frau dell war so freundlich, noch am selben abend, in ihren tiefsten archiven nach dem brief für uns zu suchen und erhält hierfür von mir meinen tiefsten respekt und großen dank.
Raphaela Dell hat geschrieben:
...gerne habe ich für Sie in den tiefsten Tiefen meiner back up Dateien gewühlt...
Die lektorierte und gekürzte Version war dann im Januar 2000 zu lesen.
hier nun der brief in ungekürzter fassung:
[center]Das war`s wohl.....!“ Wie eine Neonleuchtreklame standen diese
Worte vor meinem inneren Auge, morgens um halb neun
im Studio 2/Penthouse-Abschiedesszene Nina-Erika- Nina
übergibt Erika den Wohnungsschlüssel und verschwindet im
Fahrstuhl. Anderthalb Jahre Liebe, Zärtlichkeit, Bekenntnisse,
Mutproben, Aufregungen, aber auch Fluchten,
kleine und große Lügen, Rückzüge und Kämpfe ....vergeblich!
Wir hatten den Weg in den Alltag nicht geschafft!
„Das war`s wohl....!“ In den Augen meiner Kollegin Freya
Trampert sah ich den Funken derselben Erkenntnis aufblitzen
und in der darauffolgenden Szene waren unsere Tränen und
Gefühle so echt und bestürzend, das die ganze Studiomannschaft
mitweinte.
Niemand konnte am Anfang unserer Liebesgeschichte ahnen,
wie groß die Anteilnahme der Fans sein würde und damit meine
ich nicht nur die positiven Reaktionen. Plötzlich geriet unsere
kleine heile Soapwelt doch ein bißchen aus den Fugen: erboste
Anrufe nach unserer ersten Liebesszene; Mütter, die besorgt
um die sexuelle Orientierung ihrer Töchter, Schimpfkanonaden
am Telefon abließen, die einer Hafennutte alle Ehre gemacht
hätten; Briefe, in denen mir geraten wurde, zu beten oder
abzulassen von diesem Schweinkram.
Zuerst hab ich darüber noch gelacht. Diese Ansichten schienen
mir so blödsinnig, altmodisch und verlogen, geprägt von
kirchlicher Doppelmoral: wahrscheinlich hätte sich niemand
beschwert, wenn ich meinen Lebensgefährten Arno mehrfach
mit knackigen Jungs betrogen hätte. Nun, das Lachen blieb mir
aber im Halse stecken, als ich anfing zu begreifen, wie tief die
Vorurteile gegen Homosexuelle, insbesondere gegen Lesben
tatsächlich sitzen.
In unzähligen Briefen erzählten uns Frauen ihre verborgenen
Liebesgeschichten zu anderen Frauen, berieten sich junge
Mädchen mit uns, anstatt mit ihren Müttern, gestanden uns ihre
Liebe und wir zwei „Heten“ standen fassungslos vor soviel
Zuwendung und Liebe. „Macht weiter so, es ist ist wichtig für
uns, das eine lesbische Liebesgeschichte in der Öffentlichkeit
erzählt wird!“ Diesen Satz lasen und hörten wir wohl am
meisten und er wurde dann auch unser „Auftrag“, zu zeigen, das
nur die Liebe zählt, nicht die sexuelle Präferenz. Damit wuchs
die Verantwortung für die Gestaltung unserer Rollen, ein
Rückzug auf das übliche „ich bin ja nur Schauspielerin“ war
nicht mehr möglich, es galt Stellung zu beziehen.
Wir wurden zu Betroffenen!
Vor allem wurde eins ganz deutlich: während homosexuelle
Männer in der Öffentlichkeit bereits große Akzeptanz genießen,
werden homosexuelle Frauen immer noch als abnorm
wahrgenommen, am besten man beachtet „es“ gar nicht,
womöglich ist „es“ ansteckend. Selbst engste Bekannte waren
sich plötzlich über den Grad meiner Infizierung nicht mehr
sicher und unternahmen abenteuerliche Anstrengungen, um
herauszufinden, wie es um mich bestellt sei. Die offensichtlich
authentische Darstellung unserer Rollen trug wohl das ihrige
dazu bei. Das war auch zu Beginn unser Abkommen gewesen,
so direkt und wahrhaft wie möglich mit dem Thema
umzugehen, und Liebe in jeder ihrer Facetten ganz offen zu
zeigen. Ein großes Versprechen, wenn man bedenkt, das wir uns
vorher nicht kannten und als praktisch Fremde größte seelische
und körperliche Nähe zulassen mußten. Unser Sprung ins kalte
Wasser wurde zur beglückenden Erfahrung, denn die Chemie
zwischen uns beiden funktionierte perfekt nach innen und
außen. Was als Affäre für die sinnsuchende, frustierte, weil
betrogene Erika geplant war, wurde zum Selbstläufer,
Nina&Erika eine untrennbare und damit machtvolle Einheit!
