werden und mir Dinge einbilde, die so nicht sind? Ich habe keine Ahnung, ich weiß nur noch, alle sind aufgestanden und haben uns angefeuert und "Küssen! Küssen! Küssen!" gerufen. Meine Gedanken und Gefühle haben sich überschlagen, ich wusste nicht mehr, wo oben und unten ist, das Herz hat mir bis zum Anschlag geklopft, meine Knie wurden weich, mir war schwindelig. Ich glaube, man konnte es hören, alle konnten es hören, sie müssen es gehört haben. Alles war laut und explosionsartig, in mir hat es geschrien, ich war der Meinung, alle bekommen mit, was ich denke und fühle, welch Orkan in mir tobt. Als halte mein Herz eine öffentliche Lesung. Mit Megafon. Ich habe Marlene angesehen, Marlene hat mich angesehen, und plötzlich … war alles andere weg. Die Rufe der anderen, ihre Silhouetten, ihre pure Anwesenheit. Weg. Absolute Stille und Ruhe, die Welt um uns herum ist verschwunden. Für mich zumindest. Ich habe nichts mehr gehört und wahrgenommen, nur sie, die tief-blauen Augen, ihre weichen Lippen, ihr zartes Gesicht, ihren betörenden Duft. Es gab nur das. Wie ein Abtauchen in einen Tunnel, begleitet von einem wohlig-warmen Schauer, bei dem man das Gefühl hat, die Zeit steht still und es gäbe kein Morgen. Es gab nur sie und mich, und ich dachte, ich sterbe, als sich ihre Lippen tatsächlich langsam auf meinen Mund zu bewegten. Wie in Zeitlupe. Alles hat sich gedreht, aber diesmal nicht überschlagend, nicht in schwindelerregendem Tempo … eher … in sanften Wellen einer Art Traumsequenz. Ich dachte, wir beide drehen uns … langsam im Kreis und dabei immer mehr hinein in unsere eigene Welt. Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände, und ich ließ sie einfach machen, ich war viel zu sehr in Trance, als dass ich selbst hätte aktiv handeln können, ich war wie benommen. Als sich unsere Lippen berührten, war ich völlig versunken, wo auch immer … wie auch immer … ich … ich habe so etwas Intensives noch nie in meinem Leben gespürt, noch nie. Es ist mit Worten nicht mal auch nur annähernd irgendwie zu beschreiben, was da heute Morgen passiert ist. Es ist unfassbar und einzigartig, und es ist besser, als ich es je zu erträumen gewagt hatte. Es hat sich angefühlt wie Schweben, wie Tanzen, wie Lieben. So muss es sich anfühlen, wenn man jemanden liebt. Ich dachte, ich wüsste, was es heißt, jemanden zu lieben, aber … ich hatte keine Ahnung. Es reicht nicht zu sagen, es hat sich angefühlt, als hätten unsere Herzen sich berührt. Irgendwas ist in diesem Moment passiert, etwas, das ich absolut noch nicht greifen kann, von dem ich mir nicht einmal sicher bin, ob man es überhaupt greifen kann. Ob man es überhaupt in Worte fassen kann. Noch nie habe ich eine solche Anspannung gespürt, die sich im gesamten Körper aufbaut und sich in einem einzigen Berührungspunkt in eine sanfte Schwerelosigkeit auflöst, als wäre es der einzige Weg, den es gibt. Als wäre es der einzige Luftzug, den man atmen kann. Als wäre man in der Wüste, und es wäre der eine Schluck Wasser, den man trinkt, um zu leben. Ich weiß, wie albern das klingen muss, aber … ich kann es nicht ändern. Alles andere wäre gelogen. Es hat sich angefühlt, als müsste es so sein, als wäre alles, was vorher war, eine Vorbereitung dessen gewesen, was da gerade passiert. Wir haben uns geküsst, aber es war viel mehr als das. Ich kann es nicht, kann es nicht beschreiben. Diesmal hat sie nicht geschlafen, diesmal hat sie mit geküsst, sie hat mich geküsst. Und ich könnte schwören bei allem, was mir wichtig ist, bei allem, an was ich glaube: sie hat auch etwas gefühlt dabei, es war ihr nicht egal … das war nicht nur ein Flaschendrehkuss, wir waren allein dabei. Allein in unserer ganz eigenen Welt. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Der Zauber, den ich heute Morgen gespürt habe, ist einmalig. Er ist wahr. Und echt.
gez. Rebecca süß von Lahnstein
- 11.05.2012 -
Zuletzt geändert von Cubidoo am 01.06.2013, 12:19, insgesamt 7-mal geändert.
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