Die nächsten Zeilen sind etwas dunkel und traurig. Aber vielleicht wird am Ende alles gut, wer weiß. Um das rauszufinden, müsst ihr weiterlesen
Wie auch immer, ich weiß, dass es etwas out of character ist, aber ich habe mir einfach diese kreative Freiheit genommen
Viel Spaß und vielleicht sagt ihr mir danach einfach, ob es euch gefallen hat, oder nicht.
CalliopeDer Raum um Callie herum war komplett dunkel, einzig das Licht der Straßenlaternen erleuchteten ihn weit genug, dass ihre Silhouette und die Konturen der Möbel wage zu erkennen waren. Aber Licht oder nicht, es war egal. Es war ihr Appartement und ihre Umgebung war ihr mehr als bekannt. Der Anrufbeantworter vor ihr, die kleine rote, blinkende sechs in der Anzeige der verpassten Nachrichten. Es waren die selben Nachrichten seit mehr als acht Wochen. Acht Wochen. Die Latina atmete tief durch, ihren Wangen mit Luft gefüllt. Neben dem Anrufbeantworter das kleine silberne Stück Metall, dass das Blinken der Maschine reflektierte. Auf dem Fußboden stand die fast leere Vodkaflasche und nur sie wusste, dass sie zwei Aspirin eingeworfen hatte. Eine todsichere Kombination
Sie fuhr sich mit dem Handrücken über ihre Wangen und wischte die Tränen weg. Warum hörte der Schmerz nicht endlich auf?
„Sie haben sechs neue Nachrichten. Nachricht 1, 18. Oktober 15 Uhr 23“, ertönte die weibliche Computerstimme aus den kleinen Lautsprechern als Callie den Wiedergabeknopf drückte.
„Calliope...ich...ich rufe nur an um dir zu sagen, dass ich in Malawi angekommen bin.“
Als hätte sie nicht selbst stündlich die Flugdaten gecheckt um sicher zu gehen, dass ihr Herz sicher am anderen Ende der Welt gelandet war.
„Nachricht 2, 18. Oktober 16 Uhr 15.“
„Calliope, bist du da? Ich...“ Und dann wieder nur das klicken als Zeichen, dass sie aufgelegt hatte.
Sie war nicht da gewesen. Und wenn, sie hätte es nicht über sich gebracht ans Telefon zu gehen.
„Nachricht 3, 20. Oktober 19 Uhr 1.“
Doch es kam keine Nachricht. Nur ein Rauschen und Schluchzen am anderen Ende der Leitung.
„Nachricht 4, 21. Oktober 7 Uhr 45.“
„Calliope...“ eine kurze Pause und dann „es tut mir leid. Es ist besser so. Du wärst hier nicht glücklich. Du musstest in Seattle bleiben, bei deinen Freunden. Vielleicht wirst du es irgendwann verstehen.“
Sie würde es nicht verstehen. Niemals. Arizona war weg für mindestens drei Jahre, nein, für mindestens zwei Jahre und weitere zehn Monate. Und danach?
„Nachricht 5, 23. Oktober 2 Uhr 15.“
„Calliope, ich weiß, es ist mitten in der Nacht bei dir, aber bitte gib mir ein Zeichen. Irgendwas. Teddy weiß nicht, wie es dir geht. Mark weiß nicht, wie es dir geht. Nicht mal Cristina weiß wie es dir geht. Bitte Calliope, sag mir, dass es dir gut geht.“
Wie konnte es ihr gut gehen? Es war unmöglich. Jeden Abend wenn sie die Nachrichten hörte, fragte sie sich, wie Arizona davon ausgehen konnte. Arizona. Der blonde Engel der sie erst aufgebaut hatte und sie dann doch verlassen und von sich weggestoßen hatte. Wie sollte es ihr damit gut gehen, solange der Schmerz nicht nachließ?
„Nachricht 6, 25. Oktober 11 Uhr 20.“
„Calliope...ich liebe dich. Vergiss das nicht.“
„Niemals“, flüsterte sie und kümmerte sich nicht weiter um die Tränen die unerbittlich ihre Wangen hinunterliefen und in ihren Schoß tropften. Ohne weiter nachzudenken griff sie nach dem kleinen Metall und spielte damit in ihrer rechten Hand. Die scharfen Kanten kratzten leicht in ihrer Handinnenfläche. Sie umklammerte es fest, bis sie das Blut auf ihrer Haut entlang rinnen fühlte. Ihre Finger umfassten das Silber und sie setzte es an ihrem linken Arm an, als das Telefon klingelte. Sie wartete, der Anrufbeantworter würde sie gleich erlösen. Drei, zwei, eins:
„Calliope, ich mache mir Sorgen. Bitte geh ans Telefon.“ Sie sah auf, hinüber zu der kleinen Maschine auf ihrem Wohnzimmertisch. Im Hintergrund hupte ein Auto und ganz nah am Telefon raschelte es. „Verdammt, Calliope, mein Akku ist gleich leer. Bitte melde-“ Und dann war die Verbindung weg.
Erneut schossen ihr die Tränen in die Augen und verklärten ihr die Sicht. Es war egal. Der Griff um die Rasierklinge in ihrer Hand wurde fester und sie steuerte bewusst auf ihren linken Unterarm zu.
Arizona„Mark, öffne die gottverdammte Tür.“ Sie hämmerte gegen die die Wohnungstür von Callies bestem Freund. Es war weit nach einer humanen Uhrzeit für solch einen Überfall, aber es war ihre einzige Möglichkeit. Callie hatte sich die kompletten acht Wochen nicht gemeldet. Ihr nicht gesagt, dass es ihr gut ging. Ihr auch nicht gesagt, dass es ihr nicht gut ging. Sie hatte mit allem gerechnet nach ihrem Streit, ihren Anschuldigen und nach ihren Anrufen. Spanische Flüche, Zusammenbrüche, Hasstiraden möglicherweise. Mit einem Anruf, der ihr sagen würde, dass sie zur Hölle fahren würde, wenn sie sich je wieder bei Callie melden würde. Aber es war nichts gekommen.