Wieso also läßt man einen so starken Handlungsstrang zugrunde
gehen? Warum kann, wenn einer Soap schon so ein starker
Vorbildcharakter zugesprochen wird, ein lesbisches Paar keine
positive Utopie haben? Was ist denn so beunruhigend daran? Ich
kann nur mit Gegenfragen antworten:
Ist denn wirklich alles und jeder so ganz ohne weiteres
ersetzbar? Wollen wir tatsächlich zeigen, das es bestraft wird,
zu seiner Liebe und zu seinen Überzeugungen zu stehen? Ist
denn ein zärtlicher Kuß zwischen zwei Frauen wirklich soviel
ekelhafter und jugendgefährdender, als zwei Dutzend Morde die
man zur gleichen Zeit im TV sehen kann?
Ich kann einfach nicht begreifen, das etwas, was so stark und
offensiv begonnen wurde, einfach so weggemogelt wird: ein
bißchen weniger lesbisch bitte, liebevoll-entspannt, aber ja nicht
zu sexy und auf gar keinen Fall Leidenschaft.....zum Ende
glichen wir eher zärtlichen Cousinen, als einem Liebespaar.
Wir quengelten und mißtrauten und logen uns so durch die
letzten Wochen und die erst die Abschiedsszene brachte die
Erlösung.
Ich habe soviel tolle, aufregende, kluge, leidenschaftliche, gut
aussehende, humorvolle Frauen in dieser Zeit kennengelernt-
Von ihnen habe ich mir manches abgucken können für meine
Rolle und ich hätte Erika auch gerne so stark, klug, unabhängig
und leidenschaftlich gezeigt......... aber wie bitte soll man das
machen, wenn die einzige Rückmeldung nach einer Abnahme*
(proWoche werden von der Redaktion fünf fertige Folgen
angeschaut und zur Sendung freigegeben) die zu sehr toupierten
Haare der Darstellerin moniert.
„He, wie hast Du unsere erste Bettszene gefunden?“ (Übrigens
delikat inszeniert von unserem Superschatzregisseur Edgar
Kaufmann) Antwort: „Deine Haare waren zu haubig!“
„He?“
„Ja, also Deine Haare waren zu sehr toupiert, zu steif!“
„Aha! Noch was?“
„Ähm, Deine Haare......“
„Ist Euch vielleicht aufgefallen, daß wir unsere erste
Liebesszene gedreht haben?“
„Genau! Da waren Deine Haare......
Gegen eine Klistierspritze kann man nicht anpupen! Sagte
meine Freundin Barbara Morawiecz aus Berlin einmal so
richtig.
Es gilt als unprofessionell, solches persönlich zu nehmen, aber
zum Teufel, ich halte mein Gesicht hin(und meine Haare) hin,
ich gebe mein Bestes für diese Geschichte, ich bin, seit ich in
dieser Firma arbeite sozial total unglaubwürdig geworden, selbst
Verabredungen und Versprechen, die ich meiner kleinen
Tochter gebe, kann ich regelmäßig aus arbeitstechnisch
bedingten Gründen nicht halten und das alles soll ich nicht
persönlich nehmen????
Ich nehme es persönlich und ich nehme es verdammt übel, daß
sich der Einsatz nicht gelohnt hat. Nina & Erika hätten noch
einiges erreichen können, etwas bewgen können für die
Menschen, die auf uns gehofft haben. Stellt Euch vor, wir hätten
tatsächlich geheiratet..............
„Der Konjunktiv ist nicht erlaubt!“ auch das sagte meine
Freundin Barbara.
So werde ich also noch meine Familienangelegenheiten
abwickeln und dann? Ich darf es nicht verraten. Steht im
Vertrag.
Was also bleibt übrig nach diesen anderthalb aufregenden,
schönen Jahren meiner Liebesgeschichte mit Nina?
Große Dankbarkeit für meine Gefährtin auf diesem Weg, Freya
Trampert, die mir eine wunderbare Zusammenarbeit bescherte,
Dank an die Redaktion, die zumindest am Anfang den Mut
hatte, diese Geschichte mit uns so zu erzählen, wie sie gehört,
Dank an alle Regisseure, die uns einfach gewähren ließen und
gut dabei gefahren sind, Dank an die vielen Gefährtinnen und
Gefährten aus der Szene für ihr großes Wohlwollen und
Vertrauen. In Freundschaft und Liebe, Raphaela[/center]
anbei sendete sie auch noch zwei bilddateien - ja, sie waren ein schönes paar :entzückt:
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