Ein grosses
an meine treue Feedback-Schreiberin Osthessin. Hier kommt das nächste Kapitel.
Kapitel 13
Die Zeit bis zum Sonntag zog sich endlos dahin. Dann war es endlich soweit, es war Sonntagmorgen und die beiden waren dabei, die letzten Dinge zu packen. Anni’s Tasche stand bereits fertig gepackt im Wohnzimmer, Anni startklar daneben.
„Wo bleibst du?“ Ungeduldig trat Anni von einem Fuss auf den anderen. Was konnte es denn so lange dauern, für drei Tage zu packen? Sie betrat Jasmin’s Schlafzimmer, von Jasmin war jedoch nichts zu sehen. Dann, aus den Tiefen des Kleiderschranks, hörte sie unverständliches Gemurmel ihrer Freundin.
„Brauchst du Hilfe?“ Jasmin schrak zusammen.
„Mein Gott, du hast mich erschreckt.“
„Ja sorry, aber bist du bald fertig?“
„Ich kann mich nicht entscheiden, was ich einpacken soll.“ Anni verdrehte genervt die Augen.
„Wir sind drei Tage weg, abseits der Grossstadt, also los Tussi, du kannst deine Designerklamotten zu Hause lassen.“
„Musst ja nicht gleich zickig werden, Lesbe“, kam der Konter von Jasmin.
„Naja, von mir aus kannst du auch drei Tage nackt rumlaufen.“ Anni grinste frech.
„Das würde dir wohl so passen.“
„Mmhh.“
„Ok“, sie stopfte ein letztes Kleidungsstück in ihre Tasche und zog den Reissverschluss zu, „ich bin fertig.“
„Na dann mal los. Nele wartet bereits, sie hilft uns noch beim Einladen.“
Im Nu war alles eingeladen und die zwei waren startklar.
„Oh, ich beneide euch beide. Ich wünsche euch eine gute Zeit. Erholt euch und geniesst die Zweisamkeit.“ Mit diesen Worten umarmte Nele die beiden kurz.
„Tschüss Nele, vielen Dank für deine Hilfe und halt die Ohren steif.“ Anni drückte ihre Freundin. Ein letztes Winken und Nele war verschwunden.
„Na dann, wollen wir?“ Jasmin öffnete die Fahrertür. Sie hatten vereinbart, dass Jasmin fahren würde und Anni sich wegen ihrer Gehirnerschütterung noch schonen konnte. Beim Einsteigen fiel Jasmin’s Blick auf den Rücksitz und sie entdeckte Anni’s Gitarrenkoffer.
„Du nimmst deine Gitarre mit?“
„Na klar. Lagerfeuer, Mondschein, romantische Stimmung, da darf eine Gitarre doch nicht fehlen“, meinte Anni grinsend. Jasmin zuckte nur mit den Schultern.
„Dass du mir mit deinem Gesang nur keine Wildschweine anlockst...“ Frech grinsend stieg sie ins Auto ein.
Sie kamen ohne Probleme durch die Stadt, da an einem Sonntag nicht dasselbe Verkehrschaos herrschte wie während der Woche. Schon bald liessen sie Berlin hinter sich und fuhren durch ländlichere Gegenden. Die Sonne stand hoch am Himmel, es war ein warmer, schöner Tag. Anni lehnte sich entspannt in ihrem Sitz zurück. Sie beobachte Jasmin aus dem Augenwinkel, wie diese konzentriert auf die Strasse blickte. Mal schauen, ob wir ihre Konzentration ein wenig beeinträchtigen können, ging es Anni durch den Kopf. Sie streckte ihre Hand aus.
„Ohhh Anni, was soll das?“ kam es überrascht von Jasmin. Anni’s Hand lag auf ihrem Oberschenkel, welcher sanft gestreichelt wurde.
„Was denn?“ fragte Anni unschuldig. Jasmin atmete tief durch.
„Wenn du nicht willst, dass ich den Wagen in den nächsten Strassengraben setze, solltest du lieber deine Hand wegnehmen.“
„Och neee.“ Anni machte ein betrübtes Gesicht.
„Oh doch. Bitte Anni, ich kann mich nicht konzentrieren.“ Jasmin’s Stimme war flehentlich geworden. Sie wagte einen kurzen Blick zu Anni rüber, welche sich auf die Lippen biss, um ein Lachen zu vermeiden. Anni streichelte sie ein letztes Mal, dann zog sie ihre Hand zurück.
„Danke.“ Erleichtert stiess Jasmin den Atem aus.
„Naja, ich will ja nicht, dass unser Kurztrip im Strassengraben endet.“
Die beiden waren schon fast zwei Stunden unterwegs, als Anni aufgeregt ihren Arm ausstreckte.
„Da! Da vorne musst du rechts abbiegen.“ Sie hatte eine Landkarte auf ihrem Schoss und einen gezeichneten Plan von Dominik darüber.
„Bist du dir sicher?“ Jasmin schaute skeptisch. Sie hielt an und blickte nach rechts. Zugewachsen und voller Schlaglöcher war so etwas wie ein Weg zu erkennen. Den Namen Weg hat er eigentlich gar nicht verdient. Anscheinend war dieser schon längere Zeit nicht mehr benutzt worden. Anni blickte wieder auf die handgezeichnete Karte, welche eigentlich nur ein paar Striche und Vermerke enthielt.
„Naja, gemäss Nik’s Karte ist es schon dieser Weg. Etwas anderes gibt es hier nicht.“
„Ok, dann versuchen wir es mal.“ Vorsichtig lenkte Jasmin den Wagen auf die Holperpiste. Schon nach wenigen Metern war rings um sie herum Dickicht und Wald. Jasmin’s skeptisches Stirnrunzeln wollte schon gar nicht mehr verschwinden.