„Robbins? Was machst du hier?“, fragte er, als er die Tür in Boxershorts öffnete.
„Mark, wo ist sie?“
„Wo ist wer?“
„Calliope.“
„Ugh, zu Hause, denke ich“, antwortete er und zeigte auf die Appartementtür gegenüber: 502
„Gib mir den Schlüsse, Mark!“ forderte sie.
„Robbins, was-“
„Gib mir die Schlüssel, Sloan. Wenn du nicht weißt wie es ihr geht und es sonst niemand weiß, dann muss ich selbst nachsehen. Ich habe vorhin bei ihr angerufen und sie geht nicht ran.“
„Sie will alleine sein.“
„Sie kann alleine sein, wenn ich mich selbst davon überzeugt habe, dass sie okay ist.“
„Robbins, sie ist nicht okay. Sie ist ein Schatten. Sie arbeitet, sie schläft. Manchmal isst sie. Aber sie ist weit davon entfernt, okay zu sein. Also wenn du nicht planst, sie wieder zusammenzusetzen und hier zu bleiben, dann geh und überlass den Rest uns“, grummelte er.
„Siehst du das?“, fragte sie und deutete auf ihre Koffer. „Das ist mein Plan, Sloan. Ich hab den Fehler meines Lebens gemacht als ich ohne sie in den Flieger gestiegen bin und ich wusste es, als ich in Malawi angekommen war – schon davor. Aber ich musste dort erst alles in die Wege leiten. Ich musste einen Ersatz für mich finden und auch wenn du es dir nicht vorstellen kannst, aber du bekommst nicht jeden Tag eine halbwegs menschliche Verbindung von Malawi nach Seattle. Bitte Mark, die Schlüssel.“ Sie unterdrückte ihre Tränen, es war nicht der richtige Zeit und definitiv nicht der richtige Ort für einen Gefühlsausbruch.
„Hier.“ Er übergab ihr Callies Ersatzschlüssel. „Ich schwöre dir, wenn du-“
„Behalt's für dich Sloan. Du musst mir nicht drohen, ich geh nirgendwohin.“ Sie schnappte sich die Schlüssel und machte auf dem Absatz kehrt stand sofort vor der Tür hinter der ihre Zukunft war. Auch ein Teil ihrer Vergangenheit, aber vor allem hoffte sie auf ihre Zukunft. Sie atmete tief durch, dann drehte sie den Schlüssel im Schlüsselloch. Ein Mal, ein zweites Mal, dann das Klacken des Schlosses und die Tür sprang auf. Sie blinzelte. Das Appartement war vollkommen dunkel und weil ihre Augen das Hausflurlicht gewohnt waren, konnte sie nichts erkennen. Sie tastete nach dem Lichtschalter rechts neben der Tür. „Oh mein Gott, MARK!!“, schrie sie, als ihre Augen Callie erblickten. „MARK!!“, schrie sie erneut und eilte hinüber zu ihrer Freundin – Ex-Freundin – nein, Freundin, dafür würde Arizona sorgen. Sie zog ihren Schal aus ihrem Nacken und presste ihn fest auf die zwei langen Schnittwunden in dem linken Arm der Latina.
„SLOAN!!“, rief sie panisch.
„Robbins, was ist – scheiße!“
„Ruf den Notarzt, Mark“, befahl sie. „Calliope, kannst du mich hören? Calliope? Bitte. Callie? Callie!? Was hast du gemacht? Calliope?“ Sie strich ihr die schwarzen Locken aus dem Gesicht. Sie war blass und sah müde aus. Unter ihren Augen waren tiefe dunkle Ringe, sie sah dünner aus, hatte bestimmt fünf bis zehn Kilo verloren. „Calliope, ich liebe dich.“ Arizona versuche ihre Tränen zurückzuhalten, es gelang ihr nicht. „Calliope, hörst du mich? Ich bin hier. Ich bin hier und ich bleibe, Calliope“, wiederholte sie, als sie über Callies kühle Wangen streichelte, immer bedacht darauf den Druck auf Callies Arm nicht zu lockern.
„Kann ich was tun? Der Notarzt müsste gleich hier sein. Bailey weiß Bescheid. Ich hab deine Koffer in mein Appartement gebracht.“
„Danke Mark“, sagte sie leise.
„Ich hatte keine Ahnung.“
„Es ist nicht deine Schuld“, schluchzte sie.
„Deine auch nicht.“
„Doch“, antwortete sie und ließ den Kopf hängen.
„Dann ist es auch meine. Ich hatte keine Ahnung...“
„Ari-Arizo-na“, flüsterte Callie.
Arizonas blaue Augen fixierten sich auf Callies sanfte Gesichtszüge. „Calliope“ sagte sie mit tränen-erstickter Stimme.
Die braunen Augen der Latina flatterten wieder zu. „Callie! Bleib hier, hörst du? Du musst wach bleiben.“
„Arizona“, flüsterte Callie. „Du...“
„Ja. Ich bin hier und ich bleibe hier solange du mich hier haben willst.“ Sie fühlte eine Hand ihre Arm umklammern und sah, dass es Callies war. In ihrer Hand hielt sie die Kette mit dem Herzanhänger die beide sich am letzten Valentinstag geschenkt hatten.
„Arizona, ich liebe-“
„Ich liebe dich auch, Calliope. Mehr als alles andere.“