„Ich weiss ja nicht…“
„Hey, ich bin der Copilot, ich habe die Karte, also bestimme ich, wo es langgeht.“ Aber auch Anni war schon lange nicht mehr so überzeugt, wie sie sich gab.
„Weisst du, wo wir sind?“
„South of nowhere“, murmelte Anni leise.
„Bitte?“
„South of nowhere, südlich von Nirgendwo.“ Anni grinste Jasmin an.
„Ok, schlimmer kann es ja nicht mehr kommen.“ Auch sie brachte ein Lächeln zustande. Langsam fuhr sie weiter und plötzlich wich das Dickicht zurück und sie befanden sich auf einer Lichtung. Ein wenig weiter vorne lag der See und am linken Ufer entdeckten sie eine kleine Hütte.
„Das muss es sein. Wir sind doch richtig.“
„Tja, ich hab’s ja gesagt.“ Anni lächelte selbstzufrieden. Jasmin parkte den Wagen vor der Hütte, dann stiegen sie beide aus. Die Hütte war auf zwei Seiten von einer Veranda umgeben, auf der sich eine Sitzgruppe mit einem Sofa und zwei Sesseln befand. Direkt von der Veranda führte ein Holzsteg zum Wasser. Ein bisschen weiter links von der Hütte wurde das Ufer flacher und weniger bewachsen. Dort war sogar ein schmaler Streifen Sandstrand zu erkennen. Der ganze See war von Wald umgeben. Das erste, was beiden auffiel, war die absolute Stille, die sie umgab, sobald sie die Autotüren geschlossen hatten. Jasmin hielt den Atem an.
„Es ist wunderschön. So absolut still und friedlich.“ Anni nickte, schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Sie öffnete ihre Augen wieder und zog Jasmin in ihre Arme.
„Es ist wirklich wunderschön. Und mit dir zusammen ist es noch viel schöner.“ Sie schob ihre Hände in Jasmin’s Nacken und zog sie näher an sich heran. Jasmin legte ihre Arme um ihre Hüften und schliesslich fanden sich ihre Lippen zu einem zärtlichen Kuss.
Während des Kusses schob Jasmin ihre Hand in die Potasche von Anni’s Jeans und fischte sich den Schlüssel für die Hütte heraus. Dann schob sie Anni sanft von sich.
„Na komm, lass uns endlich die Hütte anschauen.“ Sie klimperte freudig mit den Schlüsseln und ging in Richtung Hütte, Anni sanft an der Hand hinter sich herziehend. Sie schloss auf und blieb im Türrahmen stehen.
„Wow“, entfuhr es ihr. Anni stand direkt hinter ihr und versucht, an ihrer Freundin vorbei einen Blick ins Innere zu erhaschen.
„Mach doch mal Platz, ich will auch was sehen.“ Sanft schob sie Jasmin zur Seite und betrat die Hütte. Der Grundriss war ziemlich exakt viereckig. An der linken Wand befand sich ein offener Kamin, davor stand ein gemütliches Sofa. An der rechten Wand, mit einer grossen Fensterfront direkt zum See hin, stand ein Tisch mit vier Stühlen. In der Ecke dahinter war die kleine Küche untergebracht. In der linken Ecke befand sich abgetrennt ein Raum, das Badezimmer. Über eine schmale Leiter gelangte man auf eine Galerie, welche die Grösse des halben Grundrisses hatte. Jasmin trat ein und inspizierte bereits die kleine Küche. Auch Anni blickte sich interessiert in der Hütte um. Sie deutete auf den Kamin.
„Den werden wir wahrscheinlich nicht brauchen.“
„Die Vorstellung wäre schon romantisch.“
„Naja, so bei 30°C vor einem warmen Kamin zu liegen und zu schwitzen? Ich weiss nicht genau, was daran romantisch sein soll.“
„Pffff.“ Jasmin streckte Anni die Zunge raus. „Dass ihr Lesben immer so unromantisch sein müsst.“
„Jetzt fang nicht an zu zicken Tussi. Sag mir lieber, wo wir eigentlich schlafen sollen.“ Jasmin deutete nach oben und Anni folgte ihrem Blick. Nun entdeckte sie auf der Galerie eine Matratze.
„Oh, alles klar.“ Jasmin hatte in der Zwischenzeit die Inspektion der Küche abgeschlossen und öffnete nun die Tür des einzigen Raumes in der Hütte. Wie angewurzelt blieb sie stehen.
„Wow, wie geil ist das denn?!?!“ Anni war mit wenigen Schritten neben ihr und Jasmin machte ihr Platz, damit sie ins Badezimmer schauen konnte.
„Krass Mann! Dein Ex-Stiefvater lässt sich echt nicht lumpen.“ Links von der Tür gab es ein Waschbecken, rechts die Toilette. Der Rest des kleinen Raums wurde durch eine grosse Eckbadewanne mit Sprudeleinsätzen in Beschlag genommen.
„Aber diese probieren wir aus, ja?“
„Darauf kannst du wetten Tussi.“ Anni grinste breit.
„Ok, ich würde sagen, wir packen rasch unsere Sachen aus und dann legen wir uns draussen ein wenig in die Sonne.“
„Gute Idee. Schwester Jasmin, bringen Sie meine Tasche rein, ja? Ich soll ja nichts Schweres tragen.“ Jasmin baute sich theatralisch vor Anni auf und stemmte die Arme in die Hüften.
„Das gefällt dir, ja? Mich so rumzukommandieren.“ Anni grinste und nickte eifrig.
„Na dann muss ich mich wohl meinem Schicksal ergeben.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging mit einem aufreizenden Hüftschwung nach draussen zum Auto. Anni pfiff ihr hinterher und folgte ihr.